OGH vom 13.11.2008, 8ObA69/08t
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Spenling und die Hofrätin Dr. Lovrek als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache des Klägers Ing. Thomas P*****, vertreten durch Binder Grösswang Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die Beklagten 1.) G***** GmbH, *****, und 2.) E*****, beide vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung (Streitwert insgesamt 394.333,53 EUR), über die außerordentlichen Revisionsrekurse des Klägers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Ra 28/08s-28, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentlichen Revisionsrekurse werden gemäß § 526 Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Seit der Entscheidung 4 Ob 146/85 (JBl 1986, 333 = EvBl 1986/113 entspricht es der ständigen Rechtsprechung, dass der Rechtsmittelausschluss des § 45 JN auch im Verhältnis zwischen dem Arbeits- und Sozialgericht Wien und den anderen ordentlichen Gerichten anwendbar ist (RIS-Justiz RS0046314). Das gilt auch dann, wenn die sachliche Zuständigkeit des Arbeits- und Sozialgerichts - wie hier - verneint wurde (9 ObA 69/87; 8 ObA 246/95 = SZ 68/188), sofern kein Zweifel darüber besteht, welches das in derselben Gemeinde gelegene zuständige Gericht ist (RIS-Justiz RS0046295; RS0046280).
An dieser Rechtsprechung hielt der Oberste Gerichtshof auch nach der vom Kläger für seinen Standpunkt reklamierten Entscheidung 4 Ob 1/03f fest, in welcher bloß obiter die Frage aufgeworfen wurde, ob § 45 JN verfassungskonform dahin ausgelegt werden solle, dass er im Verhältnis zwischen dem Arbeits- und Sozialgericht Wien und den anderen Wiener Gerichten nicht heranzuziehen sei (9 ObA 12/08t; vgl auch 9 ObA 78/04t). Von dieser Rechtsprechung abzugehen, sieht sich der Oberste Gerichtshof auch durch die Revisionsrekursausführungen des Klägers nicht veranlasst.
2. Infolge der rechtskräftigen Klagezurückweisung gegen die Erstbeklagte als ehemalige Arbeitgeberin des Klägers kann sich der Kläger gegenüber der in den USA ansässigen Zweitbeklagten, die nach den Klagebehauptungen die Konzernmutter der Erstbeklagten ist, nicht auf den Gerichtsstand des Zusammenhangs im Sinne des § 8 ASGG berufen.
3. Nach dem klaren Wortlaut des § 51 Abs 1 ASGG sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes alle Personen, die zueinander in einem privaten oder öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnis, in einem Lehr- oder sonstigen Ausbildungsverhältnis stehen oder gestanden sind. Gemäß § 51 Abs 2 ASGG stehen den Arbeitgebern Personen gleich, für die von einem Arbeitnehmer aufgrund eines Arbeitsverhältnisses mit einem anderen wie von einem eigenen Arbeitnehmer Arbeit geleistet wird. Dass der Kläger nach seiner Behauptung berechtigt sei, von der Zweitbeklagten aufgrund eines Aktienoptionsprogramms Aktien zu erwerben, begründet weder eine unmittelbare noch eine „mittelbare" Arbeitgeberstellung der Zweitbeklagten im Sinne des § 51 Abs 1 und 2 ASGG.
4. Unrichtig ist, dass die Entscheidungen der Vorinstanzen zu dem zwingenden (und damit unzumutbaren) Ergebnis führten, dass Ansprüche des Klägers gegen die Zweitbeklagte nur in den USA geltend gemacht werden könnten, was nach Auffassung des Klägers auch den Intentionen des österreichischen Gesetzgebers widerspreche: Der Kläger, der in der Klage vorbrachte, dass eine solidarische Verpflichtung der Beklagten bestehe, die den Kläger zur Ausübung eines Aktienbezugsrechts berechtige, ist in diesem Zusammenhang nämlich an den Gerichtsstand der Streitgenossenschaft (§ 93 Abs 1 JN iVm § 11 ZPO) zu erinnern. Der Gerichtsstand der Streitgenossenschaft setzt nicht voraus, dass alle Beklagten ihren allgemeinen Gerichtsstand vor einem inländischen Gericht haben. Vielmehr ist durch § 27a Abs 1 JN klargestellt, dass auch für einen ausländischen Streitgenossen (mit Wohnsitz außerhalb des Anwendungsbereichs des europäischen Zivilprozessrechts) - sofern die Voraussetzungen des § 93 JN erfüllt sind - jedenfalls die internationale Zuständigkeit Österreichs besteht (RIS-Justiz RS0045425; 7 Ob 148/02v = ecolex 2003/72; Mayr in Rechberger3 § 93 JN Rz 4). Eine andere Gerichte bindende Verneinung der internationalen Zuständigkeit österreichischer Gerichte ist aus den Entscheidungen der Vorinstanzen deshalb nicht abzuleiten, weil sich deren Prüfungsbefugnis ausschließlich auf die Frage erstreckte, ob der Kläger die Zweitbeklagte im Sinne des § 27a Abs 1 JN iVm § 8 ASGG vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien klagen kann.