VfGH vom 13.10.1986, b701/85
Sammlungsnummer
11068
Leitsatz
PatentG; die Parteistellung muß aus den jeweils zur Anwendung kommenden verwaltungsrechtlichen Vorschriften abgeleitet werden; weder eine Bestimmung des PatentG noch andere Vorschriften bieten einen Anhaltspunkt dafür, daß dem Pfandgläubiger eines Patentrechtes im Verfahren über die Eintragung einer Übertragung ins Patentregister Parteistellung zukommt; keine Begründung der Parteistellung des Pfandgläubigers durch in Exekutionsbewilligungsbeschlüssen enthaltene Verfügungsverbote (bezüglich der Patentrechte), auch nicht durch Zustellung von Bescheiden zur Kenntnis; kein Entzug des gesetzlichen Richters
Spruch
Die Beschwerden werden abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. a) Der bf. Aktiengesellschaft war mit zwei Beschlüssen des Landesgerichts Eisenstadt die Exekution durch Pfändung verschiedener Patente der P Maschinenbau Ges.m.b.H. bewilligt worden und der verpflichteten Partei aufgetragen worden, sich jeder Verfügung über diese Patentrechte zu enthalten. Die Pfandrechte wurden sodann im Patentregister eingetragen.
Dessen ungeachtet hat die P Maschinenbau Ges.m.b.H. die Patentrechte an die L-Kunststoff-Technologie Ges.m.b.H. übertragen.
b) Mit Bescheiden der Rechtsabteilung A des Österreichischen Patentamtes vom wurde diese Patentübertragung bewilligt. Die Bescheide wurden der bf. Gesellschaft "zur Kenntnis" zugestellt. Diese erhob daraufhin gegen die Bescheide (Administrativ-)Beschwerden, die von der Beschwerdeabteilung des Österreichischen Patentamtes mit Bescheiden vom mangels Parteistellung der bf. Gesellschaft zurückgewiesen wurden. Dies wurde - in allen Bescheiden gleichlautend - wie folgt begründet:
"Für die im Register eingetragene Pfandgläubigerin und Beschwerdeführerin ist ... eine Änderung in ihren Rechten nicht eingetreten. Dies ergibt sich aus der Natur des Pfandrechtes. Das Pfandrecht ist ein dingliches Recht, also ein Recht, welches einer Person über eine Sache ohne Rücksicht auf gewisse Personen zusteht (§307 ABGB). Veräußert ein Schuldner das Pfand, so berührt dies das Pfandrecht nicht: Kraft seiner Dinglichkeit ist es unabhängig davon, wem das Vollrecht (Eigentum) an der Sache zusteht (vgl. Koziol - Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechtes, Band II, Seite 96). Dementsprechend sieht auch § 44 PatG vor, daß derjenige der ein Patent erwirbt, die darauf haftenden Lasten übernimmt."
Bei der Zustellung der angefochtenen Beschlüsse an die Bf. zur Kenntnis handle es sich um eine übliche Serviceleistung des Österreichischen Patentamtes, auf die jedoch kein Rechtsanspruch bestehe.
2. a) Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, unter Berufung auf Art 144 B-VG erhobenen Beschwerden. Die bf. Gesellschaft erachtet sich im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt (Art83 Abs 2 B-VG) und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung der Bescheide.
Die Bf. bringt vor, daß sie aufgrund des durch die Exekutionsbewilligungsbeschlüsse des Landesgerichtes Eisenstadt verhängten Verfügungsverbotes ein subjektives Recht darauf habe, daß die von der Pfändung erfaßten Patentrechte nicht ohne ihre Zustimmung auf einen anderen Rechtsträger übertragen werde. Sie sei in diesem subjektiven Recht durch die Bescheide des Österreichischen Patentamtes verletzt worden. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren komme der bf. Gesellschaft jedenfalls Parteistellung zu, was auch aus dem Umstand hervorgehe, daß die bekämpften Bescheide der Bf. zugestellt wurden.
b) Die bel. Beh. hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber abgesehen.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. Gemäß § 70 Abs 2 PatentG findet gegen Entscheidungen der Beschwerdeabteilungen ein weiterer Rechtszug nicht statt. Der administrative Instanzenzug ist somit erschöpft. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, sind die Beschwerden zulässig.
2. a) Die bf. Gesellschaft erachtet sich in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter dadurch verletzt, daß ihr rechtswidrig die Parteistellung versagt wurde und ihre Berufung mit dem angefochtenen Bescheid zurückgewiesen wurde.
Nach der Rechtsprechung des VfGH wird durch die Zurückweisung einer verfahrensrechtlich zulässigen Berufung das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt. Ein solcher Fall ist insbesondere dann gegeben, wenn die Unzulässigkeit des Rechtsmittels zu Unrecht mit dem Mangel der Parteistellung des Berufungswerbers begründet ist (VfSlg. 9000/1980 mit Hinweis auf VfSlg. 6216/1970 und die dort zitierte Vorjudikatur).
b) Entgegen der Rechtsanschauung der bf. Gesellschaft hat jedoch die bel. Beh. die Parteistellung zu Recht verneint:
Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH erhält nämlich die Frage der Parteistellung erst durch die jeweils zur Anwendung kommenden Rechtsvorschriften einen konkreten Inhalt. Die Parteistellung muß aus den jeweils zur Anwendung kommenden verwaltungsrechtlichen Vorschriften abgeleitet werden (vgl. VfSlg. 10342/1985 mwH).
Weder eine Bestimmung des PatentG noch andere Vorschriften bieten jedoch einen Anhaltspunkt dafür, daß dem Pfandgläubiger eines Patentrechtes im Verfahren über die Eintragung einer Übertragung ins Patentregister Parteistellung zukommt. Auch die bf. Gesellschaft behauptet derartiges nicht. Sie leitet jedoch ihre Parteistellung aus dem an den ursprünglichen Patentinhaber gerichteten, in den Exekutionsbewilligungsbeschlüssen enthaltenen Verfügungsverboten ab. Allein auch dies begründet eine Parteistellung des Pfandgläubigers in einem Patentübertragungsverfahren nicht. Denn seine Rechtssphäre wird hinsichtlich seiner patentrechtlichen Ansprüche aus dem Pfandrecht durch Entscheidungen in den vorliegenden patentrechtlichen Verfahren nicht verändert, zumal das Pfandrecht als dingliches Recht von der Übertragung eines Patentrechtes überhaupt nicht berührt wird (vgl. § 44 PatG).
Die Zustellung der Bescheide an die bf. Gesellschaft erfolgte - wie in den zurückweisenden Bescheiden ausgeführt - zur Kenntnis; das vermag für sich eine Parteistellung ebenfalls nicht zu begründen.
c) Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter hat somit nicht stattgefunden. Eine andere vom VfGH wahrzunehmende Rechtsverletzung wurde von der bf. Gesellschaft nicht gerügt; auch das verfassungsgerichtliche Verfahren hat derartiges nicht ergeben.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.