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OGH vom 23.08.2022, 28Ds9/21v

OGH vom 23.08.2022, 28Ds9/21v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden, durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.Prof. Dr. Gitschthaler als weiteren Richter und durch die Rechtsanwälte Dr. Strauss und Dr. Wippel als Anwaltsrichter in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Dr. Blecha in der Disziplinarsache gegen *, Rechtsanwalt in *, wegen der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 erster und zweiter Fall DSt über die Berufung des Kammeranwalts gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich vom , GZ D 2/2022, nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Janda, des Kammeranwalts Mag. Enzenhofer, des Disziplinarbeschuldigten und seines Verteidigers Univ.Prof. Dr. Soyer zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Disziplinarbeschuldigte *, Rechtsanwalt in *, vom Vorwurf freigesprochen, er habe im Verfahren (vgl ES 7:) AZ * (zuvor AZ *) des Landesgerichts * als Klagsvertreter dem Erstbeklagten Rechtsanwalt Mag. * A* (zu ergänzen [ES 5]:) in der Mahnklage vom sowie in einem Schriftsatz vom „ungerechtfertigte Erpressung und Verleumdung vorgeworfen und einen Gegenvertreter unnötig in den Streit gezogen“.

Rechtliche Beurteilung

[2] Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Berufung des Kammeranwalts wegen des Ausspruchs über die Schuld (zur Geltendmachung von Nichtigkeitsgründen in deren Rahmen vgl RIS-Justiz RS0128656 [T1]), der keine Berechtigung zukommt.

[3] Nach den wesentlichen Feststellungen des Disziplinarrats verfasste der Disziplinarbeschuldigte die Schriftsätze mit den inkriminierten Äußerungen (im Einzelnen ES 5) im Auftrag seines Klienten Dr. H*, wobei der Disziplinarbeschuldigte jene – für ihn plausiblen – Informationen, die den inkriminierten Formulierungen zugrunde lagen, (ausschließlich) von seinem Klienten und aus von diesem erhaltenen „Unterlagen im Zusammenhang mit“ einem Insolvenzverfahren und dem bezirksgerichtlichen Feststellungsverfahren (gemeint [vgl ES 4] AZ * des Bezirksgerichts M*) bezogen hatte. Der Disziplinarbeschuldigte erachtete die Darstellung des Sachverhalts durch seinen Klienten und dessen Rechtsansicht als vertretbar (ES 6 f).

[4] Die gesetzmäßige Ausführung einer Rechtsrüge (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO iVm § 77 Abs 3 DSt) erfordert ein striktes Festhalten an den tatsächlich getroffenen Feststellungen im Erkenntnis sowie die Darlegung, dass dem Disziplinarrat bei Beurteilung des Sachverhalts ein Rechtsirrtum unterlaufen ist (RIS-Justiz RS0099658; RS0099810).

[5] Ein solcher Rechtsfehler wird mit dem Vorbringen, der Disziplinarbeschuldigte hätte die Angaben seines Klienten Dr. H* „im Hinblick auf die Ausführungen im Urteil des Bezirksgerichts M* vom “ „wesentlich kritischer hinterfragen müssen“, weil – nach den dort getroffenen Feststellungen – Dr. * H* „durchaus widersprüchliche Aussagen zu dem von ihm behaupteten Mietrechtsübergang“ getätigt habe, jedoch nicht prozessförmig aufgezeigt.

[6] Denn zum Inhalt des Urteils des Bezirksgerichts M* (und auch zum Kenntnisstand des Disziplinarbeschuldigten) trifft das angefochtene Erkenntnis gar keine Aussage. Die Darlegung, dem Disziplinarbeschuldigten sei „vorzuwerfen, dass er in Kenntnis insbesondere des genannten Urteils eben nicht vorbehaltlos und ohne weitere Überprüfung auf die Richtigkeit der Angaben seines Klienten vertrauen durfte“, erfolgt demzufolge nicht auf Basis des festgestellten Sachverhalts. Einen Feststellungsmangel (zum Begriff und zu den Erfordernissen einer prozessordnungsgemäßen Geltendmachung vgl RIS-Justiz RS0118580 [insb T15]) in Betreff der behaupteten Kenntnis des Disziplinarbeschuldigten von in dem in Rede stehenden Urteil festgestellten widersprüchlichen Angaben seines Mandanten macht der Berufungswerber nicht geltend.

[7] Soweit eine Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld erhoben wurde, richtet sich eine solche ausschließlich gegen tatsächlich getroffene Konstatierungen, sodass Feststellungsmängel in ihrem Rahmen nicht geltend gemacht werden können (Ratz in WK-StPO § 464 Rz 8; Fabrizy/Kirchbacher, StPO14 § 464 Rz 5).

[8] Der Berufung des Kammeranwalts war daher nicht Folge zu geben.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2022:0280DS00009.21V.0823.000

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