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VfGH vom 22.02.1985, B566/80

VfGH vom 22.02.1985, B566/80

Sammlungsnummer

10340

Leitsatz

EStG 1972; keine Gleichheitsbedenken gegen §§16 und 20 Abs 1 Z 1; denkmögliche Annahme, daß sich ein Antrag auf Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen gemäß § 34 Abs 1 erster Satz ausdrücklich auf diese Bestimmung zu stützen hat - keine Willkür; Fehlverhalten der Behörde in anderen Fällen gibt kein Recht auf gleiches Fehlverhalten

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Die Bf. ist als Angestellte nichtselbständig erwerbstätig. Sie beantragte am beim zuständigen Finanzamt, die Kosten für eine Haushaltshilfe, die gleichzeitig ihr minderjähriges Kind zu betreuen und zu beaufsichtigen habe, in der Höhe von 53343,32 S als erhöhte Werbungskosten gemäß § 16 des Einkommensteuergesetzes 1972 (EStG 1972) zu berücksichtigen, da es ihr ohne Aufsichtsperson für ihr Kind nicht möglich sei, ihre Einnahmen zu sichern.

Das Finanzamt für den IX., XVIII. und XIX. Bezirk in Wien (FA) gab mit Bescheid vom 7. Feber 1980 diesem Antrag keine Folge und begründete dies damit, daß der VwGH im Erk. vom , Z 296/79, ausgesprochen habe, die der Antragstellerin im Jahre 1977 erwachsenen Aufwendungen für eine Hausgehilfin seien nicht zwangsläufig erwachsen und könnten daher nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden; deshalb müsse auch ihr Antrag für das Kalenderjahr 1979 abgelehnt werden.

Die Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. (FLD) wies mit Bescheid vom die von der Bf. gegen diesen Bescheid des FA erhobene Berufung ab. Sie begründete dies im wesentlichen mit dem Hinweis auf § 20 Abs 1 Z 1 EStG 1972, wonach "weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge abgezogen werden" dürfen. Die Aufwendungen der Bf. für die Aufsichtsperson, welche die am geborene Tochter während der Zeit der Berufsausübung der Bf. betreuen müsse, fielen nach Ansicht der FLD unter das Abzugsverbot des § 20 EStG 1972, da diese Ausgaben zweifelsfrei den Haushalt und den Unterhalt (die Pflege) der Familienangehörigen beträfen. Abschließend bemerkte die FLD, daß der Fall der Bf. "nicht außergewöhnlich" sei.

2. Gegen den Bescheid der FLD wendet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

Die Beschwerde wird damit begründet, daß die bel. Beh. in anderen Fällen Ausgaben für eine Hausgehilfin als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 Abs 1 EStG 1972 anerkannt habe.

3. Die FLD als bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie begehrt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8823/1980, 9186/1981) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde ua. dann vorgeworfen werden, wenn sie den Bf. aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (vgl. zB VfSlg. 8783/1980, 9024/1981).

2. Die Bf. bringt gegen die Verfassungsmäßigkeit der angewendeten Rechtsvorschriften keine Bedenken vor. Auch sonst sind solche im Verfahren nicht entstanden. Insbesondere hegt der VfGH unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles gegen § 16 und § 20 Abs 1 Z 1 EStG 1972, auch wenn diese Bestimmungen den ihnen von der bel. Beh. beigemessenen Inhalt haben, nicht das Bedenken, daß sie gegen den auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgrundsatz verstießen.

Die Bf. könnte daher durch den bekämpften Bescheid im Gleichheitsrecht nur durch ein willkürliches Vorgehen der Behörde verletzt worden sein. Dies ist jedoch nicht der Fall:

Die Bf. hat mit ihrem Antrag deutlich und unmißverständlich die Anerkennung erhöhter Werbungskosten gemäß § 16 EStG 1972, nicht aber die Anerkennung einer außergewöhnlichen Belastung gemäß § 34 EStG 1972 begehrt. Das FA hat - wenngleich mit offenkundig verfehlter Begründung - diesen Antrag abgewiesen. Die FLD hat mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid die Anerkennung erhöhter Werbungskosten abgelehnt und lediglich beifügend bemerkt, daß auch eine außergewöhnliche Belastung nicht gegeben wäre.

Es indiziert keinesfalls Willkür, wenn die bel. Beh. die Ablehnung des Antrages auf die §§16 und 20 EStG 1972 gestützt und spruchgemäß nicht festgestellt hat, ob etwa die Voraussetzungen des § 34 EStG 1972 vorliegen. Dem Wortlaut des § 34 Abs 1 erster Satz EStG 1972 zufolge werden außergewöhnliche Belastungen nämlich nur auf Antrag berücksichtigt, wobei es durchaus denkmöglich ist anzunehmen, daß sich dieser Antrag ausdrücklich auf diese Bestimmung zu stützen hat (vgl. /133).

Die Meinung der FLD, daß die iZm. der Anstellung einer Aufsichtsperson für die Tochter der Bf. erwachsenen Aufwendungen iS des § 20 Abs 1 EStG 1972 nicht abzugsfähig seien, ist keineswegs abwegig, sondern liegt geradezu nahe (vgl. zB VwSlg. 4869 F/1975; s. auch Doralt - Ruppe, Grundriß des Österreichischen Steuerrechtes I,

2. Auflage, 1982, S 145).

Der Hauptvorwurf der Bf., die Behörde habe in ähnlich gelagerten Fällen zugunsten des Steuerpflichtigen entschieden, geht schon deshalb ins Leere, weil behauptet wird, in anderen Fällen seien die Aufwendungen für eine Aufsichtsperson als außergewöhnliche Belastung nach § 34 EStG 1972 anerkannt worden, während - wie dargetan - hier gar nicht Abzüge nach § 34, sondern solche nach § 16 EStG 1972 beantragt wurden. Im übrigen ist die Bf. auf die ständige Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 9191/1981, 9197/1981) zu verweisen, wonach aus einem allfälligen Fehlverhalten der Behörde in anderen Fällen ein Recht auf gleiches behördliches Fehlverhalten nicht abgeleitet werden kann.

Die Bf. ist sohin im Gleichheitsrecht nicht verletzt worden.

3. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Bf. in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.