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OGH vom 15.10.2009, 13Os19/08f

OGH vom 15.10.2009, 13Os19/08f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fuchs und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krajina als Schriftführerin in der Finanzstrafsache gegen Albert K***** wegen des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom , GZ 28 Hv 59/07x-26, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr. Aicher, des Vertreters der Finanzstrafbehörde Mag. Jungwirth sowie des Angeklagten Albert K***** und seiner Verteidigerin Mag. Schmid zu Recht erkannt:

Spruch

I. In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen ebenso unberührt bleibt wie die - verfehlt mit Urteil statt mit (gesondertem) Beschluss ausgesprochene - Weisung nach § 26 Abs 2 FinStrG, im Ausspruch über die Geldstrafe und die betreffende Ersatzfreiheitsstrafe aufgehoben und in der Sache selbst erkannt:

Albert K***** wird für die ihm nach dem Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom , GZ 28 Hv 59/07x-26, zur Last liegenden Finanzvergehen mit einem strafbestimmenden Wertbetrag von 802.440 Euro unter Anwendung des § 21 FinStrG nach § 38 Abs 1 lit a FinStrG zu einer

Geldstrafe von 400.000 Euro,

für den Fall der Uneinbringlichkeit

zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von vier Monaten

verurteilt; davon wird ein Teil in der Höhe von 266.670 Euro für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen; die darauf entfallende Ersatzfreiheitsstrafe beträgt 80 Tage.

II. Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

III. Mit seiner Berufung, soweit sie Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe betrifft, wird der Angeklagte auf die vorstehende Entscheidung verwiesen.

IV. Im Übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

V. Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Albert K***** der Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG (1.) und des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 13, 35 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG (2.) schuldig erkannt.

Danach hat er in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der strafbaren Handlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen,

1. am in Pasching 32.400 Stangen Filterzigaretten der Marke Souvereign Classic „im Gesamtwert von 486.000 Euro" (darauf entfallende Eingangsabgaben - laut Ersturteil - von 1.163.289,60 Euro, davon Zoll 279.936 Euro, Tabaksteuer 608.462 Euro und Einfuhrumsatzsteuer 274.881,60 Euro), hinsichtlich der von namentlich nicht bekannten Personen das Finanzvergehen des Schmuggels begangen worden war, an sich gebracht;

2. am versucht, beim rumänisch-ungarischen Grenzübergang Varsand 22.400 Stangen Filterzigaretten der Marke Souvereign und 50 Stangen Filterzigaretten der Marke Dorchester im Gesamtwert von 336.750 Euro (darauf entfallender Zoll 193.968 Euro) anlässlich seiner Einreise vorschriftswidrig in das Zollgebiet der europäischen Gemeinschaft zu verbringen.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Angeklagten nominell aus Z 5, 9 lit b und 10, der Sache nach aus Z 9 lit b und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt zum Teil Berechtigung zu.

Vorweg ist Folgendes anzumerken:

Die vom Schuldspruch 1 erfassten Zigaretten waren den Feststellungen zufolge „in Belfast erzeugt worden und für Mozambique bestimmt", „zu nicht näher bekannten Zeitpunkten von nicht bekannten Personen in das Bundesgebiet geschmuggelt und sodann von Gerhard A***** übernommen worden, von dem sie wiederum Albert K***** zum Weitertransport übernahm" (US 4 f).

Das - dem Angeklagten vom Erstgericht vorgeworfene - Finanzvergehen der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG verantwortet, wer vorsätzlich eine Sache oder Erzeugnisse aus einer Sache, hinsichtlich welcher ein Schmuggel (§ 35 Abs 1 FinStrG), eine Verzollungsumgehung (§ 36 Abs 1 FinStrG) oder eine Verkürzung von Verbrauchsteuern (Alkoholsteuer, Biersteuer, Mineralölsteuer, Schaumweinsteuer, Tabaksteuer; vgl Dorazil/Harbich FinStrG § 33 Anm 19, Doralt/Ruppe, Steuerecht II5 Rz 290 ff) oder von Eingangs- oder Ausgangsabgaben (§§ 35 Abs 2 und Abs 3, 36 Abs 2 FinStrG;Dorazil/Harbich FinStrG § 37 E 35) begangen wurde, kauft, zum Pfand nimmt oder sonst an sich bringt, verheimlicht oder verhandelt. Zum Tatbestand der Abgabenhehlerei gehört (faktisch) eine vollendete Vortat in Gestalt eines der erschöpfend aufgezählten Finanzvergehen ( uva). Die Vortat muss in dem wegen Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG schuldig sprechenden Urteil als vollendet festgestellt sein (Dorazil/Harbich FinStrG § 37 Anm 5 und E 30, 31, 38, 39; RIS-Justiz RS0086500).

Für die rechtliche Annahme von vorangegangenem Schmuggel der Zigaretten (§ 35 Abs 1 FinStrG) bieten die getroffenen Feststellungen keine Grundlage, liegt doch der Herstellungsort im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland, somit im Zollgebiet der Europäischen Gemeinschaft (Art 3 Abs 1 ZK), innerhalb dessen seit dem Beitritt Österreichs am kein Zolldelikt im grenzüberschreitenden Warenverkehr mehr begangen werden kann (zB Leitner/Toifl/Brandl, Österreichisches Finanzstrafrecht3 Rz 1121). Den Konstatierungen ist nicht zu entnehmen, dass die Zigaretten aus dem Zollgebiet verbracht und dann wieder eingeführt worden wären.

Davon ausgehend kann zwar aus dem festgestellten, dem Verhalten des Angeklagten vorgelagerten Sachverhalt, wonach die aus Belfast stammenden Zigaretten von unbekannt gebliebenen Vortätern „in das Bundesgebiet geschmuggelt" wurden, kein Ausfall an Zoll und Einfuhrumsatzsteuer (Art 4 Z 10 ZK, § 2 Abs 1 ZollR-DG; vgl Leitner/Toifl/Brandl aaO Rz 1145), wohl aber ein solcher an Tabaksteuer abgeleitet werden, die auch dann geschuldet wird, wenn Tabakwaren aus dem freien Verkehr eines Mitgliedstaats zu gewerblichen Zwecken bezogen werden und der Bezieher sie im Steuergebiet in Empfang nimmt oder die außerhalb des Steuergebiets in Empfang genommenen Tabakwaren in das Steuergebiet, das ist das Bundesgebiet mit Ausnahme des Gebiets der Ortsgemeinden Jungholz (Tirol) und Mittelberg (Vorarlberg; § 1 Abs 2 TabaksteuerG), verbringt oder verbringen lässt (§ 27 Abs 1 TabaksteuerG; vgl Doralt/Ruppe, Steuerrecht II5, 134 oben). Diesfalls ist die Tabaksteuer nach § 27 Abs 5 TabaksteuerG anzumelden und zu entrichten, was den insoweit ausreichenden Feststellungen zufolge gezielt nicht geschehen ist, sodass eine Vortat in Gestalt eines Finanzvergehens nach § 33 Abs 1 FinStrG in Betreff einer Verbrauchsteuer und demzufolge, was den Angeklagten betrifft, in dieser Hinsicht ein nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG tatbestandsmäßiges Verhalten gegeben ist (vgl 13 Os 9/08k, EvBl 2009/64, 420).

Aus Z 9 lit b macht der Angeklagte zum Schuldspruch 1 ein Verfolgungshindernis geltend, welches dadurch begründet worden sei, dass nach Entdeckung der Schmuggelware in Großbritannien das „Verfahren gegen Albert K***** wegen Verletzung der Zollbestimmungen nach englischem Recht", wie das Erstgericht feststellte (US 5), „von den britischen Zollbehörden mangels Beweisen eingestellt" wurde. Nähere Feststellungen finden sich dazu im Urteil nicht. Auch der Aktenlage ist dazu nichts Aufschlussreiches zu entnehmen.

Für die Prüfung und Beurteilung dieses Einwands waren folgende Aspekte maßgebend:

Art 54 SDÜ stand zwar im Zeitpunkt des dort erfolgten amtlichen Einschreitens in Großbritannien noch nicht in Geltung. Wohl aber galt die Bestimmung sowohl in Großbritannien wie in Österreich im Zeitpunkt der Fällung des angefochtenen Urteils, sodass Art 54 SDÜ als mögliches Verfolgungshindernis bei der Beurteilung der zu Punkt 1 genannten Tat beachtlich war (zB , Rechtssache Kraaijenbrink).

Der Europäische Gerichtshof hatte sich jüngst (worauf die Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten zutreffend hinwies) aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchens des Landesgerichts für Strafsachen Wien mit der Frage zu befassen, ob das in Art 54 SDÜ enthaltene Verbot der Doppelbestrafung dahin auszulegen ist, dass es der Strafverfolgung eines Verdächtigen in der Republik Österreich wegen eines Sachverhalts entgegensteht, wenn in der Slowakischen Republik nach deren Beitritt zur Europäischen Union das Strafverfahren wegen desselben Sachverhalts in der Form eingestellt wurde, dass eine Polizeibehörde nach meritorischer Prüfung das Strafverfahren rechtskräftig durch Anordnung des Ruhens des Verfahrens ohne weitere Sanktion beendet hat. Der Europäische Gerichtshof hat die Frage in der über das Ersuchen ergangenen Entscheidung (, C-491/07, Rechtssache Turanský, EuGRZ 2009, 38) unter Bezugnahme darauf verneint , dass diese Verfahrenseinstellung auch nach der slowakischen Strafprozessordnung kein Hindernis für eine neue Strafverfolgung wegen derselben Tat bildete.

Die angesichts des Vorbringens aus Z 9 lit b vom Obersten Gerichtshof über EUROJUST veranlasste, auch dem Verteidiger zur Kenntnis gebrachte Auskunft über das im Urteil genannte Verfahren in Großbritannien (US 5) ergab, dass die Ermittlungen gegen Albert K***** nicht Teil einer Strafverfolgung waren. Er war in Großbritannien von Beamten einer Behörde zur Verfolgung von Zoll- und Verbrauchsteuerfällen festgenommen worden, deren Entscheidung über seine Freilassung gegen Kaution einer weiteren Strafverfolgung nach britischem Recht nicht entgegengestanden wäre (Punkt A.3 dieser Auskunft).

Diese Konstatierungen zur prozessualen Frage nach Art 54 SDÜ verbotener Strafverfolgung im Gerichtstag selbst zu treffen, war dem Obersten Gerichtshof deswegen nicht verwehrt, weil Fragen des Prozessrechts in tatsächlicher Hinsicht nicht der Klärung durch die Tatrichter vorbehalten sind. Statt einer Zurückverweisung kann der Oberste Gerichtshof auf prozessuale Fragen bezogene Feststellungen nach formfreier Vorführung der Beweismittel (hier der Anfragebeantwortung durch EUROJUST) selbst treffen. Was prozessuale Tatsachen („Gründe des Prozessrechtes für einen Freispruch") anlangt, zeigen nämlich die Bestimmungen der §§ 311, 337, 345 Abs 1 Z 11 lit b StPO, dass insoweit keine den Tatrichtern vorbehaltene Tatsachenfeststellung vorliegt, weil die Existenzbehauptung des Untersatzes der Rechtsfolgebestimmung nicht den gemäß Art 91 Abs 2 B-VG zur Lösung der Schuldfrage allein zuständigen Geschworenen, vielmehr ausschließlich den Berufsrichtern zukommt (RIS-Justiz RS0118545, RS0096300; Ratz, WK-StPO § 288 Rz 40).

Demnach ist die gegen Albert K***** in Großbritannien geführte Untersuchung, was die Frage nach einer Sperrwirkung im Sinn des Art 54 SDÜ betrifft, nicht anders zu beurteilen als die polizeiliche Tätigkeit in der jüngst vom EuGH entschiedenen Sache Turanský, C-491/07.

Ein Verfolgungshindernis liegt schon deshalb nicht vor. Die Frage, ob überhaupt im strafrechtlichen Sinn nach Maßgabe der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs Tatidentität in Frage kommt (österreichische Verbrauchsteuern sind außerdem nicht Gegenstand der Kognition von Strafverfolgungsbehörden des Vereinigten Königreichs), kann daher auf sich beruhen.

In Betreff des vom Angeklagten nicht bekämpften Schuldspruchs 2 ergab sich übrigens für den Obersten Gerichtshof kein Anlass zu einem Vorgehen nach § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO:

Art 54 SDÜ erlangte mit auch für Rumänien Geltung. Daher könnten - unter den Aspekten eines Rechtsfehlers oder eines Feststellungsmangels (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 611) - allfällige dortige Vorgänge in Ansehung des Angeklagten Albert K***** und derselben Tat mit Sperrwirkung (Nordmeyer, WK-StPO § 190 Rz 32 ff), zu denen es vor dem hier vorliegenden Urteil kam, aus Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO beachtlich sein.

Die demnach angesichts der Aktenlage (S 33, 241) veranlasste Übersetzung vorgelegener Schriftstücke (S 65 bis 71), aber auch eines von der Verteidigerin im Rechtsmittelverfahren präsentierten Schriftstücks aus der rumänischen Sprache ergab zunächst in Bezug auf die erstgenannten, dass von einem rumänischen Zollbeamten über das Transportunternehmen A***** GmbH eine Geldstrafe von 50.000.000 Lei verhängt wurde. Diese Strafe betraf somit gerade nicht den Angeklagten Albert K***** (vgl aber US 5). Schon deshalb scheidet eine Sperrwirkung nach Art 54 SDÜ aufgrund dieser Abstrafung aus (, Rechtssache Gasparini; Nordmeyer, WK-StPO § 190 Rz 37).

Aus dem von der Verteidigerin im Rechtsmittelverfahren präsentierten Schriftstück geht hervor, dass die Staatsanwaltschaft beim Gericht in Chisineu-Cris, Rumänien, Albert K***** eine mit datierte Ausfertigung der „Anordnung betreffend den Rücktritt von der Strafverfolgung" vom selben Tag zustellte. Die staatsanwaltschaftliche Prüfung bezog sich diesem Schreiben zufolge darauf, ob Albert K***** eine strafbare Handlung „nach § 177 Gesetz Nr. 141/1997" begangen habe, nämlich Gebrauch von falschen Urkunden. Dies wurde mit der Argumentation verneint, dass K***** Begleitdokumente zu der im LKW befindlichen Ware zur Prüfung vorgelegt habe und keine Begleitdokumente zu sonstigen Waren (nämlich den entdeckten Zigaretten).

Dieser Hinweis auf die staatsanwaltschaftliche Prüfung in Rumänien ist allerdings als im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde vorgekommene Neuerung aus dem Blickwinkel des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO unbeachtlich, wie sich aus § 288 Abs 2 Z 3 StPO ergibt (Ratz, WK-StPO Vor §§ 280 bis 296a Rz 14, vgl auch § 288 Rz 43). Daran ändert übrigens § 226 FinStrG schon deshalb nichts, weil diese Bestimmung als lex specialis zur vorgenannten auf das Vorgehen des Obersten Gerichtshofs nach einer erfolgreichen Nichtigkeitsbeschwerde bezogen ist (Ratz, WK-StPO § 288 Rz 26 f).

Daher bedarf keiner weiteren Erörterung, ob die staatsanwaltschaftliche Prüfung in Rumänien und der vorliegende Schuldspruch 2 dieselbe Tat im Sinn des Art 54 SDÜ betreffen (s zum weit verstandenen Tatbegriff dieser Bestimmung Nordmeyer, WK-StPO § 190 Rz 33 f) und ob das Vorgehen der Staatsanwaltschaft in Rumänien überhaupt dort (nach den rumänischen Gesetzen) Sperrwirkung entfaltet, was wie erwähnt weitere Voraussetzung eines nach Art 54 SDÜ relevanten Verfolgungshindernisses ist (, Rechtssache Turanský).

Zu Recht bringt der Angeklagte jedoch vor (der Sache nach Z 11 erster Fall), dass dem Urteil in Ansehung der dem Schuldspruch 1 zugrunde liegenden Zigaretten weder Feststellungen über deren Wert noch sonst Ausführungen zum strafbestimmenden Wertbetrag zu entnehmen sind, was die Aufhebung des Ausspruchs über die Geldstrafe und die Ersatzfreiheitsstrafe ungeachtet dessen nach sich zieht, dass der Urteilstenor einen Wert der Zigaretten nennt (US 1 unten). Fehlende Feststellungen werden durch den Urteilsspruch nicht ersetzt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 271, 667).

Bei Neubemessung von Geld- und entsprechender Ersatzfreiheitsstrafe waren folgende Erwägungen maßgebend:

Der Wert der vom Schuldspruch 1 erfassten Zigaretten ergibt sich aus dem Schlussbericht des Zollamts Linz als Finanzstrafbehörde erster Instanz unbedenklich mit 1.101.600 Euro, worauf Tabaksteuer - nur diese ist nach dem eingangs zur Vortat der Abgabenhehlerei schon Ausgeführten maßgeblich - von 608.472 Euro entfällt (ON 3, insbesondere S 99).

Gemäß § 23 Abs 2 FinStrG sind keine Momente erschwerend (§ 33 StGB), der bislang ordentliche Lebenswandel (§ 34 Abs 1 Z 2 StGB) sowie die Umstände, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB) und dass der Angeklagte die Taten schon vor längerer Zeit begangen hat und sich seither wohl verhalten hat (§ 34 Abs 1 Z 18 StGB), mildernd zu werten.

Ausgehend davon sowie von auf die Zigaretten laut Schuldspruch 2 entfallendem Zoll von 193.968 Euro (US 5), somit von einem strafbestimmenden Wertbetrag von 802.440 Euro, erachtet der Oberste Gerichtshof mit Blick auf § 23 Abs 1 und Abs 3 FinStrG eine Geldstrafe von 480.000 Euro als angemessen. Dass das Erstgericht nach Maßgabe der Angaben im Erkenntnis von einer geringfügig niedrigeren Tabaksteuer ausgegangen war, steht der Annahme eines im Verhältnis dazu nach oben korrigierten Strafrahmens unter dem Aspekt des bloß die Strafbemessung betreffenden Verschlechterungsverbots übrigens nicht entgegen (Ratz, WK-StPO § 290 Rz 52).

Angesichts der mittlerweile insgesamt durchaus längeren Verfahrensdauer sah sich der Oberste Gerichtshof zum Ausgleich des darin gelegenen Konventionsverstoßes (Art 6 Abs 1 MRK) zu einer Herabsetzung der angemessenen Strafe von 480.000 Euro um 80.000 Euro bestimmt.

Dementsprechend war als Ersatzfreiheitsstrafe nicht eine im gegebenen Fall 480.000 Euro entsprechende von fünf Monaten, sondern eine zum Ausgleich der längeren Verfahrensdauer um einen Monat verringerte von vier Monaten zu verhängen.

Diese Strafen waren schon mit Blick auf § 290 Abs 2 StPO gemäß § 26 Abs 1 FinStrG iVm § 43a Abs 1 StGB wie aus dem Spruch ersichtlich zum Teil bedingt nachzusehen.

Soweit sich die Berufung des Angeklagten gegen die Geldstrafe wendet, ist sie auf die Neubemessung infolge der Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 StPO zu verweisen.

Für die Zigaretten und die zur Begehung der Finanzvergehen benützten Beförderungsmittel verhängte das Erstgericht über den Angeklagten zufolge Unvollziehbarkeit des Verfalls gemäß §§ 37 Abs 2 letzter Satz, 17 Abs 2 lit a und lit c Z 3 zweiter Fall, „19 Abs 1" (lit a und [S 33 unten, 127] lit b), Abs 3, 4 und 6 FinStrG eine Wertersatzstrafe von 200.000 Euro und eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Monaten.

Dagegen wendet sich die übrige Berufung mit dem Vorbringen, dass - zusammengefasst - der Wert der am geschmuggelten Zigaretten und jener der Beförderungsmittel nicht konstatiert und die Wertersatzstrafe jedenfalls zu hoch bemessen sowie zu Unrecht nicht bedingt nachgesehen worden sei.

Die Berufung ist unbegründet.

Der Wert der Zigaretten laut Schuldspruch 2 beträgt laut dem Nachtrag zum Schlussbericht des Zollamts Linz unbedenklich 763.300 Euro (S 133), der Gesamtwert aller tatgegenständlichen Zigaretten demnach 1.864.900 Euro (vgl S 107). Geht man dazu aufgrund der Erhebungen des Zollamts Linz von einem Gesamtwert der zur Begehung der Finanzvergehen benützten Beförderungsmittel von 70.000 Euro aus (S 37, 103) und damit von einem Wertersatz von mehr als 1,9 Millionen Euro (§ 19 Abs 3 FinStrG), kann keine Rede davon sein, dass der vom Erstgericht über den Angeklagten K***** verhängte anteilige (§ 19 Abs 4 FinStrG; vgl US 3 oben) Wertersatz - zwischen ihm und dem Beteiligten Gerhard A***** (US 4, 5) erscheint mit Blick auf die jeweilige Täterschuld (§§ 19 Abs 6, 23 FinStrG) eine Aufteilung in gleichem Verhältnis sachgerecht - von 200.000 Euro dem Verhältnismäßigkeitsgebot des § 19 Abs 5 FinStrG widerspräche. Aus Sicht des Obersten Gerichtshofs liegen nämlich beim gegebenen nicht unbeträchtlichen Schuldgehalt sowie unter der gebotenen Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Angeklagten (§§ 19 Abs 6, 23 FinStrG) keine Gründe vor, nach § 19 Abs 5 FinStrG von der Auferlegung des Wertersatzanteils ganz oder teilweise abzusehen.

Einer auch nur teilweisen bedingten Nachsicht (§ 43a Abs 1 StGB) der Wertersatzstrafe stehen mit Blick auf die Art der Taten und den Grad der Schuld des Angeklagten (vgl § 43 Abs 1 zweiter Satz StGB, § 26 Abs 1 FinStrG) vor allem generalpräventive Gründe entgegen.

Daher war der Berufung, soweit sie sich auf die Wertersatzstrafe bezieht, ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.