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OGH vom 16.12.2016, 8ObA69/16d

OGH vom 16.12.2016, 8ObA69/16d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann Prentner und Dr. Weixelbraun Mohr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Josef Schleinzer und ADir. Angelika Neuhauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei E*****, vertreten durch Mag. Egon Stöger, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei I*****, vertreten durch Dr. Metin Akyürek, Rechtsanwalt in Wien, wegen Anfechtung einer Kündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck vom , GZ 15 Ra 83/16t 21, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird gemäß § 2 ASGG,§ 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt – wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat – nicht vor. Das Berufungsgericht ist von den Feststellungen des Erstgerichts nicht abgegangen, sondern es hat in der Begründung seiner Entscheidung lediglich darauf hingewiesen, dass die Beklagte die hier von der Klägerin angefochtene Kündigung mit deren mangelnder theologischer Qualifikation begründet habe, und dass dies ein Auflösungsgrund sei, der von staatlichen Organen (und damit auch von Gerichten) nicht überprüft werden dürfe.

2. Gemäß § 132 Abs 4 Satz 1 ArbVG sind die Bestimmungen des II. Teils des ArbVG auf Unternehmen und Betriebe, die konfessionellen Zwecken einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft dienen, nicht anzuwenden, soweit die Eigenart des Unternehmens oder des Betriebs dem entgegensteht. Der Tendenzschutz des § 132 Abs 4 Satz 1 ArbVG ist nur ein relativer; er wird daher nur gewährt, soweit die Eigenart des Betriebs oder des Unternehmens einer Anwendung der Bestimmungen des II. Teils des ArbVG entgegen steht (9 ObA 156/08v mwN).

Die Beantwortung der Frage, ob jemand als Tendenzträger einer Religionsgesellschaft zu qualifizieren ist, hängt von der Beurteilung und Gewichtung der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls ab, weshalb dieser Frage grundsätzlich keine über den entschiedenen Fall hinausgehende erhebliche Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zukommt (RIS Justiz RS0051376 [T2]).

Im Anlassfall steht (unter anderem) fest, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit als Religionslehrerin nach den für sie geltenden Lehrplänen das Ziel einer „Erziehung“ der unterrichteten Schüler zu gläubigen Menschen zu verfolgen und einen „ganzheitlichen Unterricht“ zu erteilen hatte. Die „konfessionelle Prägung des Religionsunterrichts“ führe zu einer „klaren Orientierung der Schülerinnen und Schüler“; die religiöse Bildung stellt nach den allgemeinen Lehraufgaben des Religionsunterrichts einen „Teil der Persönlichkeitsentwicklung der Schülerinnen und Schüler“ dar. Die Ansicht der Revisionswerberin, nach der die Aufgabe einer Religionslehrerin nur in einer „wertungsfreien Mitteilung religiös geschichtlicher Fakten“ bestanden habe, ist mit dem hier festgestellten Sachverhalt nicht vereinbar.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts, nach der die Klägerin (Religionslehrerin) aufgrund der konkreten Umstände im vorliegenden Fall als Tendenzträgerin zu qualifizieren sei, stellt jedenfalls keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung dar.

3. Eine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO wird in der Revision daher nicht aufgeworfen. Einer weiteren Begründung bedarf die Zurückweisung gemäß § 510 Abs 3 Satz 3 ZPO nicht.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:008OBA00069.16D.1216.000