OGH vom 21.12.1994, 9ObA225/94
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Franz Zörner und Friedrich Wienerroither als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Stephen Austin S*****, Manager, *****, 33466 Florida, USA, vertreten durch Dr.Peter Lambert, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei H***** Holding AG, ***** vertreten durch Schönherr, Barfuss, Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen US-$ 467.883,67 brutto und S 11,630.303 netto sA, Eidesleistung in eventu Rechnungslegung (Streitwert S 100.000) und Feststellungen (Streitwert S 4,929.494,30), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 32 Ra 128/94-21, womit infolge Rekurses der beklagten Partei der Beschluß des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 17 Cga 64/94-17, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten des Rekursverfahrens selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Der in Bombay geborene Kläger ist Staatsbürger der Vereinigten Staaten von Amerika und des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland. Er hat seinen ordentlichen Wohnsitz in Florida, wo er sich auch aufhält. Seit dem Jahre 1965 war er in der sogenannten H*****-Gruppe beschäftigt. Die H***** Holding Ltd wurde von der beklagten Partei im Jahre 1990 erworben. Der vormals als Generaldirektor tätig gewesene Kläger wurde von der beklagten Partei als Vorstandsvorsitzender übernommen. Am wurde der Kläger entlassen.
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger im wesentlichen die Zahlung ausstehender Gehälter, Urlaubsentschädigung und Abfertigung sowie Rechnungslegung über die Höhe der Betriebspension im Sinne des § 7 BPG und die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Entlassung sowie der Anwartschaften für die Betriebspension. Die Entlassung sei ungerechtfertigt erfolgt, da kein Entlassungsgrund im Sinne des Angestelltengesetzes vorgelegen sei.
Die beklagte Partei beantragte vorerst, dem Kläger eine Prozeßkostensicherheit in Höhe von S 3,663.091,80 für die voraussichtlichen Kosten aller drei Instanzen aufzuerlegen. Der Kläger habe kein zur Deckung der Prozeßkosten hinreichendes Vermögen und es gebe keine Möglichkeit, eine gerichtliche Kostenentscheidung in den Vereinigten Staaten bzw Großbritannien zu vollstrecken. Die Einlassung in die Hauptsache werde gemäß § 61 Abs 1 ZPO vorbehalten. Vorsorglich werde aber schon jetzt eingewendet, daß die Klagebegehren nicht berechtigt seien. Das zur Entlassung führende Verhalten des Klägers sei in verschiedenen Staaten gesetzt worden und in einem groben Fehlverhalten in einem international tätigen und über verschiedene Länder strukturierten Konzern begründet. Der Kläger habe sich nicht nur persönliche Vorteile in Form von ungerechtfertigten Gehaltszahlungen und Spesenabgeltungen zugewendet, sondern auch gröblichst gegen ausdrückliche Weisungen verstoßen und dem Unternehmen dadurch einen schweren Schaden zugefügt, der sogar die wirtschaftliche Existenz bedroht habe.
Der Sachverhalt sei äußerst umfangreich und komplex. Allein die schriftlichen Unterlagen seien bereits jetzt in mehreren Ordnern zusammengefaßt, obwohl die Recherchen noch lange nicht abgeschlossen seien. Es werde unumgänglich sein, eine Vielzahl von Zeugen in den Vereinigten Staaten, der Schweiz, in Italien und Großbritannien zu vernehmen. Dazu werde es erforderlich sein, die Unterlagen und die Aussagen der Zeugen übersetzen zu lassen. Insgesamt sei mit einem länger dauernden, aufwendigen Verfahren zu rechnen.
Der Kläger brachte ergänzend vor, daß er als EWR-Bürger (British Citizen) nicht zum Erlag einer Prozeßkostensicherheit verpflichtet sei. Gemäß Art 4 des EWR-Abkommens, BGBl 1993/909, sei in seinem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten. Durch die Auferlegung einer Prozeßsicherheit gemäß § 57 ZPO werde aber ein Nichtösterreicher gegenüber einem Österreicher diskriminiert.
Im Art 28 Abs 1 und 2 EWRA werde die Freizügigkeit der Arbeitnehmer und ihre Gleichberechtigung hinsichtlich aller mit der Freizügigkeit im Zusammenhang stehenden Bedingungen präzisiert und garantiert. Der Kläger dürfe bei der Geltendmachung seiner Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sohin keinen anderen Beschränkungen unterworfen werden als österreichische Staatsbürger. Gemäß Art 119 EWRA sei auch die Verordnung Nr. 1612/68 des Rates vom Teil des EWRA. Gemäß Art 7 Abs 1 und 2 dieser Verordnung müsse ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedsstaates ist, hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung und Kündigung so wie ein inländischer Arbeitnehmer behandelt werden. Er soll die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen genießen wie ein inländischer Arbeitnehmer. Der Begriff der sozialen Vergünstigung sei weit auszulegen. Darunter falle auch das Recht, Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis ohne Auferlegung einer aktorischen Kaution einklagen zu können.
Diese Auffassung entspreche auch der Auslegung der im wesentlichen inhaltsgleichen Bestimmungen der Art 6 und 48 EWGV durch den EuGH bis zum Stichtag des EWRA (). Der EuGH habe am entschieden (NJW 1989, 2183), daß aus dem Diskriminierungsverbot des Art 7 (nunmehr Art 6) EWGV folge, daß Personen, die sich in einer gemeinschaftsrechtlich geregelten Situation befinden, genau so behandelt werden müssen wie Angehörige des betreffenden Mitgliedstaates. Soweit dieses Verbot gelte, sei es einem Mitgliedstaat verwehrt, die Gewährung eines Rechts an solche Personen davon abhängig zu machen, daß sie im Inland wohnen, wenn die eigenen Staatsangehörigen diese Voraussetzung nicht zu erfüllen brauchen. In einer weiteren Entscheidung habe er EuGH ausgesprochen (, Slg 1095), daß die Verweisung auf die "sozialen Vergünstigungen" nicht einschränkend ausgelegt werden dürfe. Im Sinne der angestrebten Gleichbehandlung sei der sachliche Anwendungsbereich in der Weise abzugrenzen, daß er alle sozialen und steuerlichen Vergünstigungen umfaßt, ob diese an den Arbeitsvertrag geknüpft sind oder nicht.
Zusammenfassend ergebe sich, daß von dem in Art 4 und 28 EWRA sowie der Verordnung Nr. 1612/68 normierten Diskriminierungsverbot auch die Erhebung zivilrechtlicher Klagen durch Wanderarbeitnehmer umfaßt sei. Demnach sei jedem EWR-Bürger im Zusammenhang mit einer Arbeitsgerichtsklage der gleichberechtigte Zugang zu den Zivilgerichten eines Mitgliedstaates gewährleistet. Die Auferlegung einer aktorischen Kaution stelle die Verweigerung einer "sozialen Vergünstigung" dar und würde zu einer untersagten Ungleichbehandlung führen (NJW 1990, 354 ff). Abgesehen davon sei die begehrte aktorische Kaution auch viel zu hoch gegriffen.
Das Erstgericht wies den Antrag der beklagten Partei, dem Kläger eine Prozeßkostensicherheit aufzuerlegen, ab. Durch das EWRA vom sei ab ein homogener europäischer Wirtschaftsraum geschaffen worden, in dem - vielfach wortgleich mit dem EWG-Vertrag - unter anderem die Freizügigkeit und der freie Dienstleistungsverkehr gewährleistet sei. Diese Grundsatzbestimmungen seien unmittelbar verbindlich. Darüber hinaus sei die Republik Österreich verhalten, den gemeinsamen rechtlichen Besitzstand (acquis communautaire) bei Richtlinien umzusetzen bzw bei Verordnungen zu übernehmen. Nach Art 6 EWRA sei die Auslegung des Abkommens in der Weise verbindlich wie sie der EuGH zu den entsprechenden Bestimmungen des EWGV bis zum Unterzeichnungsstichtag am vorgenommen habe.
Ein gemäß Art 4 EWRA besonderes Diskriminierungsverbot statuiere Art 28 EWRA iVm Art 7 Abs 2 der Verordnung (EWG) vom , Nr. 1612/68 (BGBl 1993/909, Anhang V). Mit diesen Bestimmungen werde jede auf der Staatsangehörigkeit beruhende unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer insbesondere in bezug auf "soziale Begünstigungen" abgeschafft. Dieser Begriff sei nach der Judikatur zwar einer äußerst weiten Interpretation zugänglich, doch sei damit für den Kläger nichts gewonnen, weil der Kläger als Vorstandsvorsitzender kein Arbeitnehmer im Sinne des Art 28 EWRA (Art 48 EWGV) sei (von der Groeben, Hdb des Europäischen Rechtes, Vorbem zu Art 48 bis 50, Rn 25). Der Kläger könne sich aber auf den Grundsatz der Niederlassungsfreiheit gemäß Art 31 EWRA (Art 52 EWGV) berufen. Demnach unterliege die freie Niederlassung (Gründung und Leitung von Unternehmen) keinen Beschränkungen. Diese Bestimmung sehe zugunsten ausländischer EWR-Bürger eine unmittelbar verbindliche "Inländergleichbehandlung" vor. Ein Angehöriger eines anderen Mitgliedstaates dürfe durch allfälliges Sonderrecht nicht schlechter gestellt werden als ein Österreicher.
Im Anwendungsbereich der Art 4 und 31 EWRA liege auch die Führung von Rechtsstreitigkeiten aus einer Tätigkeit in Österreich, weil sich der homogene europäische Wirtschaftsraum gerade in der Möglichkeit nichtdiskriminierender Rechtsverfolgung in seiner Freiheit bewähre. Auch das Zivilprozeßrecht sei am Gemeinschaftsrecht zu messen. Selbst wenn die Fragen der Zivilgerichtsbarkeit grundsätzlich nicht in die Zuständigkeit der Gemeinschaft fielen, seien die Mitgliedstaaten nicht befugt, Maßnahmen zu ergreifen, welche die vom Abkommen vorgesehenen Freiheiten in irgendeiner Weise beschränken.
Österreichische Staatsbürger hätten im Sinne des § 57 ZPO keine Sicherheit zu leisten. Hingegen könnte dem Kläger als Ausländer eine Prozeßkostensicherheit auferlegt werden, wenn er seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Österreich habe, es sei denn, daß durch Staatsverträge etwas anderes festgelegt sei. Art 17 HaagZPÜbk vom enthalte zwar eine § 57 ZPO ausschließende Vorschrift, doch sei das Vereinigte Königreich diesem Übereinkommen noch nicht beigetreten. Die weitere Anwendbarkeit des § 57 ZPO führe dazu, daß der Kläger aufgrund seiner Staatsangehörigkeit schlechter gestellt sei als ein österreichischer Staatsbürger. Daher derogiere Art 31 EWRA dem § 57 ZPO, so daß auch ein britischer Staatsangehöriger keine Prozeßsicherheit zu leisten habe. Eine Berichtigung des § 57 ZPO dahingehend, daß nur EWR-Bürger, die sich auch im Gebiet des EWR aufhalten und dort ihren Wohnsitz haben, von der Sicherheitsleistung ausgenommen seien, könnte nur der Gesetzgeber dadurch vornehmen, daß er auch außerhalb des EWR wohnende Österreicher einer Sicherheitsleistung unterwirft.
Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, daß es dem Kläger eine Sicherheitsleistung von S 3,000.000 auftrug, von der er sich nur befreien könne, wenn er seine Unfähigkeit zur Sicherheitsleistung eidlich bekräftige.
Fragen der Zivilgerichtsbarkeit fielen nicht unter den Anwendungsbereich des EWRA. Die Auferlegung einer Prozeßkostensicherheit habe mit einer Diskriminierung nichts zu tun. Es treffe zwar zu, daß sich die EFTA-Staaten im EWRA verpflichtet hätten, den EWR-relevanten acquis communautaire (primäres und sekundäres Gemeinschaftsrecht) so zu übernehmen, wie er im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Abkommens bestanden habe; sowohl Art 29 EWRA (Freizügigkeit) als auch Art 36 Abs 1 EWRA (freier Dienstleistungsverkehr) seien aber darauf abgestellt, daß die dadurch begünstigten Angehörigen eines EG- oder EFTA-Staates im Gebiet eines Vertragsstaates wohnen bzw ansässig sind.
Gemäß § 57 Abs 2 Z 1a ZPO bestehe für Ausländer keine Verpflichtung zum Erlag einer Sicherheitsleistung, wenn die gerichtliche Entscheidung, mit welcher dem Kläger der Ersatz von Prozeßkosten an den Beklagten auferlegt wird, im Staat des gewöhnlichen Aufenthaltes des Klägers vollstreckt werden könne. Eine derartige Möglichkeit der Vollstreckung bestehe grundsätzlich aufgrund des Vertrages mit dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland (BGBl 1962/224 idF BGBl 1971/453) unter bestimmten Voraussetzungen. Nach Art 11 des österreichisch-britischen Rechtshilfeabkommens vom , BGBl 1932/45 bestehe unter der Voraussetzung, daß die Staatsangehörigen in einem solchen Gebiet wohnhaft sind, keine Verpflichtung, Prozeßkostensicherheit in einem Fall zu leisten, wo ein Angehöriger des betreffenden anderen Vertragstaates hiezu nicht verhalten werden würde. Daraus folge, daß als Kläger auftretende Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem Gebiet, für das der Vollstreckungsvertrag mit Großbritannien in Kraft stehe, von einer Sicherheitsleistung dann befreit wären, wenn die österreichische Prozeßkostenentscheidung dort vollstreckt werden könnte. Der Kläger könne sich aber weder das EWRA noch auf das bilaterale Vollstreckungsabkommen berufen, da er zwar britischer Staatsangehöriger sei, aber keinen Aufenthalt in einem EWR-Land habe.
Das Grundrecht der Niederlassungsfreiheit nach dem EWRA werde durch das Gebot, eine Kaution zu erlegen, wenn die beklagte Partei außerhalb des EWR Exekution führen müßte, nicht berührt. Die Befreiung österreichischer Staatsbürger vom Erlag einer Sicherheitsleistung widerspreche nicht den genannten Grundsätzen. Diesbezüglich sei nämlich davon auszugehen, daß ein österreichischer Staatsbürger für gewöhnlich seinen Aufenthalt in Österreich, hinreichendes Vermögen oder zumindest einen sonstigen Bezugspunkt habe, wodurch die Eintreibung der Prozeßkosten ermöglicht werde. Hingegen stünden einer Eintreibung von Kosten in den Vereinigten Staaten mangels Übereinkommens erhebliche Hindernisse entgegen.
Im Hinblick auf die eindeutig zu lösende Rechtsfrage sei dem als Anregung aufzufassenden Antrag, ein Gutachten des EFTA-Gerichtshofes einzuholen, das im übrigen keine bindende Wirkung hätte, nicht zu entsprechen.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens (Aktenwidrigkeit) und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Die gerügte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Der Kläger hat zwar in seiner Klage eine Anschrift in London angegeben, diese wurde aber von der beklagten Partei als Adresse einer Londoner Anwaltskanzlei und der H***** Holding Limited erkannt. Die beklagte Partei wies in ihrem Antrag auf Auferlegung einer Prozeßkostensicherheit darauf hin, daß der Kläger seinen Wohnsitz und Aufenthalt vielmehr in Florida, USA, habe, so daß mangels eines Vollstreckungsabkommens mit den Vereinigten Staaten zuerkannte Prozeßkosten nicht im Exekutionsweg eingebracht werden könnten. Mit seinen Ausführungen, er habe ein ständiges "Aufenthaltsrecht" im Gebiet des Vereinigten Königreichs und er sei "Staatsangehöriger" eines EWR-Staates, trat der Kläger diesen Ausführungen nicht substantiell entgegen. In seinem Antrag gemäß § 61 Abs 2 ZPO führte er ebenso wie im Revisionsrekurs lediglich seinen Wohnsitz in Florida, USA, an. Er behauptet zwar im Revisionsrekurs, noch mehrere Wohnsitze zu haben, unterläßt es aber, diese anderen Wohnsitze anzuführen. Da der Kläger selbst einräumt, daß sein Wohnsitz in Florida sei (Seite 141), ist den Feststellungen der Vorinstanzen keine Aktenwidrigkeit zu entnehmen.
Nach § 57 Abs 1 ZPO haben Ausländer, die vor einem im Geltungsgebiet dieses Gesetzes gelegenen Gericht als Kläger auftreten, dem Beklagten auf dessen Verlangen für die Prozeßkosten Sicherheit zu leisten, sofern nicht durch Staatsverträge etwas anderes festgesetzt ist. Diese Bestimmung soll die vor inländischen Gerichten Beklagten vor mißbräuchlicher oder kostenverursachender Rechtsanmaßung durch ausländische Kläger schützen. Sie trifft Kläger, die Ausländer sind und im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt haben, gleichgültig, ob der Beklagte österreichischer Staatsbürger ist oder nicht (Fasching ZPR2 Rz 475 f). Gemäß § 57 Abs 2 ZPO tritt eine Verpflichtung zur Sicherheitsleistung unter anderem nicht ein, wenn eine gerichtliche Entscheidung, die dem Kläger den Ersatz von Prozeßkosten an den Beklagten auferlegt, im Staat des gewöhnlichen Aufenthalts des Klägers vollstreckt würde oder dem Kläger Verfahrenshilfe gewährt wird (§ 64 Abs 1 Z 2 ZPO). Dem an sich kautionspflichtigen Kläger steht auch noch die Möglichkeit offen, seine Unfähigkeit zum Erlag der Prozeßkostensicherheit (allenfalls vor einem ausländischen Gericht) eidlich zu bekräftigen (Fucik in Rechberger, ZPO § 60 Rz 1 mwH).
Unbestritten ist, daß es mit den Vereinigten Staaten bzw dem Bundesstaat Florida kein Übereinkommen gibt, das die Vollstreckung einer Kostenentscheidung gegen den Kläger in diesem Verfahren ermöglichen würde (vgl § 37 des Erlasses vom über die internationale Rechtshilfe und andere Rechtsbeziehungen mit dem Ausland in Zivilsachen, JABl 1986/53 und die dort angeführte Länderübersicht; RZ 1989/2 ua). Der Kläger wendet dagegen im wesentlichen ein, daß mit Art 4 EWRA (allgemeines Diskriminierungsverbot) und Art 28 EWRA (Freizügigkeit der Arbeitnehmer) iVm Art 7 Abs 1 und 2 der Verordnung vom , Nr. 1612/68 (insbesondere soziale Vergünstigungen) ein Staatsvertrag im Sinne des § 57 Abs 1 ZPO vorliege, welcher der Auferlegung einer Sicherheitsleistung entgegenstehe. Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, daß der mit der Organstellung eines Vorsitzenden des Vorstandes einer Aktiengesellschaft gekoppelte Anstellungsvertrag, selbst dann, wenn in diesem Vertrag die Anwendbarkeit des Angestelltengesetzes als lex contractus vereinbart wurde, mangels persönlicher Abhängigkeit des Vorsitzenden kein Arbeitsvertrag, sondern ein sogenannter freier Dienstvertrag ist (vgl Schwarz/Löschnigg, ArbR4 130 und 154; Schrammel, BPG § 2 Erl 2.1; Arb 9185, 9371, 10.406 uva). Mangels Beschäftigung in einem Abhängigkeitsverhältnis ist der Kläger auch gemeinschaftsrechtlich nicht als Arbeitnehmer im Sinne des Art 48 EWGV (Art 28 EWRA) und des Art 1 Abs 1 der Verordnung Nr. 1612/68 anzusehen (vgl Randelzhofer in Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union I, Art 48 Rn 2).
Im Revisionsrekurs macht der Kläger weiters geltend, daß er seinen Anspruch, von einer Prozeßkostensicherheit befreit zu sein, auch auf Art 31 Abs 1 EWRA (Niederlassungsfreiheit: "Leitung von Unternehmen") und auf den allgemeinen Gleichheitssatz stütze. Dagegen wäre einzuwenden, daß dem Art 4 EWRA (in seinem Anwendungsbereich) und dem Art 31 Abs 1 EWRA (im Rahmen dieses Abkommens) differenzierende Beachtlichkeit zukommt. Eine Anknüpfung an den Wohnort könnte unter Umständen dann keine Diskriminierung nach Art 7 Abs 1 EWGV (Art 4 EWRA) bieten, wenn dadurch sachlichen Unterschieden Rechnung getragen wird (vgl Grabitz aaO, Art 7 Rn 11; Kaum, Ausländersicherheit und Europarecht, IPRax 1994, 180 ff, 181). Die von den Parteien dazu zitierten Entscheidungen betreffen jeweils Fälle, in denen es um die Frage ging, ob EU-Staatsbürgern oder Gesellschaften mit Aufenthalt bzw Sitz im Vertragsgebiet eine Prozeßkostensicherheit gemäß § 110 I 1 dZPO auferlegt werden dürfe (vgl Schlosser, Prozeßkostensicherheitsleistung durch Ausländer und gemeinschaftsrechtliches Diskriminierungsverbot, EuZW 1993, 659 ff; EuZW 1993, 514; EuZW 1993, 199; EuZW 1992, 712 ua). Eine nähere Erörterung EWR-rechtlicher Fragen (etwa im Hinblick auf eine versteckte Diskriminierung) ist jedoch entbehrlich.
Fragen der Zivilgerichtsbarkeit fallen nämlich grundsätzlich nicht in die Zuständigkeit der Gemeinschaft. Die Mitgliedstaaten dürfen zwar keine Maßnahmen setzen, welche die im Vertrag vorgesehenen Freiheiten in irgendeiner Weise zu beschränken geeignet sind, doch ist die durch § 57 ZPO aufgeworfene Problematik mit der Gewährleistung der vertraglichen Freiheiten aufs engste verknüpft (vgl Kampf, Sicherheitsleistung durch britische Staatsangehörige, NJW 1990, 3054 ff, 3056). Die Frage, ob der Kläger eine Prozeßkostensicherheit im Sinne des § 57 ZPO leisten muß, hängt daher davon ab, ob er dadurch in den im EWRA verbrieften Rechten beeinträchtigt wurde oder wird. Die formale Durchsetzbarkeit dieser Rechte setzt deren materielles Vorliegen voraus. Der Kläger stand aber nie im Genuß der im EWRA angeführten Freiheiten. Sein Anstellungsverhältnis endete bereits am durch Entlassung. Durch diese Entlassung kam es zu einer sofortigen Beendigung des Anstellungsverhältnisses, gleichgültig ob die Entlassung berechtigt erfolgte oder nicht (Kuderna, Entlassungsrecht2 30). Mit seinem Einwand, bei Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist hätte das Anstellungsverhältnis frühestens am geendet, übersieht der Rekurswerber, daß diese Frist lediglich für die Schadenspauschalierung in bezug auf seine Schadenersatzansprüche von Bedeutung ist (Martinek/M.Schwarz/W.Schwarz, AngG7 § 29 Erl 1 und 5 ff mwH). Die Beschäftigung des Klägers unterlag vielmehr bis zu ihrer Beendigung den Vorschriften des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (vgl Neurath-Steinbach, AuslBG § 2 Erl 6); eine Novellierung des § 1 Abs 2 AuslBG durch Anfügung der lit m trat gemäß BGBl 1993/501 erst gleichzeitig mit dem EWRA, sohin am in Kraft (BGBl 1994/616). Hätte der Kläger seine Ansprüche bereits im Anschluß an seine Entlassung geltend gemacht, wozu er mangels Fälligkeit im Sinne des § 29 Abs 2 AngG auch ein Feststellungsbegehren hätte erheben können, hätte er sich naturgemäß nicht auf die Bestimmungen des EWRA berufen können. Er kann seine Rechtsposition daher nicht dadurch verbessern, daß er durch eine spätere Geltendmachung von Ansprüchen, die zur Gänze aus einem vor dem beendeten Rechtsverhältnis stammen, gleichsam rückwirkend die im EWRA für die Zukunft vereinbarten Freiheiten in Anspruch nimmt, die für ihn nie gegolten haben. Es besteht somit schon aus diesem Grund kein Anlaß für eine Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof wegen Verfassungswidrigkeit des § 57 ZPO oder für die Anrufung des EFTA-Gerichtshofs (vgl Bleckmann, Europarecht5 Rz 641). Im übrigen könnte § 57 ZPO nicht insgesamt gegen EWR-Recht verstoßen, sondern nur dessen Anwendung im konkreten Fall. EWR-Recht ist aber im konkreten Fall noch nicht anzuwenden.
Auf die Frage der Höhe der Prozeßkostensicherheit kann, weil dies eine Entscheidung im Kostenpunkt ist, nicht eingegangen werden (vgl Fasching ZPR2 Rz 478; Fucik in Rechberger ZPO § 59 Rz 3, je mwH).
Die Kostenentscheidung ist in den §§ 40 und 50 Abs 1 ZPO begründet.