OGH vom 25.06.2001, 8ObA7/01i

OGH vom 25.06.2001, 8ObA7/01i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Gabriele Griehsel und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Parteien 1.) Carlito A*****, Küchenhilfe, *****, 2.) Thomas A*****, Küchenhilfe, *****, 3.) Marzena A*****, Buffethilfe, *****, 4.) Isagani B*****, Küchenhilfe, *****, 5.) Christian B*****, Koch, *****, 6.) Dejan D*****, Küchenhilfe, *****, 7.) Nolly E*****, Küchenhilfe, *****, 8.) Jovito F*****, Küchenhilfe, *****, 9.) Genaro G*****, Küchenhilfe, *****, 10.) Sayany K*****, Küchenhilfe, *****,

11.) Varghese K*****, Küchenhilfe, *****, 12.) Jacob K*****, Küchenhilfe, *****, 13.) Friedrich K*****, Küchenchef, *****, 14.) Evenline K*****, Küchenhilfe, *****, 15.) Gonneh M*****, Buffetkraft, *****, 16.) Mirko M*****, Küchenhilfe, *****, 17.) Mooloud P*****, Buffetkraft, *****, 18.) Rita P*****, Küchenhilfe, *****, 19.) Dojna P*****, Küchenhilfe, *****, 20.) Martin P*****, Sous-Chef, *****,

21.) Gordana R*****, Diätassistentin, *****, 22.) Isabelo S*****, Küchenhilfe, *****, sämtliche vertreten durch Mag. Gabriele Jarosch, Gewerkschaft Hotel, Gastgewerbe, Persönlicher Dienst, 1010 Wien, Hohenstaufengasse 10, sowie den Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Parteien S*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Albin Walchshofer, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei S***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Schneider & Schneider OEG, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Ra 233/00v-17, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 20 Cga 201/99w-10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

I.) Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird gemäß Art 234 EG folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Handelt es sich um den Übergang eines Betriebsteiles im Sinne des Art 1 der Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen,

wenn ein Krankenhausträger,

der bisher ein Großküchenunternehmen mit der Versorgung der Patienten und des Krankenhauspersonals mit Speisen und Getränken zu einem auf dem Verköstigungstag pro Person bezogenen Preis beauftragt

und ihm dazu Wasser und Energie sowie seine Wirtschaftsräume (Betriebsküche) samt dem erforderlichen Inventar zur Verfügung gestellt hat,

nach Aufkündigung dieses Vertrages

diese Aufgaben und die bisher diesem ersten Großküchenunternehmen zur Verfügung gestellten Betriebsmittel einem anderen Großküchenunternehmen überträgt,

ohne dass dieses zweite Großküchenunternehmen die vom ersten Großküchenunternehmen selbst eingebrachten Betriebsmittel - Personal, Warenlager, Kalkulations-, Menü-, Diät-, Rezept- oder Erfahrungsunterlagen - übernimmt.

II.) Das Verfahren wird bis zum Einlangen der Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften im Sinne des § 90a Abs 1 GOG ausgesetzt.

Text

Begründung:

I.) Sachverhalt:

Der Spitalserhalter hat im Jahre 1990 mit der Nebenintervenientin, einer Großküchen-Betriebsgesellschaft, eine Vereinbarung geschlossen, wonach letztere die Lieferung und Versorgung mit Speisen und Getränken sowie die Wirtschaftsdienste, bestehend aus einer kompletten Versorgung der Patienten und des Personals, zu einem auf den Verköstigungstag pro Person berechneten Preis übernimmt. Dabei hatte sie eine bestimmte Speiseauswahl (verschiedene Diätkost) einzuhalten. Die Speiseproduktion hatte in den Betriebsräumen des Spitals zu erfolgen. Zu den Aufgaben der Nebenintervenientin gehörten die Erstellung der Speisepläne, der Einkauf, die Lagerhaltung, die Produktion, die Portionierung und der Transport der portionierten Mahlzeiten auf die Stationen - nicht jedoch die Verteilung an die Patienten -, die Ausgabe im Personalspeisesaal sowie die Reinigung des Schmutzgeschirrs und der benützten Räume. Die Räumlichkeiten selbst sowie Gas, Wasser und Energie und das notwendige Groß- und Kleininventar wurden vom Spitalserhalter zur Verfügung gestellt. Allfällige Beschädigungen dieses Inventars waren von der Nebenintervenientin zu ersetzen. Sonderleistungen waren gesondert zu vergüten. Zusätzlich übernahm die Nebenintervenientin auch noch die ebenfalls im Spital befindliche Cafeteria.

Nachdem es Mitte des Jahres 1998 zu Auseinandersetzungen zwischen dem Spitalserhalter und der Nebenintervenientin gekommen war, kündigte der Spitalserhalter mit Schreiben vom den Vertrag mit der Nebenintervenientin unter Einhaltung der 6-monatigen Kündigungsfrist auf. Mitte Oktober 1999 wurde der Nebenintervenientin, die sich ebenfalls an der Bewerbung im Zuge der Neuausschreibung des Auftrages beteiligt hatte, mitgeteilt, dass der Küchenbetrieb von der nunmehrigen beklagten Partei übernommen wurde. Die Nebenintervenientin stellte sich dann auf den Standpunkt, dass es sich um den Fall eines Betriebsüberganges handle. Der Geschäftsführer der Beklagten lehnte jedoch die Übernahme von Material und Warenlager sowie der Arbeitnehmer der Nebenintervenienten - der klagenden Partei - ab. Auch erhielt er von der Nebenintervenientin keinerlei Kalkulationen, Menüpläne, Diätpläne, Rezepturen oder Erfahrungsberichte. Von den sonstigen Kunden der Nebenintervenientin übernahm er nur 6 bis 10 Menüs für den beim Spital befindlichen Kindergarten.

II.) Zum Vorbringen der Parteien:

Die nur im Rahmen des Küchenbetriebes bzw der Cafeteria in dem Krankenhaus beschäftigten und bei der Nebenintervenientin angestellten klagenden Parteien begehren die Feststellung des aufrechten Bestandes ihres Arbeitsverhältnisses zu der beklagten Partei. Sie stützen dies zusammengefasst darauf, dass die Übernahme des Küchenbetriebes und der Cafeteria einen Betriebsübergang im Sinne des § 3 Abs 1 AVRAG darstelle. Sie werden dabei unterstützt von der Nebenintervenientin, der früheren Betreiberin dieser Küche und der Cafeteria, die geltend macht, dass die Beklagte materielle und immaterielle Mittel und im Ergebnis eine auf Dauer angelegte Wirtschaftseinheit mit den identen Kunden, dem Spitalserhalter, übernommen habe. Es habe sich um einen Produktionsbetrieb mit Elementen eines Handels- und Dienstleistungsbetriebes gehandelt.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im Wesentlichen ein, dass kein direkter Kontakt mit der früheren Betreiberin der Großküche und der Cafeteria bestanden habe und sie auch weder materielle noch immaterielle Mittel von ihr übernommen habe. Teilweise hätten auch die vom Spitalsträger übernommenen Inventarstücke ergänzt werden müssen. Die Beklagte führe den Betrieb nach ihrer eigenen Organisation, mit ihrer eigenen Kalkulation und ihrem eigenen Know how und erstelle auch eigene Speisepläne. Allein in der Nachfolge in der Funktion liege kein Betriebsübergang. Gehe es der Nebenintervenientin als früherer Betreiber der Küche doch nur darum, die verschiedenen Remunerationen und Urlaubsansprüche sowie die Abfertigungsanwartschaften auf die Beklagte zu überwälzen, andernfalls hätte sie bereits früher eine Lösung für die Dienstverhältnisse der Kläger angestrebt.

III.) Der bisherige Verfahrensverlauf:

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Zwar komme dem Fehlen einer vertraglichen Beziehung zwischen der Nebenintervenientin und der Beklagten keine ausschlaggebende Bedeutung zu, sondern es sei nur entscheidend, ob die für den Betrieb verantwortliche Person im Rahmen vertraglicher Beziehung gewechselt habe. Es fehle jedoch am Übergang einer auf Dauer angelegten wirtschaftlichen Einheit im Sinne einer organisierten Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Dass die Dienstleistungen der Nebenintervenientin und der Beklagten einander ähnlich seien, reiche nicht aus. Habe doch die Beklagte im Ergebnis nur die Tätigkeit der Nebenintervenientin, für das Spital in den zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten zu kochen, übernommen. Ein Übergang von Führungskräften, der Organisation des Arbeitsablaufes, Rezepturen, Diätvorschriften aber auch von Kunden sei nicht erfolgt. Wesentlich sei die Planung und Organisation der Tätigkeit.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Nebenintervenientin Folge und änderte es im klagsstattgebenden Sinne ab. Es beurteilte den einleitend dargestellten Sachverhalt dabei im Wesentlichen dahin, dass die Art der Betriebsveräußerung nicht entscheidend sei, vielmehr sei maßgeblich, dass der für das Geschick des Betriebes Verantwortliche wechsle. Von einem Betriebsübergang sei unter Zugrundelegung der Judikatur des EuGH auszugehen, da im Wesentlichen eine identitätbewahrende wirtschaftliche Einheit, die durch die Ausübung der Tätigkeit und die vorhandenen Betriebsmittel und Betriebsräumlichkeiten gekennzeichnet sei, übergegangen sei. Der Übergang der Belegschaft sei eine Folge und nicht Voraussetzung des Betriebsüberganges.

IV: Die dem Obersten Gerichtshof vorgelegten Rechtsmittel:

Die Beklagte macht in ihrer gemäß § 46 Abs 3 Z 3 ASGG jedenfalls zulässigen Revision vorweg Mängel des Berufungsverfahrens geltend, die jedoch nicht vorliegen (vgl § 503 Abs 3 ZPO; dazu, dass im Fall einer ordnungsgemäß ausgeführten Rechtsrüge regelmäßig kein Vorgehen gemäß § 473a erforderlich ist, Kodek in Rechberger ZPO**2 § 468 Rz 5).

Entscheidend wird damit die von der Beklagten in der Revision relevierte Bekämpfung der Rechtsansicht, dass hier ein Betriebsübergang im Sinne des § 3 Abs 1 AVRAG bzw der Richtlinie 77/187/EWG vorliege. Die Beklagte stützt sich dabei zusammengefasst darauf, dass die Beklagte von der Nebenintervenientin keine materiellen oder immateriellen Betriebsmittel wie Warenlager, Menüpläne, Diätpläne, Rezepturen, Kalkulationen oder Erfahrungsbericht übernommen habe, ebensowenig auch nur Teile der Belegschaft. Die allein übernommenen Räumlichkeiten samt Geräten begründeten keine arbeitsorganisatorische Einheit im Sinne eines Betriebsüberganges. Eine Inbestandnahme der Betriebsräumlichkeiten stelle keinen solchen dar. Im Ergebnis handle es sich lediglich um einen Auftragnehmerwechsel.

Dem tritt die Nebenintervenientin im Wesentlichen mit den Argumenten des Berufungsgerichtes entgegen.

Rechtliche Beurteilung

VI: Zu den Vorlagefragen:

§ 3 des Arbeitsvertragsrechtsanpassungsgesetzes (AVRAG) ordnete an, dass ua dann, wenn ein Betriebsteil auf einen anderen Inhaber übergeht, dieser als Arbeitgeber mit allen Rechten und Pflichten in die im Zeitpunkt des Überganges bestehenden Arbeitsverhältnisse eintritt. Diese Bestimmung ist nach ständiger Judikatur des Obersten Gerichtshofes im Sinne einer richtlinienkonformen Interpretation unter Berücksichtigung der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes zur Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen auszulegen. Dabei wird im Rahmen der Interpretation auch bereits auf die Richtlinie 98/50/EG des Rates vom , womit die Richtlinie 77/187/EWG geändert wurde, Bedacht genommen (vgl RIS-Justiz RS0102121 mit zahlreichen weiteren Nachweisen etwa SZ 70/101, SZ 70/219, SZ 71/216; zur richtlinienkonformen Interpretation , Luigi Spano ua, Slg 1995 I-4321 mwN).

Art 1 Abs 1 der Richtlinie 77/187 lautet:

"Diese Richtlinie ist auf den Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen auf einen anderen Inhaber durch vertragliche Übertragung oder durch Verschmelzung anwendbar."

Nach Art 2 lit b dieser Richtlinie ist unter dem Begriff des Erwerbers folgendes zu verstehen:

"Erwerber ist jede natürliche oder juristische Person, die auf Grund eines Überganges im Sinne des Art 1 Abs 1 als Inhaber in das Unternehmen, den Betrieb oder Betriebsteil eintritt."

Entsprechend Art 3 Abs 1 Unterabs 1 der Richtlinie 77/187 gehen die Rechte und Pflichten des Veräußerers aus einem zum Zeitpunkt des Überganges bestehenden Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis auf den Erwerber über. Dazu sieht dann noch Art 4 der Richtlinie vor, dass der Übergang keinen Grund für eine Kündigung darstellen darf.

Die Richtlinie 98/50/EG des Rates vom zur Änderung der Richtlinie 77/187/EWG (ABl. L 201, 88), deren Umsetzungsfrist am abläuft, hat den Art 1 Abs 1 der Richtlinie durch folgenden Text ersetzt:

"a.) Diese Richtlinie ist auf den Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- bzw Betriebsteilen auf einen anderen Inhaber durch vertragliche Übertragung oder durch Verschmelzung anwendbar.

b.) Vorbehaltlich Buchstabe a) und der nachstehenden Bestimmungen dieses Artikels gilt als Übergang im Sinne der Richtlinie der Übergang einer ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit im Sinne einer organisatorischen Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit.

c.) Diese Richtlinie gilt für öffentliche und private Unternehmen, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, unabhängig davon, ob sie Erwerbszwecke verfolgen oder nicht ...."

Zweck der Richtlinie 77/187/EWG ist es, die Kontinuität der im Rahmen einer wirtschaftlichen Einheit bestehenden Arbeitsverhältnisse unabhängig von einem Inhaberwechsel zu gewährleisten, indem sie den Arbeitnehmern die Möglichkeit einräumt, ihr Beschäftigungsverhältnis mit dem neuen Inhaber zu den gleichen Bedingungen, wie mit den früheren Inhabern fortzusetzen (vgl dazu Oy Liikenne Ab, Rz 19; Rs C-173/96 und C-247/96 Hidalgo ua Slg 1998, I 8237 Rz 21 und 24 uva; ebenso OGH RIS-Justiz RS0108458 mit zahlreichen weiteren Nachweisen etwa SZ 70/171, SZ 70/219 und SZ 71/100 ua).

Für das Vorliegen eines Überganges im Sinne der Richtlinie 77/187/EWG, die als Rechtsfolge dann den Übergang der Arbeitsverhältnisse vorsieht, ist die Wahrung der Identität der Einheit entscheidend (vgl , Spijkers, Slg 1986 1119 Rz 11 und 12, Rs C-234/98 Allen ua, Slg 1999 I 8643, Rz 23, Rechtssache Rs C-172/99, Oy Liikenne Ab, Rz 27).

Nicht entscheidend ist, ob eine unmittelbare vertragliche Beziehung zwischen Veräußerer und Erwerber besteht, wenngleich diese als Indiz für den Übergang im Sinne der Richtlinie angesehen wird. Letztlich maßgeblich ist aber nur, ob die für den Betrieb verantwortliche Person, die die Arbeitgeberverpflichtungen gegenüber den Beschäftigten eingeht, im Rahmen von vertraglichen Beziehungen, allenfalls auch unter Einschaltung von Dritten wechselt. Dies kann in mehreren Schritten etwa im Verhältnis zwischen Verpächter und Altpächter sowie Neupächter oder auch im Zuge von Auftragsneuvergaben erfolgen, wenn nur diese Einheit bestehen bleibt (vgl in diesem Sinne zum Übergang des Pachtverhältnisses , Moelle Kro, Slg 1987 5465; Rs 324/86, Daddys Dance Hall, Slg 1988 357; zur Auftrags(neu)vergabe , Christel Schmidt, Slg 1994 I-1311; , Ayse Süzen, Slg 1997 I-1259; , Rs C-229/96 und C-74/97, Vidal ua, Slg 1998 I-8179, ua, Hidalgo ua, Slg 1998 I-8237; zur Weitergabe eines Subauftrages , Allen ua, Slg 1999 I-8643; Zum Subventionsübergang , Redmond Stichting, Slg 1992 I-3189; zum Übergang einer Vertriebsberechtigung und C-172/94, Merckx ua, Slg 1996 I-1253; allgemein auch OGH RIS-Justiz RS0110832 mit zahlreichen wieteren Nachweisen etwa in SZ 71/216).

Im ersten Schritt ist also vorweg zu prüfen, ob eine auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit, deren Tätigkeit nicht nur auf die Ausführung eines bestimmten Vorhabens beschränkt ist, also ein Betriebsteil betroffen ist. Dabei muss es sich um eine organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung handeln (vgl EuGH Rs Süzen Rz 13, Rs Hidalgo Rz 26, Rs Oy Liikenne Ab Rz 25; OGH RIS-Justiz RS0108913 mwN etwa in SZ 70/219, SZ 71/216).

Vorweg ausgehend von dem hier im Wesentlichen unstrittigen Sachverhaltsubstrat, dass es hier offensichtlich zu einer grundsätzlich selbständigen Produktion der Speisen und deren Verteilung im Krankenhaus durch die dort beschäftigten Arbeitnehmer der Nebenintervenientin und nunmehrigen Kläger gekommen ist, kann diese Voraussetzung bejaht werden. Wurden hier doch offenbar auf Dauer diese Arbeitnehmer im Rahmen der Betriebsküche und Cafeteria zum Zweck der Versorgung der Patienten und Bediensteten organisiert.

Im zweiten Schritt ist dann die Frage zu entscheiden, ob diese wirtschaftliche Einheit also auf den neuen Betreiber übergegangen ist. Die Beurteilung dieser Frage hat unter Berücksichtigung verschiedener Kriterien zu erfolgen, und zwar

1.) die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebes,

2.) der Übergang der materiellen Betriebsmittel, wie etwa der Gebäude und beweglichen Güter, sowie der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Überganges

3.) der Übergang von wesentlichen Teilen der Belegschaft auf den neuen Inhaber

4.) der etwaige Übergang von Kunden und Kundenbeziehungen

5.) der Grad der Ähnlichkeit der vor und nach Übergang verrichteten Tätigkeiten und

6.) die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit.

Die Entscheidung über das Vorliegen eines Überganges hat dann unter gemeinsamer Bewertung all dieser Teilaspekte zu erfolgen (vgl Rs Spijkers Rz 13, Süzen Rz 14, Hidalgo Rz 29; Vidal Rz 29, Oy Liikenne Ab Rz 32; OGH RIS-Justiz RS0082749 mit zahlreichen weiteren Nachweisen etwa in SZ 68/187, SZ 70/171, SZ 71/100, SZ 71/216).

Dem ersten Kriterium - den unterschiedlichen Tätigkeiten in Betrieben bzw den unterschiedlichen Produktions- und Betriebsmethoden - kommt deshalb erhebliches Gewicht zu, da sich daraus ergibt, welche Bedeutung dem Übergang der materiellen und immateriellen Betriebsmittel sowie der Belegschaft jeweils zuzumessen ist. So sind bei bestimmten Arten von Betrieben, etwa im Reinigungsgewerbe, eben typischerweise nur die Belegschaft und deren Organisation wesentlich, nicht aber die materiellen Betriebsmittel - Reinigungsmittel etc (vgl dazu etwa EuGH Rs Süzen, Rz 18 Rs Vidal Rz 31, Rs Hidalgo Rz 31).

Die Anwendung dieser Grundsätze auf den Einzelfall obliegt regelmäßig den Gerichten der Mitgliedstaaten (EuGH Rs Süzen Rz 22 ua). Allerdings gibt der EuGH Hinweise zu deren Gewichtung (vgl so Rs Allen Rz 29 ff, insbesondere aber Rs Oy Liikenne Ab Rz 39 ff).

Die Besonderheit des vorliegenden Falles liegt darin, dass die Produkte diese Betriebes im Wesentlichen nur von einem Auftraggeber abgenommen werden, der Betrieb - Betriebsteil - sich auch in dessen Betrieb befindet und ihm wesentliche sachliche Betriebsmittel (Anlagegüter) gehören, die er im Rahmen des Auftrages zur Verfügung stellt.

Von den bisher entschiedenen Fragen des Betriebsüberganges im Zusammenhang mit der Neuvergabe von Reinigungs- oder Beaufsichtigungsaufgaben (vgl die Rs Süzen, Vidal und Hidalgo) unterscheidet sich nun der vorliegende Fall dadurch, dass ausgehend von dem Betriebszweck - der Versorgung der Patienten und des Personals mit Speisen zu bestimmten Preisen - die Betriebsküche und deren Inventar als wesentliche Betriebsmittel anzusehen sind.

Von den Fällen, in denen im Zusammenhang mit dem Übergang von Dritten zur Verfügung gestellten Betriebsmitteln die Möglichkeit eines Betriebsübergangs bejaht wurde, unterscheidet sich der vorliegende Fall dadurch, dass in den bisher entschiedenen Fällen regelmäßig auch Arbeitnehmer übernommen wurden (vgl EuGH Rs Spijkers; Daddys Dance Hall; Rs 101/87, Bork, Slg 1998 3057; Rs Redmond Stichting, Rs Merckx; in der Rs Moelle Kro war der aufrechte Bestand als solcher nicht strittig, sondern nur die Beschäftigung; in der Rs Christel Schmidt wurde kein Übergang von sachlichen Betriebsmittel festgestellt, jedoch wurde der Umstand der Übergangs des Arbeitnehmerin als solcher von der Frage nicht erfasst). Dabei ist natürlich hervorzuheben, dass die "freiwillige" Übernahme von Arbeitsverhältnissen einerseits ein Argument für die Annahme eines Betriebsüberganges ist und andererseits der Übergang der - anderen - Arbeitsverhältnisse auch eine Folge der Bejahung des Vorliegens eines Betriebsüberganges darstellt (vgl etwa , D'Urso ua, Slg 1991 I-4105 ebenso Art 3 der Richtlinie und § 3 AVRAG; dazu, dass der Arbeitnehmer auch ohne die Übernahme des Arbeitsverhältnisses durch Weisungen in Anspruch genommen werden kann , Sanders, Slg 1998 I-6965, ohne dass hier auf den Umfang des Widerspruchsrechtes des Arbeitnehmers einzugehen wäre).

Für einen Betriebsübergang sprechen die letzten beiden Kriterien - die mangelnde Unterbrechung (Kriterium Nr. 6) und die Ähnlichkeit (Kriterium Nr. 5). Nach der bisherigen Rechtsprechung ist aber davon auszugehen, dass allein die Ähnlichkeit der vom alten und neuen Auftragnehmer erbrachten Dienstleistung nicht den Schluss auf den Übergang einer wirtschaftlichen Einheit zulässt. Der Auftragsübergang (einziger Kunde-Kriterium 4) wurde nicht als Kundenübergang qualifiziert, da ja der mit dem ursprünglichen Betriebsinhaber verbundene Auftrag gerade beendet werden soll (vgl Rs Oy Liikenne Ab Rz 40). Allerdings hat der EuGH in der Entscheidung Ayse Süzen (Rz 23; ähnlich Rs Vidal Rz 31) doch ausdrücklich ausgesprochen, dass im Fall einer ähnlichen Auftragsverrichtung ein Betriebsübergang - nur - dann zu verneinen ist, wenn weder relevante materielle oder immaterielle Betriebsmittel noch wesentliche Teile der Belegschaft übergehen. Damit hat er doch dem Umstand der Ähnlichkeit der Tätigkeit gerade dann, wenn der mit dem Auftrag der einzige Kunde des "Betriebes" wegfällt, erhebliches Gewicht zugemessen.

Im Zusammenhang mit dem für den Betriebsübergang sprechenden Übergang von sachlichen Betriebsmitteln (Anlagegüter-Kriterium 2) wurde in der Entscheidung Oy Liikenne Ab (Rz 42) festgehalten, dass dem Fehlen wesentlicher materieller typischer Betriebsmittel entscheidendes Gewicht zukommt. In der Entscheidung Allen (Rz 30) wurde klargestellt, dass das Fehlen des Überganges von nicht typischerweise vom Betriebsinhaber zur Verfügung gestellten Betriebsmitteln kein Hindernis für die Annahme eines Betriebsüberganges darstellt, wenn die Arbeitnehmer übernommen wurden. Für die Beurteilung der hier maßgeblichen Frage, ab dem tatsächlichen Übergang der Wesentlichen sachlichen Anlagegüter-Betriebsmittel bei Verweigerung der Übernahme der gesamten Belegschaft durch den neuen Auftragnehmer bei im wesentlichen ähnlicher Tätigkeit entscheidendes Gewicht zuzumessen ist, scheint eine Klarstellung der Grundsätze zielführend. Dies gerade im Hinblick auf die in den Entscheidungen Süzen und Vidal sowie Christel Schmidt und des regelmäßig im Zusammenhang mit Neuverpachtungen angenommenen Betriebsüberganges (Rs Moeller Kro ua). Hier werden die wesentlichen sachlichen Anlagegüter-Betriebsmittel, und zwar die Betriebsküche und das Inventar vom Auftraggeber im Rahmen des Auftrages zur Verfügung gestellt. Anders als bei einer Verpachtung, wo der Verpächter für die Überlassung der Erwerbsmöglichkeit im Rahmen des Pachtgegenstandes einen Pachtzins erhält, fließt hier der Vorteil aus der Überlassung der wesentlichen sachlichen Betriebsmittel durch den Auftraggeber wohl nur in die Kalkulation des Preises der bezogenen Verköstigung ein.

Im Ergebnis ist der Grundsatz der Freiheit des Abschlusses von Verträgen bei Auftragsvergaben - "Abschlussfreiheit" - (vgl EuGH Rs Oy Liikenne Ab Rz 40; zum verfassungsrechtlichen Schutz unter dem Aspekt des Eigentumsrechts Verfassungsgerichtshof VfSlg 12.222/1989) für den Fall, dass damit auch die Disposition über wesentliche sachliche Betriebsmittel (Anlagegüter) eines "Betriebsteiles" verbunden ist, mit den durch die Richtlinie vorgegebenen Einschränkungen der Abschlussfreiheit bei Arbeitsverträgen im Zusammenhang mit Betriebsübergängen abzuwägen. Besteht doch ein Betrieb typischerweise aus der Verbindung solcher sachlicher Betriebsmittel und der Arbeitnehmer. Dazu scheinen Hinweise des EuGH zielführend. Insbesondere ist es auch dem EuGH vorzubehalten, inwieweit auch hier auf das in der Rs Allen (Rz 30) - dort zur "Neutralisierung" des fehlenden Überganges der sachlichen Betriebsmittel, um den Betriebsübergang zu bejahen - herangezogene Kriterium abzustellen ist, ob typischerweise diese Betriebsmittel im Rahmen der Auftragsvergabe zur Verfügung gestellt werden. Dabei ist auch noch festzuhalten, dass der Auftraggeber nur durch die Vorgaben des Auftrages, nicht aber über die Organisation und die Betriebsführung Einfluß auf den Teilbetrieb hat, an dessen Erfolg auch nicht unmittelbar wirtschaftlich beteiligt ist und den Anlagegütern (sachlichen Betriebsmitteln) auch keine außergewöhnliche Bedeutung zukommt.

VII.) Zur Verpflichtung zur Vorlage und Aussetzung:

Bei den hier die Auslegung des Gemeinschaftsrechtes betreffenden Fragen kann vor dem Hintergrund der bisher ergangenen Entscheidungen des EuGH nicht davon ausgegangen werden, dass kein Raum für einen vernünftigen Zweifel an der Entscheidung dieser Fragen verbleibt. Daher ist der Oberste Gerichtshof verpflichtet, ein Vorabententscheidungsverfahren einzuleiten (vgl Dauses, Das Vorabentscheidungsverfahren nach Art 177 des EG-Vertrages**2, 116 mwN, OGH 4 Ob 86/99x, 7 Ob 211/99a uva).

Der Ausspruch über die Aussetzung des Verfahrens gründet sich auf § 90a Abs 1 GOG.