OGH vom 15.05.1996, 9ObA2004/96p

OGH vom 15.05.1996, 9ObA2004/96p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Mayer und Dr.Steinbauer und die fachkundigen Laienrichter Dr.Rupert Dollinger und Peter Pulkrab als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Susanne T*****, vertreten durch Gabler und Gibel, Rechtsanwaltspartnerschaft in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Johannes Z 2. Christine Z*****, beide *****, wegen S 450.000,- sA infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom , GZ 9 Ra 154/95-5, womit der Beschluß des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 3 Cgs 211/95k-2, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Zurückweisungsbeschluß des Erstgerichtes aufgehoben und diesem die Einleitung des Verfahrens unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen wird.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Kosten des Rechtsstreites.

Text

Begründung:

Die Klägerin fordert die Rückzahlung des restlichen offenen Darlehensbetrages von S 450.000. Sie sei bei der G***** Gesellschaft mbH als Prokuristin bis im Angestelltenverhältnis beschäftigt gewesen. Sowohl der Erstbeklagte als Geschäftsführer und dessen zweitbeklagte Ehefrau als nur Gesellschafterin seien ebenfalls in diesem Unternehmen beschäftigt gewesen. Im Jänner 1993 sei infolge der finanziell schlechten Lage der Arbeitgeberin ein von dieser ausgestellter fälliger Wechsel von der Hausbank nicht eingelöst worden. Da der Erstbeklagte meinte, es sei notwendig, umgehend "Geld aufzustellen" habe die Klägerin zugesagt, alles zu tun, um Geld aufzutreiben. Sie habe beiden Beklagten S 900.000 als Darlehen gewährt, wovon S 450.000 zurückbezahlt worden seien. Es sei klar gewesen, daß das Darlehen nicht der kurz vor dem Ruin stehenden GmbH, sondern den beiden Beklagten persönlich gewährt werde, mit denen die Klägerin schon lange befreundet war.

Das Erstgericht sprach aus, daß das Arbeits- und Sozialgericht sachlich unzuständig sei und wies die Klage zurück. Es sei weder die Zuständigkeit nach § 50 Abs 1 Z 1 ASGG gegeben, weil nicht die Beklagten, sondern die GmbH Arbeitgeberin der Klägerin war, noch die Zuständigkeit nach § 50 Abs 1 Z 3 ASGG, weil es sich nicht um einen Streit zwischen Arbeitnehmern im Zusammenhang mit einem gemeinsamen Arbeitsverhältnis handle.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Von einer Eingliederung in dieselbe Arbeitsordnung könne nicht gesprochen werden, wenn es sich um ein Rechtsgeschäft zwischen einer zur Vertretung des Dienstgebers befugten physischen Person sowie um eine Miteigentümerin des Dienstgebers handle. Die Zuzählung an die mit der Klägerin befreundeten Beklagten zeige, daß nicht die gemeinsame Tätigkeit im Betrieb im Vordergrund gestanden sei, sondern die persönliche Freundschaft zu den Streitteilen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluß richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei, der mangels einer einschlägigen Rechtsprechung, inwieweit Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschafterin mit dem Arbeitnehmer der GesmbH unter den Zuständigkeitstatbestand des § 50 Abs 1 Z 3 ASGG fallen können, zulässig ist. Der Rekurs ist auch berechtigt.

Entscheidendes Kriterium für die aufgrund der Klagebehauptungen zu beurteilende sachliche Zuständigkeit des Arbeits- und Sozialgerichtes im Sinne des § 50 Abs 1 Z 3 ASGG ist die Eingliederung der Arbeitnehmer bei ihrer gemeinsamen Arbeit in dieselbe Arbeitsordnung. Der Begriff der gemeinsamen Arbeit darf nicht eng ausgelegt werden. Es genügt, daß ein durch denselben Betrieb und dieselbe Arbeitsordnung herbeigeführter Zusammenhang besteht, ohne dessen Vorliegen die den Gegenstand des Rechtsstreits bildende Handlung nicht erfolgt wäre (Kuderna ASGG**2, 312). Diese Voraussetzung liegt vor, weil die Finanzschwäche des Dienstgebers zumindest mit ein Grund für die Gewährung des Darlehens an die Mitbeschäftigten (Geschäftsführer und Gesellschafterin der GmbH) durch die um ihren Arbeitsplatz besorgte Dienstnehmerin war, also ein Zusammenhang mit dem gemeinsamen Betrieb gegeben war. Da die Behauptung der gemeinsamen Beschäftigung (= Verwendung in einem Arbeitsverhältnis [vgl § 2 Abs 2 AuslBG]) aufgestellt wurde und weder die Geschäftsführereigenschaft (Martinek/M. und W.Schwarz, AngG7, 51; Ind 1994 H 2, 9) noch die Beteiligung als Gesellschafterin an einer GmbH (8 ObA 246/95) grundsätzlich die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des § 51 ASGG ausschließen, liegt entgegen der Meinung der Vorinstanzen eine Arbeitsrechtssache im Sinne des § 50 Abs 1 Z 3 ASGG vor (allenfalls iVm § 8 Abs 2 ASGG).

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.