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OGH vom 20.12.2011, 8ObA91/11g

OGH vom 20.12.2011, 8ObA91/11g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras und Dr. Brenn sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Lukas Stärker und Franz Boindl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. M***** N*****, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wegen Feststellung (Streitwert 15.695,40 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 15 Ra 88/11w 23, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Dass zu einer konkreten gesetzlichen Bestimmung keine ausdrückliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs besteht, begründet unter anderem dann keine erhebliche Rechtsfrage, wenn die anzuwendende Norm selbst eine eindeutige Regelung trifft oder die relevanten rechtlichen Grundsätze zur Auslegung der fraglichen Norm in der Rechtsprechung des Höchstgerichts geklärt sind (vgl RIS Justiz RS0102181; RS0042656).

Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.

2. Die Klägerin verfügt über keine Reifeprüfung und über kein universitäres Lehramtsstudium, sondern über eine Hochschulbildung nach dem Kunsthochschul Studiengesetz (KHStG). Sie begehrt die Einreihung in die Entlohnungsgruppe I 1 im Entlohnungsschema I L, und zwar ab .

Nicht strittig ist, dass es für die Unterrichtsgegenstände der Klägerin kein universitäres Lehramtsstudium gibt (vgl Z 23.1 Abs 5 der Anlage 1 zum BDG) und auch das Universitätsstudium der Bildnerischen Erziehung allein nicht genügt. Die Klägerin lässt zudem unbestritten, dass sie keine Reifeprüfung abgelegt hat, sie über kein universitäres Lehramtsstudium verfügt, ihre Hochschulbildung nicht von Z 1.12 der Anlage 1 zum BDG bzw von § 66 Abs 1 des Universitäts Studiengesetzes (UniStG) erfasst ist und sie daher eine nach Z 23.1 Abs 5 lit a der Anlage 1 zum BDG geforderte Qualifikation nicht erfüllt, sowie dass sie nicht über eine vierjährige oder dreijährige einschlägige Berufspraxis, wohl aber über eine vierjährige facheinschlägige Lehrpraxis verfügt.

3. Das Berufungsgericht hat zutreffend die Ansicht vertreten, dass bei Beurteilung der Einstufung eines Vertragsbediensteten der Grundsatz der Berücksichtigung der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit nicht zur Anwendung gelangt, wenn zwingende Qualifikationsvorschriften für die Einstufung in eine Verwendungs- bzw Entlohnungsgruppe und damit konkrete Einstufungserfordernisse bestehen (RIS Justiz RS0081501; 8 ObA 60/10x mwN). Im vorliegenden Fall liegt nach § 40 Abs 1 VBG iVm Anlage 1 zum BDG aber eine konkrete Einstufungsregelung vor, derzufolge die Einstufung der Vertragslehrer in die einzelnen Entlohnungsgruppen an das Vorliegen bestimmter Qualifikationen in Form von Aus und Vorbildungserfordernissen geknüpft ist.

Dem Argument der Klägerin, dass ihr im Vergleich zur nächsthöheren Verwendungsgruppe zwar eine Reihe von Prüfungen fehlten, ihre Tätigkeit aber die gleiche sei, kommt damit keine Bedeutung zu. Ebenso kann die Behauptung, ihre Unterrichtsgegenstände seien nicht unter Z 24.5 (bzw Z 25.1 Abs 3) der Anlage 1 zum BDG subsumierbar, nicht zur begehrten Einstufung führen, für die die geforderten Ausbildungskriterien nicht erfüllt sind. Davon abgesehen erweist sich die Ansicht des Berufungsgerichts, dass die von der Klägerin unterrichteten Fächer als mit „Bildnerischer Erziehung“ verwandte Unterrichtsgegenstände qualifiziert werden könnten und für die konkrete Ausbildung der Klägerin Z 25.1 Abs 3 der Anlage 1 zum BDG heranzuziehen sei, als nicht korrekturbedürftig. Die Klägerin legt in der außerordentlichen Revision darüber hinaus nicht schlüssig dar, warum die von ihr erwähnte Ersatzregelung des § 235 BDG auf sie anwendbar sein soll, zumal der Umstand, dass sie eine Hochschulbildung abgeschlossen hat, die noch dazu in der Anlage 1 zum BDG Berücksichtigung findet, nicht in Frage steht.

4. Ein von der Klägerin geforderter Analogieschluss setzt eine nicht gewollte Gesetzeslücke voraus, also eine - gemessen an der eigenen Absicht und immanenten Teleologie des Gesetzes - planwidrige Unvollständigkeit (RIS Justiz RS0098756; RS0008866). Die bloße Meinung des Rechtsanwenders, eine Regelung sei wünschenswert, rechtfertigt die Annahme einer Gesetzeslücke nicht (8 ObA 60/10x).

Für einen Analogieschluss in Bezug auf die konkrete Hochschulbildung der Klägerin (ohne Reifeprüfung) besteht kein Raum, weil die Absolvierung eines einschlägigen Studiums an einer Universität der Künste oder der Akademie der Bildenden Künste im Zusammenhang mit ihren Unterrichtsgegenständen im Verwendungs- und Entlohnungsschema der Anlage 1 zum BDG ausdrücklich Berücksichtigung gefunden hat (Z 24.5 und Z 25.1 Abs 3 der Anlage zum BDG). Aufgrund der spezifischen Auseinandersetzung mit diesen Ausbildungserfordernissen kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, er habe im Einstufungsschema gerade die Aus und Vorbildung wie im Fall der Klägerin übersehen. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass keine durch Analogie zu schließende planwidrige Regelungslücke vorliege, steht mit diesen Grundsätzen im Einklang.

5. Aus der detaillierten Regelung der Einstufungsanforderungen geht die Absicht des Gesetzgebers klar hervor, die Einstufung vom Vorliegen bestimmter Qualitätsanforderungen, und zwar im Detail beschriebener Ausbildungsnachweise, abhängig zu machen. In diesem Zusammenhang ist auch die Berufung der Klägerin auf den Gleichheitssatz nicht stichhaltig.

Der in Art 7 B VG normierte Gleichheitssatz verpflichtet den Gesetzgeber, an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen zu knüpfen. Er verbietet demnach willkürliche Differenzierungen, lässt aber unterschiedliche Regelungen dort zu, wo sie durch entsprechende Unterschiede im Tatsächlichen sachlich gerechtfertigt sind (RIS Justiz RS0053452; 8 ObA 60/10x). In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der Gleichheitssatz dem Gesetzgeber auch bei der Regelung des Dienst- und Besoldungsrechts der Beamten und Vertragsbediensteten einen verhältnismäßig weiten Gestaltungsspielraum überlässt. Er ist lediglich gehalten, das Dienst und Besoldungsrecht derart zu gestalten, dass es im Großen und Ganzen in einem angemessenen Verhältnis zu den den Beamten und Vertragsbediensteten obliegenden Dienstpflichten steht (9 ObA 162/07z mwN).

Die zu beurteilenden Entlohnungsregelungen verfolgen ohne Zweifel das Ziel einer sachgerechten Einstufung, die sowohl auf die Vor- und Ausbildung als auch auf die konkrete Verwendung Rücksicht nimmt. Die in Rede stehenden Regelungen erscheinen damit weder willkürlich noch sachfremd. Unter den gegebenen Umständen kann in den zu beurteilenden Einstufungsregelungen kein Wertungsexzess erblickt werden, mit dem der Gesetzgeber den ihm offenstehenden Gestaltungsspielraum überschritten hätte.

Der Oberste Gerichtshof teilt daher die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin nicht und sieht sich auch nicht veranlasst, ihrer Anregung auf Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens vor dem VfGH nachzukommen.

Entgegen der Ansicht der Klägerin handelt es sich auch bei der Vorbildung (hier Ablegung einer Reifeprüfung) um ein sachliches Einstufungskriterium. Wenn der Gesetzgeber einer universitären Ausbildung oder einer Fachhochschulbildung mit Reifeprüfung besondere Bedeutung beimisst, so bestehen dagegen keine Bedenken.

6. Auch auf eine Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts kann sich die Klägerin nicht erfolgreich berufen.

Allgemein wird eine Diskriminierung angenommen, wenn unterschiedliche Vorschriften auf gleiche Sachverhalte oder gleiche Vorschriften auf ungleiche Sachverhalte angewendet werden. Hier stellt die Klägerin die Frage nach dem Vorliegen einer mittelbaren Diskriminierung, bei der die Anwendung einer Maßnahme, einer Vorschrift, bestimmter Kriterien oder eines Verfahrens trotz neutraler Formulierung mehr Frauen als Männer benachteiligt, sofern diese unterschiedliche Behandlung nicht objektiv durch Faktoren gerechtfertigt ist, die zur Erreichung eines anerkannten Schutzziels geeignet und erforderlich sind (vgl RIS Justiz RS0120417; RS0115587).

Wie bereits dargestellt, ist die Einstufung in das zu beurteilende Entlohnungsschema von der Art und der Qualität der (Hochschul )Ausbildung abhängig. In der Rechtsprechung des EuGH ist anerkannt, dass die Berufsausbildung nicht nur einen Faktor darstellt, der eine unterschiedliche Vergütung für Arbeitnehmer, die die gleiche Arbeit verrichten, objektiv rechtfertigen kann. Sie gehört danach vielmehr auch zu den Kriterien, anhand deren sich feststellen lässt, ob die Arbeitnehmer die gleiche Arbeit verrichten. Die Frage, ob sich die Arbeitnehmer in einer vergleichbaren Situation befinden, hängt von einer Gesamtheit von Faktoren, darunter auch von den Ausbildungsanforderungen ab. Daher müssen zwei Gruppen von Arbeitnehmern mit unterschiedlicher Berufsausbildung, die unterschiedliche Anforderungen erfüllen, nicht als in einer vergleichbaren Situation befindlich angesehen werden (vgl EuGH C-309/97, Wiener GKK, Slg 1999, I-02865). Davon abgesehen bestehen für die von der Klägerin behauptete geschlechtsspezifische Auswahl von Lehrpersonen an berufsbildenden mittleren oder höheren Schulen für Unterrichtsgegenstände mit künstlerischem Hintergrund danach, ob sie ein Studium an einer Hochschule der Künste oder ein Universitätsstudium absolviert haben, sowie für eine von der Klägerin daraus abgeleitete primäre Betroffenheit von Frauen keine objektiven Anhaltspunkte. Die entsprechenden Behauptungen konnte die Klägerin nicht mit Hinweisen auf einschlägige Studien oder sonstiges stichhaltiges Zahlenmaterial untermauern.

7. Insgesamt gelingt es der Klägerin nicht, mit ihren Ausführungen eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.