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OGH vom 19.12.1990, 9ObA219/90

OGH vom 19.12.1990, 9ObA219/90

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith und Dr.Jelinek sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Carl Hennrich und Mag.Michal Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Alfred K***, Pensionist, St. Pölten, Heimito von Doderer-Straße 4/3/22, vertreten durch Dr.Rene S***, Sekretär der Gewerkschaft öffentlicher Dienst, Wien, dieser vertreten durch Dr.Walter Riedl und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei K*** FÜR A*** UND A*** FÜR N***, Wien 6., Windmühlgasse 28a, vertreten durch

Dr.Gustav Teicht und Dr.Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 110.552,80 sA und Feststellung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 31 Ra 42/90-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 2 Cga 2509/88-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1. zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben. Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, daß Punkt 1 des erstgerichtlichen Urteils als Teilurteil lautet:

"Es wird festgestellt, daß der Kläger gegenüber der beklagten Partei Anspruch auf Versorgungsgenuß gemäß den §§ 76 ff der Dienst-, Bezugs- und Pensions-Ordnung für die Bediensteten der Kammern für Arbeiter und Angestellte Österreichs im jeweiligen prozentuellen Ausmaß der Witwerpension in der gesetzlichen Sozialversicherung hat.

Das Mehrbegehren auf Feststellung des vollen Versorgungsgenusses gemäß den §§ 76 ff der genannten Dienst-, Bezugs- und Pensions-Ordnung sowie das Eventualbegehren auf Schadenersatz in dieser Höhe werden abgewiesen."

Die Entscheidung über die Prozeßkosten bleibt insoweit der Endentscheidung vorbehalten.

2. den

Beschluß

gefaßt:

Hinsichtlich des Punktes 2 des erstgerichtlichen Urteils (Begehren auf Zahlung von S 110.552,80 sA) und der Kostenentscheidung wird die angefochtene Entscheidung aufgehoben und die Rechtssache zur allfälligen Ergänzung des Verfahrens und zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Insoweit sind die Kosten des Revisionsverfahrens weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Entscheidungsgründe:

Gemäß § 73 Abs 1 der Dienst-, Bezugs- und Pensionsordnung für die Bediensteten der Kammern für Arbeiter und Angestellte Österreichs (in der Folge: DO) gebührt der Witwe nach einem Kammerbediensteten ein Versorgungsgenuß, wenn der Bedienstete zur Zeit seines Ablebens die Voraussetzungen des § 67 Abs 1 DO erfüllt hat (anrechenbare Dienstzeit von 10 Jahren) oder bereits im Bezug des Ruhegenusses stand. Die Witwe erhält gemäß § 76 Abs 1 DO 60 % des Bezuges, der dem Bediensteten im Zeitpunkt seines Ablebens als Ruhegenuß gebührte oder auf den er in diesem Zeitpunkt bei Eintritt in den Ruhestand Anspruch gehabt hätte.

Der überlebende Gatte einer verstorbenen Bediensteten erhält hingegen nach § 79 DO nur dann einen solchen Versorgungsgenuß, wenn er erwiesenermaßen erwerbsunfähig ist, sein Lebensunterhalt bis zum Ableben der Bediensteten überwiegend von ihr bestritten wurde und er ohne Gewährung des Versorgungsgenusses außer Stande ist, sich selbst zu erhalten.

Unstrittig ist, daß die am verstorbene Gattin des Klägers Bedienstete der beklagten Partei war. Dieses Dienstverhältnis unterlag der eingangs genannten DO. Nach ihrer Pensionierung mit erhielt sie einen Pensionszuschß (Ruhegenuß) entsprechend der angeführten Pensionsordnung. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen des § 79 DO nicht. Er würde aber die Voraussetzungen des § 76 DO erfüllen, wenn er eine Frau wäre. Der Kläger begehrt die Feststellung, daß er Anspruch auf Versorgungsgenuß gemäß den §§ 76 ff DO habe, weiters die Bezahlung des der Höhe nach unstrittigen Betrages von S 110.552,80 sA (bereits fällige Versorgungsgenußbeträge bzw. Schadenersatz in dieser Höhe). Für den Fall der Abweisung des Feststellungsbegehrens begehrt der Kläger die Eventualfeststellung, daß die beklagte Partei schuldig sei, ihm allen gegenwärtigen und zukünftigen Schaden zu ersetzen, der ihm dadurch entstehe, daß der Anspruch des Witwers auf Versorgungsgenuß durch die DO strengeren Anforderungen als jener der Witwe unterworfen sei. Die DO sei als Vertragsschablone zu qualifizieren. § 2 des Gleichbehandlungsgesetzes verbiete jedes Diskriminierung bei der Festsetzung des Entgeltes. Auch betriebliche Zuschußpensionen fielen unter den Entgeltsbegriff. Der Verfassungsgerichtshof habe wiederholt ausgesprochen, daß eine Differenzierung der vorgenommenen Art sachlich nicht gerechtfertigt sei. Der Kläger habe sohin Anspruch auf Nachzahlung der auf Grund der unsachlichen Differenzierung vorenthaltenen Pensionszuschußbeträge bzw. auf Ersatz des Schadens in gleicher Höhe, der ihm durch diese diskriminierende Regelung zugefügt worden sei. Er habe auch ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung seines grundsätzlichen Anspruchs auf Witwerversorgungsgenuß.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte vor allem ein, der Kläger sei niemals ihr Dienstnehmer gewesen. Er sei Familienangehöriger eines ehemaligen Dienstnehmers und versuche erst nach dem Tode seiner Frau, eine Rechtsbeziehung herzustellen, die sich aus der DO nicht ableiten lasse. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. § 79 DO widerspreche § 2 Abs 1 Z 1 GleichbehandlungsG. Auch betriebliche Pensinonsleistungen unterlägen diesem Gesetz. Die beklagte Partei behaupte gar nicht, daß die in der DO getroffene Differenzierung zwischen den Voraussetzungen der Ansprüche auf Witwen- und Witwerpension sachlich gerechtfertigt sei; es genüge daher auf das Verfassungsgerichtshoferkenntnis vom zu verweisen, womit § 259 Abs 1 ASVG aufgehoben wurde, weil die Beibehaltung der unterschiedlichen Voraussetzungen für die Ansprüche auf Witwenpension und jene auf Witwerpension nicht zu rechtfertigen sei. Dies widerspreche dem Gleichheitsgebot des Art. 7 B-VG. Da die aufgehobene Bestimmung des § 259 Abs 1 ASVG weitgehend der Regelung des § 79 DO entsprochen habe, ließen sich die vom Verfassungsgerichtshof angestellten Überlegungen sinngemäß auf den vorliegenden Fall übertragen.

Die sachlich nicht gerechtfertige Differenzierung habe wohl zunächst nur gegenüber der Gattin des Klägers bestanden; sie könne aber nach deren Tod nunmehr von ihm selbst geltend gemacht werden, weil der vom Dienstnehmer zugunsten der Witwe (des Witwers) abgeschlossene Pensionsvertrag ein echter Vertrag zugunsten Dritter iSd § 881 Abs 2 ABGB sei. Der Kläger habe nach der als Vertragsschablone zu wertenden DO mit dem Tod seiner Gattin einen hypothetischen Anspruch auf den ihr im Rahmen des Dienstverhältnisses zugesicherten Pensionsgenuß erworben, wenn er auch die Voraussetzungen des § 79 DO nicht erfülle, weil auch sein - hypothetischer - Anspruch auf Versorgungsgenuß im Dienstverhältnis seiner Gattin begründet sei. Daß er nach der DO tatsächlich die Voraussetzungen für den Versorgungsgenuß nicht erfülle, sei lediglich die Folge der seiner Gattin widerfahrenen rechtswidrigen Ungleichbehandlung, wonach sie nur einen eingeschränkten Anspruch darauf hatte, daß der Kläger nach ihrem Tode eine Versorgungsleistung beziehen könne.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im klagsabweisenden Sinn abzuändern. Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist teilweise berechtigt.

Die beklagte Partei wendet sich in ihrem Rechtsmittel einerseits gegen die Heranziehung des Verfassungsgerichtshoferkenntnisses, mit dem § 259 Abs 1 ASVG wegen Verstoßes gegen das Gleichheitsgebot des Art. 7 B-VG aufgehoben wurde; dieses habe mit dem hier zu beurteilenden Gleichbehandlungsgesetz nichts zu tun. Im übrigen sei auch mit der Umwegkonstruktion des Vertrages zugunsten Dritter für den Kläger nichts gewonnen, weil danach nur er, nicht aber die verstorbene Dienstnehmerin diskriminiert wäre. Das Hauptgewicht legt die beklagte Partei aber nunmehr auf das erstmals in der Revision vorgebrachte Argument der sachlichen Rechtfertigung der unterschiedlichen Voraussetzungen für die Erlangung der Versorgungsgenüsse von Witwen und Witwern. Weibliche Bedienstete seien gegenüber männlichen privilegiert, weil sie gemäß § 69 DO bereits fünf Jahre früher eine Eigenpension erhalten könnten. Dadurch werde ein sachlicher, wenigstens teilweiser Ausgleich dafür geschaffen, daß Witwer nur unter den strengeren Voraussetzungen des § 79 DO einen Versorgungsgenuß nach ihrer verstorbenen Gattin erhielten.

Diesen Erwägungen kann nicht gefolgt werden.

Soweit die beklagte Partei ihre früheren Einwände nicht mehr aufrecht hält, genügt es, auf die diesbezüglich zutreffende Begründung des Berufungsgerichts zu verweisen (§ 48 ASGG).

Hervorzuheben ist insbesondere folgendes:

Der Kläger leitet seine Ansprüche aus der DO ab, die als Vertragsschablone (9 Ob A 50/88; vgl. auch Arb. 9.061) Bestandteil des von der beklagten Partei mit seiner verstorbenen Gattin abgeschlossenen Dienstvertrages geworden ist.

Bei der Festsetzung des aus diesem Dienstvertrag gebührenden Entgelts durfte die Gattin des Klägers nach § 2 GleichbehandlungsG auf Grund ihres Geschlechts ohne sachliche Rechtfertigung nicht diskriminiert werden. Ihre Betriebspensionsansprüche sind Entgelt iSd GleichbehandlungsG (Arb. 10.434; Mayer-Maly, GleichbehandlungsG 44). Ebenso hat die Hinterbliebenenversorgung Entgeltcharakter (Grillberger, DRdA 1977, 13; Mathiaschitz in Runggaldier/Steindl, Handbuch der betrieblichen

Altersversorgung (1987) 285 ff).

Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß der vom Dienstgeber mit dem Dienstnehmer geschlossene Dienst- und Pensionsvertrag ein Vertrag zugunsten Dritter iSd § 881 ABGB ist. Die Arbeitsleistungen des Dienstnehmers bilden die Voraussetzungen für diesen Vertrag. Mit der Vereinbarung eines Pensionsanspruches für sich und seinen Ehegatten will der Dienstnehmer dessen Unterhalt auch nach seinem Tod sicherstellen. Mit Beendigung des Dienstverhältnisses wird primär der Anspruch des Pensionisten auf seine Pensionsbezüge existent. Gemäß § 881 Abs 1 ABGB steht ihm gegenüber dem Dienstgeber auch auch der Anspruch zu, daß der Dienstgeber die vertragliche Hinterbliebenenversorgung erfüllt. Mit dem Tod des Pensionisten tritt der Bezugsfall für die Hinterbliebenenpension ein. Nach der getroffenen Pensionsvereinbarung sowie der Natur und dem Zweck des Vertrages kann kein Zweifel darüber bestehen, daß nunmehr der Hinterbliebene die anläßlich der Beendigung des Dienstverhältnisses des Dienstnehmers zugesicherte Hinterbliebenenversorgung von dessen ehemaligem Dienstgeber fordern kann. Der nunmehr existent gewordene Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung schließt als sekundäre Folge an das Dienstverhältnis an (Arb. 8.827; vgl. auch EvBl 1974/220; in diesem Sinn auch Rummel in Rummel ABGB2 Rz 2 zu § 881). Der Kläger ist daher als Witwer zur Geltendmachung eines nunmehr existent gewordenen Anspruchs seiner Gattin auf Witwerversorgung berechtigt.

Zu prüfen bleibt, ob die verstorbene Gattin des Klägers durch die Witwerpensionsregelung der DO gegenüber männlichen Dienstnehmern iSd § 2 GleichbehandlungsG benachteiligt ist. Auf die Benachteiligung des Klägers kommt es (primär) nicht an. Das GleichbehandlungsG verpflichtet nämlich den Dienstgeber nur zur Gleichbehandlung seiner Dienstnehmer, mangels direkter Vertragsbeziehungen aber nicht zur Gleichbehandlung ihrer Angehörigen. Die Fürsorgepflicht des Dienstgebers kann in der Regel nicht auf die Hinterbliebenen seiner Dienstnehmer erstreckt werden. Allerdings bestehen für die Ehegatten wechselseitige Fürsorgepflichten aus dem Familienrecht. Die Ehegatten sind einander zur umfassenden ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet, die besonders auch die Pflicht zum Beistand umfaßt. Diese Beistandspflicht ist auch materieller Natur. Die Ehegatten haben zur Deckung der Bedürfnisse nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung, allerdings nach ihren Kräften und nach der Gestaltung ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft, beizutragen (§ 94 Abs 1 ABGB). Daher wird auch für das Wohl der Hinterbliebenen nach dem Ableben eines der Ehegatten üblicherweise Vorsorge getroffen (vgl. Pichler in Rummel ABGB2 Rz 9 zu § 90).

Eine Familie, in der die Frau Haupt- oder Mitverdienerin ist, müßte daher, um dem Witwer nach ihrem Ableben einen entsprechenden Lebensunterhalt zu sichern, zu Lebzeiten weitaus mehr ansparen. Diese Familie träfe daher schon zu Lebzeiten der Frau ein Konsumverzicht. Demgegenüber hätte ein Mann, der Hauptverdiener ist und für seine Frau mit einer Hinterbliebenenpension rechnen kann, einen Vorteil. Seine Frau erscheint nach seinem Tode besser abgesichert; es ist nicht nötig, Vorsorge zu treffen; der männliche Arbeitnehmer kann sich zu Lebzeiten mehr leisten; seine Witwe kann auch nach seinem Ableben den gewohnten Lebensstandard ohne Ersparnisse leicht beibehalten.

Eine Frau, deren Ehegatte nach ihrem Tod keine Betriebspension als Hinterbliebener erhält, ist daher im Vergleich zu einem männlichen Arbeitnehmer, der für seine Frau nach seinem Ableben eine Hinterbliebenenpension erwarten kann, benachteiligt, obwohl der Anspruch auf eine Hinterbliebenenpension nur dem Hinterbliebenen persönlich zusteht (Mathiaschitz aaO 286 f). Diese Benachteiligung ist aber sachlich nicht gerechtfertigt.

Das Berufungsgericht hat zur Beurteilung, ob die unterschiedliche Regelung der Witwer- und Witwenpension sachlich gerechtfertigt ist, mit Recht auf die im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , JBl 1981, 144, angestellten Überlegungen verwiesen. Die aufgehobene Bestimmung entsprach inhaltlich im wesentlichen dem hier zu beurteilenden § 79 DO. In beiden Fällen gebührt der Witwe - anders als dem Witwer - ein Pensionsanspruch unabhängig davon, ob der Gatte den Lebensunterhalt überwiegend bestritt und ob sie selbst erwerbsunfähig und bedürftig ist. Wenn auch die Aufhebung des § 259 Abs 1 ASVG mit dem Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gleichheitsgebot des Art. 7 Abs 1 B-VG begründet wurde, ist die beiden Bestimmungen zugrundeliegende Frage, ob die Differenzierung zwischen Witwer- und Witwenpension sachlich gerechtfertigt ist, die gleiche. Mit den gleichen Argumenten (siehe dort) ist sie daher zu verneinen. Die vorliegenden unterschiedlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Witwenpension (§§ 76 ff DO) und der Witwerpension (§ 79 DO) ist daher auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots des § 2 GleichbehandlungsG nicht gerechtfertigt (Mathiaschitz aaO 288). Auf das in der Revision neu vorgebrachte Argument der sachlichen Rechtfertigung der Differenzierung ist im Rahmen der allseitigen rechtlichen Prüfungspflicht des Obersten Gerichtshofes zwar einzugehen, doch ist damit für die Revisionswerberin nichts gewonnen. Eine den Mann diskriminierende Bestimmung - Pensionszuschüsse können gemäß § 69 DO von Frauen bereits mit der Vollendung des 55., von Männern erst mit Vollendung des 60. Lebensjahres in Anspruch genommen werden (vgl. E. des ) - kann nicht dazu führen, daß diese mit der die Frau diskriminierenden Bestimmung des § 79 DO "kompensiert" wird. Ein solches Argument könnte nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn die beiden Bestimmungen in unmittelbarem Zusammenhang stünden; das ist aber bei der Frage der Voraussetzungen für die Witwerpension und des Anfallsalters für Eigenpensionen jedenfalls zu verneinen (vgl. EuZW 1990, 283), wonach der Grundsatz des gleichen Entgelts nach Art. 119 EWGV für jeden Bestandteil des Entgelts und nicht nur auf Grund einer globalen Beurteilung der dem Arbeitnehmer eingeräumten Vorteile gewährleistet sein muß (dazu Runggaldier, RdW 1990, 446). Daher besteht auch für die Hinterbliebenenbetriebspensionen eine Anpassungspflicht. Soweit die Witwerpension der Bestimmung des § 2 GleichbehandlgungsG widerspricht, folgt aus dem zwingenden Charakter dieser Norm, daß sie als Verbotsgesetz im Sinn des § 879 Abs 1 ABGB anzusehen ist. Dies führt zur Nichtigkeit aller rechtsgeschäftlichen Akte, mit denen eine dem § 2 GleichbehandlungsG nicht entsprechende Entgeltfestsetzung erfolgt. Für die Art der Nichtigkeitsfolgen sind die Grundsätze über die Teilnichtigkeit von Arbeitsverträgen (Arb. 8.328 ua sowie die bei Mayer-Maly, GleichbehandlungsG 48 zitierten weiteren Nachweise) anzuwenden. Aus ihnen ergibt sich, daß die nichtige diskriminierende Entgeltfestsetzung weder den Arbeitsvertrag bzw. das Arbeits- und Pensionsverhältnis selbst berührt noch ein rechtliches Vakuum schafft. Vielmehr ist der Schutzzweck des verletzten Verbotsgesetzes zu beachten (Arb. 7.798; SZ 39/190) und daher der Anspruch auf ein das Gleichbehandlungsgebot nicht verletzendes Entgelt anzuerkennen. Hilfsweise kann auch Schadenersatz für die durch die ungerechtfertigte Ungleichbehandlung erlittenen Nachteile, insbesondere die Nachzahlung der (noch nicht verjährten) Entgeltdifferenz, begehrt werden (Mayer-Maly aaO 47 f, 56 f; Mathiaschitz aaO 290 f).

Die Untergerichte gingen von der Berechtigung des Klagsanspruchs im vollen Umfang aus (zur Berechnung ON 1 S 3 f). Sie meinten, dem Kläger stehe ein Anspruch auf Versorgung im Umfang der §§ 76 ff DO zu, also im gleichen Ausmaß wie einer Witwe.

Wenn auch die beklagte Partei ein konkretes Vorbringen nur zum bekämpften Grund des Anspruchs erstattete, ergibt sich doch auf Grund der allseitigen rechtlichen Prüfungspflicht des Obersten Gerichtshofes, daß auch zu beurteilen ist, ob der Anspruch nur teilweise zu Recht besteht.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis nur die (damals) gegenwärtige Gestaltung der Witwer- und Witwenpension für nicht gerechtfertigt gehalten, meinte aber, der Gesetzgeber sei nicht gehalten, die Witwerpension in allen Fällen zu gewähren oder die Witwenpension an die derzeit für die Witwerpension bestehenden Voraussetzungen zu binden; er müsse auch nicht unbedingt eine für beide Geschlechter gleichermaßen geltende dritte Lösung finden. Es könnte eine Lösung nicht als unsachlich angesehen werden, die sich unter Bedachtnahme auf die langfristigen Auswirkungen des Sozialversicherungsrechts auf einen allmählichen Abbau der ungleichen Behandlung beschränke. Daran hat sich der Gesetzgeber orientiert und die etappenweise Anpassung der Witwerpension vorgesehen.

Derzeitig ist im gesetzlichen Sozialversicherungssystem erst ein Teil der Witwerpension verwirklicht (Art. II Abs 8 der 36. ASVG-Nov idgF). Da von einem Arbeitgeber nicht verlangt werden kann, mit der Gewährung der Witwerpension über jenes Maß hinauszugehen, mit dem der Gesetzgeber in Beachtung des Gleichheitsgebots in der gesetzlichen Sozialversicherung die Witwerpension eingeführt hat, haben sich die dem GleichbehandlungsG widersprechenden betrieblichen Ruhegeldordnungen mindestens an dieser etappenweise Regelung zu orientieren. Dies bedeutet für die Betriebspension, daß auch eine Witwerrente nur in jenem Ausmaß zwingend zu gewähren ist, in dem sie durch die gesetzliche Sozialversicherung gewährt wird. Nur insoweit werden daher mittels Vertragskorrektur die nichtigen Teile des § 79 DO durch die Erfüllung des zwingenden Rechtes ersetzt (Mathiaschitz aaO 288, 290). Auch ein Schadenersatzanspruch kann aus den oben ausgeführten Gründen nur im gleichen Umfang bestehen. Das führt dazu, daß das Feststellungsbegehren nur in diesem Umfang berechtigt ist; im übrigen ist es jedoch abzuweisen. Hinsichtlich des Leistungsbegehrens ist das Urteil aufzuheben und die Sache gemäß § 510 Abs 1 letzter Satz ZPO zur Ermittlung der Höhe des Leistungsanspruchs nach diesen Gesichtspunkten und zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Kostenvorbehalt beruht auf dem § 52 Abs 1 und 2 ZPO.