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OGH vom 28.05.1980, 11Os65/80

OGH vom 28.05.1980, 11Os65/80

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Rietdijk als Schriftführers in der Strafsache gegen Kurt A wegen des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom , GZ. 5 e Vr 10.856/79-23, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Schuster und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Kurt A des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2

StGB. schuldig erkannt, weil er am in Wien mit Bereicherungsvorsatz die Christa B durch die Vorgabe, ein rückzahlungsfähiger und rückzahlungswilliger Darlehensnehmer zu sein, somit durch Täuschung über Tatsachen, zur Ausfolgung eines Darlehens in der Höhe von 10.000 S verleitete, wodurch sie einen 5.000 S übersteigenden Schaden erlitt.

Rechtliche Beurteilung

Der ausdrücklich auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 3 und 5 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen diesen Schuldspruch kommt keine Berechtigung zu. Soweit der Beschwerdeführer aus dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund die (angeblich) wiederholt vom Vorsitzenden in der Hauptverhandlung gebrauchte Formulierung 'er (der Angeklagte) bezeichnet sich als freischaffender Künstler' als Verstoß gegen die Vorschrift des § 235 StPO. ansieht und in dem Umstand, daß ihm nach seinem Verteidiger kein Schlußwort eingeräumt worden sei, eine Verletzung der Bestimmung des § 255 StPO. erblickt, genügt es, ihm zu erwidern, daß die Norm des § 281 Abs. 1 Z. 3 StPO. jene gesetzlichen Bestimmungen, deren Beobachtung die Prozeßordnung bei sonstiger Nichtigkeit vorschreibt, erschöpfend aufzählt (SSt. 39/29 u. a.) und eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf darin nicht genannte Bestimmungen der Strafprozeßordnung, also etwa auch auf die von der Beschwerde genannten, nicht in Betracht kommt. Auch die Mängelrüge versagt.

Aus welchen Gründen das Schöffengericht insbesonders die Aussage der Belastungszeugin Christa B als unbedenklich erachtete und (u.a.) ihr folgend die Verantwortung des jeden Betrugsvorsatz leugnenden Angeklagten als widerlegt ansah, legte es denkfolgerichtig und im Einklang mit der allgemeinen Lebenserfahrung mängelfrei dar. Eine nähere Auseinandersetzung mit dem Angaben des Angeklagten bestätigenden Teil der Aussage dieser Zeugin war im Zusammenhang mit der erstgerichtlichen Annahme der vorgetäuschten Zahlungsfähigkeit schon deswegen entbehrlich, weil es sich insoweit bloß um die Wiedergabe von (nicht überprüften) Mitteilungen des Kurt A vor bzw. anläßlich der Darlehensgewährung an Christa B über seine wirtschaftlichen Verhältnisse, seinen geplanten Versuch, wieder eine Beschäftigung zu finden, sowie über den (angeblich) erwarteten Geldeingang von seinem Verleger handelt; die - Unvollständigkeit der Begründung reklamierende - Beschwerde läßt in diesem Zusammenhang unberücksichtigt, daß nach den auf Grund anderer Beweismittel getroffenen Feststellungen des Erstgerichtes in Wahrheit keinerlei, insbesonders keine finanzielle Zusage des Verlegers (vgl. die Aussage des Zeugen Vintila C, S. 102) vorlag und der Angeklagte bei seiner wirtschaftlichen Situation zur Tatzeit wußte, seine gegenüber Christa B eingegangenen Verbindlichkeiten nicht erfüllen zu können (siehe insbesonders S. 115). Die Feststellung, daß der Angeklagte die Rückzahlung des Darlehens ausdrücklich bis versprach, ist - entgegen der diesbezüglichen Beschwerdebehauptung - durch die Angabe der genannten Zeugin gedeckt (siehe S. 80); von einer im Urteil nicht erörterten 'Schenkungsabsicht' der Christa B kann nach dem Inhalt der Aussage dieser Zeugin keine Rede sein (siehe wieder S. 80).

Das Erstgericht durfte somit nach Lage des Falles folgerichtig zu dem Schluß gelangen, daß der Angeklagte die Christa B bei der Darlehensgewährung über wesentliche Vertragsvoraussetzungen mit Bereicherungs- und Schädigungsvorsatz irreführte. Die Frage, ob der Angabe eines falschen Geburtsdatums gegenüber der Zeugin 'mehr oder weniger ein Hauch von Eitelkeit' zugrundelag (Seite 74), bedurfte im Zusammenhang mit der erstgerichtlichen Annahme der vorgetäuschten Zahlungswilligkeit - der Beschwerde zuwider - keiner ausdrücklichen Erörterung, weil das Erstgericht ersichtlich auch diesem Teil der Verantwortung des Angeklagten als bloßer 'Schutzbehauptung' den Glauben versagte (Seite 116). Daß der Angeklagte die Adresse 1010 Wien, Akademiestr. 12 auf Wunsch der Christa B als seine Anschrift in den Schuldschein aufnahm, mußte schon deshalb nicht besonders erwähnt werden, weil sich dadurch an der der Zeugin im damaligen Zeitpunkt unbekannten Tatsache nichts ändert, daß unter dieser Anschrift keine Wohnung existiert, für deren angebliche Beschaffung der herausgelockte Geldbetrag dienen sollte. Da Rückzahlungsversuche nicht einmal behauptet wurden, waren entgegen den Beschwerdeausführungen auch Feststellungen darüber entbehrlich, ob Christa B nach der Darlehensgewährung für den Angeklagten ständig erreichbar war. Daß sie - ersichtlich ohne Zusammenhang mit der Errichtung des Schuldscheins -

zufällig in Kenntnis einer auf einem Prospekt notierten Telefonnummer war, unter welcher sie einmal mit dem Angeklagten sprechen konnte (S. 79), blieb nach Lage des Falles für die Frage der Beurteilung der Zahlungswilligkeit des Beschwerdeführers ohne Bedeutung.

Einen relevanten formalen Begründungsmangel in der im § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. bezeichneten Bedeutung vermochte der Angeklagte sohin nicht darzutun.

Soweit er gleichfalls im Rahmen der Mängelrüge, sachlich jedoch aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO., releviert, daß das Urteil 'zum Schuldelement des Rechtswidrigkeitsbewußtseins' keine Feststellungen enthalte, bringt er den damit geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, weil das Erstgericht ein Unrechtsbewußtsein - schon mit seiner Feststellung eines im Tatzeitpunkt gegebenen Täuschungs- und Schädigungsvorsatzes des Angeklagten - schlüssig bejahte.

Dem gleichfalls als Rechtsrüge nach der genannten Gesetzesstelle aufzufassenden - sinngemäßen - Beschwerdevorbringen schließlich, daß die Inkaufnahme einer bloßen - in Grenzen gehaltenen - Verschiebung von Rückzahlungen für sich allein genommen zur Annahme eines Schadens in der angegebenen Höhe nicht ausreiche, ist an sich mit der Maßgabe zuzustimmen, daß ein solches Verhalten unter Umständen nur eine strafrechtliche Haftung für einen allfälligen Verzögerungsschaden begründen könnte (SSt. 45/3 u. a.). Vorliegend handelt es sich jedoch nach den erstgerichtlichen Feststellungen nicht um die bloße von vornherein bewußt in Kauf genommene Nichteinhaltung eines vereinbarten Zahlungstermins, sondern darum, daß der Zeitpunkt der Erbringung der vereinbarten vermögenswerten Leistung in unbestimmte Ferne gerückt erschien (SSt. 46/8

u. a.), wobei der Angeklagte auch nach dem keine Rückzahlungen des von ihm selbst als relativ geringfügig angesehenen Betrages (S. 136 oben) leistete, vielmehr von Christa B am neuerlich ein Darlehen verlangte. Der angefochtene Schuldspruch erweist sich somit auch frei von Rechtsirrtum.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als unbegründet zu verwerfen.

Die Berufung war zurückzuweisen, weil der Verteidiger zwar (auch) dieses Rechtsmittel, der Angeklagte selbst hingegen (ON. 25) nur die Nichtigkeitsbeschwerde anmeldete und auf jedes andere Rechtsmittel ausdrücklich verzichtete (§§ 294 Abs. 4, 296 Abs. 2 StPO.). Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.