OGH vom 07.10.1998, 9ObA193/98t
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Elisabeth Kahler und Heinrich Dürr als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Osman P*****, Lehrling, *****, vertreten durch Dr. Georg Griesser und Dr. Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Günther D***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Helmut Schmidt ua, Rechtsanwälte in Wr. Neustadt, wegen S 41.269,06 brutto s. A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Ra 411/97w-25, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 15 Cga 16/96y-18, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.058,88 (darin enthalten S 676,48 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Die Begründung des Berufungsgerichtes, mit der es einen Betriebsübergang nach § 3 Abs 1 AVRAG bejahte, ist zutreffend, sodaß auf deren Richtigkeit hingewiesen werden kann. Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin entgegenzuhalten:
§ 3 Abs 1 AVRAG normiert, daß beim Übergang eines Unternehmens, eines Betriebes oder eines Betriebsteils auf einen anderen Inhaber (Betriebsübergang), dieser als Arbeitgeber mit allen Rechten und Pflichten in die im Zeitpunkt des Überganges bestehenden Arbeitsverhältnisse eintritt. Vorweg geht es im vorliegenden Fall um die Frage, ob es auch bei Lehrverhältnissen zu einem derartigen Eintritt durch Betriebsübergang kommen kann. Die Revisionswerberin geht nämlich insoweit richtig davon aus, daß eine weitere Prüfung, ob überhaupt ein Betriebsübergang nach § 3 Abs 1 AVRAG vorliegt, entfallen kann, wenn Lehrverhältnisse davon ohnehin nicht betroffen sein können.
Die Revisionswerberin nimmt unter Berufung auf Andexlinger (RdW 1993, 279) dazu den Standpunkt ein, daß sich § 1 AVRAG, der den Geltungsbereich dieses Gesetzes umschreibt, nicht auf Ausbildungsverhältnisse von Lehrlingen beziehe. Dem kann nicht beigepflichtet werden. Der Gesetzgeber wollte im AVRAG arbeitsrechtliche Bestimmungen, die "für weitgehend alle Gruppen von Arbeitnehmern gelten sollen," zusammenfassen und den Geltungsbereich dieses EG-Anpassungsgesetzes möglichst weit fassen, weil die EG-Richtlinien auf alle Arbeitsverhältnisse anzuwenden sind (RV 1077 BlgNR 18. GP, 8 f). § 1 Abs 1 AVRAG bestimmt, daß dieses Bundesgesetz für Arbeitsverhältnisse, die auf einem privatrechtlichen Vertrag beruhen, gilt. Nach aktueller europarechtlicher Rechtsprechung (Danmols - EuGHSlg 1985, 2639; Bork - EuGHSlg 1988, 3057) ist der Arbeitnehmerbegriff im Rahmen der Betriebsübergangsrichtlinie 77/187/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer bei Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen, die durch die §§ 3 bis 6 AVRAG in das österreichische Recht transferiert wurde, nicht gemeinschaftsrechtlich zu verstehen, sondern nach nationalem Recht auszulegen (so auch RV 1077 BlgNR 18. GP, 9). Eine besondere Gefahr, daß dadurch in einzelnen Mitgliedstaaten schutzwürdige Personengruppen aus den Umsetzungsvorschriften herausfallen, besteht jedenfalls im Bereich der §§ 3 bis 6 AVRAG nicht, zumal die Anknüpfung im AVRAG im Sinne des auch von der Judikatur geprägten weiten Arbeitnehmerverständnisses alle Personen erfaßt, die für Rechnung eines anderen in einem Unterordnungsverhältnis Arbeit gegen Bezahlung verrichten (Binder in DRdA 1996, 1 [4 f]; Holzner/Reissner, AVRAG, 19 und 64).
Andexlinger (aaO) verneint die Möglichkeit des ipso iure - Überganges von Lehrverhältnissen nach dem AVRAG unter Berufung auf § 34 Abs 2 BAG, vertritt demnach also offenbar den Standpunkt, daß es sich beim Lehrverhältnis um kein Arbeitsverhältnis handelt, daß auf einem privatrechtlichen Vertrag beruht. Nun ist Andexlinger zuzugeben, daß das BAG das Lehrverhältnis nicht ausdrücklich als Arbeitsverhältnis qualifiziert. Gerade aber der von ihm herangezogene § 34 Abs 2 BAG stellt ein wichtiges Indiz dafür dar, daß das BAG selbst davon ausgeht, daß das Lehrverhältnis als Arbeitsverhältnis zu beurteilen ist. Das Lehrlingsrecht ist qualifiziertes Arbeitsvertragsrecht mit öffentlich-rechtlichem Einschlag; subsidiär finden die Bestimmungen des allgemeinen Arbeitsrechts Anwendung (Berger/Fida/Gruber, BAG Erl 1 zu § 34). Das Lehrverhältnis ist unbeschadet seines besonderen Ausbildungszweckes arbeitsrechtlich als Arbeitsverhältnis und der Lehrvertrag somit als Arbeitsvertrag zu qualifizieren. Darüber besteht heute im Schrifttum und in der Rechtsprechung Übereinstimmung. Lehrlinge im Sinne des BAG sind sohin ausnahmslos Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsvertragsrechts (Berger/Fida/Gruber aaO Erl 4 und 5 zu § 1).
Im Schrifttum herrscht auch weitgehend Einhelligkeit darüber, daß die Vorschrift des § 3 Abs 1 AVRAG auf Lehrverhältnisse Anwendung findet; dies nicht nur deshalb, weil der Geltungsbereich des AVRAG auch die Lehrverträge nach dem BAG mitumfaßt, sondern auch deshalb, weil die Lehrvertragsübernahme prinzipiell nicht anders gestaltet werden kann als die Arbeitsvertragsübernahme (Berger/Fida/Gruber aaO Erl 12 zu § 12). Da in § 1 AVRAG bezüglich der Lehrlinge keine ausdrückliche Ausnahme erfolgt, ist davon auszugehen, daß deren Arbeitsverhältnisse vom Anwendungsbereich des AVRAG erfaßt sind (Gahleitner/Leitsmüller, Umstrukturierung und AVRAG Rz 216). Soweit die Vorschrift des § 3 Abs 1 AVRAG dazu beitragen soll, die besonders schutzwerten Personengruppen im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang abzusichern, müssen wohl auch Lehrlinge als besonders schutzwürdig angesehen werden (vgl Gaul, Betriebsübergang 80 f [zu § 613a BGB]). Die Tragweite der Betriebsübergangsrichtlinie kann nach der Rechtsprechung des EuGH nicht allein auf Grund einer wörtlichen Auslegung bestimmt werden. Entscheidend ist stets der Zweck, welcher darin besteht, die Aufrechterhaltung der Rechte der Arbeitnehmer bei einem Wechsel des Unternehmensinhabers soweit wie möglich zu gewährleisten, indem sie den Arbeitnehmern die Möglichkeit einräumt, ihr Beschäftigungsverhältnis mit dem neuen Inhaber zu denselben Bedingungen fortsetzen, die mit dem Veräußerer vereinbart waren (SZ 68/187 mwN; so auch Karner in RdW 1997, 729 [731]). Lehrlinge werden daher als Arbeitnehmer grundsätzlich auch von den Rechtsfolgen des § 3 Abs 1 AVRAG erfaßt (Binder in DRdA 1996, 1 [5]; Holzer/Reissner aaO 64; Schrank in ecolex 1993, 541; Wagnest, Die Haftung bei Übergang eines Unternehmens oder Betriebes 71 ua), worauf auch die Revisionsgegnerin zutreffend hinweist.
Der Revisionswerberin ist aber zuzugeben, daß beim Eintritt in ein Lehrverhältnis zufolge Betriebsüberganges nach § 3 Abs 1 AVRAG dann Probleme auftreten können, wenn der Erwerber keine entsprechende Lehrberechtigung bzw -befähigung hat. Dies spielt im vorliegenden Fall insoweit eine Rolle, als der Kläger beim Vorgänger als Lehrling im Lehrberuf Karosseur beschäftigt war, während die von ihm als Übernehmer des Betriebes in Anspruch genommene Beklagte zwar über Kfz-Mechaniker jedoch über keine Karosseure als Ausbilder verfügt. Im Schrifttum werden für diese Konstellation verschiedene Lösungsvorschläge unterbreitet:
Während Schrank (ecolex 1993, 541) von einem Erlöschen des Lehrverhältnisses im Übergangszeitpunkt ausgeht, meinen Berger/Fida/Gruber (aaO Erl 12 zu § 12; Erl 31 zu § 14; ihnen folgend Wagnest aaO 71), daß der Eintritt bis zur Eintragung der Änderung des Lehrvertrages durch die Lehrlingsstelle nur schwebend wirksam erfolge; liege ein Eintragungshindernis vor und werde daher die Eintragung verweigert, dann sei auch der ex lege-Übergang rückwirkend nichtig und das Lehrverhältnis bleibe zum Veräußerer aufrecht.
Der erkennende Senat schließt sich - wie schon die beiden Vorinstanzen - der Ansicht von Gahleitner/Leitsmüller (aaO Rz 216) an, der auch Holzer/Reissner (aaO 65) folgen. Danach ist die Eintrittsautomatik zu bejahen und von einer Regelungslücke im BAG auszugehen. Diese kann durch analoge Anwendung des § 2 Abs 9 BAG idF BAG-Novelle 1997, BGBl Nr 67/1997 (vor der Novelle: Abs 8 leg cit) geschlossen werden, der anordnet, daß im Fall des unvorhergesehenen Ausscheidens des Ausbilders eine andere geeignete Person - selbst wenn diese nicht die Ausbilderprüfung abgelegt hat - mit der weiteren Ausbildung betraut werden kann bzw zumindest die bereits aufgenommenen Lehrlinge weiter ausbilden darf. Der Zweck dieser Norm, daß nämlich ein begonnenes Ausbildungsverhältnis nach Möglichkeit auch dann abgeschlossen werden soll, wenn dem Lehrling der Ausbilder "abhanden kommt", trifft offensichtlich auch auf die mit einem Betriebsübergang zusammenhängenden Fälle zu. Daß der Lehrling zur vorzeitigen Auflösung des Lehrverhältnisses berechtigt ist, wenn der Lehrberechtigte unfähig wird, seine Verpflichtungen auf Grund des BAG und des Lehrvertrages zu erfüllen (§ 15 Abs 4 lit d BAG), sei lediglich angemerkt.
Der Revisionswerberin kann auch nicht darin gefolgt werden, insoweit sie aus dem Verweis in § 6 AVRAG auf § 1409 ABGB abzuleiten versucht, daß es sich bei der Verpachtung um keinen Erwerb im zivilrechtlichen Sinn handle, und damit zum Ausdruck bringen will, daß durch eine bloße Verpachtung kein Betriebsübergang nach § 3 Abs 1 AVRAG begründet werden könne.
§ 3 Abs 1 AVRAG spricht neutral und deckungsgleich mit Art 1 der Richtlinie 77/187/EWG vom Betriebs(teil)übergang. Es besteht daher kein Problem, die gemeinschaftsrechtliche Interpretation auch in die nationale Handhabung miteinfließen zu lassen. Der EuGH verlangt für die Erfüllung dieses Merkmals keine Veräußerung und keinen Eigentumswechsel, sondern es genügt beispielsweise ein Verkauf unter Eigentumsvorbehalt (Mietkaufvertrag nach niederländischem Recht: Berg und Busschers - EuGHSlg 1988, 2559), die Rückübertragung nach einem Pachtverhältnis (Ny Molle Kro - EuGHSlg 1987, 5465), die Weiterverpachtung nach einem Pachtverhältnis (Daddy's Dance Hall - EuGHSlg 1988, 739) oder die Weiterveräußerung nach einem Mietverhältnis (Bork - EuGHSlg 1988, 3057). Auch die gegenleistungsfreie Übertragung mittels Subventionsverlagerung (Redmond Stichting - EuGHSlg 1992, 3189) wird subsumiert. Der Erwerber muß also nicht Eigentümer, sondern bloß rechtlich gesicherter oder tatsächlicher Inhaber mit Leitungsmacht in bezug auf das betriebliche Geschehen werden. Auch § 3 Abs 1 AVRAG knüpft schlicht an den "Übergang auf einen anderen Erwerber" an. Der "Veräußerer" - und "Erwerber" - Begriff sind hier also - anders als nach § 1409 ABGB - weit zu ziehen. Ob der Betrieb mit oder ohne Gegenleistung, also durch Kauf, Tausch oder Schenkung, veräußert wird oder daran bloß ein dingliches oder schuldrechtliches Nutzungsrecht (in Gestalt eines Nießbrauchs, einer Miete, Pacht oder Leihe) begründet wird, ist nicht entscheidend. Es reicht aus, daß der für die Geschicke des Betriebes Verantwortliche ("Inhaber") wechselt. Dies ist auch dann der Fall, wenn der Fruchtnießer den Betrieb wieder an den Eigentümer zurückstellt oder der Betrieb von einem Pächter auf den anderen übergeht (Binder in DRdA 1996, 1 [7]; Kirschbaum in DRdA 1994, 350 [352], jeweils mwN; vgl auch Heinze in Tomandl, Der Betriebs(teil)übergang im Arbeitsrecht, 11). Arbeitsverhältnisse mit dem Pächter eines Betriebes gehen bei Neuverpachtung dieses Betriebes also auch dann auf den Neupächter über, wenn zwischen Alt- und Neupächter keine vertraglichen Beziehungen bestehen (ARD 4891/6/97).
Ausgehend davon, daß die Verpachtung grundsätzlich ein geeigneter Übertragungsakt ist, der einen Betriebsübergang im Sinne des § 3 Abs 1 AVRAG begründen kann (RV 1077 BlgNR 18. GP, 11; Krejci, Betriebsübergang, 56 f; vom Senat implizit bejaht auch in ecolex 1998, 156), bleibt nun noch zu prüfen, ob ein derartiger, die wirtschaftliche Einheit des Betriebes wahrender Übergang auch im vorliegenden Fall gegeben ist. Wird ein Betrieb neu verpachtet, sind zur Prüfung der Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen zu berücksichtigen (Ny Molle Kro - EuGHSlg 1987, 5465; BAG , 8 AZR 555/95, teilweise veröffentlicht in ARD 4905/6/98). In der Judikatur des EuGH haben sich folgende Tatbestandsmerkmale für das Vorliegen eines Betriebsüberganges herausgebildet:
1. Das übertragene Gebilde muß eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Dies ist eine organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Diese Tätigkeit darf nicht auf die Ausübung eines bestimmten Vorhabens beschränkt sein;
2. Fortführung derselben wirtschaftlichen Einheit (Betriebsidentität);
3. Übernahme von materiellen oder/und immateriellen Betriebsmitteln;
4. gleichbleibende oder zumindest ähnliche Geschäftstätigkeit;
5. Übernahme der Kundschaft;
6. Übernahme des nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils der Belegschaft.
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang jedoch, daß der EuGH diese Tatbestandsmerkmale im Rahmen eines beweglichen Systems anwendet. So kann auch bei Nichtübernahme von Betriebsmitteln oder Nichtbestehen einer vertraglichen Beziehung zwischen Erwerber und Veräußerer, zB wenn die Übertragung in zwei Schritten unter Einschaltung eines Dritten erfolgt, ein Betriebsübergang vorliegen (Gahleitner/Leitsmüller aaO Rz 204; Karner aaO 729 f, jeweils mit Übersicht der EuGH-Judikatur; SZ 68/187 mwN ua). Auch die Revisionswerberin räumt ein, daß es für die Beurteilung eines Betriebsüberganges nach § 3 Abs 1 AVRAG entscheidend darauf ankommt, inwieweit eine Übernahme materieller oder immaterieller Aktiva erfolgt, Arbeitnehmer und Kunden übernommen werden und sich die betrieblichen Tätigkeiten vor und nach dem Übergang ähneln.
§ 3 Abs 1 AVRAG ist im Sinne des Art 1 Abs 1 der Richtlinie 77/187/EWG und des vorgenannten beweglichen Systems dahin auszulegen, daß der Arbeitgeber auch dann in alle Rechte und Pflichten eines bestehenden Arbeitsverhältnisses eintritt, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Beklagte als neuer Inhaber etwa nicht nur das Areal zum Betrieb einer Kfz-Werkstätte samt zehn Hebebühnen, alter Drehbänke, Richtbank, Bremsprüfstand und sonstigen Prüfeinrichtungen, Spezialwerkzeug, sonstiges Werkzeug und teilweise Fachliteratur, sondern darüberhinaus auch 12 (von vormals 30) Arbeitnehmern und die Kundenliste des Vorgängers übernahm, und diesen überdies aufforderte, bis zum letzten Tag den Betrieb aufrecht zu erhalten, um die durch die Übernahme bedingte Unterbrechung möglichst gering zu halten. So bejahte etwa der EuGH im bereits genannten Fall Daddy's Dance Hall (EuGHSlg 1988, 739) die Anwendung des Art 1 Abs 1 der Richtlinie 77/187/EWG, wenn nach Beendigung eines nicht übertragbaren Pachtverhältnisses der Inhaber des Unternehmens dieses an einen neuen Pächter verpachtet, der das Unternehmen ohne Unterbrechung mit demselben Personal, das zuvor bei Beendigung des ersten Pachtverhältnisses gekündigt worden war, fortführt. Die fragliche Einheit wahrte damit ihre Identität, wie schon das Berufungsgericht richtig hervorhob (Ole Rygaard - EuGHSlg 1995, 2758; Merckx/Ford - EuGHSlg 1996, 1267; Heinze in Tomandl aaO 20 f). Daß die Beklagte nicht alle Arbeitnehmer übernahm, steht der Annahme eines Betriebsüberganges nicht entgegen, zumal die Übernahme der Mitarbeiter hier auf der erkennbaren Absicht beruhte, die bisherige Geschäftstätigkeit fortzuführen, und es nicht etwa nur darum ging, einen vom Übergang unabhängig gestiegenen Personalbedarf zu decken (vgl Ulstein, EFTA - GH, , Rs. C-2/96, veröffentlicht in Oetker/Preis, EAS, Teil C, RL 77/187/EWG, E.Nr. 12a zu Art 1). Die Beklagte nahm als neuer Betriebsinhaber nach verschiedenen Renovierungs- und Umbauarbeiten, insbesondere auch im Hinblick auf die Ausweitung des Betriebsgegenstandes auch auf einen Kfz-Handel, den alten Betriebsgegenstand einer Kfz-Werkstätte wieder auf. Daß dies möglicherweise einen hohen finanziellen Einsatz und unternehmerische Initative der Beklagten erforderte, - wie die Revisionswerberin betont - steht einem Betriebsübergang im Sinne des § 3 Abs 1 AVRAG nicht entgegen. Völlig richtig gewichtete das Berufungsgericht die vorgenannten Teilaspekte im Sinne einer globalen Bewertung im Rahmen eines beweglichen Systems.
Von einer endgültigen Betriebsstillegung durch den Vorpächter, die einem Betriebsübergang entgegenstünde, bzw einer völligen Zerschlagung der alten Betriebsorganisation kann hier also keine Rede sein. Richtig wies das Berufungsgericht darauf hin, daß eine bloß vorübergehende Betriebsunterbrechung durch Renovierungs- und Umbaumaßnahmen einem Betriebsübergang nicht entgegensteht (Ny Molle Kro - EuGHSlg 1987, 5465). Sowohl das Ersuchen der Beklagten an den Vorpächter, den Betrieb bis zuletzt weiterzuführen, als auch das Bemühen um alle "Übernahmeinteressenten" unter den Arbeitnehmern des Vorpächters spricht gegen die Absicht einer endgültigen Stillegung und Zerschlagung des alten Betriebes. Richtig hob das Berufungsgericht auch hervor, daß sich die Beklagte nach Übernahme der Kundenliste auch besonders um die Kunden des Vorgängers bemühte, dies sogar teilweise mit unrichtigen Behauptungen, um bei diesen den Verdacht eines Inhaberwechsels erst gar nicht aufkommen zu lassen und um sich andererseits deren Vertrauen in den bisherigen Betrieb zunutze zu machen. Daß die Beklagte nicht nur den Betrieb des Vorgängers übernahm, sondern selbst auch ihren eigenen Betrieb an den neuen Standort übersiedelte und überdies den Unternehmensgegenstand ausweitete, steht der Annahme eines Betriebsüberganges nicht entgegen. Ein Betriebsübergang ist nämlich auch dann zu bejahen, wenn der übernommene Betrieb im "neuen Betrieb" nur mehr einen Teilbetrieb darstellt (Schrammel in ZAS 1996, 6 [10]). Daneben kann auch davon ausgegangen werden, daß mit den von der Beklagten übernommenen zwölf Arbeitnehmern (darunter vier Kfz-Mechaniker, ein Kfz-Spengler und eine Büroangestellte) auch Know-how der Vorgängerin auf die Beklagte überging. Mit dem Standort der Vorgängerin als solchen ging zweifellos auch Goodwill auf die Beklagte über. Kundenliste, Know-how und Goodwill sind Kriterien, die schon von der deutschen Judikatur für das Vorliegen eines Betriebsüberganges nach § 613a BGB herausgearbeitet wurden (Tomandl in ZAS 1993, 193 [196]; Gahleitner/Leitsmüller aaO Rz 205, je mwN).
Daß die Beklagte nicht mehr Vertragswerkstätte der von der Vorgängerin betreuten Automarke blieb, sondern sich ihrerseits an andere Automarken band, fällt nicht entscheidend ins Gewicht. Erwähnenswert erscheint aber, daß die Beklagte den übernommenen Betrieb nach den Feststellungen des Erstgerichtes zunächst nur mit den Arbeitnehmern der Vorgängerin wiedereröffnete und fortführte (vgl Daddy's Dance Hall - EuGHSlg 1988, 739) und für das übernommene Spezialwerkzeug der Vorgängerin den Betrag von S 150.000,-- zahlte. Die Ansicht, die Beklagte habe lediglich eine "herabgewirtschaftete Unternehmenshülle" erworben, steht mit diesen Umständen nicht im Einklang, wobei allerdings anzumerken ist, daß auch "herabgewirtschaftete" Betriebe vom Übergang gemäß § 3 Abs 1 AVRAG nicht ausgeschlossen sind.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.