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OGH 27.05.2015, 8Ob58/14h

OGH 27.05.2015, 8Ob58/14h

Rechtssätze


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Normen
RS0130437
Die Klausel in allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank, wonach der Kunde seine persönlichen Identifikationsmerkmale und TANs nicht auf anderen Webseiten Dritter eingeben darf und dies insbesondere dann gilt, wenn sich diese unter Verwendung der vom Kunden angegebenen Daten Zugang in das Onlinebanking des Kunden verschaffen können, ist gröblich benachteiligend und auch unklar im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG.
Norm
RS0130438
Die Klausel in allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank, mit der der Kunde bei Nutzung von Onlinebanking per App verpflichtet wird, seine App sowie das Betriebssystem seines mobilen Endgerätes immer auf dem neuesten Stand (Version) zu halten, ist gröblich benachteiligend.
Norm
RS0130439
Klausel in allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank, wonach bei Onlinebanking nach erfolgter Auftragsfreigabe die SMS, mit der dem Kunden die mobile TAN mitgeteilt wurde, umgehend zu löschen ist. Kein Verstoß gegen § 864a ABGB.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn und die Hofrätin Dr. Weixelbraun-Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*****, vertreten durch die Kosesnik-Wehrle & Langer Rechtsanwälte KG in Wien, gegen die beklagte Partei B***** AG, *****, vertreten durch die Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung, im Verfahren über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 5/14h-14, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 11 Cg 65/13s-6, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

A. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist Art 41 Abs 1 iVm Art 36 Abs 1 der Richtlinie 2007/64/EG über Zahlungsdienste im Binnenmarkt (Zahlungsdienste-Richtlinie) dahin auszulegen, dass eine Information (in elektronischer Form), die von der Bank an die E-Mail-Box des Kunden im Rahmen des Online-Banking (E-Banking) übermittelt wird, sodass der Kunde diese Information nach dem Einloggen auf der E-Banking-Website durch Anklicken abrufen kann, dem Kunden auf einem dauerhaften Datenträger mitgeteilt wird?

2. Wenn Frage 1 verneint wird:

Ist Art 41 Abs 1 iVm Art 36 Abs 1 der Zahlungsdienste-Richtlinie dahin auszulegen, dass in einem solchen Fall

a) die Information von der Bank zwar auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt, aber nicht dem Kunden mitgeteilt, sondern diesem nur zugänglich gemacht wird oder

b) es sich überhaupt nur um ein Zugänglichmachen der Information ohne Verwendung eines dauerhaften Datenträgers handelt?

B. Das Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof wird bis zum Einlangen der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union gemäß § 90a Abs 1 GOG ausgesetzt.

Text

Begründung:

I. Sachverhalt:

Beim Anlassverfahren handelt es sich um einen sogenannten Klauselprozess. Der Kläger ist ein nach dem österreichischen Konsumentenschutzgesetz klageberechtigter Verband zur Durchsetzung von Verbraucherinteressen. Die beklagte Bank betreibt bundesweit das Bankgeschäft und verwendet im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern Allgemeine Geschäftsbedingungen (unter anderem) für die Teilnahme am E-Banking. Für das Vorabentscheidungs-verfahren ist folgende Klausel in den genannten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten von Bedeutung:

Mitteilungen und Erklärungen (insbesondere Kontonachrichten, Kontoauszüge, Kreditkartenabrechnungen, Änderungsmitteilungen, etc), die die Bank dem Kunden zu übermitteln oder zugänglich zu machen hat, erhält der Kunde, der E-Banking vereinbart hat, per Post oder durch Abrufbarkeit oder Übermittlung elektronisch im Wege des B***** E-Bankings.“

Gegenstand des Vorabentscheidungsverfahrens ist nur diese Vertragsklausel. Für den Obersten Gerichtshof stellt sich die Frage, ob es sich um ein „Mitteilen auf einem dauerhaften Datenträger“ handelt, wenn die Bank eine Information (elektronische Nachricht) an das Postfach des Kunden im Rahmen des E-Banking übermittelt.

Für das Vorabentscheidungsverfahren ist davon auszugehen, dass die von der Bank im Rahmen des E-Banking an die Mobilbox des Kunden übermittelten elektronischen Nachrichten jedenfalls für einen dem Zweck der Information angemessenen Zeitraum unverändert bestehen bleiben und nicht gelöscht werden, sodass sie vom Kunden „konsultiert“ (abgerufen) und unverändert „reproduziert“ (elektronisch wiedergegeben bzw ausgedruckt) werden können. Die Nachrichten können vom Kunden verwaltet und allenfalls auch gelöscht werden.

II. Unionsrechtliche Grundlagen:

Die für das Vorabentscheidungsverfahren einschlägigen unionsrechtlichen Bestimmungen lauten:

1. Richtlinie 2007/64/EG über Zahlungsdienste im Binnenmarkt (Zahlungsdienste-Richtlinie)

Art 36: Allgemeine vorvertragliche Unterrichtung

(1) Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass der Zahlungsdienstleister dem Zahlungsdienstnutzer die Informationen und Vertragsbedingungen gemäß Artikel 37 in leicht zugänglicher Form zugänglich macht, bevor der Zahlungsdienstnutzer durch einen Vertrag oder ein Angebot über die Ausführung einer Einzelzahlung gebunden ist. Auf Verlangen des Zahlungsdienstnutzers stellt ihm der Zahlungsdienstleister die Informationen und Vertragsbedingungen in Papierform oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger zur Verfügung. Die Informationen und Vertragsbedingungen sind in einer Amtssprache des Mitgliedstaats, in dem der Zahlungsdienst angeboten wird, oder in einer anderen zwischen den Parteien vereinbarten Sprache klar und verständlich abzufassen.

Art 41: Allgemeine vorvertragliche Unterrichtung

(1) Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass der Zahlungsdienstleister dem Zahlungsdienstnutzer rechtzeitig die Informationen und Vertragsbedingungen gemäß Artikel 42 in Papierform oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger mitteilt, bevor der Zahlungsdienstnutzer durch einen Rahmenvertrag oder ein Vertragsangebot gebunden ist. Die Informationen und Vertragsbedingungen sind in einer Amtssprache des Mitgliedstaats, in dem der Zahlungsdienst angeboten wird, oder in einer anderen zwischen den Parteien vereinbarten Sprache klar und verständlich abzufassen.

Erwägungsgrund 24

In der Praxis sind Rahmenverträge und darunter fallende Zahlungsvorgänge weitaus häufiger und fallen wirtschaftlich mehr ins Gewicht als Einzelzahlungen. Bei Zahlungskonten oder bestimmten Zahlungsinstrumenten ist ein Rahmenvertrag erforderlich. Daher sollten die Vorabinformationspflichten bei Rahmenverträgen recht umfassend sein und die Informationen sollten immer auf Papier oder einem anderen dauerhaften Datenträger mitgeteilt werden, wie beispielsweise Ausdrucke von Kontoauszugsdruckern, Disketten, CD-ROMs, DVDs und PC-Festplattenlaufwerken, auf denen elektronische Post gespeichert werden kann, sowie Websites, sofern sie für einen dem Zweck der Information angemessenen Zeitraum konsultiert und unverändert reproduziert werden können. Allerdings sollten Zahlungsdienstleister und Zahlungsdienstnutzer in einem Rahmenvertrag vereinbaren können, in welcher Weise nachträgliche Information über die ausgeführten Zahlungsvorgänge erfolgen soll, beispielsweise dass beim Internetbanking alle das Zahlungskonto betreffenden Informationen online zugänglich gemacht werden.

Erwägungsgrund 25

Bei Einzelzahlungen sollte der Zahlungsdienstleister lediglich die wichtigsten Informationen stets von sich aus geben müssen. Da der Zahler in der Regel anwesend ist, wenn er den Zahlungsauftrag erteilt, braucht nicht vorgeschrieben zu werden, dass die Informationen in jedem Fall auf Papier oder einem anderen dauerhaften Datenträger gegeben werden müssen. Der Zahlungsdienstleister kann entweder mündlich am Schalter Auskunft erteilen oder dafür sorgen, dass die Informationen anderweitig leicht zugänglich sind, indem er beispielsweise eine Tafel mit den Vertragsbedingungen in seinen Geschäftsräumen anbringt. Zudem sollte er darauf hinweisen, wo weitere Informationen erhältlich sind (z. B. Angabe der Website-Adresse). Allerdings sollte der Verbraucher auf Verlangen die wichtigsten Informationen auf Papier oder einem anderen dauerhaften Datenträger erhalten können.

Erwägungsgrund 27

Die Art und Weise, in der der Zahlungsdienstleister den Zahlungsdienstnutzer informieren muss, sollte den Erfordernissen des Nutzers sowie - je nach den im jeweiligen Zahlungsdienstvertrag getroffenen Vereinbarungen - praktischen technischen Aspekten und der Kosteneffizienz Rechnung tragen. Daher sollte in dieser Richtlinie zwischen zwei Arten unterschieden werden, auf denen Informationen vom Zahlungsdienstleister gegeben werden müssen. Entweder sollte die Information mitgeteilt, d.h. vom Zahlungsdienstleister zu dem in dieser Richtlinie geforderten Zeitpunkt von sich aus übermittelt werden, ohne dass der Zahlungsdienstnutzer sie ausdrücklich anfordern muss, oder die Information sollte dem Zahlungsdienstnutzer unter Berücksichtigung seines etwaigen Ersuchens um nähere Informationen zugänglich gemacht werden. In letzterem Fall sollte der Zahlungsdienstnutzer selbst aktiv werden, um sich die Informationen zu verschaffen, indem er sie beispielsweise ausdrücklich vom Zahlungsdienstleister anfordert, sich in die Mailbox des Bankkontos einloggt oder eine Bankkarte in den Drucker für Kontoauszüge einführt. Zu diesem Zweck sollte der Zahlungsdienstleister sicherstellen, dass die Informationen zugänglich sind und dem Zahlungsdienstnutzer zur Verfügung stehen.

2. Richtlinie 2011/83/EU über die Rechte der Verbraucher (Verbraucherrechte-Richtlinie)

Art 2: Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnen die Ausdrücke

...

10. „dauerhafter Datenträger“ jedes Medium, das es dem Verbraucher oder dem Unternehmer gestattet, an ihn persönlich gerichtete Informationen derart zu speichern, dass er sie in der Folge für eine für die Zwecke der Informationen angemessene Dauer einsehen kann, und das die unveränderte Wiedergabe der gespeicherten Informationen ermöglicht;

Erwägungsgrund 23

Dauerhafte Datenträger sollten es dem Verbraucher ermöglichen, Informationen so lange zu speichern, wie es für den Schutz seiner Interessen in den Beziehungen zum Unternehmer erforderlich ist. Zu diesen dauerhaften Datenträgern sollten insbesondere Papier, USB-Sticks, CD-ROMs, DVDs, Speicherkarten oder die Festplatten von Computern sowie E-Mails gehören.

3. Richtlinie 2000/31/EG über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs (E-Commerce-Richtlinie)

Art 10: Informationspflichten

(3) Die Vertragsbestimmungen und die allgemeinen Geschäftsbedingungen müssen dem Nutzer so zur Verfügung gestellt werden, daß er sie speichern und reproduzieren kann.

Art 11: Abgabe einer Bestellung

(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, daß - außer im Fall abweichender Vereinbarungen zwischen Parteien, die nicht Verbraucher sind - im Fall einer Bestellung durch einen Nutzer auf elektronischem Wege folgende Grundsätze gelten:

- …

- Bestellung und Empfangsbestätigung gelten als eingegangen, wenn die Parteien, für die sie bestimmt sind, sie abrufen können.

(3) Absatz 1 erster Gedankenstrich und Absatz 2 gelten nicht für Verträge, die ausschließlich durch den Austausch von elektronischer Post oder durch vergleichbare individuelle Kommunikation geschlossen werden.

III. Innerstaatliche Rechtsvorschriften:

Die relevanten nationalen Rechtsvorschriften lauten:

1. Zahlungsdienstegesetz

§ 3: Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten folgende Begriffsbestimmungen:

...

12. Rahmenvertrag: ein Zahlungsdienstvertrag, der die zukünftige Ausführung einzelner und aufeinander folgender Zahlungsvorgänge regelt und die Verpflichtung zur Einrichtung eines Zahlungskontos und die entsprechenden Bedingungen enthalten kann;

3. Hauptstück: Zahlungsdienste

1. Abschnitt: Informationspflichten, Entgelte und Vertragsarten

§ 26: Form, Zeitpunkt, Sprache und Transaktionswährung

(1) Der Zahlungsdienstleister hat dem Zahlungsdienstnutzer rechtzeitig, bevor der Zahlungsdienstnutzer durch einen Vertrag oder ein Vertragsangebot gebunden ist, die Informationen und Vertragsbedingungen

1. im Fall eines Rahmenvertrages gemäß § 28 in Papierform oder, sofern der Zahlungsdienstnutzer damit einverstanden ist, auf einem anderen dauerhaften Datenträger mitzuteilen oder

2. im Fall einer Einzelzahlung, die nicht Gegenstand eines Rahmenvertrages ist, gemäß § 32 Abs. 1 in einfacher Weise zugänglich zu machen, und auf Verlangen des Zahlungsdienstnutzers auch in der in Z 1 beschriebenen Form mitzuteilen.

Zu diesem Zweck darf auch eine Kopie eines Vertragsentwurfs bereitgestellt werden.

(2) Die Informationen und Vertragsbedingungen sind klar und verständlich abzufassen, und zwar

1. wenn der Zahlungsdienst in Österreich angeboten wird, in deutscher Sprache, oder in einer anderen zwischen den Parteien gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 lit. c vereinbarten Sprache;

2. wenn der Zahlungsdienst in einem anderen Mitgliedstaat angeboten wird, in dessen Amtssprache oder in einer anderen zwischen den Parteien vereinbarten Sprache.

§ 29: Änderungen des Rahmenvertrages

(1) Der Zahlungsdienstleister hat

1. dem Zahlungsdienstnutzer Änderungen des Rahmenvertrages spätestens zwei Monate vor dem geplanten Zeitpunkt ihrer Anwendung in der in § 26 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 vorgesehenen Weise vorzuschlagen und,

2. sofern eine Vereinbarung gemäß § 28 Abs. 1 Z 6 lit. a getroffen wurde, darauf hinzuweisen,

a) dass die Zustimmung des Zahlungsdienstnutzers zu den Änderungen als erteilt gilt, wenn er dem Zahlungsdienstleister seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt der Anwendung der Änderungen angezeigt hat, und

b) dass der Zahlungsdienstnutzer das Recht hat, den Rahmenvertrag vor dem Inkrafttreten der Änderungen kostenlos fristlos zu kündigen.

2. E-Commerce-Gesetz

§ 11: Vertragsbestimmungen und Geschäfts-bedingungen

Ein Diensteanbieter hat die Vertragsbestimmungen und die allgemeinen Geschäftsbedingungen dem Nutzer so zur Verfügung zu stellen, dass er sie speichern und wiedergeben kann. Diese Verpflichtung kann nicht zum Nachteil des Nutzers abbedungen werden.

§ 12: Zugang elektronischer Erklärungen

Elektronische Vertragserklärungen, andere rechtlich erhebliche elektronische Erklärungen und elektronische Empfangsbestätigungen gelten als zugegangen, wenn sie die Partei, für die sie bestimmt sind, unter gewöhnlichen Umständen abrufen kann. Diese Regelung kann nicht zum Nachteil von Verbrauchern abbedungen werden.

IV. Anträge und Vorbringen der Parteien sowie bisheriges Verfahren:

Der klagende Verbraucherverband begehrte, der beklagten Bank die Verwendung (unter anderem) der angeführten oder einer sinngleichen Klausel und die Berufung darauf zu untersagen und ihm die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung zu erteilen. Die Klausel verstoße gegen gesetzliche Verbote, insbesondere gegen das Zahlungsdienstegesetz.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren hinsichtlich der hier gegenständlichen Klausel statt und ermächtigte den klagenden Verband zur Urteilsveröffentlichung. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung (abgesehen von der Leistungsfrist für die Unterlassungsverpflichtung). Die hier in Rede stehende Klausel stelle einen Verstoß gegen die zwingenden Vorschriften des § 26 Abs 1 Z 1 iVm § 29 Abs 1 Z 1 des Zahlungsdienstegesetzes dar. Die Bereitstellung der Dienstleistung des E-Banking durch eine entsprechende Vereinbarung sei eine unselbständige Nebenabrede zu einem Girokreditvertrag und daher Bestandteil eines Rahmenvertrags im Sinn des § 3 Z 12 des Zahlungsdienstegesetzes. Nach § 29 des Zahlungsdienstegesetzes müssten den Kunden beabsichtigte Änderungen der vereinbarten Vertragsbedingungen des Rahmenvertrags mindestens zwei Monate vor dem geplanten Inkrafttreten angeboten werden, und zwar in der in § 26 Abs 1 Z 1 und Abs 2 vorgesehenen Weise. Dem Kunden müsse das Änderungsangebot daher aktiv mitgeteilt und nicht nur über Eigeninitiative des Kunden zugänglich gemacht werden. Bei der - im Verbandsprozess gebotenen - kundenfeindlichsten Auslegung der Klausel werde der beklagten Bank die Möglichkeit eingeräumt, Informationen, die sie dem Kunden nach dem Zahlungsdienstegesetz „mitteilen“ müsste, nur durch Abrufbarkeit im eingerichteten elektronischen Postfach zugänglich zu machen.

Rechtliche Beurteilung

V. Berechtigung zur Vorlage:

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs kann mit den Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts nicht mehr angefochten werden (Art 267 AEUV). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs hat in einem Verfahren nach Art 267 AEUV das befasste nationale Gericht sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorzulegenden, das Unionsrecht betreffenden Fragen zu beurteilen (vgl EuGH C-395/08 Rn 18).

VI. Begründung der Vorlagefragen:

1. Richtlinie 97/7/EG über den Verbraucher-schutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (Fernabsatz-Richtlinie)

Der Begriff des „dauerhaften Datenträgers“ wurde zunächst in der Fernabsatz-Richtlinie normiert (Art 5 Abs 1 leg cit). Der damalige Meinungsstand war von einer gewissen Skepsis gegenüber elektronischen Medien geprägt, zumal der elektronische Geschäftsverkehr in Europa noch wenig verbreitet war. Der „dauerhafte Datenträger“ wurde daher mit Hardware-Komponenten in Verbindung gebracht. Als dauerhafter Datenträger waren Disketten, CD-Rom, DVD oder Computerfestplatten anerkannt.

2. Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr (E-Commerce-Richtlinie)

2.1 Das Ziel der E-Commerce-Richtlinie bestand darin, den europäischen Rechtsrahmen für die kommerzielle Nutzung der elektronischen Medien auf- und weiter auszubauen. Dadurch sollte einerseits Rechtssicherheit vor allem für die Wirtschaftsakteure und andererseits eine ausreichende Vertrauensbasis und ein verbesserter Rechtsschutz für die Nutzer geschaffen werden. Hindernisse und Barrieren, die sich der Anwendung der modernen Medien entgegenstellten, sollten abgebaut werden, um den elektronischen Geschäftsverkehr zu fördern und diesem auch in Europa zum Durchbruch zu verhelfen. Elektronische Geschäftstätigkeiten, vor allem Onlineverträge, sollten elektronisch angebahnt und abgeschlossen werden können. Ein Medienbruch (ein Wechsel zwischen elektronischer Form und Papierform) sollte grundsätzlich vermieden werden.

2.2 Art 11 Abs 1 zweiter Gedankenstrich der E-Commerce-Richtlinie regelt den Zugang von (bestimmten) elektronischen Erklärungen, konkret von Bestellungen des Nutzers und Empfangsbestätigungen des Unternehmers. Der (rechtswirksame) Zugang einer elektronischen Erklärung beim Empfänger ist an deren Abrufbarkeit für den Nutzer geknüpft. Dies gilt auch für E-Mail-Erklärungen (Art 11 Abs 3 der E-Commerce-Richtlinie).

Der österreichische Gesetzgeber hat diese Zugangsregelung auf alle rechtsgeschäftlichen und rechtserheblichen elektronischen Erklärungen ausgedehnt. Nach § 12 des E-Commerce-Gesetzes gehen solche Erklärungen dem Empfänger rechtswirksam zu, wenn sie dieser - unter gewöhnlichen Umständen - abrufen kann. Es kommt somit allgemein auf die Abrufbarkeit der elektronischen Erklärungen an. Eine E-Mail-Nachricht ist grundsätzlich immer dann abrufbar, wenn sie in der E-Mail-Box des Empfängers eingelangt ist und dort gespeichert wird (Brenn, ECG 255). In diesem Sinn hat der Oberste Gerichtshof bereits im Jahr 2007 ausgesprochen, dass eine E-Mail für den Empfänger in jenem Zeitpunkt abrufbar ist, in dem sie in seiner E-Mail-Box eingelangt und gespeichert ist und am Bildschirm angezeigt oder ausgedruckt werden kann (2 Ob 108/07g).

Mit der Wendung „unter gewöhnlichen Umständen“ in § 12 des E-Commerce-Gesetzes soll sichergestellt werden, dass Erklärungen nur zu den üblichen Geschäftszeiten und nicht während der Urlaubszeit rechtswirksam zugehen (Brenn, ECG 253 und 255 f). Jeder Nutzer, der sich etwa im Urlaub befindet, hat auch die Möglichkeit, diesen Umstand seinem Geschäftspartner (zB mittels E-Mail-Erklärung) mitzuteilen.

2.3 Weiters enthält die E-Commerce-Richtlinie in Art 10 Abs 3 eine Bestimmung über die wirksame Zurverfügungstellung von Allgemeinen Geschäfts-bedingungen. Um den Bedürfnissen des elektronischen Geschäftsverkehrs zu entsprechen und einen Medienbruch zu vermeiden, wurde nicht das Erfordernis des dauerhaften Datenträgers im Sinn der Fernabsatz-Richtlinie normiert. Vielmehr wurde festgelegt, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen dem Nutzer wirksam zur Verfügung gestellt werden, wenn sie der Nutzer speichern und reproduzieren (wiedergeben) kann. Die Wendung „wiedergeben können“ bedeutet dabei „elektronisch wiedergeben oder ausdrucken können“. Allgemeine Geschäftsbedingungen müssen vom Nutzer also gespeichert und elektronisch wiedergegeben bzw ausgedruckt werden können (Brenn, ECG 251).

3. Richtlinie 2011/83/EU über die Rechte der Verbraucher (Verbraucherrechte-Richtlinie)

Die dargestellten Überlegungen zur E-Commerce-Richtlinie, die von einem offenen Verständnis für die Bedürfnisse des elektronischen Geschäftsverkehrs und von einer bereits größeren Erfahrung im Umgang mit elektronischen Medien geprägt waren, haben Eingang in das moderne Regelungswerk der Verbraucherrechte-Richtlinie gefunden. Diese Richtlinie enthält in Art 2 Nr 10 erstmals eine Definition zum „dauerhaften Datenträger“. Darunter ist jedes Medium zu verstehen, das es dem Verbraucher oder Unternehmer gestattet, an ihn persönlich gerichtete Informationen derart zu speichern, dass er sie in der Folge für eine für die Zwecke der Informationen angemessene Dauer einsehen kann, und das ihm die unveränderte Wiedergabe der gespeicherten Informationen ermöglicht. In Erwägungsgrund 23 der Verbraucherrechte-Richtlinie werden dazu folgende Beispiele aufgezählt: Papier, USB-Sticks, CD-Rom, DVD, Speicherkarten oder Festplatten sowie E-Mails.

Damit wurde vom europäischen Gesetzgeber ein Gleichklang zwischen dem dauerhaften Datenträger laut Verbraucherrechte-Richtlinie (Art 2 Nr 10) und Art 10 Abs 3 der E-Commerce-Richtlinie geschaffen. Auch für den dauerhaften Datenträger ist maßgebend, dass die elektronische Information gespeichert und elektronisch wiedergegeben bzw ausgedruckt werden kann.

4. EuGH C-49/11, Content Services

4.1 In der Rechtssache C-49/11 hat der Gerichtshof ausgesprochen, dass ein Datenträger dann als dauerhaft anzusehen ist, wenn der Datenträger dem Verbraucher die Speicherung der an ihn persönlich gerichteten Informationen erlaubt sowie die Gewähr dafür bietet, dass ihr Inhalt und ihre Zugänglichkeit während einer angemessenen Dauer nicht verändert werden, und dem Verbraucher die Möglichkeit ihrer originalgetreuen Wiedergabe eröffnet. Unter diesen Voraussetzungen kommt auch eine Website als dauerhafter Datenträger in Betracht.

4.2 Die Frage, ob auch ein Hyperlink (die Zurverfügungstellung der Information über einen solchen Link) als dauerhafter Datenträger anzusehen ist, hat der Gerichtshof in dieser Entscheidung verneint. Diese Beurteilung war davon getragen, dass der Verbraucher den Link anklicken müsse und sich daher nicht passiv verhalte, was aber für das „Erteilen“ einer Information auf einem dauerhaften Datenträger erforderlich sei (vgl dazu auch 4 Ob 18/08p).

5. Mitteilen und dauerhafter Datenträger versus zugänglich machen

5.1 Der systematische Ansatz des europäischen Gesetzgebers ist dadurch gekennzeichnet, dass er den dauerhaften Datenträger mit der Art der Zurverfügungstellung der Informationen verknüpft. Demnach werden Informationen mittels eines dauerhaften Datenträgers „mitgeteilt“, Informationen, die sich nicht auf einem dauerhaften Datenträger befinden, werden demgegenüber nur zugänglich gemacht.

5.2 Auch der Oberste Gerichtshof steht auf dem Standpunkt, dass das maßgebende Kriterium im „dauerhaften Datenträger“ besteht. Erfüllt also ein elektronisches Medium die Anforderungen gemäß Art 2 Nr 10 der Verbraucherrechte-Richtlinie, so genügt dieses Medium auch der Anforderung, dass damit die Informationen dem Kunden „mitgeteilt“ werden. Nach der Verbraucher-Richtlinie ist für den dauerhaften Datenträger nur mehr maßgebend, dass die elektronische Information vom Nutzer gespeichert und (elektronisch) wiedergegeben bzw ausgedruckt werden kann. Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs kann es für die Abgrenzung von „mitteilen“ einerseits und „zugänglich machen“ andererseits auch nicht entscheidend sein, ob sich der Nutzer rein passiv verhält oder einmal oder mehrmals „klicken“ muss. Vielmehr kommt es darauf an, von welchem Vertragspartner in Bezug auf die Information die Initiative ausgeht, wer also die erste Handlung setzt. Wird die Information vom Unternehmer (hier von der Bank) an die E-Mail-Box des Kunden übermittelt, so liegt demnach ein „Mitteilen“ vor.

6. Richtlinie 2007/64/EG über Zahlungsdienste im Binnenmarkt (Zahlungsdienste-Richtlinie)

6.1 Das Erfordernis des Mitteilens von Informationen auf einem dauerhaften Datenträger findet sich auch in Art 41 Abs 1 der Zahlungsdienste-Richtlinie. Demgegenüber sieht Art 36 Abs 1 der Zahlungsdienste-Richtlinie nur ein Zugänglichmachen von Informationen vor. Eine Erklärung dazu, was ein dauerhafter Datenträger sein könnte, findet sich nur in den Erwägungsgründen der Zahlungsdienste-Richtlinie. Abgesehen davon, dass die Erwägungsgründe nur eine Interpretationshilfe darstellen, sind sie auch widersprüchlich. Während nach Erwägungsgrund 24 Ausdrucke von Kontoauszugsdruckern (die die Kunden in der Regel selbst bedienen) dauerhafte Datenträger sind, soll das Einführen einer Bankkarte in den Drucker für Kontoauszüge nach Erwägungsgrund 27 nur ein Zugänglichmachen sein. Während Websites nach Erwägungsgrund 24 dauerhafte Datenträger sind, soll dies für die Angabe der Website-Adresse nach Erwägungsgrund 25 offenbar nicht gelten.

6.2 Der Gerichtshof hat bereits bestätigt, dass der Begriff „dauerhafter Datenträger“ in den hier in Rede stehenden Regelungswerken dieselbe Bedeutung hat. Maßgebend ist demnach die Begriffsbestimmung in der Verbraucherrechte-Richtlinie und damit das Kriterium, ob die elektronische Information vom Nutzer gespeichert und elektronisch wiedergegeben bzw ausgedruckt werden kann.

Die Aufzählung von „Websites“ in Erwägungsgrund 24 der Zahlungsdienste-Richtlinie (als Beispiel für einen dauerhaften Datenträger) erweist sich damit als zutreffend.

7. E-Mail

Eine E-Mail (E-Mail-Erklärung) wird in den Erwägungsgründen der Zahlungsdienste-Richtlinie nicht genannt, obwohl Erwägungsgrund 23 der Verbraucherrechte-Richtlinie die E-Mail ausdrücklich als dauerhaften Datenträger erwähnt.

Zur Frage, ob eine E-Mail als dauerhafter Datenträger anzusehen ist, hat der Oberste Gerichtshof bereits im Jahr 2008 Folgendes ausgesprochen: Informationen in einer E-Mail genügen dafür dann, wenn der Empfänger eine E-Mail-Adresse angegeben hat und die Sendung empfangen sowie ohne besonderen Aufwand lesen, speichern und ausdrucken kann (4 Ob 18/08p).

An dieser Ansicht ist festzuhalten, weil auch eine E-Mail-Nachricht abgespeichert und elektronisch wiedergegeben bzw ausgedruckt werden kann, weshalb die Kriterien des dauerhaften Datenträgers nach Art 2 Nr 10 der Verbraucherrechte-Richtlinie erfüllt sind.

8. E-Mail-Box des Kunden

Für den rechtswirksamen Zugang einer E-Mail-Erklärung ist (im Sinn des Art 11 Abs 1 zweiter Gedankenstrich der E-Commerce-Richtlinie) maßgebend, wann sie vom Nutzer abgerufen werden kann. Es kommt daher auf den Zeitpunkt an, zu dem die Erklärung in der E-Mail-Box des Kunden einlangt. Eine E-Mail-Box des Kunden liegt dann vor, wenn diese ausschließlich für elektronische Nachrichten an den Kunden zur Verfügung steht und daher dem Kunden (auch rechtlich) zugeordnet ist. Auf die rein technischen Fragen, wo sich der E-Mail-Server befindet und von wem dieser betrieben und gewartet wird, kommt es nicht an.

9. E-Mail-Box im Rahmen des E-Banking

9.1 Bei dem im Anlassfall zu beurteilenden E-Banking wird von der Bank auf ihrer E-Banking-Website für jeden einzelnen Kunden eine E-Mail-Box eingerichtet, die ausschließlich dem einzelnen Kunden zugeordnet ist. Die elektronischen Nachrichten werden von der Bank an diese E-Mail-Box des Kunden übermittelt. Der Kunde kann diese Nachrichten durch Anklicken abrufen. Damit der Kunde zu seiner E-Mail-Box gelangt, muss er sich auf der E-Banking-Website einloggen.

Eine zusätzliche (elektronische) Mitteilung, etwa an eine vom Kunden selbst bekannt gegebene E-Mail-Adresse, darüber, dass eine elektronische Erklärung an seine E-Mail-Box im Rahmen des E-Banking übermittelt wurde, erfolgt nicht. Darin besteht der Unterschied etwa zu dem in Österreich gebräuchlichen Finanz-Online, über das (unter anderem) elektronische Steuererklärungen an die Finanzbehörde übermittelt werden können. Stimmt der Nutzer (der Steuerpflichtige) zu, so erfolgt auch die Zustellung der Bescheide rein elektronisch, indem der Bescheid an die E-Mail-Box des Nutzers im Rahmen des Finanz-Online übermittelt wird. Von dort kann der Nutzer den Bescheid abrufen. Dazu muss er sich auf der Website des Finanz-Online-Portals einloggen. Wird dem Nutzer auf diese Weise ein Bescheid zugestellt, so erhält er eine Nachricht auf die von ihm selbst bekannt gegebene E-Mail-Adresse, in der er darauf hingewiesen wird, dass ihm eine elektronische Nachricht über Finanz-Online zugestellt wurde und für ihn dort abrufbar ist.

9.2 Handelt es sich bei einer „gewöhnlichen“ E-Mail-Erklärung, die unter Verwendung eines herkömmlichen (softwarebasierten) E-Mail-Programms (zB Outlook, Lotus Notes) dem Kunden zugeht, um einen dauerhaften Datenträger (Erwägungsgrund 23 der Verbraucherrechte-Richtlinie), so muss dies nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs auch bei einem webbasierten E-Mail-Account (zB gmx.com) der Fall sein. Auf die Art der technischen Umsetzung, auf welche Weise der Nutzer auf seine E-Mail-Box (sein elektronisches Postfach) zugreift, kann es nicht ankommen. Bei einer „gewöhnlichen“ E-Mail muss der Nutzer ein Softwareprogramm starten und (allenfalls) auf den Button „senden/empfangen“ drücken. Auch in diesem Fall muss die E-Mail vom E-Mail-Server abgerufen werden. Im zweiten Fall (webbasierter E-Mail-Account) muss sich der Nutzer auf einer Website (des Betreibers des E-Mail-Servers) einloggen. In beiden Fällen muss der Nutzer mit der „Computermaus“ steuern und Computertasten drücken bzw „klicken“. Auch im zweiten Fall muss sich der Kunde die Information aber nicht selbst holen. Der erste Schritt besteht vielmehr darin, dass der Absender (hier die Bank) die elektronische Nachricht an die E-Mail-Box des Kunden übermittelt, also an den Kunden sendet.

Zwischen einem webbasierten E-Mail-Account und einer E-Mail-Box im Rahmen des E-Banking besteht aus Sicht des Obersten Gerichtshofs kein Unterschied. Im Kern könnte man beim webbasierten E-Mail-Account von einem elektronischen Postfach des Kunden, beim Betreiber des E-Mail-Servers und im Rahmen des E-Banking von einem elektronischen Postfach des Kunden bei der Bank sprechen. Der Unterschied zu einer (softwarebasierten oder webbasierten) E-Mail besteht nur darin, dass sich der E-Mail-Server bei der Bank befindet bzw von dieser betrieben wird, und dass sich der Kunde auf der E-Banking-Website der Bank einloggen muss.

Das Erfordernis des Einloggens kann aus Sicht des Obersten Gerichtshofs der elektronischen Nachricht aber nicht die Qualifikation als E-Mail und auch nicht als dauerhafter Datenträger nehmen. Das Erfordernis des Einloggens ändert auch nichts daran, dass die Bank die Information im ersten Schritt an die E-Mail-Box des Kunden übermitteln muss. Die Initiative geht damit von der Bank aus.

Auch die Notwendigkeit eines „Klicks“ oder einer Computereingabe kann weder die Qualifikation als dauerhafter Datenträger noch jene als „mitteilen“ ausschließen. Um eine Website (Erwägungsgrund 24 der Zahlungsdienste-Richtlinie) aufrufen zu können, muss etwa die Webadresse im Computer eingegeben oder ein Link angeklickt werden (vgl dazu 4 Ob 18/08p). Auch eine Information auf Papier kann vom Empfänger nur zur Kenntnis genommen werden, wenn er zunächst das Briefkuvert öffnet. Für die Frage, ob der Kunde die Information aktiv anfordert (Erwägungsgrund 27 der Zahlungsdienste-Richtlinie) oder sich passiv verhält, ist nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs demnach nicht entscheidend, ob der Kunde „klicken“ muss oder nicht, sondern nur, ob die Initiative für den Erhalt der Information von ihm oder von der Bank ausgeht.

9.3 In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass der Abruf von E-Mail-Erklärungen im Rahmen des E-Banking dem Kunden auch zumutbar ist. Damit eine elektronische Erklärung überhaupt rechtswirksam zugestellt werden kann, muss der elektronische Geschäftsverkehr zwischen den beiden Geschäftspartnern zulässig sein. Dafür ist eine Zulässigkeitserklärung des Kunden oder eine entsprechende Vereinbarung erforderlich (Brenn, ECG 25 f). Beim E-Banking wird gerade eine solche Vereinbarung abgeschlossen. Damit der Kunde E-Banking betreiben kann, muss er sich auf der Website der Bank einloggen. Nichts anderes muss er tun, um die elektronischen Erklärungen, die von der Bank an seine E-Mail-Box übermittelt wurden, abzurufen.

10. Ansicht des Obersten Gerichtshofs

Auf Basis der dargestellten unionsrechtlichen Grundlagen ist nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs davon auszugehen, dass sowohl eine E-Mail als auch eine Website die Qualifikation als dauerhafter Datenträger erfüllt, sofern der Kunde die elektronischen Informationen abspeichern und elektronisch wiedergeben bzw ausdrucken kann. Für ein „Mitteilen“ kommt es nicht darauf an, ob und wie oft der Kunde klicken muss. Vielmehr ist entscheidend, von wem die Initiative in Bezug auf die Zurverfügungstellung der Information ausgeht. Übermittelt die Bank die Information an die E-Mail-Box des Kunden, sodass sie der Kunde abrufen kann, so ist dies ein „Mitteilen“ und nicht bloß ein „Zugänglichmachen“.

Der Hinweis in Erwägungsgrund 27 der Zahlungsdienste-Richtlinie „sich in die Mail-Box des Bankkontos einloggen“ ist als Beispiel für ein aktives Anfordern der Information durch den Kunden demnach nicht geeignet. Der Oberste Gerichtshof ist vielmehr der Ansicht, dass eine elektronische E-Mail-Nachricht, die von der Bank an die E-Mail-Box des Kunden im Rahmen des E-Banking übermittelt wird, einen dauerhaften Datenträger im Sinn des Art 2 Nr 10 der Verbraucherrechte-Richtlinie darstellt, der das Tatbestandsmerkmal des „Mitteilens“ erfüllt.

11. Zweifel

Am dargestellten Ergebnis können allerdings insofern Zweifel bestehen, als nicht ganz klar ist, ob dieses mit der Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache C-49/11, Content Services, im Einklang steht.

Der Gerichtshof hat in der zitierten Entscheidung vordergründig nicht darauf abgestellt, ob die Information gespeichert und wiedergegeben werden kann. Vielmehr war er offenbar der Ansicht, dass der Nutzer zu viele Schritte selbst durchführen musste, damit noch von einem passiven Verhalten des Nutzers (für ein „Übermittlungsverfahren“ im Sinn von „mitteilen“ von Informationen) gesprochen werden konnte. Es ist daher vor allem zweifelhaft, welches Kriterium für die Beurteilung („dauerhafter Datenträger“ bzw „mitteilen“) maßgebend ist. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, ob zwischen der Qualifikation als dauerhafter Datenträger und der Art der Zurverfügungstellung der Information (wenn dauerhafter Datenträger, dann mitteilen) allenfalls doch ein Unterschied gemacht werden muss. Es ist also fraglich, ob es auch möglich ist, dass trotz Bejahung des Vorliegens eines dauerhaften Datenträgers dennoch kein „Mitteilen“ gegeben ist. In diesem Fall wäre zu klären, welche Kriterien für ein „Mitteilen“ in Abgrenzung von „zugänglich machen“ (zB Initiative für die Zurverfügungstellung der Information) maßgebend sind.

12. Über die übrigen im Verfahren relevierten Klauseln wurde vom Obersten Gerichtshof bereits mit Teilurteil entschieden. Das Verfahren über die hier noch gegenständliche Klausel wurde gemäß § 90a Abs 1 GOG ausgesetzt.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn sowie die Hofrätin Dr. Weixelbraun-Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*****, vertreten durch die Kosesnik-Wehrle & Langer Rechtsanwälte KG in Wien, gegen die beklagte Partei B***** AG, *****, vertreten durch Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Revisionsinteresse 32.950 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 5/14h-14, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 11 Cg 65/13s-6, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert sowie das Ergänzungsurteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 11 Cg 65/13s-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

I. zu Recht erkannt:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden in den Punkten A 1. bis 7. und 9. (Klauseln 1 bis 7 und 9), B und C des erstgerichtlichen Urteils sowie in seiner Ergänzung dahin teilweise abgeändert, dass die Entscheidung unter Einschluss des bereits rechtskräftig erledigten Anspruchs als Teilurteil zu lauten hat:

„A. Die beklagte Partei ist schuldig, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sie von ihr geschlossenen Verträgen zugrundelegt und/oder in hiebei verwendeten Vertragsformblättern die Verwendung der Klauseln

a) Die PIN ist vom Kunden regelmäßig, jedoch spätestens jeweils nach Ablauf von zwei Monaten, selbstständig zu ändern, sofern der Kunde B***** eBanking per Internet nutzt.

b) Der Kunde darf seine persönlichen Identifikationsmerkmale und TANs nicht auf anderen Webseiten Dritter eingeben; dies gilt insbesondere dann, wenn sich diese unter Verwendung der vom Kunden angegebenen Daten Zugang in das B***** eBanking des Kunden verschaffen können.

c) Der Kunde hat regelmäßig, mindestens einmal pro Monat, alle im Wege des eBankings zugegangenen Mitteilungen und Erklärungen der B***** abzurufen.

d) Bei der Nutzung von B***** eBanking per APP ist der Kunde zudem verpflichtet, ein Sicherheitsmuster zu definieren, welches, wenn die APP im eingeloggten Zustand verlassen wird, für den neuerlichen Zugang einzugeben ist. Bei Nutzung von B***** eBanking per APP ist der Kunde verpflichtet, seine APP sowie das Betriebssystem seines mobilen Endgerätes immer auf dem neuesten Stand (Version) zu halten.

e) Weichen die Daten in der SMS vom beabsichtigten Auftrag bzw. von der beabsichtigten rechtsverbindlichen Willenserklärung ab, hat der Kunde dies unverzüglich der Bank unter der Telefonnummer +***** mitzuteilen.

f) Haftet die Bank für Schäden, die einem Kunden durch einen Fehler in den Einrichtungen der Bank zur automatisierten Datenverarbeitung verursacht wurden, ohne dass ein von der Bank zu vertretendes Verschulden vorliegt, so ist diese Haftung pro schädigendem Ereignis gegenüber jedem einzelnen Kunden auf höchstens EUR 10.000,-- und insgesamt gegenüber allen Kunden auf höchstens EUR 1.000.000,-- beschränkt. Übersteigt der Gesamtschaden die Höchstgrenze, so verringern sich die Ersatzansprüche der einzelnen Geschädigten anteilsmäßig.

Der Austausch von Daten erfolgt über private Netzwerkanbieter. Für die dem Kunden infolge von Übermittlungsfehlern, technischen Mängeln, Leitungs-unterbrechungen, Verspätungen, Störungen oder rechtswidrigen Eingriffen in Einrichtungen privater Netzwerkanbieter entstehenden Schäden und/oder entgangenen Gewinn ist jede Haftung der Bank ausgeschlossen.

Für den aus Übermittlungsfehlern, Irrtümern, Unterbrechungen, Verspätungen, Auslassungen oder Störungen irgendwelcher Art sowie aus - auch rechtswidrigen - Eingriffen in technische Einrichtungen der Bank oder ins übrige System entstehende Schäden haftet die Bank nicht, es sei denn, sie hat den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht, und auch dann nur in dem Maße, in dem sie im Verhältnis zu anderen Ursachen an der Entstehung des Schadens mitgewirkt hat.

g) Eine Änderung der gegenständlichen Bedingungen muss zwischen der Bank und dem Kunden vereinbart werden. Dies erfolgt durch ein Anbot der Bank an den Kunden und durch die Nichterhebung eines Widerspruches durch diesen, wobei folgende Form eingehalten werden muss: Das Angebot über die Änderung der Bedingungen erlangt nach Ablauf des zweiten Monates ab Erhalt des Angebotes Rechtsgültigkeit, sofern nicht bis zum Ablauf des zweiten Monates ab Erhalt des Angebotes ein schriftlicher Widerspruch des Kunden bei der Bank einlangt.

Das Angebot an den Kunden kann in jeder Form (Brief, Kontoauszug oder dauerhafter Datenträger bzw durch Einstellen einer elektronischen Nachricht in das ePostfach) erfolgen, die mit ihm im Rahmen der Geschäftsverbindung vereinbart worden ist. Eine mit dem Kunden getroffene Vereinbarung über den Zugang von Erklärungen oder Verständigungen der Bank gilt auch für das Angebot über Änderungen der Bedingungen. Die Bank wird dem Kunden in dem Angebot über die Tatsache der Änderung der Bedingungen aufmerksam machen, dass sein Stillschweigen nach Ablauf von zwei Monaten ab Erhalt des Angebotes als Zustimmung zur Änderung gilt und der Kunde das Recht hat, die Vereinbarung zur Teilnahme am B***** eBanking vor Inkrafttreten der Änderung kostenlos fristlos zu kündigen;

oder die Verwendung sinngleicher Klauseln zu unterlassen; sie ist ferner schuldig, es zu unterlassen, sich auf die vorstehend genannten Klauseln oder sinngleiche Klauseln zu berufen; dies alles binnen 6 Monaten.

B. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sie von ihr geschlossenen Verträgen zugrundelegt und/oder in hiebei verwendeten Vertragsformblättern die Verwendung der Klauseln:

a) Die Bank hat darüber hinaus das Recht, die Vereinbarung über die Teilnahme am eBanking jederzeit bei Vorliegen eines wichtigen Grundes mit sofortiger Wirkung schriftlich zu kündigen.

b) Nach erfolgter Auftragsfreigabe ist die SMS, mit welcher dem Kunden die mobile TAN mitgeteilt wurde, umgehend zu löschen.

c) Für allfällige Schäden, die im Zusammenhang mit der Hard- oder Software des Kunden oder durch das Nichtzustandekommen des Verbindungsaufbaues mit dem Rechenzentrum der Bank entstehen können, haftet die Bank nur, wenn sie diese Schäden schuldhaft verursacht hat;

oder die Verwendung sinngleicher Klauseln zu unterlassen; sie sei ferner schuldig, es zu unterlassen, sich auf die vorstehend genannten Klauseln oder sinngleiche Klauseln zu berufen, wird abgewiesen.

C. Der klagenden Partei wird die Ermächtigung erteilt, den klagsstattgebenden Teil des Urteilsspruches mit Ausnahme der Kostenentscheidung binnen sechs Monaten ab Rechtskraft einmal in einer Samstagsausgabe des redaktionellen Teiles der 'Kronen Zeitung', bundesweite Ausgabe, auf Kosten der beklagten Partei mit gesperrt geschriebenen Prozessparteien und in Fettdruckumrandung in Normallettern, somit in gleich großer Schrift wie der Fließtext redaktioneller Artikel, zu veröffentlichen.

Das Begehren der beklagten Partei, ihr die Ermächtigung zu erteilen, den klagsabweisenden Teil des Urteilsspruches auf Kosten der klagenden Partei zu veröffentlichen, wird abgewiesen.“

D. Die Entscheidung über das Mehrbegehren (Punkt A. 8. des Ersturteils, „Klausel 9“) sowie die Kostenentscheidung bleiben der Endentscheidung vorbehalten.

II. den Beschluss gefasst:

Spruch

Das Revisionsverfahren wird im Umfang des Punktes A. 8. der erstgerichtlichen Entscheidung (Klausel 8) bis zum Einlangen der mit gesondert ausgefertigtem Beschluss eingeholten Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union gemäß § 90a Abs 1 GOG ausgesetzt.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist ein gemäß § 29 KSchG klageberechtigter Verband.

Die Beklagte betreibt bundesweit das Bankgeschäft und verwendet im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern allgemeine Geschäftsbedingungen für die „Teilnahme am eBanking“, die in ihrer Fassung Februar 2013 unter anderem die hier strittigen Klauseln enthalten.

Ihr genauer Inhalt, das nähere Parteienvorbringen und die Rechtsansicht der Vorinstanzen werden der besseren Übersicht wegen bei der Behandlung der jeweiligen Klausel wiedergegeben.

Der Kläger begehrte, der Beklagten die Verwendung dieser oder sinngleicher Klauseln und die Berufung darauf zu untersagen und ihm die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung zu erteilen. Die Klauseln verstießen gegen gesetzliche Verbote, insbesondere gegen das Zahlungsdienstegesetz (ZaDiG) und die guten Sitten; einige seien nicht ausreichend transparent.

Die Beklagte wandte ein, die beanstandeten Klauseln seien ausreichend klar formuliert, nicht gröblich benachteiligend und stünden mit dem Gesetz und den guten Sitten im Einklang. Sie beantragte, ihr die Ermächtigung zur Veröffentlichung des klagsabweisenden Teils des Urteilsspruchs zu erteilen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren hinsichtlich der Klauseln 1 bis 7, 9 und 10 statt und ermächtigte die Klägerin insoweit zur Urteilsveröffentlichung. Das Unterlassungsbegehren hinsichtlich der Klausel 8 wies es ebenso ab wie (mit Ergänzungsurteil) das Veröffentlichungsbegehren der Beklagten.

Das Berufungsgericht verwarf die Berufung der Beklagten wegen Nichtigkeit und gab dem Rechtsmittel der Klägerin nicht, jenem der Beklagten nur teilweise, nämlich in Ansehung der Leistungsfrist für die Unterlassungs-verpflichtung, Folge.

Im Rahmen der Verbandsklage habe die Auslegung der Klauseln im „kundenfeindlichsten“ Sinn zu erfolgen, eine geltungserhaltende Reduktion sei nicht möglich. Die Geltungskontrolle nach § 864a ABGB gehe der Inhaltskontrolle vor. Eine Klausel sei objektiv ungewöhnlich, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweiche, sodass er nach den Umständen vernünftigerweise damit nicht zu rechnen brauche und ihr ein „Überrumpelungseffekt“ innewohne; auf eine grobe Benachteiligung komme es insoweit nicht an. Inhaltliche Nichtigkeit nach § 879 Abs 3 ABGB liege vor, wenn die Klausel unter Berücksichtigung aller Umstände des Falls einen Teil gröblich benachteilige. Das Verbot wende sich vor allem gegen den Missbrauch der Privatautonomie durch das Aufdrängen benachteiligender vertraglicher Neben-bestimmungen durch den typischerweise überlegenen Vertragspartner bei der Verwendung von AGB und Vertragsformblättern.

Die Ausnahme von der im § 879 Abs 3 ABGB verankerten Inhaltskontrolle - die Festlegung der beiderseitigen Hauptleistungspflichten - sei möglichst eng zu verstehen und solle auf die individuelle, zahlenmäßige Umschreibung der beiderseitigen Leistungen beschränkt bleiben, sodass vor allem auch die im dispositiven Recht geregelten Fragen bei der Hauptleistung, also vor allem Ort und Zeit der Vertragserfüllung, nicht unter diese Ausnahme fallen. Klauseln, die das eigentliche Leistungsversprechen einschränkten, veränderten oder aushöhlten, unterlägen ebenfalls der Inhaltskontrolle.

Nach § 6 Abs 3 KSchG sei eine in AGB oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung schließlich unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst sei. Durch diese Bestimmung werde die Zahlungsdienste-Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen umgesetzt und damit das sogenannte Transparenzgebot für Verbrauchergeschäfte normiert. Dieses solle dem Kunden ermöglichen, sich aus den AGB oder Vertragsformblättern zuverlässig über seine Rechte und Pflichten bei der Vertragsabwicklung zu informieren. Maßstab für die Transparenz sei das Verständnis der für die jeweilige Vertragsart typischen Durchschnittskunden.

Die Klauseln 1, 3 und 6 seien im Sinn des § 864a ABGB nachteilig und überraschend. Die Klausel 2 verstoße gegen § 879 Abs 3 ABGB. Die Klausel 9 verstoße gegen die zwingende Vorschrift des § 26 Abs 1 Z 1 iVm § 29 Abs 1 Z 1 ZaDiG. Die Klauseln 4 und 10 seien sowohl intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG als auch gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB. Letzteres treffe auch auf die Klausel 5 zu. Auch die Klausel 7 sei in mehrfacher Hinsicht intransparent und verstoße gegen § 6 Abs 1 Z 9 und Abs 3 KSchG.

Ein Anspruch auf Veröffentlichung des klagsabweisenden Teils eines Urteilsspruchs setze ein berechtigtes Interesse im Sinn des § 25 Abs 2 UWG voraus, das die Beklagte, die nur zu einem geringen Teil obsiegt habe, nicht darlegen könne.

Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil die vorliegenden Klauseln einen großen Personenkreis beträfen und die Beurteilung bisher noch nicht geprüfter AGB grundsätzlich eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO darstelle.

Die Revision der Beklagten strebt die Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinn einer gänzlichen Klagsabweisung sowie die Veröffentlichung des klagsabweisenden Teiles an.

Die Klägerin hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht ausgeführten Gründen zulässig. Sie ist teilweise auch berechtigt.

1. Die behaupteten Mängel des Berufungs-verfahrens liegen nicht vor.

Die Frage, ob das Berufungsgericht von der Beklagten begehrte Feststellungen unterlassen hat, die für die rechtliche Beurteilung wesentlich wären, betrifft nicht den Revisionsgrund des § 503 Abs 2 ZPO. Die Geltendmachung „sekundärer“ Feststellungsmängel ist Teil der Rechtsrüge.

Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der Einwand, eine für gesetzwidrig erachtete Klausel werde in der Praxis ohnedies anders gehandhabt, im Verbandsprozess unerheblich ist. Wenn nach dem Konzept der Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch eine andere Vertragsgestaltung möglich ist, kommt es auf die tatsächliche Geschäftsabwicklung nicht an (RIS-Justiz RS0121943 [T1]). Aus diesem Grund ist die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die (überdies jederzeit einseitig änderbare) Gestaltung und tatsächliche Handhabung der Onlinebanking-Anwendungen der Beklagten für die Auslegung der Klauseln nicht relevant sein kann, nicht zu beanstanden. Eine geltungserhaltende Reduktion der Klauseln kommt nicht in Betracht (RIS-Justiz RS0038205).

2. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, von der abzuweichen hier kein Anlass besteht, dass die Auslegung von Klauseln imRahmen einer Verbandsklage im „kundenfeindlichsten“, also im für den Verbraucher ungünstigst möglichen Sinn zu erfolgen hat, selbst wenn allenfalls auch eine kundenfreundlichere Auslegung denkbar wäre (RIS-Justiz RS0016590; RS0038205 [T4]). Dabei ist entsprechend der Rechtsprechung zum Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG auf das Verständnis des für die jeweilige Vertragsart typischen Durchschnittskunden abzustellen (RIS-Justiz RS0126158).

Die Entscheidung des Berufungsgerichts entspricht überwiegend diesen Grundsätzen (§ 510 Abs 3 ZPO). Die wenigen Ausnahmen werden im Folgenden bei der Behandlung der einzelnen Klauseln dargelegt.

2.1. Klausel 1

Die PIN ist vom Kunden regelmäßig, jedoch spätestens jeweils nach Ablauf von zwei Monaten, selbstständig zu ändern, sofern der Kunde B***** eBanking per Internet nutzt.

Das Berufungsgericht beurteilte diese Klausel als objektiv ungewöhnlich und nachteilig im Sinn des § 864a ABGB, weil der durchschnittliche Kunde mit einer Verpflichtung, die ihm zugewiesene PIN eigeninitiativ ändern zu müssen, überdies in so kurzen Abständen, nicht rechne.

Die Revision führt dagegen ins Treffen, die regelmäßige Änderung von Passwörtern sei eine allgemein übliche und einem durchschnittlichen Internetnutzer selbstverständliche Sicherheitsmaßnahme und ebenso wie das vorgeschriebene Intervall von zwei Monaten weder ungewöhnlich noch überraschend.

Es trifft zu, dass Sicherheitsaspekten im Bereich des Onlinebankings ganz besondere Bedeutung zukommt, dass der durchschnittliche Internetnutzer sich dessen auch bewusst ist und bei Abschluss eines Onlinebankingvertrags daher mit Verhaltensanweisungen zur Geheimhaltung seiner Zugangsdaten grundsätzlich rechnen muss. Die Vorinstanzen haben dies nicht verkannt. Sie haben die Unzulässigkeit der Klausel nicht schon darin gesehen, dass dem Kunden die regelmäßige Änderung seiner PIN in kurzen Abständen aufgetragen wird, sondern darin, dass er - bei der gebotenen strikten Auslegung - für die regelmäßige Einhaltung dieser Sicherheitsmaßnahme allein verantwortlich ist und die genau vorgegebenen Zeitpunkte des PIN-Wechsels selbst evident halten muss.

Die beanstandete Klausel lässt es zu, den Aufwand für die wünschenswerte regelmäßige Erneuerung der Zugangsdaten ohne erkennbare Notwendigkeit zur Gänze auf den Kunden zu überwälzen, obwohl die technische Sicherheit eines Zahlungsinstruments im Allgemeinen in den Verantwortungsbereich des Anbieters fällt und es der Beklagten durch eine einmalige Anpassung der von ihr zur Verfügung gestellten Software ohne weiteres möglich wäre, automatisch bei Einstieg in das Onlinebanking nach Ablauf von jeweils zwei Monaten eine Änderung der PIN abzuverlangen. Damit erfüllt die beanstandete Klausel jedenfalls das Kriterium der gröblichen Benachteiligung im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB (allgemein: RIS-Justiz RS0127535; RS0126571). Auf eine vom strikten Auslegungsergebnis abweichende Praxis kommt es, wie bereits dargelegt, für die Beurteilung der Klausel nicht an, sodass dahingestellt bleiben kann, ob die Onlinebanking-Webseite der Beklagten in ihrer aktuellen Gestaltung den Kunden möglicherweise Erinnerungshilfen anbietet.

2.2. Klausel 2

Der Kunde darf seine persönlichen Identifikationsmerkmale und TANs nicht auf anderen Webseiten Dritter eingeben; dies gilt insbesondere dann, wenn sich diese unter Verwendung der vom Kunden angegebenen Daten Zugang in das B***** eBanking des Kunden verschaffen können.

Das Berufungsgericht hat die Klausel 2 als gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB beurteilt, weil sie bei kundenfeindlichster Auslegung auch dann gelte, wenn der Kunde ohne sein Wissen unter Vorspiegelung falscher Tatsachen auf eine Webseite gelockt bzw umgeleitet werde und nicht erkenne, dass es sich nicht um die Webseite der Beklagten handelt. In diesem Fall mangelnder Erkennbarkeit fehle dem Verbot eine sachliche Rechtfertigung.

Die Revisionswerberin argumentiert dagegen, es entspreche dem notwendigen Sicherheits- und Sorgfaltsmaßstab, Identifikationsmerkmale nicht auf fremden Webseiten einzugeben, um eine jederzeit drohende missbräuchliche Verwendung dieser sensiblen Informationen zu verhindern.

Der Revision ist darin beizupflichten, dass das in der Klausel ausgesprochene Verbot offenkundig dem Schutz des Kunden dient und von einem durchschnittlichen Onlinebanking-Teilnehmer auch erwartet werden darf, sorgfältig mit seinen Identifikationsmerkmalen umzugehen und gegenüber Phishing-Attacken und anderen Formen der Internetkriminalität wachsam zu sein.

Dies haben jedoch die Vorinstanzen nicht verkannt. Die Klausel 2 geht über ein bloßes Sorgfaltsgebot hinaus, denn es wird damit zum Ausdruck gebracht, dass der Kunde nicht nur für zumutbare Sorgfalt, sondern letztlich für einen Erfolg einzustehen habe. Die Klausel ist nicht auf das Kriterium der Erkennbarkeit der fremden Webseite beschränkt, sodass sich der Kunde im Fall eines unverschuldeten Schadens freibeweisen müsste.

Für die Annahme der Beklagten, eine gefälschte Webseite sei aufgrund ihres Erscheinungsbildes für einen durchschnittlichen Onlinebankingkunden bei gebotener Aufmerksamkeit immer erkennbar, fehlt eine empirische Grundlage. Auch wenn bislang noch keine „perfekten“ Fälschungen von Bankenwebseiten im Internet aufgetaucht sein sollten, kann dies für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden. Dabei ist auch an die Verwendung von Online-Zahlungsinstrumenten (EPS) zu denken. Hier muss der Kunde darauf vertrauen, dass die auf der Webseite seines Geschäftspartners angekündigte Umleitung zum Onlinebanking seiner Bank tatsächlich korrekt und sicher erfolgt, obwohl sich das äußere Erscheinungsbild der Seite, auf die weitergeleitet wird, von jenem, das der Kunde gewöhnlich beim Direkteinstieg über die Bankwebseite vorfindet, unterscheidet. Bei strengster Auslegung der beanstandeten Klausel müsste ein Kunde der Beklagten von der Nutzung solcher - von Banken autorisierten und beworbenen - Zahlungsinstrumente vorsorglich Abstand nehmen.

Die Klausel 2 ist aber auch unklar im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG, weil nicht eindeutig abgrenzbar ist, welche der vielen im Rahmen der Vertragsbeziehung zwischen Kunde und Bank verwendeten personenbezogenen Angaben auf fremden Webseiten eingegeben werden dürfen und welche konkret zu jenen „persönlichen Identifikationsmerkmalen“ gehören, die von der Eingabe ausgeschlossen sind.

Nach dem strikten Wortlaut der Klausel kann schon die Eingabe der IBAN des Kunden unter das Verbot fallen, weil es ja nur „insbesondere“ dann gilt, wenn sich Fremde unter Verwendung der vom Kunden angegebenen Daten Zugang in das eBanking des Kunden verschaffen können. Daraus ist zu folgern, dass es auch Eingaben gibt, mit denen ein Zugang zum e-Banking nicht verschafft werden kann, die aber dennoch unter das Verbot fallen. Nun ist es möglich, dass die Beklagte damit nur den Fall einer Eingabe von unvollständigen Onlinebanking-Zugangsdaten (nur Verfügernummer bzw nur PIN) im Sinn hatte, die Klausel lässt aber auch andere Auslegungen zu.

2.3. Klausel 3

Der Kunde hat regelmäßig, mindestens einmal pro Monat, alle im Wege des eBankings zugegangenen Mitteilungen und Erklärungen der B***** abzurufen.

Die Vorinstanzen haben die in Klausel 3 statuierte Verpflichtung des Kunden (nur) insofern als überraschend im Sinn des § 864a ABGB beurteilt, als sie sich in den AGB der Beklagten unter der Überschrift „Sorgfaltspflicht“ in der Rubrik „Geheimhaltungs- und Sperrverpflichtung“, unterhalb der Regeln über den Umgang mit PIN/TANs befinde, zu der sie keinen inhaltlichen Bezug habe und wo sie leicht übersehen werden könne.

Die Revision führt dagegen ins Treffen, unter den dem Kunden elektronisch übermittelten Mitteilungen und Erklärungen seien immer wieder auch Warnungen vor aktuell gefährlichen Phishing- und Betrugsversuchen, sodass die in Klausel 3 normierte Pflicht, den elektronischen Posteingang abzurufen, unter der Überschrift „Sorgfaltspflicht“ durchaus passend platziert sei. Im Übrigen sei eine regelmäßige Abrufverpflichtung im Zusammenhalt mit der Zugangsfiktion nach § 31 Abs 4 ZaDiG unbedingt notwendig, sie gehöre zu den „ungeschriebenen“ Sorgfaltspflichten des Onlinebanking.

Mit diesen Ausführungen räumt die Revisionswerberin letztlich selbst ein, dass sich die Klausel 3 nicht nur, ja nicht einmal vorwiegend auf Mitteilungen zur Prävention gegen Internetbetrug bezieht, sondern auf Nachrichten jeglichen vertragsrelevanten Inhalts.

Der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass in einem vom Vertragspartner stammenden Regelungswerk über die speziellen Geheimhaltungspflichten des Kunden eine Klausel über die Pflicht zum regelmäßigen Abruf von Nachrichten aller Art nicht zu erwarten und ungewöhnlich ist, ist zuzustimmen. Ein Kunde rechnet mit einer Klausel, die den Zugang von Mitteilungen regelt, an die unter Umständen eine Zustimmungsfiktion geknüpft sein kann, nach durchschnittlichem Verständnis nicht unter der Überschrift „Sorgfaltspflicht“ und umso weniger unter der Subrubrik „Geheimhaltungs- und Sperrverpflichtung“.

Die Klausel ist nicht dort eingeordnet, wo ein durchschnittlich sorgfältiger Leser nach den Umständen mit ihr rechnen muss (RIS-Justiz RS0105643 [T2]; Bollenberger in KBB4 § 864a ABGB Rz 10) und insofern „versteckt“. Die weitere Frage, ob der Inhalt der Klausel 3 an sich zulässig wäre, ist nach Bejahung eines Verstoßes gegen das Überraschungsverbot nicht mehr zu prüfen.

2.4. Klausel 4

Bei der Nutzung von B***** eBanking per APP ist der Kunde zudem verpflichtet, ein Sicherheitsmuster zu definieren, welches, wenn die APP im eingeloggten Zustand verlassen wird, für den neuerlichen Zugang einzugeben ist.

Bei Nutzung von B***** eBanking per APP ist der Kunde verpflichtet, seine APP sowie das Betriebssystem seines mobilen Endgerätes immer auf dem neuesten Stand (Version) zu halten.

Das Berufungsgericht hat diese Klausel, mit der der Kunde beim Verwenden einer mobilen Onlinebanking-App zum „Definieren“ und Eingeben eines „Sicherheitsmusters“ verpflichtet wird, als intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG beurteilt. Es bleibe im Dunkeln, worin dieses geforderte Sicherheitsmuster bestehe, wie es beschaffen sein müsse und wie es herzustellen sei. Dasselbe gelte auch für die Verpflichtung, die App und das Betriebssystem immer auf einem nicht näher definierten neuesten Versionsstand zu halten. Die letztere Obliegenheit sei zudem gröblich benachteiligend nach § 879 ABGB, weil sie den Konsumenten bei kundenfeindlichster Auslegung sogar zur Anschaffung eines neuen Endgerätes verpflichte, wenn eine neue Version der App oder des Betriebssystems auf einem älteren Gerät nicht mehr installiert werden könne.

Die Revision hält dieser Beurteilung entgegen, das in der Klausel gemeinte „Sicherheitsmuster“ sei in der von der Beklagten zur Verfügung gestellten Onlinebanking-App ohnehin bereits vorgesehen, der Kunde werde schon im Zuge der Installation detailliert aufgefordert, es festzulegen.

Auf den Einwand, eine gesetzwidrige Klausel werde in der Praxis anders gehandhabt, kann sich die Beklagte im Verbandsprozess grundsätzlich nicht stützen (RIS-Justiz RS0121943 [T1]). Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung ist nach § 6 Abs 3 KSchG unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist; es genügt nicht eine formelle Textverständlichkeit, sondern es ist zu verlangen, dass Inhalt und auch Tragweite vorgefasster Vertragsklauseln für den Verbraucher durchschaubar sind (RIS-Justiz RS0122169), um zu verhindern, dass der für die jeweilige Vertragsart typische Verbraucher von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird oder ihm unberechtigt Pflichten abverlangt werden (RIS-Justiz RS0115217 [T3 und T8]). Zweck des Verbandsprozesses ist es nicht nur, das Verbot von Klauseln zu erreichen, deren Inhalt gesetzwidrig ist, sondern es sollen auch jene Klauseln beseitigt werden, die dem Verbraucher ein unzutreffendes oder auch nur unklares Bild seiner vertraglichen Position vermitteln (3 Ob 57/14z; 4 Ob 179/02f = SZ 2002/153; RIS-Justiz RS0115219 [T1]).

Vor diesem Hintergrund und den Revisionsausführungen ist aber der Beurteilung der Klausel 4 durch die Vorinstanzen beizupflichten.

Die dem Kunden auferlegte Verpflichtung, ein „Sicherheitsmuster zu definieren“, ist für einen durchschnittlichen Leser der Klausel gerade nicht so aufzufassen, dass es sich dabei um einen vom System automatisch verlangten Code handeln soll, zu dessen Eingabe der Kunde beim Einrichten der App angeleitet wird. Bei gebotener kundenfeindlichster Auslegung wird vielmehr der Anschein erweckt, dass der Benutzer neben den Systemanforderungen zusätzlich noch eine eigene Sicherheitsvorkehrung zu „definieren“ hätte, um seine Sorgfaltspflicht zu erfüllen. Die Klausel vermittelt dem Kunden damit ein unklares Bild seiner vertraglichen Position.

Von einem überschießenden Gebrauch des Transparenztatbestands, wie in der Revision ausgeführt (vgl Fenyves, VR 2007 H 1-2, 36; P. Bydlinski, Thesen zur praktischen Handhabung des „Transparenzgebots“ JBl 2011, 141) kann hier nicht gesprochen werden. Die Klausel 4 verfehlt das Ziel des Gebots, möglichst klare und verständliche Formulierungen sicherzustellen, nicht nur geringfügig (vgl P. Bydlinski aaO;RIS-Justiz RS0115217; RS0122169).

Auch den zweiten Absatz der Klausel 4, der Verpflichtung des Kunden, die App und das Betriebssystem auf dem neuesten Stand zu halten, hat das Berufungsgericht nicht unzutreffend beurteilt.

Es kann als selbstverständlich gelten, dass ein Kunde Onlinebanking-Angebote nur dann in Anspruch nehmen kann, wenn er über geeignete, technisch kompatible Endgeräte verfügt, und dass die Beschaffung und Wartung der Endgeräte in seinen Verantwortungsbereich fällt. Dies gilt nicht nur für den Zeitpunkt des Abschlusses des Onlinebankingvertrags, sondern auch während der Abwicklung dieses Dauerschuldverhältnisses. Diese Obliegenheit des Kunden steht in Wechselwirkung mit der vertraglichen Nebenpflicht der Bank, ihre bereitgestellte Software zu warten und laufend auf einem zeitgemäßen Sicherheitsstandard zu halten.

Bei gebotener kundenfeindlichster Auslegung bringt der zweite Absatz der Klausel 4 jedoch nicht nur zum Ausdruck, dass die Bank eben keinen Zugang zum Onlinebanking auf veralteten oder nicht mit der aktuellsten Software ausgestatteten Endgeräten gewährleistet. Entgegen den Revisionsausführungen besagt die Klausel auch nicht, dass sich die Verpflichtung des Kunden zur Aktualisierung der App und des Betriebssystems nur auf die für sein vorhandenes Endgerät verfügbaren neuesten Versionen beziehen soll. Bei der gebotenen strengen Auslegung wird vielmehr vermittelt, dass der Kunde stets ein Endgerät verwenden muss, auf dem die neuesten auf dem Markt angebotenen Betriebssystem- und Softwareversionen installiert werden können, und er andernfalls, wenn er nur die für sein älteres Gerät verfügbaren Aktualisierungen durchführt, gegen die vereinbarten Geschäftsbedingungen verstößt und ihm daraus Nachteile erwachsen können. Die bei diesem Verständnis der Klausel bewirkte Risikoüberwälzung wurde von den Vorinstanzen ohne Rechtsirrtum als gröblich benachteiligend beurteilt.

2.5. Klausel 5

Weichen die Daten in der SMS vom beabsichtigten Auftrag bzw von der beabsichtigten rechtsverbindlichen Willenserklärung ab, hat der Kunde dies unverzüglich der Bank unter der Telefonnummer +***** mitzuteilen.

Die Vorinstanzen haben diese Verpflichtung als unverhältnismäßig und gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 ABGB gewertet.

Den dagegen in der Revision vorgebrachten Bedenken ist insoweit beizupflichten, als es im wohlverstandenen eigenen Interesse des Onlinebankingkunden liegt, die richtige Erfassung eines von ihm in das System eingegebenen Auftrags vor der Zeichnung zu kontrollieren. Dieser Zweck vermag aber noch nicht die Rechtfertigung der beanstandeten Klausel zu begründen, zumal sie nicht dazu geeignet ist, das erwünschte Kundenverhalten zu fördern. Gerade der sorglose Kunde, der seine Aufträge vor der Zeichnung nicht mehr kontrolliert und Abweichungen deshalb gar nicht bemerkt, kann dem Gebot nicht Folge leisten.

Hat der Kunde eine Abweichung zwischen beabsichtigtem Auftrag und im SMS genannten Auftrag aber erkannt, kann er den Fehler selbst beheben, indem er den Auftrag nicht mit der übermittelten TAN zeichnet, sondern nochmals bearbeitet oder löscht. Die Verpflichtung, in diesem Fall außerdem unverzüglich einen Anruf bei der Beklagten zu tätigen, ist jedoch überschießend.

Sollte die Klausel 5 aber dem Zweck dienen, die Beklagte zeitgerecht über aufgetretene Fehler in ihrem System zu informieren, ist sie unklar geblieben, weil sie mangels Einschränkung den Kunden auch dann zu einem Anruf verpflichtet, wenn die Abweichung zwischen „beabsichtigtem“ und erfasstem Auftrag auf seinen eigenen Eingabefehler zurückzuführen ist.

2.6. Klausel 6

Nach erfolgter Auftragsfreigabe ist die SMS, mit welcher dem Kunden die mobile TAN mitgeteilt wurde, umgehend zu löschen.

Die Vorinstanzen haben die Klausel 6 als überraschend im Sinn des § 864a ABGB beurteilt. Die Revision verweist zu ihrer Rechtfertigung auf Missbrauchsgefahren, die trotz der primären Sicherheitsvorkehrung der Einmaligkeit bestünden, umgekehrt habe der Kunde auch kein berechtigtes Interesse daran, die SMS aufzubewahren.

Von der Unwirksamkeit einer Klausel im Sinn des § 864a ABGB ist dann auszugehen, wenn sie für den Vertragspartner nachteilig ist und er mit ihrem Inhalt den Umständen nach auch nicht zu rechnen brauchte (ua Riedler in Schwimann/Kodek (Hrsg) ABGB4 IV, § 864a Rz 35 ff). Entscheidend ist, ob die Klausel beim entsprechenden Geschäftstyp üblich ist und ob sie den redlichen Verkehrsgewohnheiten entspricht (RIS-Justiz RS0014646 [T21]).

Hier ist der Beklagten beizupflichten, dass von einem durchschnittlichen Kunden mit Interesse am Abschluss eines Onlinebankingvertrags durchaus erwartet wird, in den Geschäftsbedingungen der Anbieterin Anweisungen zum sicheren Umgang mit dem Zahlungsinstrument vorzufinden. Solche Anweisungen sind bei diesem Geschäftstyp allgemein nicht unüblich, noch weniger kann von einem Überrumpelungs- bzw Übertölpelungseffekt (vgl RIS-Justiz RS0014646) durch die Klausel 6 die Rede sein.

Richtig ist, dass die Beklagte im Verfahren nicht dargelegt hat, inwiefern aus der Kenntnis einer gebrauchten, nicht mehr gültigen TAN für unbefugte Dritte sicherheitsrelevante Informationen zu gewinnen wären. Eine fehlende Konkretisierung der Missbrauchsmöglichkeit bedeutet aber noch nicht, dass sie technisch auszuschließen und der Beklagten von vornherein jegliches Interesse an der Einhaltung der Klausel abzusprechen wäre.

Aus Sicht des Kunden ist die Klausel 6 aber auch nicht nachteilig. Das Löschen von gegenstandslos gewordenen SMS ist für jeden Handybenutzer ein alltäglicher Vorgang, der keine nennenswerte Mühe bereitet. Welches allgemein schützenswerte Interesse am Aufbewahren einer SMS mit bereits verbrauchtem TAN bestehen sollte, vermochte der Kläger seinerseits nicht darzulegen. Auch wenn es in Einzelfällen Gründe geben mag, eine TAN-SMS nicht sofort zu löschen, wird insgesamt mit der Klausel 6 die für ihre Unwirksamkeit im Sinn des § 864a ABGB erforderliche Erheblichkeitsschwelle nicht erreicht. Der Revision ist in diesem Punkt daher Folge zu geben.

2.7. Klausel 7

Für allfällige Schäden, die im Zusammenhang mit der Hard- oder Software des Kunden oder durch das Nichtzustandekommen des Verbindungsaufbaues mit dem Rechenzentrum der Bank entstehen können, haftet die Bank nur, wenn sie diese Schäden schuldhaft verursacht hat. Haftet die Bank für Schäden, die einem Kunden durch einen Fehler in den Einrichtungen der Bank zur automatisierten Datenverarbeitung verursacht wurden, ohne dass ein von der Bank zu vertretendes Verschulden vorliegt, so ist diese Haftung pro schädigendem Ereignis gegenüber jedem einzelnen Kunden auf höchstens EUR 10.000,-- und insgesamt gegenüber allen Kunden auf höchstens EUR 1.000.000,00 beschränkt. Übersteigt der Gesamtschaden die Höchstgrenze, so verringern sich die Ersatzansprüche der einzelnen Geschädigten anteilsmäßig. (...)

Der Austausch von Daten erfolgt über private Netzwerkanbieter. Für die dem Kunden infolge von Übermittlungsfehlern, technischen Mängeln, Leitungsunterbrechungen, Verspätungen, Störungen oder rechtswidrigen Eingriffen in Einrichtungen privater Netzwerkanbieter entstehenden Schäden und/oder entgangenen Gewinn ist jede Haftung der Bank ausgeschlossen.

Für den aus Übermittlungsfehlern, Irrtümern, Unterbrechungen, Verspätungen, Auslassungen oder Störungen irgendwelcher Art sowie aus - auch rechtswidrigen - Eingriffen in technische Einrichtungen der Bank oder ins übrige System entstehende Schäden haftet die Bank nicht, es sei denn, sie hat den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht, und auch dann nur in dem Maße, in dem sie im Verhältnis zu anderen Ursachen an der Entstehung des Schadens mitgewirkt hat. (…)

Die Klausel 7 verstößt nach Auffassung des Berufungsgerichts gegen § 6 Abs 1 Z 9 und Abs 3 KSchG. Es bleibe für den Kunden unklar, inwiefern aus einem Verschulden der Beklagten Schäden im Zusammenhang mit der Hard- und Software des Kunden entstehen könnten. Im zweiten Satz werde eine verschuldensunabhängige Haftung der Beklagten vorausgesetzt, sodass der konkret geregelte Haftungsumfang nicht erkennbar sei.

Für den Kunden entstehe der seine Rechtsposition verschleiernde Eindruck, dass die Haftungshöchstbeträge des zweiten und dritten Satzes auch für die Haftungsregel des ersten Satzes gelten sollen. Das Ausmaß seines Schadenersatzanspruchs und eine etwaige Kürzung durch die Bank könne er nicht nachvollziehen. Es werde der Eindruck eines hohen Haftungsfonds erweckt, während sich der Ersatz bei großen Schadensfällen für den Einzelnen tatsächlich auf einen bloßen Bruchteil reduzieren könne.

Die Haftungsbeschränkung für Fehler im Umfeld privater Netzwerkanbieter erstrecke sich bei kundenfeindlichster Auslegung unzulässigerweise auch auf Erfüllungsgehilfen der Beklagten. Der letzte Satz der Klausel sei mehrfach intransparent, weil die aufgezählten Haftungsgründe ebenso missverständlich und unklar blieben wie die Kriterien einer verhältnismäßigen Haftungsbeschränkung und dem Verhältnis zu „anderen Schadensursachen“.

Entgegen den Revisionsausführungen sind die Vorinstanzen nicht davon ausgegangen, dass die Verwendung allgemeiner oder unbestimmter Rechtsbegriffe generell zur Intransparenz einer Klausel führt, vielmehr kann die Verständlichkeit zwangsläufig immer nur einzelfallbezogen geprüft werden. Der Rechtsansicht der Vorinstanzen ist hier nicht entgegenzutreten.

Es kommt insbesondere nicht, wie die Beklagte argumentiert, nur darauf an, ob der Inhalt der Klausel die Kunden gegenüber der geltenden Rechtslage benachteiligt. Ist eine Klausel nicht hinreichend klar formuliert, dann ist es im Verbandsprozess nicht maßgeblich, welches Verständnis ihr vom Anbieter beigemessen wird (RIS-Justiz RS0016590 [T23]) oder wie sie in der Praxis gehandhabt wird (RIS-Justiz RS0121943 [T1]; RS0115219 [T1]).

Die Klausel 7 besteht in Wirklichkeit aus mehreren Aussagen, die jeweils für sich alleine Bestand haben können; ihre getrennte Beurteilung ist möglich, ohne dabei auf eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion zurückzugreifen.

a) Mit dem ersten Satz („Für allfällige Schäden, die im Zusammenhang mit der Hard- oder Software des Kunden oder durch das Nichtzustandekommen des Verbindungsaufbaues mit dem Rechenzentrum der Bank entstehen können, haftet die Bank nur, wenn sie diese Schäden schuldhaft verursacht hat“), erklärt die Beklagte den Ausschuss einer verschuldensunabhängigen Haftung für Schäden, deren technische Ursache im Bereich des Kunden selbst oder des Verbindungsaufbaus zum Rechenzentrum gelegen ist. Dieser Satz der Klausel entspricht der geltenden Rechtslage und ist auch nicht unklar formuliert.

b) Nicht gefolgt werden kann der Revision jedoch in Ansehung der nächstfolgenden Sätze der Klausel 7. Das Argument, der Kunde werde damit gegenüber der Gesetzeslage besser gestellt, weil die Beklagte bei fehlendem Verschulden nach dispositivem Recht überhaupt nicht, nach der Klausel aber bis zu Höchstgrenzen hafte, ist nämlich bei näherer Betrachtung unzutreffend.

Die Formulierung „Haftet die Bank … ohne dass ein … zu vertretendes Verschulden vorliegt, so ist …“ bietet geradezu ein Lehrbeispiel für Intransparenz. Die Beklagte übernimmt damit gerade keine verschuldensunabhängige Haftung, sondern stellt sie nur als mögliches Ereignis hin (wenn ich hafte - dann). Dem Kunden wird damit der Eindruck eines in Wahrheit nicht gegebenen Versprechens vermittelt, weil - wie die Revision einräumt - das dispositive Recht im hier relevanten Bereich eine verschuldensunabhängige Haftung eben nicht vorsieht.

c) Hinsichtlich des Haftungsausschlusses für Schäden infolge von „Übermittlungsfehlern, technischen Mängeln, Leitungsunterbrechungen, Verspätungen, Störungen oder rechtswidrigen Eingriffen in Einrichtungen privater Netzwerkanbieter“ kann auf die zutreffende Beurteilung des Berufungsgerichts verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO). Bei der gebotenen strikten Auslegung der Klausel ist von dem Ausschluss auch die Haftung für Erfüllungsgehilfen der Beklagten umfasst.

d) Die folgende Einschränkung der Haftung der Bank auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit bei „Störungen irgendwelcher Art“ sowie „Eingriffen in technische Einrichtungen der Bank oder ins übrige System“ lässt keine nachvollziehbare Abgrenzung erkennen, welche Schadensursachen dann überhaupt noch übrig bleiben. Dieser Teil der Klausel steht mit dem ersten Satz in logischem Konflikt und kommt praktisch einem generellen Ausschluss einer Haftung für leichte Fahrlässigkeit gleich.

Klauseln, wonach eine bundesweit agierende Bank nur für sämtliche Schäden, die sie oder ihre Erfüllungsgehilfen grob schuldhaft verursacht haben, nicht jedoch für leichte Fahrlässigkeit haften sollte, wurden vom Obersten Gerichtshof jedoch bereits mehrmals (4 Ob 179/02f = SZ 2002/153, dazu Apathy, Die neuen ABB auf dem Prüfstand, ÖBA 2003, 177 [180 f]; 4 Ob 221/06p; 1 Ob 105/14v) als gemäß § 879 Abs 3 ABGB unzulässig beurteilt und eine sachliche Rechtfertigung verneint (RIS-Justiz RS0117267). Für den erkennenden Senat besteht kein Anlass, von dieser Rechtsprechung im vorliegenden Fall abzuweichen.

2.8. Klausel 10

Eine Änderung der gegenständlichen Bedingungen muss zwischen der Bank und dem Kunden vereinbart werden. Dies erfolgt durch ein Anbot der Bank an den Kunden und durch Nichterhebung eines Widerspruches durch diesen, wobei folgende Form eingehalten werden muss: Das Angebot über die Änderung der Bedingungen erlangt nach Ablauf des zweiten Monates ab Erhalt des Angebotes Rechtsgültigkeit, sofern nicht bis zum Ablauf des zweiten Monates ab Erhalt des Angebotes ein schriftlicher Widerspruch des Kunden bei der Bank einlangt.

Das Angebot an den Kunden kann in jeder Form (Brief, Kontoauszug oder dauerhafter Datenträger bzw durch Einstellen einer elektronischen Nachricht in das ePostfach) erfolgen, die mit ihm im Rahmen der Geschäftsverbindung vereinbart worden ist. Eine mit dem Kunden getroffene Vereinbarung über den Zugang von Erklärungen oder Verständigungen der Bank gilt auch für das Angebot über Änderungen der Bedingungen. Die Bank wird dem Kunden in dem Angebot über die Tatsache der Änderung der Bedingungen aufmerksam machen, dass sein Stillschweigen nach Ablauf von zwei Monaten ab Erhalt des Angebotes als Zustimmung zur Änderung gilt und der Kunde das Recht hat, die Vereinbarung zur Teilnahme am (...) eBanking vor Inkrafttreten der Änderung kostenlos fristlos zu kündigen.

Das Berufungsgericht erblickte in der Klausel 10 einen Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG und § 879 Abs 3 ABGB, da sie keinerlei inhaltliche Determinierung des Änderungsvorbehalts enthalte, sodass sogar in Hauptleistungspflichten eingegriffen werden und sich das Verhältnis der gegenseitigen Leistungen erheblich zugunsten der Beklagten verschieben könnte. Der Oberste Gerichtshof habe eine per Klausel vereinbarte unbegrenzte Zustimmungsfiktion bereits in seiner Entscheidung 1 Ob 210/12g als gemäß § 879 ABGB unzulässig beurteilt. Dieser Einschränkung stehe auch Art 44 der Zahlungsdienste-Richtlinie nicht entgegen.

Die Revision führt dagegen ins Treffen, dass unter den Voraussetzungen des § 6 Abs 1 Z 2 KSchG auch Vereinbarungen und Änderungen zu vertraglichen Hauptleistungspflichten mittels Erklärungsfiktion zulässig seien. Eine inhaltliche Beschränkung der Zustimmungsfiktion auf bestimmte Erklärungsinhalte widerspreche den zwingenden Bestimmungen der Zahlungsdienste-Richtlinie.

Diesen Ausführungen ist nicht zu folgen. Zutreffend ist, dass die Richtlinie das Ziel verfolgt, einen europaweit einheitlichen („kohärenten“) rechtlichen Rahmen für Zahlungsdienste zu schaffen und gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Zahlungssysteme zu gewährleisten. Zu diesem Zweck weicht die Richtlinie vom Prinzip der Mindestharmonisierung ab. Mitgliedstaaten sollen keine von den Vorgaben der Richtlinie abweichenden Anforderungen für Zahlungsdienstleister festlegen, eine Abweichung ist bei der Richtlinienumsetzung nach Art 86 der zitierten Richtlinie nur dort zulässig, wo sie dies explizit vorsieht (3 Ob 107/11y mwN = EvBl 2012/5 [Fichtinger] = ÖBA 2012/1768, 53 [Koch]; 1 Ob 244/11f; 1 Ob 210/12g).

Im Sinn des Art 42 Nr 6 lit a der ZaDi-RL ist dem Zahlungsdienstnutzer, soweit vereinbart, mitzuteilen, dass seine Zustimmung zu einer Änderung der Bedingungen nach Art 44 als erteilt gilt, wenn er dem Zahlungsdienstleister seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Inkrafttretens der geänderten Bedingungen angezeigt hat. Wurde dies vereinbart, muss der Zahlungsdienstleister nach Art 44 Nr 1 zweiter Satz der ZaDi-RL den Zahlungsdienstnutzer davon in Kenntnis setzen, dass seine Zustimmung zu den Änderungen als erteilt gilt, wenn er dem Zahlungsdienstleister seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Inkrafttretens der geänderten Bedingungen angezeigt hat.

Art 42 Nr 6 lit a der ZaDi-RL wurde durch § 28 Abs 1 Z 6 lit a ZaDiG in österreichisches Recht umgesetzt, Art 44 Nr 1 zweiter Satz der zitierten Richtlinie durch § 29 Abs 1 ZaDiG. Nach § 6 Abs 1 Z 2 KSchG sind vertragliche Erklärungsfiktionen, nach denen ein bestimmtes Verhalten des Verbrauchers als Abgabe oder Nichtabgabe einer Erklärung gewertet wird, nur zulässig, wenn der Verbraucher bei Beginn der hiefür vorgesehenen Frist auf die Bedeutung seines Verhaltens besonders hingewiesen wird und zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eine angemessene Frist hat.

Dass Zustimmungsfiktionen nach dem ZaDiG, das nur auf die in seinem § 1 Abs 2 definierten Tätigkeiten der Bank anzuwenden ist, und dem KSchG nicht grundsätzlich verboten sind, macht die hier verwendete konkrete Klausel aber nicht bereits zulässig. Bei der im Verbandsprozess gebotenen „kundenfeindlichsten“ Auslegung ermöglicht die Klausel der Bank, Entgelte und Leistungsumfang ohne jede inhaltliche Schranke im Weg einer Zustimmungsfiktion zu ändern.

Die vorliegende Klausel verstößt gegen das Transparenzgebot nach § 6 Abs 3 KSchG, weil sie Änderungen des Vertrags über eine Zustimmungsfiktion nach Inhalt und Ausmaß nahezu unbeschränkt zulässt. Welche Leistungen die Bank mit fingierter Zustimmung einschränken kann, bleibt völlig unbestimmt, ebenso der Umfang einer Änderung der vom Kunden zu entrichtenden Entgelte.

Die Klausel ist aus diesem Grund auch gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB, weil die dem Kunden zugedachte Rechtsposition im auffallenden Missverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition der Beklagten steht, zumal sie ihr uneingeschränkt ermöglicht, das Äquivalenzverhältnis von Leistungen und Gegenleistungen über die Zustimmungsfiktion erheblich zu ihren Gunsten zu verschieben und die Position des Vertragspartners zu entwerten. Es ist nicht jede Vertragsanpassung über eine in AGB vereinbarte Zustimmungsfiktion unzulässig, sondern nur eine völlig uneingeschränkte (1 Ob 210/12g mwN).

Weder Art 42 Z 6 lit a noch Art 44 Abs 1 Zahlungsdienste-Richtlinie regeln das Zustandekommen der Vereinbarung über die Möglichkeit einer Vertragsänderung per Zustimmungsfiktion, sondern setzen das Bestehen einer solchen Vereinbarung voraus. Die einer Anwendung vorausgehende Beurteilung, ob eine Vereinbarung über die Zustimmungsfiktion nach den allgemeinen Regelungen des nationalen Rechts wirksam abgeschlossen wurde, ist nicht Gegenstand der Richtlinie. Den Einwänden der Beklagten kommt daher keine Berechtigung zu, ebensowenig bedarf es in diesem Punkt der Klärung einer Auslegungsfrage des Unionsrechts durch den EuGH.

2.9. Klausel 9

Mitteilungen und Erklärungen (insbesondere Kontonachrichten, Kontoauszüge, Kreditkartenabrechnungen, Änderungsmitteilungen, etc), die die Bank dem Kunden zu übermitteln oder zugänglich zu machen hat, erhält der Kunde, der eBanking vereinbart hat, per Post oder durch Abrufbarkeit oder Übermittlung elektronisch im Wege des B***** eBankings.

Im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit der Klausel 9 stellt sich die Vorfrage, ob Informationen, die nicht in ein vom Kunden bekanntgegebenes E-Mail-Postfach, sondern in ein nur über die Homepage der Bank zugängliches Onlinebanking-Postfach eingestellt werden, im Sinne des Erwägungsgrundes 27 der RL 2007/64/EG als auf einem dauerhaften Datenträger „mitgeteilt“ gelten, verneinendenfalls ob Informationen auf diesem Weg auf einem dauerhaften Datenträger zugänglich gemacht werden, oder ob es sich nur um ein Zugänglichmachen der Information ohne Verwendung eines dauerhaften Datenträgers handelt.

Zur Klärung dieser Fragen hat der erkennende Senat mit gesondert ausgefertigtem Beschluss ein Ersuchen um Vorabentscheidung an den EuGH gestellt. Bis zum Einlangen der Vorabentscheidung ist das Teilverfahren über diesen Spruchpunkt (Klausel 9) gemäß § 90a Abs 1 GOG auszusetzen.

3. Urteilsveröffentlichung

Die Urteilsveröffentlichung hat im Klauselprozess den Zweck, das Unterlassungsgebot zu sichern und nicht nur eine schon bestehende unrichtige Meinung des Adressatenkreises zu unterbinden, sondern auch deren weiteres Umsichgreifen zu verhindern und das durch rechtswidrige Maßnahmen irregeführte Publikum aufzuklären (RIS-Justiz RS0079764 mwN; 10 Ob 47/08x).

Auch im Fall der Abweisung des Unterlassungsbegehrens ist dem Beklagten bei berechtigtem Interesse ein Anspruch auf Veröffentlichung des klagsabweisenden Teils der Entscheidung zuzugestehen, insbesondere um einen beim Publikum durch die Veröffentlichung des klagsstattgebenden Teils der Entscheidung entstehenden „falschen Eindruck“ richtigzustellen (RIS-Justiz RS0079624; 10 Ob 70/07b; zust Kathrein in KBB³ § 30 KSchG Rz 2; aA Langer in Kosesnik-Wehrle, KSchG³ [2010] §§ 28 bis 30 Rz 10b; allgemein dazu Ciresa, Urteilsveröffentlichung³ [2006] Rz 34) oder weil gerade die betroffenen Klauseln zu den gesetzlich zwingenden Angaben in Verbraucherverträgen gehören (6 Ob 24/11i - verstärkter Senat). Der Schutz des wirtschaftlichen Rufs der obsiegenden Beklagten kann eine Veröffentlichung rechtfertigen, wenn das Infragestellen ihrer Klauseln einem breiten Publikum bekannt geworden ist oder die Entscheidung in einem öffentlich ausgetragenen Meinungsstreit von allgemeinem Interesse ist.

Im Fall eines nur geringfügigen Obsiegens muss dem Beklagten aber nicht generell die gleiche Möglichkeit einer Information der Öffentlichkeit geboten werden wie dem Kläger (1 Ob 244/11f).

Es entspricht einer selbstverständlichen allgemeinen Rechtspflicht, dass Klauseln und Geschäftspraktiken rechtskonform gestaltet werden (10 Ob 28/14m), die mit der Erwartungshaltung der Verbraucher einhergeht, im Regelfall gültige Klauseln vorzufinden. Im vorliegenden Fall würde das Publikum aus einer Veröffentlichung (auch) des in eher geringem Umfang klagsabweisenden Teils des Urteilsspruchs lediglich erfahren, dass die Beklagte zahlreiche, aber nicht ausschließlich rechtswidrige Klauseln verwendet hat. Ein besonderer Bedarf an dieser Information ist bezüglich der mit dem vorliegenden Teilurteil erledigten Spruchpunkte nicht zu erkennen, auch nicht aus Sicht der Beklagten. Andere berücksichtigungswürdige Gründe, die für ein Veröffentlichungsinteresse sprechen könnten, wurden nicht geltend gemacht.

Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 ZPO.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn sowie die Hofrätin Dr. Weixelbraun-Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, *****, vertreten durch Kosesnik-Wehrle & Langer Rechtsanwälte KG in Wien, gegen die beklagte Partei B***** AG, *****, vertreten durch Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Revisionsinteresse 32.950 EUR), über den Urteilsberichtigungs- und Ergänzungsantrag der beklagten Partei in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Spruch des Teilurteils vom wird dahingehend berichtigt, dass es im letzten Satz des klagsstattgebenden Teils (Punkt A.) zu lauten hat: „… sie ist ferner schuldig, es zu unterlassen, sich auf die vorstehend genannten Klauseln oder sinngleiche Klauseln zu berufen; dies alles binnen 6 Monaten.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 149,40 EUR (darin 24,90 EUR USt) bestimmten Kosten des Berichtigungsantrags binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. In der Ausfertigung des teilweise bestätigenden, teilweise abändernden Teilurteils vom wurde übersehen, die vom Berufungsgericht unbekämpft festgesetzte Leistungsfrist von sechs Monaten für das Unterlassungsgebot in den Spruch einzufügen. Diese offenkundige Unrichtigkeit war über Antrag der beklagten Partei zu berichtigen.

2. Für einen einfachen Antrag auf Berichtigung eines Urteils gebühren Kosten nach TP 1 RATG. Der weitere Inhalt des Schriftsatzes der Beklagten war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2015:0080OB00058.14H.0527.001
Datenquelle

Fundstelle(n):
EAAAE-04330