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OGH vom 16.07.2004, 8ObS12/04d

OGH vom 16.07.2004, 8ObS12/04d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Wolf und Manfred Gürtler als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mag. Christian W*****, 6020 Innsbruck, vertreten durch Forcher-Mayr & Kantner Rechtsanwälte Partnerschaft in Innsbruck, wider die beklagte Partei I*****, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1010 Wien, Singerstraße 17-19, wegen EUR 21.246,01 an Insolvenzausfallgeld, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 23 Rs 10/04y-19, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 47 Cgs 90/03v-13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.126,62 (darin enthalten EUR 187,77 an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der seit März 1999 bei der späteren Gemeinschuldnerin mit einem monatlichen Gehalt von zuletzt EUR 1.707,82 beschäftigte Kläger war ab Mitte 2001 an dieser GmbH mit einer Stammeinlage von S 22.500,-- ds 4,5 % des Stammkapitals, beteiligt. Er erhielt so wie alle anderen Arbeitnehmer bis einschließlich November 2001 seine Gehälter stets fristgerecht, jedoch blieb ihm die GmbH das Gehalt für Dezember 2001 einschließlich der Weihnachtsremuneration schuldig. Im Jänner und Februar 2002 erhielt wieder seine Gehälter. Als es bei den Gehältern für März und April 2002 wieder zu Zahlungsverzögerungen kam, forderte er die GmbH schließlich mit Schreiben vom zur Zahlung bis längstens auf. Nachdem dies keinen Erfolg zeitigte, setzte er der GmbH noch einmal mit Schreiben vom eine Frist bis unter Androhung des vorzeitigen Austrittes und erklärte dann mangels Zahlung mit Schreiben vom seinen vorzeitigen Austritt.

Der Kläger hatte keine Einsicht in die Geschäftsunterlagen der GmbH, vielmehr wurde ihm deren schlechte wirtschaftliche Lage erst im Nachhinein bewusst.

Über das Vermögen der GmbH wurde schließlich mit der Konkurs eröffnet.

Der Kläger hat im Konkursverfahren seine offenen Entgeltansprüche angemeldet und bei der Beklagten die Gewährung von Insolvenz-Ausfallgeld für die Gehälter von März 2002 bis einschließlich , zuzüglich der Kündigungsentschädigung, Abfertigung und Urlaubsersatzleistung, aber auch Fahrtkosten und Spesen, Zinsen im Ausmaß von insgesamt EUR 21.246,01 geltend gemacht. Da die Beklagte über diesen am gestellten Antrag nicht fristgerecht entschieden hat, hat er schließlich hier die vorliegende Säumnisklage erhoben. Er stützt sich zusammengefasst darauf, dass er nur geringfügig an der GmbH beteiligt gewesen sei und ihm die schlechte finanzielle Situation der GmbH nie bekannt gewesen sei.

Die Beklagte beantragte die Abweisung und wendete zusammengefasst ein, dass das lange Zuwarten des Klägers mit der Geltendmachung seiner Ansprüche und dem Austritt nur aus seiner Stellung als Gesellschafter der GmbH zu erklären sei. Es stünden den geltend gemachten Ansprüchen die Grundsätze über das verpönte eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen entgegen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und schloss sich im Wesentlichen dem Standpunkt der Beklagten an. Ansprüche aus eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen hätten im Konkurs hinter den Ansprüchen der übrigen Gläubiger zurückzutreten und seien daher auch nicht nach den Bestimmungen des IESG gesichert.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge. Eine sittenwidrige Überwälzung des Finanzierungsrisikos liege im Hinblick auf die geringfügigen Zeiträume, in denen es zu Zahlungsrückständen gekommen sei, nicht vor. Das Berufungsgericht verneinte das Vorliegen der Voraussetzungen für ein eigenkapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen, weil die geringfügige Beteiligung des Klägers keinen kontrollierenden Einfluss auf die GmbH ermögliche.

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht als zulässig, da eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob Grundsätze über die Annahme eines eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens auch bei einer geringfügigen Beteiligung eines Arbeitnehmergesellschafters im Ausmaß von 4,5 % anzuwenden seien, nicht vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Beklagten ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof geht in ständiger Judikatur seit der Entscheidung vom zu 8 Ob 9/91 (= SZ 64/53) davon aus, dass die zu § 32a dGmbHG entwickelten Grundsätze über eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen in Analogie zu § 74 GmbHG auch im österreichischen Recht anzuwenden sind. Gesellschafter einer notleidend gewordenen GmbH, die versuchen diese durch Gewährung von Darlehen am Leben zu halten, statt ihr Eigenkapital zuzuführen, schmälern den ohnehin schon unzureichenden Haftungsfonds für die übrigen Gläubiger. Zur Finanzierung sind die Gesellschafter regelmäßig nur deshalb bereit, weil sie sich davon Vorteile für das im eigenem Interesse betriebenen Unternehmen versprechen. Die Verantwortung zur ordnungsgemäßen Unternehmensfinanzierung verpflichtet den Gesellschafter zwar nicht, in der Krise fehlendes Kapital aus seinem Vermögen nachzuschießen, jedoch kann er sich dieser Verantwortung nicht dadurch zum Nachteil der Gläubiger entziehen, dass er statt dessen auf die Finanzierungsform des Darlehens ausweicht und damit das Finanzierungsrisiko auf die Gläubiger abwälzt (vgl dazu etwa oder zuletzt ).

Nunmehr hat der Gesetzgeber mit dem Eigenkapitalersatz - Gesetz BGBl I 92/03 (EKEG) eine Regelung für Kredite geschaffen, die Gesellschafter einer Gesellschaft in der Krise gewähren. Nach § 5 des neuen EKEG sollen nur Gesellschafter erfasst sein, die die Gesellschaft kontrollieren oder mit einem Anteil von zumindest 25 % beteiligt sind oder die Mehrheit der Stimmrechte haben. Diese Neuregelung ist aber nach der Übergangsbestimmung des § 18 EKEG nur auf Sachverhalte anzuwenden, die sich nach dem verwirklicht haben; sie kommt somit hier jedenfalls nicht zur Anwendung.

Der Oberste Gerichtshof hat aber bereits in seiner Entscheidung vom zu 9 ObA 124/03f, die den Parteien dieses Verfahrens, noch nicht bekannt sein konnte, ausgesprochen, dass die Grundsätze über das eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen auch vor Schaffung des Eigenkapitalersatz-Gesetzes nicht auf bloß mit Kleinstanteilen beteiligte Gesellschafter, die keinen besonderen Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft haben, zur Anwendung gelangen. Auf die ausführliche Begründung dieser Entscheidung wird verwiesen. Eine "Kapitalzuführungsabsicht" kann in Fällen von Kleinstanteilen schon wegen der fehlenden Möglichkeiten, auf die Verwendung dieses "Kapitals" Einfluss zu nehmen, regelmäßig nicht unterstellt werden.

Genau davon ist auch hier auszugehen. Der Kläger hatte bloß einen Anteil an der Stammeinlage von 4,5 %. Auch sonst sind keine Umstände ersichtlich, aus denen abzuleiten wäre, dass er maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft hatte. Die von der Beklagten herangezogenen Entscheidungen bezogen sich stets auf Fälle, in denen die betroffenen Arbeitnehmer einen wesentlich höheren Anteil am Stammkapital hatten. So war die Klägerin im Verfahren zu 8 ObS 254/97d mit 20 % beteiligt, ihr Ehegatte hielt die weiteren 80 % und war alleiniger Geschäftsführer. In dem ebenfalls von der Beklagten herangezogenen Verfahren zu 8 ObS 69/00f waren die Kläger mit je 25 % am Stammkapital beteiligt.

Insgesamt ist das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Grundsätze über das eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen hier nicht anzuwenden sind.

Andere Einwendungen werden von der Beklagten nicht erhoben.

Insgesamt war daher der Revision der Beklagten nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 ASGG.