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OGH vom 18.04.2007, 8ObS10/07i

OGH vom 18.04.2007, 8ObS10/07i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Glawischnig und die fachkundigen Laienrichter Dr. Thomas Neumann und Peter Schönhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bernhard A*****, gegen die beklagte Partei IAF-Service GmbH - *****, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen EUR 161,50 netto sA (Insolvenz-Ausfallgeld), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 25 Rs 114/06k-13, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 47 Cgs 175/06y-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war ab bei der Firma Autohaus P***** GmbH (in der Folge: Gemeinschuldnerin) in einem Lehrverhältnis beschäftigt. Dieses endete gemäß § 14 Abs 2 BAG ex lege durch Löschung der Gewerbeberechtigung am .

Der Umstand der Löschung der Gewerbeberechtigung war im Betrieb nicht bekannt. Am trat der Kläger gemäß § 25 KO aus dem Dienstverhältnis aus. Auf dieses findet der Kollektivvertrag für das eisen- und metallverarbeitende Gewerbe Anwendung.

Dieser Kollektivvertrag normiert ua:

IV. Beginn und Ende des Arbeitsverhältnisses

1. Alle Ansprüche aus diesem Kollektivvertrag entstehen mit der Arbeitsaufnahme.

Die ersten vier Wochen des Arbeitsverhältnisses gelten als Probezeit, sofern nicht schriftlich eine kürzere vereinbart oder eine solche überhaupt ausgeschlossen wurde. Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis von jedem der Vertragspartner ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gelöst werden. ...


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2.
...
3.
Nach Ablauf der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen und unter Einhaltung nachstehender Kündigungsfristen zum Ende der Arbeitswoche gelöst werden.

Für den Arbeitnehmer betragen die Fristen nach einer ununterbrochenen

Betriebszugehörigkeit

von 4 Wochen 1 Woche

von 1 Jahr 2 Wochen

von 5 Jahren 4 Wochen

von 10 Jahren 6 Wochen.

Für den Arbeitgeber betragen die Fristen nach einer ununterbrochenen

Betriebszugehörigkeit

von 4 Wochen 1 Woche

von 1 Jahr 4 Wochen

von 5 Jahren 8 Wochen

...


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4. Der Ausspruch der Kündigung hat spätestens am letzten Tag der betrieblichen Arbeitswoche zu erfolgen;
V. Betriebszugehörigkeit
1. Für alle Ansprüche des Arbeitnehmers, die von der ununterbrochenen Dauer eines Arbeitsverhältnisses abhängen, sind die Dienstzeiten in Betrieben des gleichen Unternehmens, die nicht länger als 90 Tage (bis : 60 Tage) unterbrochen wurden, zusammenzurechnen.
XVII. Urlaub und Urlaubszuschuss
1. Für den Urlaub des Arbeitnehmers gilt das Bundesgesetz betreffend die Vereinheitlichung des Urlaubsrechtes und die Einführung einer Pflegefreistellung in der jeweils geltenden Fassung.
XVIII. Weihnachtsremuneration
1. Alle am 1. Dezember beschäftigten Arbeitnehmer haben Anspruch auf eine Weihnachtsremuneration im Ausmaß von 4 1/3 Wochenverdiensten. Mit Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom wurde über das Vermögen der Arbeitgeberin des Klägers der Konkurs eröffnet. Gleichzeitig mit Eröffnung des Konkurses wurde die Schließung des gemeinschuldnerischen Unternehmens angeordnet.
Der Kläger meldete im Konkurs Ansprüche auf rückständige Lehrlingsentschädigung, Sonderzahlungen, Kündigungsentschädigung und Urlaubsersatzleistung von insgesamt EUR 1.919 an. Er begehrte von der beklagten Partei Insolvenz-Ausfallgeld im Gesamtbetrag von 1.953 EUR - darin enthalten Kündigungsentschädigung vom bis von EU 319, Sonderzahlungen zur Kündigungsentschädigung EU 53 und Urlaubsersatzleistung für 24 Werktage von EUR 369 sowie die Kosten der Forderungsanmeldung. Mit Bescheid vom erkannte die beklagte Partei dem Kläger Insolvenz-Ausfallgeld von EUR 847 unter anderem an Urlaubsersatzleistung für 22 Werktage von EUR 338 zu. Mit weiterem Bescheid vom gleichen Tag lehnte die beklagte Partei die darüber hinausgehenden Ansprüche des Klägers auf Insolvenz-Ausfallgeld ab.
Der Kläger begehrt von der beklagten Partei (weiteres) Insolvenz-Ausfallgeld von EUR 161,50 netto sA an Kündigungsentschädigung vom 25. 4. bis (EUR 125,51 netto), Sonderzahlungen zur Kündigungsentschädigung (EUR 20,63 netto) und Urlaubsersatzleistung für einen Werktag (EUR 15,36 netto). Er habe in Unkenntnis der ex lege Beendigung des Lehrverhältnisses am formell auf der Basis eines Hilfsarbeitsverhältnisses weitergearbeitet und sei am nach § 25 KO ausgetreten. Da er zum Zeitpunkt des Austritts Hilfsarbeiter gewesen sei, fänden die Kündigungsbestimmungen des Kollektivvertrags für das Metallgewerbe auf ihn Anwendung. Es stehe ihm daher Kündigungsentschädigung für eine Woche (zum Wochenende) einschließlich aliquoter Sonderzahlung und der auf diese Zeit entfallenden Urlaubsersatzleistung zu. Die beklagte Partei bestritt und beantragte Klagsabweisung. Dass nach den Intentionen des gegenständlichen Kollektivvertrags die Zeit eines Lehrverhältnisses nicht in die Bemessung der Kündigungsfristen einzubeziehen seien, ergebe sich insbesondere durch die Definition des Begriffs der Betriebszugehörigkeit im Kapitel V. des Kollektivvertrags für das Metallgewerbe. In dessen Z 1 würden wiederum, wie auch schon im Punkt 3 des Kapitels IV und in entsprechender Differenzierung zu Punkt 1. desselben Kapitels nur die Begriffe des Arbeitnehmers und des Arbeitsverhältnisses verwendet. Damit werde zum Ausdruck gebracht, dass eben auch für die Definition des Begriffs der Betriebszugehörigkeit nur von einem engeren Begriff des Arbeitnehmers bzw des Arbeitsverhältnisses auszugehen sei. Somit bedürfe es einer Spezialnorm, die die Anrechnung der Lehrlingszeiten ergebe; eine solche finde sich im Kollektivvertrag nicht. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es entspreche Lehre und Rechtsprechung, dass durch die Weiterbeschäftigung des Lehrlings nach dem Ende der Lehrzeit nicht das bestehende Arbeitsverhältnis fortgesetzt, sondern grundsätzlich ein neues Arbeitsverhältnis begründet werde. Die für die Begründung arbeitsrechtlicher Ansprüche maßgeblichen Zeiten eines Lehrverhältnisses und eines unmittelbar anschließenden Arbeitsverhältnisses bilden daher nicht schlechthin eine Einheit. Auch wenn Lehrlinge entweder zur Gruppe der Arbeiter oder der Angestellten gezählt werden, folge daraus nicht, dass gewerbliche Lehrlinge allen Rechtsvorschriften der Arbeiter unterliegen; sie bilden vielmehr unter der Gruppe der Arbeitnehmer eine Sondergruppe, weshalb es je nachdem, ob die Lehrlinge ein- oder ausgeschlossen seien, einen engeren und weiteren Begriff des Arbeiters und somit des Arbeitsverhältnisses gebe. Werde in einem Kollektivvertrag auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses abgestellt, müsse die jeweilige Anspruchsgrundlage daraufhin geprüft werden, ob eine Spezialnorm die Anrechnung dieser Zeiten aus dem Zweck der betroffenen Bestimmung ergebe. Obwohl § 16 des KV für das holz- und kunststoffverarbeitende Gewerbe ausdrücklich zwischen einem Arbeitsverhältnis und einem Lehrverhältnis unterscheide, enthalte diese Bestimmung keine Vorschrift - wie etwa § 23 Abs 1 AngG für die Abfertigung - dass die Lehrzeit in die für die Kündigungsfrist maßgebliche Dauer des Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisses einzubeziehen sei.
Prüfe man die Bestimmung IV Punkt 1. des anzuwendende Kollektivvertrags dahin, ob die Zeit eines Lehrverhältnisses bei Ermittlung der Kündigungsfrist einzurechnen sei, werde deutlich, dass sich diese Vorschrift nur auf ein Arbeitsverhältnis im engeren Sinn beziehen könne. Kapitel IV enthalte keine Vorschrift, wonach die Lehrzeit in die für die Kündigungsfrist maßgebliche Dauer des Arbeitsverhältnisses einzubeziehen sei.
Das Berufungsgericht änderte über Berufung des Klägers das Ersturteil im klagsstattgebenden Sinn ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.
Der normative Teil eines Kollektivvertrags sei wie ein Gesetz im Sinn der §§ 6, 7 ABGB auszulegen. Es dürfe ihm daher nur der „aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhang und aus der klaren Absicht des Gesetzgebers hervorleuchtende" Sinn beigemessen werden. Scheitere diese Auslegung, seien andere eindeutige Bestimmungen des Kollektivvertrags oder verwandter Kollektivverträge heranzuziehen. Eine vom verwendeten (gesetzlichen) Begriff abweichende Bedeutung müsse klar und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht werden, weil sich die Normadressaten darauf verlassen könnten, dass die Absicht der Kollektivvertragsparteien in erkennbarer Weise im Vertragstext ihren Niederschlag gefunden habe. Sei dies nicht der Fall, könne darauf nicht Bedacht genommen werden (9 ObA 295/89; 9 ObA 216/93; 8 ObA 190/97t; 9 ObA 310/00d; RIS-Justiz RS0008807, RS0050830). Die klagende Partei verweise auf die Definition des Begriffs „Arbeitnehmer" in Abschnitt II. Punkt 3 des KV für das Metallgewerbe, der Arbeiterinnen und Arbeiter sowie die gewerblichen Lehrlinge umfasse. Diesem Begriff komme für die im gegenständlichen Rechtsstreit maßgebliche Bestimmung des Abschnittes IV. Punkt 3 KV cit keine Bedeutung zu, weil einerseits unter „Arbeitnehmer" in dieser Bestimmung Lehrlinge nicht subsumiert werden können, deren Arbeitsverhältnis nur nach den Bestimmungen der §§ 14 f BAG beendet und daher nicht gekündigt werden könne (vgl Jabornegg/Resch/Strasser, Arbeitsrecht², Rz 150, 734), und andererseits im gegenständlichen Verfahren nicht strittig sei, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses „Arbeitnehmer" in dem von der beklagten Partei angeführten „engeren Sinn" gewesen sei. Maßgeblich sei allein, ob die Zeit des Lehrverhältnisses in die Zeit der „ununterbrochenen Betriebszugehörigkeit" einzurechnen sei. Im gegenständlichen Kollektivvertrag erläutere Abschnitt V die Betriebszugehörigkeit. Nach dessen Punkt 1 seien für alle Ansprüche des Arbeitnehmers, die von der ununterbrochenen Dauer eines Arbeitsverhältnisses abhängen, die Dienstzeiten in Betrieben des gleichen Unternehmens, die nicht länger als 90 Tage unterbrochen wurden, zusammenzurechnen. Punkt 3, auf den der Berufungswerber verweise, bestimme, dass Karenzurlaube innerhalb des Dienstverhältnisses im Sinn des § 15 MSchG bzw des § 2 VKG unter anderem für die Bemessung der Kündigungsfrist bis zum Höchstausmaß von insgesamt 22 Monaten anzurechnen seien. Voraussetzung für diese Anrechnung sei eine mindestens dreijährige Dauer des Dienstverhältnisses, wobei ein Karenzurlaub im obigen Sinn einzurechnen sei. Das Erstgericht verweise zutreffend auf die Lehre (Jabornegg/Resch/Strasser aaO; Marhold/Friedrich, Österreichisches Arbeitsrecht [2006], Seite 49; Löschnigg, Arbeitsrecht, 10. Auflage, 146; Berger/Fida/Gruber, Berufsausbildungsgesetz [2002] Rz 4 zu § 1;
Floretta/Spielbüchler/Strasser, Arbeitsrecht I, 4. Auflage, 92) sowie die hiermit übereinstimmende Rechtsprechung (4 Ob 97/72; 9 ObA 72/87;
9 ObA 193/98t; 8 ObS 195/02p; RIS-Justiz RS0021298, RS0053009), wonach auch Lehrverhältnisse als Arbeitsverhältnisse zu qualifizieren seien und durch die Weiterbeschäftigung des Lehrlings nach dem Ende der Lehrzeit nicht das bestehende Arbeitsverhältnis fortgesetzt, sondern grundsätzlich ein neues Arbeitsverhältnis begründet werde (Berger/Rohringer, Berufsausbildungsgesetz, S 185; Berger/Fida/Gruber aaO, Rz 5 zu § 18; 4 Ob 66/80; 9 ObA 72/87). Diesem Umstand komme aber im Regelfall mit Bezug auf die Betriebszugehörigkeit aufgrund der in § 18 BAG normierten „Behaltepflicht" keine Bedeutung zu. Auch im gegenständlichen Fall habe das Arbeitsverhältnis (im engeren Sinn) unmittelbar an das Lehrverhältnis angeschlossen, sodass nach der Regelung des Abschnittes V Punkt 1 des KV für das Metallgewerbe die beiden Arbeitsverhältnisse zusammenzurechnen seien, weil wie sich aus dem Punkt 3 dieses Abschnittes ergebe, auch die (Dauer der) Kündigungsfrist bzw die (Höhe der) Kündigungsentschädigung zu den Ansprüchen des Arbeitnehmers zählen, die von der ununterbrochenen Dauer eines Arbeitsverhältnisses abhängen. Dem Kläger sei daher beizupflichten, dass im Licht der Bestimmungen betreffend die „Betriebszugehörigkeit" im Abschnitt V des anzuwendenden KV der im Abschnitt IV Punkt 3 KV cit verwendete Begriff der „ununterbrochenen Betriebszugehörigkeit" auch die Zeit des Lehrverhältnisses umfasse. Dafür sprächen auch die Bestimmungen des Abschnitts XVI Punkt 6 ff des KV, nach denen der Arbeitnehmer nach einer ununterbrochenen Betriebszugehörigkeit von vier Wochen in den angeführten Fällen (zB Wohnungswechsel mit eigenem Mobiliar) Anspruch auf Freistellung von der Arbeit unter Fortzahlung des Lohnes habe. Diese Ansprüche kämen nach Ablauf von vier Wochen auch Lehrlingen (§ 18 BAG) zu (vgl 4 Ob 64/64). Dieser Auslegung entspreche auch ein Blick auf den KV für die Metallindustrie. Die von der beklagten Partei angeführte Entscheidung des OGH 9 ObA 72/87 könne vorliegend nicht herangezogen werden, weil der Kollektivvertrag für das holz- und kunststoffverarbeitende Gewerbe in § 16 auf die Dauer der „Beschäftigung" abstelle und eine Erläuterung dieses Begriffs entsprechend der Erläuterung des Begriffs „Betriebszugehörigkeit" im Abschnitt V des anzuwendenden KV für das Metallgewerbe nicht enthalte. Die vom OGH in der zitierten Entscheidung ins Treffen geführten Argumente, wonach die Verlängerung der Kündigungsfrist nicht an der bloßen Betriebszugehörigkeit anknüpfe, sondern auch auf den Ablauf der Probezeit abstelle, die nach Abschnitt IV Punkt 1 des KV für das Metallgewerbe aber abbedungen werden könne und im Fall der Weiterbeschäftigung eines Lehrlings nach Ende der Lehrzeit, wie sie sich aus §§ 15 Abs 1, 18 Abs 1 BAG bzw Abschnitt IV Punkt 1 und 8 KV cit ergebe, nicht neuerlich anfalle, sowie dass die vorgesehene Staffelung nicht den Bestimmungen des BAG entspreche, greifen im Hinblick auf die ausdrücklichen Bestimmungen betreffend die Betriebszugehörigkeit in Abschnitt V des anzuwendenden Kollektivvertrags nicht. Dass aufgrund dieser Bestimmungen eine Anrechnung der Zeiten des Lehrverhältnisses für die Bemessung der Kündigungsfrist zu erfolgen habe, ergebe sich auch aus dem KV für die Metallindustrie, der eine nahezu idente Bestimmung in dessen Abschnitt V Punkt 1 enthalte, die die Kollektivvertragsparteien dazu veranlasst habe, eine ausdrückliche Regelung in den Abschnitt IV Punkt 4 dieses KV aufzunehmen, nach der die Dauer einer Lehrzeit, die nach dem begonnen habe, bei der Berechnung der Kündigungsfrist nicht zu berücksichtigen sei. Aus dieser Bestimmung könne zudem - „argumento e contrario" - abgeleitet werden, dass die Dauer der Lehrzeit, die vor dem begonnen habe, bei der Berechnung der Kündigungsfrist zu berücksichtigen sei. Die Höhe der vom Kläger geltend gemachten Ansprüche sei von der beklagten Partei im erstinstanzlichen Verfahren nie substanziiert bestritten worden.
Die Revision der beklagten Partei ist zulässig, aber nicht berechtigt. Beide Parteien gehen im gesamten Verfahren übereinstimmend davon aus, dass sich an die Lehrzeit des Klägers ein weiteres kurzfristiges Arbeitsverhältnis anschloss.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat in seiner Entscheidung seine, vom Obersten Gerichtshof ausdrücklich gebilligte Rechtsansicht, dass der in Abschnitt IV (Beginn und Ende des Arbeitsverhältnisses) Punkt 3. verwendete Begriff der „ununterbrochenen Betriebszugehörigkeit" für die Berechnung der Kündigungsfristen dahin zu verstehen sei, dass Zeiten eines unmittelbar vorangegangenen Lehrverhältnisses mitzuberücksichtigen seien, ausführlich dargelegt. Es genügt daher, auf die insoweit zutreffende rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Ergänzend ist den Revisionsausführungen Folgendes entgegenzuhalten:

Kollektivverträge sind nach ständiger Rechtsprechung nach den Regeln der §§ 6 und 7 ABGB für die Gesetzesauslegung zu interpretieren. In erster Linie ist bei der Auslegung eines Kollektivvertrags der Wortsinn - auch im Zusammenhang mit den übrigen Regelungen - zu erforschen und die sich aus dem Text des Kollektivvertrags ergebende Absicht der Kollektivvertragsparteien zu berücksichtigen (SZ 66/36;

SZ 70/88; SZ 74/144; 9 ObA 289/01t; 8 ObA 44/06p; 8 ObA 86/06i;

RIS-Justiz RS0010089 ua). Da den Kollektivvertragsparteien grundsätzlich unterstellt werden darf, dass sie eine vernünftige, zweckentsprechende und praktisch durchführbare Regelung treffen sowie einen gerechten Ausgleich der sozialen und wirtschaftlichen Interessen herbeiführen wollten, ist bei mehreren an sich in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten, wenn alle anderen Auslegungsgrundsätze versagen, jener der Vorzug zu geben, die diesen Anforderungen am meisten entspricht (Arb 9661; SZ 68/124; SZ 74/144;

9 ObA 41/04a; 8 ObA 86/06i, RIS-Justiz RS0008828 ua). Berücksichtigt

man, dass die Dauer der einzuhaltenden Kündigungsfrist nach Abschnitt

IV Punkt 3. des Kollektivvertrags für das eisen- und

metallverarbeitende Gewerbe auf die „ununterbrochene

Betriebszugehörigkeit" abstellt, bedürfte es einer eindeutigen

Klarstellung, dass Zeiten eines Lehrverhältnisses von dieser Regelung

nicht umfasst sein sollen, wie dies etwa der insoweit nahezu

wortgleiche Kollektivvertrag für die Metallindustrie in Abschnitt IV.

Punkt 3. letzter Satz vorsieht, der die Kündigungsfristen ebenfalls

von einer ununterbrochenen Betriebszugehörigkeit - die in Abschnitt V. genau wie im hier anzuwendenden Kollektivvertrag definiert wird - abhängig macht, jedoch vorsieht, dass die Dauer einer Lehrzeit, die nach dem begonnen hat, bei der Berechnung der Kündigungsfrist nicht zu berücksichtigen ist. Bei der Auslegung eines Kollektivvertrags ist auch ein „Blick über den Kollektivvertrags-Rand" als zusätzliches Auslegungskriterium heranzuziehen (8 ObA 190/97t; 8 ObA 2105/96h).

Im Übrigen hat der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 4 Ob 104/78 (= SZ 52/75) bei der Beurteilung der Frage, ob für den Anspruch auf Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration nach Punkt XVII und XVIII des Kollektivvertrags für das eisen- und metallverarbeitende Gewerbe Dienstzeiten als Lehrling und als Arbeiter zusammenzurechnen seien - wenn auch in einem „obiter dictum" - die Auffassung vertreten, dass die Bestimmungen des Abschnitts V des Kollektivvertrags „Betriebszugehörigkeit" für die Bemessung der Kündigungsfrist gelte.

Auch mit ihrem Hinweis auf die Abfertigungsregelung des § 23 Abs 1 AngG vermag die Rechtsmittelwerberin kein anderes Auslegungsergebnis der hier anzuwendenden kollektivvertraglichen Bestimmung zu erzielen, sind doch nach § 5 AngG Lehrlinge von diesem Gesetz grundsätzlich nicht erfasst und findet sich für die (Nicht)Anrechnung der Lehrlingszeiten für den Abfertigungsanspruch im § 23 Abs 1 AngG eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage. Auch die von der Rechtsmittelwerberin angezogene Entscheidung 8 ObS 291/00b (Frage der begünstigten Kündigung einer Angestellten durch den Masseverwalter) ist hier nicht anwendbar. Aus der, in Bestimmungen des Kollektivvertrags für Handelsangestellte vorgesehenen Nichteinrechnung von Lehrlingszeiten, ist für den Standpunkt der Rechtsmittelwerberin ebenfalls nichts gewonnen, steht es doch den Kollektivvertragspartnern frei, für unterschiedliche Branchen auch unterschiedliche, den jeweiligen Bedürfnissen angepasste Regelungen zu treffen. Es ist daher auch unter Hinweis auf die, den Kollektivvertrag für das holz- und kunststoffverarbeitende Gewerbe betreffende Entscheidung 9 ObA 72/97 kein anderes Auslegungsergebnis erzielbar.

Letztlich unterliegt die Rechtsmittelwerberin auch einem unrichtigen Verständnis der Entscheidung 9 ObA 72/87. In dieser, die Auslegung des Kollektivvertrags für das holz- und kunststoffverarbeitende Gewerbe betreffenden Entscheidung, verneint der Oberste Gerichtshof zwar die Einbeziehung der Lehrzeit in die für die Kündigungsfrist maßgebliche Dauer des Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisses, führt aber als wesentliches Argument an, „.....dies ergibt sich schon daraus, dass die Verlängerung der Kündigungsfrist nicht schlechthin an die Dauer der Beschäftigung oder der bloßen Betriebszugehörigkeit anknüpft,...."

Der Revision ist daher nicht Folge zu geben.