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OGH vom 06.04.2005, 9ObA71/04p

OGH vom 06.04.2005, 9ObA71/04p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Ladislav und Anton Beneder als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ernst K*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr. Helga Hofbauer, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, vertreten durch Dr. Rainer Schischka, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 1.016,51 brutto sA, über Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Ra 116/03w-32, womit das Urteil des Landesgerichts Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 21 Cga 102/02f-28, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 266,69 (darin enthalten EUR 44,45USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war seit bei der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter (PVArb) beschäftigt, vom bis war er Verwalter der von der PVArb betriebenen Sonderkrankenanstalt Rehabilitationszentrum L*****. Sein Dienstverhältnis unterlag der Dienstordnung A für Verwaltungsangestellte, Pflegepersonal und zahntechnische Angestellte bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs (DO.A). Er bezog zuletzt ein monatliches Gehalt von ATS 80.741 (EUR 5.867,68) brutto (Gehaltsgruppe F, Dienstklasse II, Gehaltsschema Verwaltungsangestellte). Darin war eine Funktionszulage nach § 44 Abs 1 DO.A im Ausmaß von 30 % seiner ständigen Bezüge enthalten. Der Kläger unterstand den Weisungen der Organisationseinheit der Zentralverwaltung für Liegenschaften und eigene Einrichtungen. Er unterlag einer fixen Dienstzeit mit Anwesenheitspflicht. Ihm stand im Rehabilitationszentrum eine 110 m² Dienstwohnung zur Verfügung, die er zusammen mit seiner Familie bewohnte. Daneben hielt er seinen privaten Wohnsitz, der rund 100 km bzw eine Fahrzeit von 1¼Stunden vom Dienstort entfernt war, weiter aufrecht.

Mit Schreiben vom wies die PVArb den Kläger darauf hin, dass der administrative Leiter oder dessen Stellvertreter im Bereich des jeweiligen Rehabilitationszentrums erreichbar sein müsse. Mit Schreiben vom stellte die PVArb klar, dass die Rufbereitschaft keine Anwesenheitspflicht des Verwalters bzw Stellvertreters bedeute, sondern deren Erreichbarkeit gegeben sein müsse; es genüge, wenn unter Zuhilfenahme technischer Einrichtungen das Eintreffen in der Anstalt in einem absehbaren Zeitraum gegeben sei. Dieses Erfordernis sei im Rahmen der gewährten Funktionszulage gemäß § 44 Abs 1 und 2 DO.A abgegolten.

Der Kläger leistete abwechselnd mit seinem Stellvertreter im hier relevanten Zeitraum vom bis Rufbereitschaften, wobei auf den Kläger in den einzelnen Quartalen folgende Stunden entfielen:

363 Stunden (III/1999)

326,5 Stunden (IV/1999)

339 Stunden (I/2000)

508 Stunden (II/2000)

363 Stunden (III/2000)

368,5 Stunden (IV/2000)

Die sich auf Samstage, Sonn- und Feiertage beziehende Rufbereitschaft der Verwalter der zehn Rehabilitationszentren der PVArb war mehrfach Gegenstand von Besprechungen zwischen den Betroffenen und Vertretern der Zentrale. Die Verwalter forderten eine zeitliche Lockerung, allerdings ohne Erfolg. Die PVArb vertrat trotz verschiedener Einwände der Verwalter bis zuletzt den Standpunkt, dass der jeweilige Rufbereite im Fall eines Abrufes innerhalb von einer halben Stunde in der jeweiligen Anstalt eintreffen müsse. Das Ansinnen des Klägers, die Rufbereitschaft, soweit sie 260 Stunden im Quartal übersteige, gesondert zu entlohnen, wurde von der PVArb mit dem Hinweis, dass die gesamte Rufbereitschaft durch die Funktionszulage abgegolten werde, abgelehnt. Der Kläger weigerte sich nicht ausdrücklich, Rufbereitschaft auch in einem höheren Ausmaß zu leisten; er erhob auch keinen ausdrücklichen Einspruch.

Die DO.A lautet in den hier relevanten Bestimmungen auszugsweise wie folgt:

Funktionszulage

§ 44. (1) Eine Funktionszulage gebührt folgenden Verwaltungsangestellten:

...

6. den Angestellten, die mit der verantwortlichen Leitung des wirtschaftlichen, administrativen und technischen Dienstes in Krankenanstalten gemäß § 1 Abs. 9 betraut sind, und den Stellvertretern dieser Angestellten im Ausmaß von 10 bis 30 % der jeweiligen Bezüge gemäß § 35 Abs. 2 Z 1 lit. a und Z 6;

...

(2) Neben einer Funktionszulage gemäß Abs. 1 gebührt keine Leitungszulage, keine Erschwerniszulage und keine Abgeltung der Rufbereitschaft.

...“

Auf § 44 Abs 1 DO.A bezieht sich die in der DO.A enthaltene Erläuterung 1, auf § 44 Abs 2 DO.A die Erläuterung 2. Diese lauten:

„1) § 37 Abs. 1 sieht die Einreihung der Leiter von Organisationseinheiten (Referaten beim Hauptverband) je nach der Wertigkeit ihres Aufgabenbereiches in eine der drei Dienstklassen der Gehaltsgruppe F und ihrer Stellvertreter in die entsprechende Dienstklasse der Gehaltsgruppe E vor. Mit dieser Einreihung kann aber die notwendige Differenzierung nach der Größe der Versicherungsträger (Landesstellen) nicht entsprechend berücksichtigt werden. Diese Differenzierung soll vielmehr durch eine gestaffelte, als ständiger Bezug geltende Funktionszulage vorgenommen werden. Mit dieser Zulage sollen nicht nur die qualitativen Leistungsunterschiede, sondern auch die quantitativen Mehrleistungen (Überstunden) der Leiter von Organisationseinheiten und ihrer Stellvertreter abgegolten werden. Dadurch kann eine gerechtere Differenzierung nach der Funktion und eine möglichst einheitliche Vorgangsweise bei den Versicherungsträgern gewährleistet werden.

Der Kreis der anspruchsberechtigten Verwaltungsangestellten ist in Abs. 1 genau abgegrenzt. Er umfasst nicht nur die Leiter von Organisationseinheiten und deren Stellvertreter, sondern u.a. auch Leiter bestimmter Außenstellen der Pensionsversicherungsträger und der Gebietskrankenkassen sowie Verwalter von Einrichtungen des Gesundheitsdienstes.

Für das Ausmaß der Funktionszulage sind in der Regel lediglich Rahmensätze vorgesehen, innerhalb derer der Versicherungsträger die Zulage im Einzelfall unter Berücksichtigung der Dienstleistung in qualitativer und quantitativer Hinsicht und sonstiger Kriterien festsetzen kann. Wenn zB in einer Organisationseinheit wegen deren Größe mehrere Stellvertreter des Leiters bestellt sind, könnte das Ausmaß der Funktionszulage unterschiedlich festgesetzt werden.

2) Taxative Aufzählung jener Zulagen, die neben einer Funktionszulage nicht gewährt werden können.

§ 54a DO.A hat folgenden Inhalt:

Abgeltung der Rufbereitschaft

§ 54a. (1) Dem Angestellten gebührt für eine außerhalb der Normalarbeitszeit gelegene Rufbereitschaft (§ 20a AZG) eine gesonderte Abgeltung. Diese beträgt für jede Stunde der Rufbereitschaft 50 % des nach § 54 Abs. 1 jeweils in Betracht kommenden Prozentsatzes, wobei Rufbereitschaften an Sonn- und Feiertagen so abzugelten sind wie Rufbereitschaften bei Nacht.

(2) Als Rufbereitschaft im Sinne des Abs. 1 gilt jene Zeit, während der sich der Angestellte über Anordnung des Dienstgebers außerhalb der Betriebsstätte jederzeit erreichbar und einsatzbereit hält, sodass der Dienst in einer den jeweiligen Umständen nach angemessenen Zeit über Abruf angetreten werden kann. Gemäß § 67 Abs. 1 zur Verfügung gestellte Unterkünfte und Dienstwohnungen zählen nicht zur Betriebsstätte. Sind zur Erreichbarkeit des Angestellten technische Hilfsmittel erforderlich, so hat der Dienstgeber diese auf seine Kosten zur Verfügung zu stellen.

(3) Zeiten einer Rufbereitschaft gelten nicht als Arbeitszeit. Dagegen gelten Zeiten einer Dienstleistung während der Rufbereitschaft als Arbeitszeit. Für Zeiten einer Dienstleistung während der Rufbereitschaft gebührt keine Abgeltung gemäß Abs. 1.

(4) Rufbereitschaft kann innerhalb eines Zeitraumes von drei Monaten an 30 Tagen vereinbart werden; das Ausmaß der Rufbereitschaften darf 260 Stunden nicht übersteigen.

Auf § 54a Abs 1 DO.A bezieht sich die Erläuterung 1, auf § 54a Abs 2 DO.A die Erläuterung 2. Diese lauten:

1) 1. Als Arbeitszeit gelten

a. die Normalarbeitszeit,

b. tatsächliche Dienstleistungen außerhalb der Normalarbeitszeit,

c. Zeiten der Arbeitsbereitschaft außerhalb der Normalarbeitszeit. Zeiten einer Rufbereitschaft zählen nicht als Arbeitszeit.

2. Werden jedoch während einer Rufbereitschaft tatsächlich Dienstleistungen erbracht, so gelten diese als Arbeitszeit und sind als solche zu entlohnen.

3. Rufbereitschaft wird aufgrund einer gemäß § 97 Abs. 1 Z 2 des Arbeitsverfassungsgesetzes abgeschlossenen Betriebsvereinbarung angeordnet.

2) 1. Unter Arbeitsbereitschaft ist der Aufenthalt an der Betriebsstätte mit der Bereitschaft zur jederzeitigen Aufnahme der Dienstleistung im Zusammenhang mit unregelmäßig anfallender, grundsätzlich nicht planbarer Tätigkeit zu verstehen.

2. Zeiten der Arbeitsbereitschaft haben außerhalb der Normalarbeitszeit zu liegen. Die besondere Abgeltung beruht auf der Einschätzung, dass für Arbeitsbereitschaften innerhalb der Normalarbeitszeit bei Tag eine Entschädigung im Ausmaß von 2/3 der festgelegten Sätze und bei Nacht eine Entschädigung im Ausmaß der Hälfte der festgelegten Sätze angemessen wäre.

Die Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter und die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten wurden ab mit Wirksamkeit vom zur “Pensionsversicherungsanstalt” zusammengeführt. Alle Rechte und Verbindlichkeiten der beiden Sozialversicherungsträger gingen mit auf die Pensionsversicherungsanstalt über (§ 538a Abs 1 und 2 ASVG).

Der Kläger begehrt nach Einschränkung um verjährte Beträge zuletzt EUR 1.016,51 brutto sA (ON 14). Die DO.A sehe vor, dass Rufbereitschaften innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten nur an 30 Tagen vereinbart werden können und das Ausmaß von 260 Stunden nicht übersteigen dürfen. Dennoch habe er Rufbereitschaften in höherem Ausmaß leisten müssen. Die Abgeltung durch die Funktionszulage könne sich nur auf 260 Stunden Rufbereitschaft pro Quartal beziehen, nicht aber auf die dieses Ausmaß übersteigenden Stunden. Unter Zugrundelegung der ab geleisteten Stunden ergebe sich der angemessene Klagebetrag.

Die Beklagte stellte das Klagebegehren der Höhe nach außer Streit, bestritt es jedoch dem Grund nach, beantragte dessen Abweisung und wendete ein, dass eine Verpflichtung des Klägers, Rufbereitschaft über das in § 54a Abs 4 DO.A festgelegte Ausmaß hinaus zu leisten, nicht bestanden habe. Gemäß § 44 Abs 2 DO.A gebühre neben der Funktionszulage keine Abgeltung der Rufbereitschaft.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren unter Zugrundelegung der eingangs wiedergegebenen Tatsachenfeststellungen statt. In rechtlicher Hinsicht vertrat es die Auffassung, dass hinsichtlich der Honorierung der Rufbereitschaft, soweit sie das Ausmaß von 260 Stunden pro Quartal übersteige, in der DO.A eine Lücke bestehe. In analoger Anwendung der Rechtsprechung zur Leistung von Überstunden in einem das vereinbarte Überstundenpauschale übersteigenden Ausmaß sei ein über die Funktionszulage hinausgehender Entgeltanspruch des Klägers zu bejahen. Da im Dienstvertrag für diesen Fall weder ein Entgelt bestimmt, noch Unentgeltlichkeit vereinbart worden sei, gebühre dem Kläger nach § 1152 ABGB ein angemessenes Entgelt in Höhe des Klagebetrags.

Das Berufungsgericht reduzierte über Berufung der Beklagten den Zinsenzuspruch an den Kläger von 8,75 % auf 4 % und wies das Zinsenmehrbegehren ab. Im Übrigen bestätigte es das Ersturteil und ließ die Revision nach § 502 Abs 1 ZPO zu. Rechtlich führte es aus, dass die DO.A ein Kollektivvertrag sei, dessen normativer Teil nach den §§ 6, 7 ABGB auszulegen sei. Dabei ergebe sich im Zusammenhalt mit § 59 Abs 3 DO.A, wonach die Vergütung von Überstunden gleichfalls mit der Funktionszulage abgegolten sei, dass es sich bei der Funktionszulage um eine pauschale Abgeltung sowohl der Überstunden als auch der Rufbereitschaft handle. Die pauschale Abgeltung könne sich nur auf die nach dem Kollektivvertrag iVm § 20a AZG zulässige Rufbereitschaft beziehen. Da die Rechtsansicht der Beklagten vertretbar sei, gebührten dem Kläger nach § 49a ASGG allerdings nur Zinsen von 4 %.

Gegen den klagestattgebenden Teil richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung iSd Klageabweisung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Revision ist zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Beim vorliegenden Fall müssen die arbeitszeitrechtliche und die lohnrechtliche Seite auseinander gehalten werden (vgl 4 Ob 54/73 = ZAS 1974/27 [Rainer] = DRdA 1975, 50 [Dirschmied 44 ff]). Hinsichtlich des ersten Aspekts ist davon auszugehen, dass auf das privatrechtliche Dienstverhältnis des Klägers zur PVArb die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes (AZG), BGBl 1969/461, Anwendung finden. Der in erster Instanz auf § 1 Abs 2 Z 8 AZG gestützte Einwand der Beklagten, der Kläger sei als leitender Angestellter, dem maßgebliche Führungsaufgaben selbstverantwortlich übertragen seien, vom Geltungsbereich des AZG ausgenommen, wurde vom Erstgericht mit ausführlicher Begründung verneint. Die Beklagte hielt diesen Einwand in der Folge nicht mehr aufrecht. Hierauf braucht daher nicht näher eingegangen werden.

Mit Novelle BGBl I 1997/46 wurde ab mit § 20a eine Regelung der Rufbereitschaft in das AZG eingefügt. Erklärtes Ziel dieser Novelle war der weitere Ausbau von Gestaltungsmöglichkeiten, die Arbeitszeit an die Bedürfnisse der Arbeitnehmer und des Betriebs anzupassen (IA 408/A BlgNR 20. GP; AB 622 BlgNR 20. GP). Nach § 20a AZG darf Rufbereitschaft außerhalb der Arbeitszeit nur an zehn Tagen pro Monat vereinbart werden. Der Kollektivvertrag kann jedoch zulassen, dass Rufbereitschaft innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten an 30 Tagen vereinbart werden kann (Abs 1). Leistet der Arbeitnehmer während der Rufbereitschaft Arbeiten, kann 1. die Tagesarbeitszeit bis auf zwölf Stunden ausgedehnt werden, wenn innerhalb von zwei Wochen ein entsprechender Ausgleich erfolgt, und 2. die tägliche Ruhezeit unterbrochen werden, wenn innerhalb von zwei Wochen eine andere tägliche Ruhezeit um vier Stunden verlängert wird. Ein Teil der Ruhezeit muss mindestens acht Stunden betragen (Abs 2). Eine Definition der Rufbereitschaft hielt der Gesetzgeber wegen der ausführlichen Rechtsprechung für nicht erforderlich. Durch die Formulierung „außerhalb der Arbeitszeit“ sollte klargestellt werden, dass es sich bei der Rufbereitschaft nicht um Arbeitszeit iSd § 2 AZG handelt (IA 408/A BlgNR 20. GP; AB 622 BlgNR 20. GP).

Es gibt verschiedene Grade der Intensität, mit der ein Dienstnehmer dem Dienstgeber zur Verfügung stehen kann (vgl 14 ObA 503/87). So besteht die Rufbereitschaft nach der Rechtsprechung darin, dass der Dienstnehmer für den Dienstgeber lediglich erreichbar und zum Arbeitsantritt bereit sein muss. Dabei kann der Dienstnehmer (im Unterschied zur sog Arbeitsbereitschaft) seinen Aufenthaltsort selbst wählen und über die Verwendung solcher Zeiten im Wesentlichen frei entscheiden (Haslinger, JBl 1970, 125 [134 ff]; Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht10 379; 9 ObA 96/91 = ecolex 1991, 719 [Mazal]; VwGH 91/19/0248 = DRdA 1992/31 [Pfeil]; 8 ObA 321/01s ua). Mit Rufbereitschaften lassen sich Situationen, in denen mit Einsätzen zwar zu rechnen ist, deren Wahrscheinlichkeit aber für den Volldienst zu gering ausfällt, ökonomisch bewältigen, vor allem infolge der seit geltenden Erleichterungen bei den Arbeitszeit-Tagesgrenzen und bei der täglichen Ruhezeit (Schrank, Flexiblere Arbeitszeiten: Arbeitszeit- und Ruhezeitausgleiche im neuen Arbeitszeitrecht, in FS Tomandl 333 [340]). Es ist aber zu beachten, dass auch während der Erreichbarkeit per Festnetz- oder Mobiltelefon (bzw im Fall des Klägers per Pager [ON 13, AS 58]) der Dienstnehmer in der Bestimmung seines Aufenthalts (trotz grundsätzlich freier Wählbarkeit) beschränkt ist, weil ihn die Verpflichtung trifft, solche Aufenthaltsorte zu wählen, an denen er über ein von ihm ständig betriebs- und empfangsbereit zu haltendes Gerät erreicht werden kann. Dazu kommt, dass er sein Verhalten während der Rufbereitschaft darauf einrichten muss, im Fall eines Anrufs seine Pflichten meist unverzüglich im Betrieb ohne besondere Beeinträchtigung (zB durch vorherigen Alkoholgenuss) wahrnehmen zu können (Grillberger, AZG² § 2 Anm 2.4; Schrank aaO 339;B. Schwarz in Cerny/Klein/B. Schwarz, AZG § 20a Erl 1; 8 ObA 321/01s ua).

Bei der Rufbereitschaft handelt es sich nicht um die Arbeitsleistung selbst, sondern um eine andere Leistung, die der Dienstnehmer nicht schon auf Grund der ihn treffenden allgemeinen Treuepflicht (Interessenwahrungspflicht) zu erbringen hat, sondern die ausdrücklich vereinbart werden muss (B. Schwarz aaO § 20a Erl 1; 4 Ob 104/70 = Arb 8856; 9 ObA 53/92 = ZAS 1993/6 [Andexlinger]; 8 ObA 321/01s ua). Auch bloßes Warten bindet den Dienstnehmer; jede zeitliche Bindung für Zwecke eines anderen ist so gesehen eine Leistung (Andexlinger in ZAS 1993/6). Maßgeblich ist dabei der Umstand, dass der Dienstnehmer - wenngleich in geringerer Intensität - fremdbestimmt ist (Mazal in ecolex 1991, 719). Die Zahlung eines Entgelts bei Rufbereitschaft kann ihm daher nicht schon mit der bloßen Begründung versagt werden, dass er ohnehin keine Arbeitsleistung erbringe, weil auch diese Zeit nicht völlig zu seiner freien Verfügung steht. Der Dienstgeber, der Rufbereitschaft verlangt, macht wenigstens zum Teil von der Arbeitskraft des Dienstnehmers Gebrauch (9 ObA 53/92 = ZAS 1993/6 [Andexlinger]; 8 ObA 321/01s). Da die Zeit des Dienstnehmers während der bloßen Rufbereitschaft allerdings nicht soweit in Anspruch genommen wird, dass bereits von der Dienstleistung selbst (oder einer gleichwertigen Tätigkeit) gesprochen werden kann, kann für die betreffende Zeit ein geringeres Entgelt als für die eigentliche Arbeitsleistung oder allenfalls sogar Unentgeltlichkeit vereinbart werden (Rebhahn, Zur Überwälzung des Wirtschaftsrisikos auf den Arbeitnehmer bei Arbeit auf Abruf, in FS Schnorr 225 [232]; B. Schwarz aaO § 20a Erl 1; 4 Ob 54/73 = ZAS 1974, 213 [Rainer] = DRdA 1975, 50 [Dirschmied 44 ff]; 4 Ob 27/74 = SozM III E, 476; 9 ObA 53/92 = ZAS 1993/6 [Andexlinger] ua). Letzteres dürfte aber eher von bloß theoretischer Bedeutung sein.

§ 20a AZG regelt - soweit hier relevant - nur das erlaubte Ausmaß der Vereinbarung von Rufbereitschaft, indem er es in Abs 1 ausdrücklich begrenzt (IA 408/A BlgNR 20. GP; AB 622 BlgNR 20. GP). Er regelt hingegen nicht, ob und in welcher Höhe die Rufbereitschaft zu vergüten ist. Es bleibt daher zu prüfen, ob eine kollektivvertragliche und/oder einzelvertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien zur Abgeltung der Rufbereitschaft vorliegt.

Die auf das Dienstverhältnis des Klägers anzuwendende DO.A ist ein Kollektivvertrag (RIS-Justiz RS0054394 ua), worauf bereits das Berufungsgericht zutreffend hinwies. Die Erläuterungen zur DO.A stellen eine authentische Interpretation der Bestimmungen durch die Kollektivvertragsparteien dar (9 ObA 277/93). Die DO.A regelt in § 54a die Abgeltung der Rufbereitschaft. Aus Abs 1 folgt, dass dem Angestellten für eine außerhalb der Normalarbeitszeit gelegene Rufbereitschaft (§ 20a AZG) eine gesonderte Abgeltung gebührt. Abs 2 enthält eine Definition der Rufbereitschaft, die jener der hiezu bereits wiedergegebenen Rechtsprechung entspricht. Abs 3 stellt (ebenso wie die Erläuterung 1 Z 1 lit c zu § 54 Abs 1 DO.A) nochmals klar, dass Zeiten einer Rufbereitschaft nicht als Arbeitszeit gelten (vgl IA 408/A BlgNR 20. GP; AB 622 BlgNR 20. GP). Abs 4 greift schließlich die Ermächtigung des § 20a Abs 1 zweiter Satz AZG auf, wonach - in Abweichung von der Grundregel des ersten Satzes leg cit (“Rufbereitschaft darf außerhalb der Arbeitszeit nur an zehn Tagen pro Monat vereinbart werden”) - der Kollektivvertrag zulassen kann, dass Rufbereitschaft innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten an 30 Tagen vereinbart werden kann, und ordnet seinerseits an, dass Rufbereitschaft innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten an 30 Tagen vereinbart werden kann, wobei jedoch das Ausmaß der Rufbereitschaften 260 Stunden nicht übersteigen darf.

§ 54a Abs 1 DO.A bekennt sich somit grundsätzlich zur Entgeltlichkeit der Rufbereitschaft. § 44 DO.A sieht zu diesem Zweck für einen bestimmten Kreis von Verwaltungsangestellten (Abs 1), dem auch der Kläger angehört, eine Funktionszulage vor, die laut Erläuterung 1 zu § 44 DO.A sowohl qualitative Leistungsunterschiede als auch quantitative Mehrleistungen der Leiter und ihrer Stellvertreter abgelten soll. Aus den §§ 44, 54a DO.A folgt somit eine Pauschalierung des Entgelts für die Rufbereitschaft. Eine solche ist grundsätzlich zulässig. Im Fall des Klägers beträgt die Funktionszulage 30 % bestimmter in § 44 Abs 1 Z 6 DO.A näher bezeichneter Bezüge. § 44 Abs 2 DO.A legt weiter fest, dass neben der Funktionszulage (und bestimmten anderen hier allerdings nicht relevanten Zulagen) keine Abgeltung der Rufbereitschaft gebührt.

Nach ständiger Rechtsprechung hindert die ebenfalls zulässige Pauschalentlohnung von Überstunden den Dienstnehmer nicht daran, über das Pauschale hinausgehende Ansprüche zu erheben, wenn und soweit sein Anspruch auf Vergütung der Mehrarbeitsleistung durch die vereinbarte Pauschalentlohnung nicht gedeckt ist (4 Ob 66/84; 9 Ob 277/93; RIS-Justiz RS0051519 ua). Diese Auffassung baut darauf auf, dass auf die Vergütung der Mehrarbeitsleistung ein unabdingbarer gesetzlicher Anspruch besteht (§ 10 AZG;Grillberger aaO § 10 Anm 1; Klein in Cerny/Klein/B. Schwarz, AZG § 10 Erl 4; 4 Ob 66/84 ua). Die Erlaubtheit der Überstundenleistung spielt für ihre Vergütungspflicht keine Rolle (Grillberger aaO § 10 Anm 2.2. mwN; 4 Ob 176/85 = Arb 10.488; 9 ObA 113/89; 9 ObA 65/95 ua). Für die Abgeltung der Rufbereitschaft fehlt ein vergleichbarer unabdingbarer gesetzlicher Anspruch, was aber nicht zwangsläufig bedeutet, dass die Rufbereitschaft nicht zu honorieren ist.

Aus dem für die Rufbereitschaft charakteristischen Mischverhältnis zwischen Arbeit und Freizeit folgt die Schutzbedürftigkeit jener Dienstnehmer, die Rufbereitschaft vereinbart haben. Der Gesetzgeber hat in § 20a AZG zum Ausdruck gebracht, dass durch Vereinbarungen über die Rufbereitschaft die ungetrübte Freizeit des Dienstnehmers in einem bestimmten Mindestausmaß gewahrt bleiben muss und dass Arbeitseinsätze während der Rufbereitschaft die Grenzen der Arbeitszeit und der täglichen Ruhezeit nur in bestimmtem Rahmen zu Lasten des Dienstnehmers lockern dürfen (B. Schwarz aaO § 20a Erl 2). Die Vereinbarung eines höheren als nach § 20a AZG zulässigen Ausmaßes ist unwirksam. Die Heranziehung von Dienstnehmern entgegen § 20a Abs 1 AZG ist nach § 28 Abs 1 Z 7 AZG sogar strafbar (Grillberger aaO § 20a Anm 1). Dem tragen die Kollektivvertragsparteien Rechnung, indem sie in § 54a Abs 4 DO.A regeln, dass Rufbereitschaft (nur) innerhalb eines Zeitraumes von drei Monaten an 30 Tagen vereinbart werden, dabei jedoch das Ausmaß der Rufbereitschaften 260 Stunden nicht übersteigen darf.

Der normative Teil eines Kollektivvertrags ist gemäß den §§ 6 und 7 ABGB nach seinem objektiven Inhalt auszulegen (RIS-Justiz RS0010088 ua). Dabei ist in erster Linie der Wortsinn - auch im Zusammenhang mit den übrigen Regelungen - zu erforschen und die sich aus dem Text des Kollektivvertrags ergebende Absicht der Kollektivvertragsparteien zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0010089); eine aus dem Text nicht hervorgehende Absicht hat außer Betracht zu bleiben (9 ObA 58/03z ua).

Ausgehend von diesen Grundsätzen kann der Auffassung der Beklagten, dass mit der Pauschalabgeltung der DO.A auch jene Stunden an Rufbereitschaft gemeint sein sollen, die 260 Stunden in einem Zeitraum von drei Monaten übersteigen, nicht gefolgt werden. Diese Auslegung unterstellt den Kollektivvertragsparteien die Inkaufnahme der Unwirksamkeit der Vereinbarung eines höheren als nach § 20a AZG zulässigen Ausmaßes an Rufbereitschaft und eines strafbaren Verhaltens durch Heranziehung von Dienstnehmern entgegen § 20a Abs 1 AZG (§ 28 Abs 1 Z 7 AZG). Dafür fehlen tragfähige Anhaltspunkte. Den Kollektivvertragsparteien darf bei der Auslegung einer kollektivvertraglichen Norm grundsätzlich unterstellt werden, dass sie eine vernünftige, zweckentsprechende und praktisch durchführbare Regelung treffen, sowie einen gerechten Ausgleich der sozialen und wirtschaftlichen Interessen herbeiführen wollten (RIS-Justiz RS0008828 ua). Der Senat billigt deshalb die Auffassung der Vorinstanzen, dass die DO.A keine Regelung für Rufbereitschaften enthält, die innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten 260 Stunden übersteigen. Die in der DO.A vorgesehene pauschale Abgeltung der Rufbereitschaften durch die Funktionszulage kann sich demzufolge nur auf das erlaubte Höchstausmaß von 260 Stunden beziehen. § 44 Abs 2 DO.A, der festlegt, dass neben der Funktionszulage keine Abgeltung der Rufbereitschaft gebührt, kommt daher in Bezug auf Stunden der Rufbereitschaft, die innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten 260 Stunden übersteigen, nicht zum Tragen.

Der Dienstgeber, der Rufbereitschaft in Anspruch nimmt, macht wie schon ausgeführt wenigstens zum Teil von der Arbeitskraft des Dienstnehmers Gebrauch. Wenn es sich auch bei der Rufbereitschaft nicht um die Arbeitsleistung selbst handelt, so handelt es sich doch um eine Leistung, die der Dienstnehmer für den Dienstgeber erbringt. Es stellt sich daher hinsichtlich der dem Klagebegehren zugrundeliegenden Stunden mangels besonderer Regelung in der DO.A die Frage der Honorierung auf einzelvertraglicher Ebene.

Für die übersteigenden Stunden wurde kein bestimmtes Entgelt vereinbart. Dem festgestellten Umstand, dass sich der Kläger nicht ausdrücklich weigerte, Rufbereitschaft auch in einem höherem Ausmaß zu leisten, und er keinen ausdrücklichen Einspruch erhob, kann nicht die schlüssige Bedeutung unterstellt werden, dass damit Unentgeltlichkeit vereinbart werden sollte (§ 863 ABGB). Dies würde auch dem Konzept der DO.A widerstreiten, das wie bereits ausgeführt grundsätzlich von entgeltlicher Rufbereitschaft ausgeht. Auch die vom Kläger wiederholt verlangte, wenn auch von der Beklagten abgelehnte Honorierung bestärkt in der Annahme, dass im gegenständlichen Fall von der Vereinbarung von Unentgeltlichkeit - weder in ausdrücklicher noch in schlüssiger Form - keine Rede sein kann. Der erstinstanzliche Einwand der Beklagten, dass der Kläger auf eine Abgeltung der Rufbereitschaft, soweit sie 260 Stunden im Quartal überstiegen habe, verzichtet habe, wird von der Revisionswerberin nicht weiter verfolgt. Ist aber im Dienstvertrag kein Entgelt bestimmt und auch nicht Unentgeltlichkeit vereinbart, so gilt nach § 1152 ABGB ein angemessenes Entgelt als bedungen (Krejci in Rummel, ABGB³ § 1152 Rz 1 ff mwN ua). Dieses ist in Gestalt des Klagebetrages gegeben. Die Überlegungen der Revisionswerberin zur Frage, ob die pauschale Abgeltung der Rufbereitschaft durch die Funktionszulage allenfalls günstiger gewesen sei als eine Einzelabrechnung, verkennen das Wesen einer Pauschalierung. Ihrer unbegründeten Revision muss somit ein Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.