VfGH vom 18.06.1984, B721/83

VfGH vom 18.06.1984, B721/83

Sammlungsnummer

10057

Leitsatz

Außenhandelsgesetz; Versagung einer Einfuhrbewilligung gemäß § 8 Abs 1; Bescheidbegründung ohne Begründungswert; Verletzung des Gleichheitsrechtes durch krassen Verfahrensmangel

Spruch

Der Bescheid wird aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Die bf. Gesellschaft begehrte vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft unter Verwendung eines gemäß § 9 Abs 1 des AußenhandelsG 1968, BGBl. 314, (in der für den Beschwerdefall maßgeblichen Fassung der Nov. BGBl. 341/1978; im folgenden:

AußenhandelsG 1968) vorgeschriebenen Antragsformular die Bewilligung zur Einfuhr von 40000 kg - handelsüblich näher bezeichneter - toter Gänse. Diesen Antrag wies der Bundesminister mit Bescheid vom ab, welcher auf dem Antragsformular durch den Abdruck von Stampiglien ausgefertigt wurde. Der (außer Behördenbezeichnung, Datum und Ausfertigungsklausel) den Bescheidspruch enthaltende Stempelabdruck lautet: "Die Einfuhr der oben genannten Waren wird gemäß den §§3, 6 und 8 des Außenhandelsgesetzes 1968, BGBl. 314, abgelehnt.", der die Begründung betreffende: "BEGRÜNDUNG: gem. § 8 Abs 1 AHG aus handelspolitischen Gründen".

Dieser Bescheid ist Gegenstand der auf Art 144 B-VG gestützten Beschwerde, in welcher die bf. Gesellschaft eine Verletzung des Gleichheitsrechtes sowie eine Rechtsverletzung infolge Anwendung des ihrer Auffassung nach teilweise verfassungswidrigen § 8 Abs 1 des AußenhandelsG 1968 behauptet und die Bescheidaufhebung begehrt.

II. Die Beschwerde ist berechtigt.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH wird das Gleichheitsrecht insbesondere dadurch verletzt, daß die Behörde bei der Erlassung des Bescheides Willkür übt; dies ist ihr (ua.) vorzuwerfen, wenn der angefochtene Bescheid wegen des gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 9024/1981). Der VfGH hat in seinem von der Bf. zu Recht bezogenen Erk. VfSlg. 9293/1981 dazu schon ausgesprochen, daß eine in die Verfassungssphäre reichende Mangelhaftigkeit dann vorliegt, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen kein Begründungswert zukommt. Ein derartiger Fall ist auch hier gegeben.

Die bel. Beh. verstieß nicht nur gegen ihre aus den §§58 Abs 2, 60 AVG 1950 erfließende verfahrensrechtliche Verpflichtung, "die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen"; sie unterließ es vielmehr schlechthin, der Einschreiterin gegenüber auch nur anzudeuten, in welchem Umstand das der begehrten Bewilligung entgegenstehende materielle Hindernis überhaupt liegen könnte. Die bloße Bezugnahme auf § 8 Abs 1 des AußenhandelsG 1968 iZm. dem behaupteten Vorliegen "handelspolitischer Gründe" erlaubt nämlich keinen Rückschluß auf die für die negative Entscheidung maßgeblichen Beweggründe der Behörde, weil die angeführte Gesetzesbestimmung mehrere für die Versagung der Bewilligung in Betracht kommende Tatbestände umfaßt und die dem Gesetzeswortlaut fremde Wendung "handelspolitische Gründe" keineswegs eindeutig zuordenbar ist.

Die eben aufgezeigte krasse Mangelhaftigkeit des Bescheides kann auch weder dadurch beseitigt werden, daß - wie die bel. Beh. vorbringt - der Bf. die (im übrigen auch aus den vorgelegten Verwaltungsakten überhaupt nicht ersichtlichen) Gründe "ausführlich telefonisch und mündlich dargelegt" wurden, noch dadurch, daß die bel. Beh. ihre Motivation in der Gegenschrift darlegte; die Begründung des Bescheides muß nämlich aus diesem selbst hervorgehen. Belanglos, weil ebenfalls an der klaren Gesetzeslage vorbeigehend, sind auch die Hinweise der bel. Beh. auf den Umfang ihrer Tätigkeit bei der Vollziehung des AußenhandelsG 1968 sowie auf die zeitlichen Folgen eines "Abgehens von der bisherigen ... vereinfachten Verwaltungspraxis".

2. Der angefochtene Bescheid war sohin wegen der Verletzung des Gleichheitsrechtes aufzuheben, sodaß es sich erübrigte, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen. Dies trifft insbesondere auf die Behauptung der Bf. zu, daß zwei in § 8 Abs 1 AußenhandelsG 1968 umschriebene Tatbestände aus dem Blickpunkt des Art 18 Abs 1 B-VG verfassungswidrig seien, zumal der bekämpfte Bescheid keinen Schluß darauf zuläßt, ob die kritisierten Tatbestände herangezogen wurden.