OGH vom 20.08.2008, 9ObA52/07y
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Christa Brezna und Mag. Thomas Kallab als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der Antragstellerin Wirtschaftskammer Österreich, Wiedner Hauptstraße 63, 1040 Wien, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen den Antragsgegner Österreichischer Gewerkschaftsbund, Hohenstaufengasse 10-12, 1011 Wien, vertreten durch Dr. Georg Grießer und andere, Rechtsanwälte in Wien, über den gemäß § 54 Abs 2 ASGG gestellten Antrag auf Feststellung, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Antrag, der Oberste Gerichtshof möge feststellen, dass jenen ehemaligen Arbeitnehmern der Antragstellerin, welche im Bereich der Wirtschaftskammer Österreich oder der Wirtschaftskammer Steiermark beschäftigt waren, und welche nach den Betriebsvereinbarungen „Handbuch Personalkonzept" und den dazu getroffenen Zusatzvereinbarungen Anspruch auf laufende Überbrückungszahlungen und auf Teilzeitbeschäftigungsgarantie haben, diese Sozialplanleistungen längstens bis zum Vorliegen der individuellen Voraussetzungen für eine Korridorpension nach § 4 Abs 2 APG zu gewähren sind, wenn diese Voraussetzungen früher als auf eine Pension nach § 607 Abs 10 und 12 ASVG erfüllt sind, wird abgewiesen.
Text
Begründung:
Die Antragstellerin ist eine kollektivvertragsfähige Körperschaft der Arbeitgeber nach § 4 Abs 1 und § 7 ArbVG. Der vorliegende Antrag betrifft sie in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeberin und Arbeitsverhältnisse, für welche sie selbst nach § 7 ArbVG kollektivvertragsfähig ist. Die hier zu klärende Streitfrage betrifft mehr als drei ehemalige Arbeitnehmer der Antragstellerin. Der Antragsgegner ist eine kollektivvertragsfähige freiwillige Berufsvereinigung der Arbeitnehmer nach § 4 Abs 2 ArbVG und für die in Rede stehenden Arbeitsverhältnisse zuständig.
Gemäß § 55 WKG bildet das gesamte Personal der nach diesem Bundesgesetz errichteten Organisationen der gewerblichen Wirtschaft (Landeskammer, Bundeskammer) einen einheitlichen Körper. Die Antragstellerin ist daher Arbeitgeberin des gesamten Personals der nach Maßgabe des WKG errichteten Landeskammern sowie der Bundeskammer selbst. Von folgendem, von der Antragstellerin behaupteten Sachverhalt ist auszugehen:
Im Zusammenhang mit Umstrukturierungen, welche insbesondere eine Reduktion der Mitarbeiter umfasste, schloss die Antragstellerin im Jahr 2002 zwei auf § 97 Abs 1 Z 4 ArbVG gestützte Sozialplan-Betriebsvereinbarungen mit dem Betriebsrat ab, welche für Arbeitnehmer die Option vorsah, bis ihr einvernehmliches Ausscheiden mit Wirkung (Bereich der Wirtschaftskammer Steiermark) bzw spätestens (Bereich der Wirtschaftskammer Österreich) unter Wahrung der hierfür in der Betriebsvereinbarung „Handbuch Personalkonzept" vorgesehenen Sozialplanleistungen zu erklären. Das Modell der Wirtschaftskammer Steiermark folgt im Wesentlichen demjenigen der Wirtschaftskammer Österreich. Diese Sozialplanleistungen bestanden für jene Mitarbeiter, die eine 25-jährige Dienstzeit und ein Mindestalter von 50 Jahren hatten, zum einem in einer zusätzlich zur gesetzlichen Abfertigung gebührenden Einmalzahlung, deren Höhe sich nach einer bestimmten Formel aus der vom Ausscheidezeitpunkt bis zum damaligen gesetzlichen Anfallsalter für die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer (61,5 bzw 56,5 Jahre) verbleibenden Zeit errechnete, und zum anderen in der Zusage laufender, jährlich zu valorisierender Überbrückungszahlungen von 50 % des letzten Bruttoentgelts bis zum frühestmöglichen individuellen ASVG-Pensionsantritt; diese laufenden Überbrückungszahlungen wurden in einer weiteren Betriebsvereinbarung erweitert und durch die (von der Nichtinanspruchnahme von Arbeitslosengeld und dem Fehlen einer anderen vollversicherten Tätigkeit abhängigen) Zusage eines Teilzeitbeschäftigungsverhältnisses zu einem Servicepool-Verein oder einer ähnlichen Institution, mit einem Entgelt gerade über der jeweiligen ASVG-Geringfügigkeitsgrenze und zeitlich ebenfalls garantiert bis zum frühestmöglichen individuellen ASVG-Pensionsantritt ergänzt. Die Sozialplanleistungen wurden von jedenfalls mehr als drei Mitarbeitern der Antragstellerin in Anspruch genommen. Durch die mittlerweile erfolgten, bei Abschluss der Betriebsvereinbarungen in ihren Einzelheiten nicht vorhersehbaren beiden Pensionsreformen ist die maximale Laufzeit und damit die Bezugsdauer der Überbrückungszahlungen strittig geworden.
5.1. „Allgemeines" der Betriebsvereinbarung lautet:
Begriffsdefinition Pensionsalter
„Wenn im Folgenden vom frühesten generellen ASVG-Pensionsalter gesprochen wird, so ist damit der für das Geburtsjahr und Geschlecht früheste Antrittszeitpunkt für die vorzeitige Alterspension gemäß § 253b ASVG bei langer Versicherungsdauer unter Annahme der notwendigen Versicherungsmonate gemeint, selbst wenn der betroffene Mitarbeiter die erforderliche Anzahl von Versicherungsmonaten zu diesem Zeitpunkt nicht erreicht. Das früheste individuelle ASVG-Pensionsalter ist jenes Alter, in dem der Mitarbeiter die notwendigen Versicherungsmonate für die vorzeitige Alterspension gemäß § 253b ASVG bei langer Versicherungsdauer tatsächlich erreicht und daher diese Pensionsleistung in Anspruch nehmen kann.
Zeitliche Rahmenbedingungen: Für alle im Folgenden beschriebenen Modelle gilt, dass die jeweiligen Vereinbarungen bis spätestens abgeschlossen werden müssen, wobei, sofern eine Auflösung des Dienstverhältnisses vorgesehen ist (...), diese bis zu erfolgen hat." Die hier relevanten Passagen für die betroffene Gruppe („Senior Expert Pool" = „SEP" Gruppe A) lauten auszugsweise:
„5.4.1. Einmalzahlungen ...
Aliquotierung aller Abfertigungsstufen ...
Vorgezogenes Jubiläumsgeld ...
Pensionskassen-Beitrag ...
Freiwillige Abgangsentschädigung:
Die Mitarbeiter erhalten für die Monate vom Zeitpunkt der Lösung bis zur Erreichung des generellen Anspruchs auf vorzeitige gesetzliche Alterspension eine freiwillige Abgangsentschädigung, die sich als Prozentsatz vom letzten Monatsentgelt bemisst. Dieser Prozentsatz beträgt 25 % abzüglich von 0,6 %-Punkten für jedes volle Restdienstjahr und wird als Einmalzahlung ausbezahlt. ...
5.4.2. Laufende Zahlungen:
Überbrückungszahlung:
50 % des letzten Monatsbezugs (inkl Sonderzahlungen) werden vom Zeitpunkt der Lösung bis zur Erreichung des individuellen Anspruchs auf vorzeitige gesetzliche Alterspension ausbezahlt. Die Auszahlung der Überbrückungszahlung über das jeweilige generelle vorzeitige gesetzliche Pensionsalter hinaus erfolgt nur nach Nachweis durch den Mitarbeiter (zum Zeitpunkt des Erreichens des jeweiligen generellen vorzeitigen gesetzlichen Pensionsalters), dass er aufgrund von fehlenden Versicherungsmonaten noch keinen Anspruch auf die vorzeitige gesetzliche Alterspension hat.
Die Auszahlung der Überbrückungszahlung erfolgt unmittelbar nach Lösung des Dienstverhältnisses, dh es wird kein Abfertigungszeitraum berücksichtigt. Die Überbrückungszahlung wird jährlich mit dem Faktor angehoben. ...
Geringfügige Beschäftigung im SEP-Verein oder ähnlicher Institution:
Für die Dauer von der Lösung des Dienstverhältnisses zur WKÖ bis zur Erreichung des individuellen Anspruchs auf vorzeitige gesetzliche Alterspension oder Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit werden die Mitarbeiter in einem Verein zu dem jeweils geltenden monatlichen Höchstsatz (derzeit ATS 4.076,-- monatlich) oder ähnlicher Institution geringfügig beschäftigt. Alle Mitarbeiter haben - sofern dies gesetzlich zulässig ist - eine Selbstversicherung (Krankenversicherung, Pensionsversicherung) für geringfügig Beschäftigte abzuschließen, wobei die anfallenden Kosten gegen Nachweis von der WKÖ übernommen werden. Sobald der Mitarbeiter eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit aufnimmt, wird die geringfügige Beschäftigung im SEP-Verein (bzw in ähnlicher Institution) beendet, bei Aufgabe der sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit vor Erreichung des individuellen Anspruchs auf vorzeitige gesetzliche Alterspension hat der Mitarbeiter Anspruch auf Wiederaufnahme der geringfügigen Beschäftigung im SEP-Verein (bzw in ähnlicher Institution). ...
Kostenersatz freiwillige Höherversicherung in Pensionsversicherungen
...
Zusatzkrankenversicherungen ... ."
Am vereinbarten die Antragstellerin und ihr Betriebsausschuss ein Zusatzprotokoll über die Auswirkungen der Pensionsreform zum Handbuch Personalkonzept, worin einvernehmlich festgehalten wurde: „Die gemäß Handbuch Personalkonzept, Kapitel Senior Expert Pool, vorgesehenen Einmalzahlungen werden auch nach dem Inkrafttreten der pensionsrechtlichen Bestimmungen des Budgetbegleitgesetzes per auf jener Basis berechnet, die zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung des Handbuchs im Jahr 2001 gültige Rechtslage war (generelles Antrittsalter der Pension wegen langer Versicherungsdauer Männer 61,5 Jahre, Frauen 56,5 Jahre). Weiters wird einvernehmlich festgestellt, dass die laufenden Zahlungen der WKÖ (Überbrückungsleistungen) wegen der Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters bis zum jeweiligen frühestmöglichen individuellen Pensionsantrittsalter (wenn ein Anspruch auf vorzeitige Alterspension wegen langer Versicherungsdauer besteht, bis zu diesem) fortgesetzt werden." Eine ähnliche Vereinbarung in Form eines Zusatzprotokolls traf die Wirtschaftskammer Steiermark mit Angestellten- sowie Arbeiterbetriebsrat. Darin wird festgehalten, dass die in den Punkten 5.1., 5.2.1., 5.3.1. und 5.4.1. des einen integrierenden Teil der Betriebsvereinbarung bildenden Handbuchs Personalkonzept für die Berechnung der Einmalzahlungen genannten Bezugspunkte „generelles Pensionsalter", „frühestens generelles ASVG-Pensionsalter" und „genereller Anspruch auf vorzeitige gesetzliche Alterspension" ausschließlich nach der zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Betriebsvereinbarung gültigen Gesetzeslage zu verstehen sind. Mit dem Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl I 71/2003 wurde § 253b ASVG außer Kraft gesetzt. An seine Stelle trat die Übergangsregelung des § 607 ASVG, in dessen Abs 10 geregelt ist, dass die am geltenden Bestimmungen über die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer weiterhin anzuwenden sind, jedoch abweichend von § 253b Abs 1 ASVG alt eine Staffelung nach Geburtsdaten und Anhebung der erforderlichen Lebensmonate in der Form erfolgt, dass im Juni 2014 die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer endgültig ausläuft, weil dann die Voraussetzungen für die normale Alterspension erfüllt sein müssen. Mit dem am ausgegebenen Allgemeinen Pensionsgesetz (APG) BGBl I 142/2004, wurde in § 4 Abs 2 APG die sogenannte Korridorpension eingeführt. Wörtlich heißt es: „Abweichend von Abs 1 kann die Alterspension bereits nach Vollendung des 62. Lebensjahres beansprucht werden (Korridorpension), wenn die versicherte Person 1. mindestens 450 für die Leistung zu berücksichtigende Versicherungsmonate nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz erworben hat und 2. am Stichtag (§ 223 Abs 2 ASVG) weder einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit unterliegt noch ein Erwerbseinkommen bezieht, welches das nach § 5 Abs 2 ASVG jeweils in Betracht kommende Monatseinkommen übersteigt."
Die Antragstellerin schließt aus dem Sachverhalt und den eingetretenen Gesetzesänderungen in rechtlicher Hinsicht Folgendes:
Auch die nunmehr eingeführte Korridorpension sei eine vorzeitige Alterspension und daher der früheren Regelung des § 253b ASVG vergleichbar. Die Absicht der Betriebsparteien sei es gewesen, Überbrückungszahlungen und Teilzeitbeschäftigung nur bis zu jenem Zeitpunkt zu gewährleisten, zu dem ein Arbeitnehmer frühestens eine Alterspension antreten kann. Zweck der Betriebsvereinbarung (Sozialplan) und der aufgrund dessen abgeschlossenen Individualvereinbarungen sei es daher, eine Überbrückung nur bis zu diesem Zeitpunkt zu gewähren, dann sei der ausgeschiedene Arbeitnehmer auf gesetzliche Pensionszahlungen, auf welche er Anspruch habe, zu verweisen. Hätten die Betriebsparteien bei Abschluss der Betriebsvereinbarung vorhergesehen, dass an die Stelle der vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer die Korridorpension treten werde, hätten sie diesen Zeitpunkt, wenn er vor dem möglichen Antritt der vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer gelegen wäre, als den maßgeblichen Zeitpunkt mitvereinbart. Korridorpension und vorzeitige Alterspension seien funktionsgleich und daher gleich zu bewerten. Es könne daher kein Zweifel bestehen, dass ASVG-Versicherte, deren individueller Pensionsantrittszeitpunkt für die vorzeitige Alterspension nach Vollendung des 62. Lebensjahres liege, sich nunmehr auf die Möglichkeit der Korridorpension verweisen lassen müssten und daher nur bis zum Zeitpunkt des frühestmöglichen Anfalls der Korridorpension Anspruch auf Überbrückungszahlungen und geringfügige Beschäftigung bestehe.
Der Antragsgegner beantragte die Abweisung des Feststellungsantrags. Die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer sei durch § 607 Abs 10 ASVG nach wie vor Rechtsbestand. Somit habe die Regelung der Betriebsvereinbarung zumindest bis 2014 nach wie vor unveränderte Gültigkeit. Bei der Korridorpension handle es sich um eine zusätzliche Möglichkeit einer Alterspension, die jedoch der vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer nicht gleichzuhalten sei. Insbesondere hätten Personen, die die Korridorpension anstelle der erst später fällig werdenden vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer in Anspruch nehmen, mit größeren Abschlägen zu rechnen, als es bei der vorzeitigen Alterspension der Fall sei. Die Prämissen, unter denen die Betriebsparteien abgeschlossen und die Arbeitnehmer ihre Individualvereinbarungen geschlossen haben, seien daher mit denjenigen einer Korridorpension nicht ident. Es könne daher den seinerzeitigen Parteien nicht unterstellt werden, sie hätten bei Kenntnis einer weiteren früheren Pensionsmöglichkeit, nämlich durch Korridorpension, genauso abgeschlossen wie unter der damaligen Kenntnis der Möglichkeit der vorzeitigen Alterspension nach § 253b ASVG. Der Antragsgegner relevierte schließlich auch noch gleichbehandlungsrechtliche Erwägungen, die er darauf stützte, dass eine Ungleichbehandlung von Männern und Frauen gegen Art 141 EG verstoße. Während nämlich männliche Versicherte zunehmend gezwungen wären, die Korridorpension in Anspruch zu nehmen, kämen Frauen nicht in die Lage, dies tun zu müssen, weil sie schon vorher entweder eine vorzeitige Alterspension oder sogar die Regelalterspension beanspruchen könnten.
Rechtliche Beurteilung
Hiezu hat der Senat erwogen:
Der erkennende Senat hatte sich in seiner Entscheidung vom , 9 ObA 62/07v, mit einer ähnlichen Problematik auseinanderzusetzen: In einer „freien" Betriebsvereinbarung, welche Inhalt der Individualvereinbarungen wurde, war vorgesehen, dass Kündigungen nur nach Anrufung einer Kündigungskommission ausgesprochen werden konnten. Von dieser Anrufungspflicht bestand jedoch eine Ausnahme dann, „wenn der Kündigungstermin nach Vollendung des 60. Lebensjahres des Dienstnehmers liegt und dieser unmittelbar anschließend einen Anspruch auf Alterspension bzw vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer (§§ 253 und 253b ASVG in der jeweiligen Fassung) geltend machen kann". Der Oberste Gerichtshof entschied, dass auch die Korridorpension nach § 4 Abs 2 APG unter diese von den Parteien geregelte Ausnahme von der Beiziehung der Kündigungskommission falle. Insbesondere heißt es in der Vorentscheidung: „Richtig ist zwar, dass der Kläger noch unter die Übergangsbestimmung des § 607 Abs 10 ASVG fällt und demnach noch in den Genuss einer vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer kommen könnte und der frühestmögliche Zeitpunkt einer Inanspruchnahme der vorzeitigen Alterspension vier Monate nach dem frühestmöglichen Zeitpunkt einer Korridorpension nach § 4 Abs 2 APG gelegen ist, deren Inanspruchnahme dem Kläger ebenfalls möglich gewesen wäre. Soweit der Kläger in seiner Revision Unterschiede zwischen der Korridorpension und der vorzeitigen Alterspension aufzuzeigen versucht, vermögen diese letztlich seinem Standpunkt nicht dienlich zu sein. Entgegen seiner Auffassung ist in der Anführung der Bestimmungen der §§ 253 und 253b ASVG durch die freie Betriebsvereinbarung keine abschließende Regelung zu erkennen. Wie schon vom Berufungsgericht zutreffend ausgeführt, stellt die Bestimmung des § 16 Z 5 lit a FBV einerseits auf ein bestimmtes Mindestalter, andererseits darauf ab, dass der zu kündigende Arbeitnehmer eine anderweitige Absicherung durch eine gesetzliche vorzeitige oder reguläre Alterspension in Anspruch nehmen kann. Auch die mittlerweile eingeführte Regelung der Korridorpension nach § 4 Abs 2 APG ist eindeutig eine gesetzliche Alterspension. Sowohl vernünftigen Betriebspartnern als auch Arbeitsvertragspartnern ist daher zu unterstellen, dass sie bei Kenntnis einer weiteren Alterspensionsart wie der in § 4 Abs 2 APG geregelten auch diese in die Ausnahmeregelung aufgenommen hätten, weil auch dann der Zweck einer gesetzlichen Pensionssicherung erfüllt ist. ..."
An diesen Erwägungen ist grundsätzlich festzuhalten. Von jenem Sachverhalt, der nur die Notwendigkeit der Beiziehung einer Kommission regelte, unterscheidet sich der hier zu beurteilende aber grundlegend: Wie eingangs festgestellt, umfasst der Sozialplan in ein Gesamtkonzept gegossene Einmalzahlungen, Überbrückungszahlungen und Überbrückungsbeschäftigungen. Auch haben die Betriebspartner auf die Gesetzesänderung durch Anhebung des Pensionsalters und Auslaufen der vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer entsprechend reagiert, indem die Überbrückungsleistungen entsprechend angepasst wurden (Zusatzprotokolle). Durch die spätere Einführung der Korridorpension, auf welche die Betriebsparteien noch nicht reagierten, ist daher eine nicht nur unwesentliche Änderung der Grundlagen erfolgt, auf denen der Sozialplan fußt: Nicht nur, dass die Berechnung der Einmalzahlung auf den Zeitpunkt der früheren vorzeitigen Alterspension abstellt, ist nun die Situation eingetreten, dass nachträglich ein nicht vorhersehbarer Pensionsfall eingetreten ist, von dem sich die Anfallszeiten der vorzeitigen Alterspension immer weiter entfernen. Es kann daher den Betriebsparteien nicht unterstellt werden, sie hätten diese Gesetzesänderung völlig gleich behandelt, ohne die anderen Eckpunkte, wie Einmalzahlung, Überbrückungszahlung und geringfügige Weiterbeschäftigung anzupassen. Welche Änderungen dies gewesen wären, vermag der Oberste Gerichtshof jedoch weder im Wege der Analogie noch im Wege ergänzender Vertragsauslegung festzustellen. Verändern sich die tatsächlichen Umstände dergestalt, dass die Regelungen der Kollektivverträge unzweckmäßig oder unbefriedigend werden, so sind nicht die Gerichte, sondern die Kollektivvertragsparteien gehalten, den Kollektivvertrag zu ändern (8 ObA 30/00w in RIS-Justiz RS0008880 mwN). Gleiches muss für die Parteien einer Betriebsvereinbarung gelten.
Steht aber fest, dass die Parteien der Betriebsvereinbarung die Korridorpension der vorzeitigen Alterspension nicht völlig gleichgehalten hätten, ohne auf die sich daraus ergebenden Änderungen zu reagieren, kann dem Feststellungsantrag, der auf dieses Ergebnis abzielt, nicht stattgegeben werden.