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OGH vom 06.11.1991, 9ObA191/91

OGH vom 06.11.1991, 9ObA191/91

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Scheuch und Wolfgang Neumeier als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Univ.Doz. Dr. W***** K*****, Arzt, ***** vertreten durch *****, Rechtsanwalt *****, wider die beklagte Partei ***** Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte, ***** vertreten durch *****, Rechtsanwalt *****, wegen Feststellung (Streitwert 100.000 S) und Zahlung von 1,180.819,60 S brutto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 13 Ra 20/91-44, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 18 Cga 21/90-28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1. zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird, soweit sie sich gegen die Bestätigung der Stattgebung des Feststellungsbegehrens richtet, nicht Folge gegeben, so daß die Urteile der Vorinstanzen als Teilurteil wie folgt zu lauten haben:

"Es wird festgestellt, daß das zwischen der klagenden Partei und der beklagten Partei bestehende Dienstverhältnis über den hinaus mit allen sich daraus ergebenden Rechtswirkungen weiterhin aufrecht besteht.

Die Kostenentscheidung wird der Endentscheidung vorbehalten."

2. den Beschluß

gefaßt:

Im übrigen, also soweit sich die Revision gegen die Stattgebung des Klagebegehrens mit einem Betrag von 1,180.819,60 S brutto samt 4 % Zinsen aus 485.099,62 S brutto vom 29. Jänner bis , aus 572.064,62 S brutto vom 1. bis , aus 659.029,62 S brutto vom 1. bis , aus 745.994,62 S brutto vom 1. bis , aus 832.959,62 S brutto vom 1. bis , aus 919.924,62 S brutto vom 1. bis , aus 1,093.854,60 S brutto vom 1. bis und aus 1,180.819,60 S brutto seit richtet, wird der Revision Folge gegeben. In diesem Umfang und im Kostenpunkt werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zur Ergänzung des Verfahrens und zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war bei der beklagten Partei als Chefarzt angestellt. Sein Dienstverhältnis war gemäß § 22 der Dienstordnung B für die Ärzte und Dentisten bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs (DO.B) unkündbar. Es konnte - abgesehen von dem hier nicht in Frage kommenden Fall des § 31 Abs 3 DO.B - von der beklagten Partei einseitig nur aufgrund eines auf Entlassung lautenden Disziplinarerkenntnisses beendet werden. Nach Einleitung eines Disziplinarverfahrens verfügte der Obmann der beklagten Partei am 2. Dezmber 1988 die Enthebung des Klägers vom Dienst unter Kürzung der Bezüge um ein Drittel. Im Disziplinarverfahren erging am ein Teilerkenntnis, mit dem der Kläger eines Teiles der ihm zur Last gelegten Disziplinarvergehen für schuldig erkannt und über ihn die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt wurde. Daraufhin sprach der Obmann der beklagten Partei mit Schreiben vom die Entlassung des Klägers aus, ohne den Vorstand oder den Überwachungsausschuß der beklagten Partei vorher damit zu befassen.

Der Kläger begehrt die Feststellung, daß sein Dienstverhältnis zur beklagten Partei weiterhin aufrecht sei, und die Zahlung von 1,180.819,60 S brutto sA an während der Enthebung einbehaltenen und nach Ausspruch der Entlassung nicht mehr gezahlten Bezügen. Die lediglich durch den Obmann der beklagten Partei aufgrund des Disziplinarerkenntnisses ausgesprochene Entlassung sei unwirksam. Gemäß § 438 Abs 1 ASVG habe bei Entlassung eines leitenden Arztes der Vorstand im Einverständnis mit dem Überwachungsausschuß vorzugehen. Eine Sanierung der rechtsunwirksamen Entlassung sei nachträglich nicht möglich. Aber auch eine wirksame Entlassungserklärung hätte das Dienstverhältnis nicht beendet, weil die Entlassung ungerechtfertigt erfolgt sei. Durch eine ungerechtfertigte oder unwirksame Entlassung werde ein unkündbares Dienstverhältnis nicht aufgelöst. Die während der Suspendierung einbehaltenen Bezüge seien nachzuzahlen, weil nach Abschluß des Disziplinarverfahrens das Dienstverhältnis nicht wirksam beendet worden sei.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Entlassung sei durch den Obmann der beklagten Partei nach Vorliegen des Disziplinarerkenntnisses auch ohne Einholung des Einverständnisses des Überwachungsausschusses rechtswirksam erklärt worden. § 438 Abs 1 Z 3 ASVG sei lediglich eine interne Ordnungsvorschrift, die die Vertretungsbefugnis des Obmannes nach außen nicht berühre. Im übrigen habe der Vorstand der beklagten Partei das Vorgehen des Obmanns in der Sitzung vom nachträglich genehmigt und der Überwachungsausschuß in der Sitzung vom diesem Vorgehen nicht widersprochen. Schließlich hätten der Vorstand und der Überwachungsausschuß ihr Einverständnis in der Sitzung vom neuerlich bekräftigt. Ein gravierendes Anklagefaktum sei noch unerledigt und daher auch das Klagebegehren auf Nachzahlung des Drittelbezuges nicht berechtigt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es vertrat die Rechtsauffassung, § 438 Abs 1 Z 3 ASVG sei nicht bloß eine interne Ordnungsvorschrift, sondern regle die Befugnis zur Vertretung des Sozialversicherungsträgers. Eine nachträgliche Sanierung der fehlerhaften Entlassung sei angesichts des Zweckes der Befassung des Überwachungsausschusses nicht zulässig. Auch die einbehaltenen Bezüge seien nachzuzahlen, weil die Suspendierung des Klägers durch die Entlassung geendet habe und die Entlassung aus formalen Gründen unwirksam sei.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß nicht schon das Disziplinarerkenntnis den konstitutiven Akt der Entlassung bilde; das ergebe sich schon aus § 31 Abs 1 DO.B, wonach unkündbare Ärzte nur auf Grund eines auf Entlassung lautenden Disziplinarerkenntnisses (und nicht durch ein solches Erkenntnis) entlassen werden können. Auch könne der Vorstand gemäß § 103 Abs 2 DO.B auf Antrag des Arztes Strafen ganz oder teilweise nachsehen. Es sei daher noch eine Disposition des Dienstgebers nach Vorliegen des Disziplinarerkenntnisses möglich. Zur Beendigung des Dienstverhältnisses habe es daher einer weiteren rechtsgeschäftlichen Erklärung bedurft. Die in Organisationsvorschriften von juristischen Personen öffentlichen Rechts enthaltenen Handlungsbeschränkungen der zur Vertretung berufenen Organe seien auch im Außenverhältnis wirksam, zumal solche Beschränkungen nicht zuletzt auch die Interessen der juristischen Person selbst schützen sollen. Lediglich eine nicht kundgemachte und praktisch nicht überprüfbare Beschränkung des Zuständigkeitsbereiches eines an sich vertretungsbefugten Organes könne einem Vertragspartner, der sie weder kannte noch kennen mußte, entgegengehalten werden. Diese Geschäftsführungsbefugnis stehe nach § 7 Abs 1 der Satzung der beklagten Partei (und § 436 Abs 1 ASVG) dem Vorstand und nicht dem Obmann zu. In den in § 438 Abs 1 Z 1 bis 5 ASVG bezeichneten Angelegenheiten habe der Vorstand gemäß § 7 Abs 2 der Satzung im Einverständnis mit dem Überwachungsausschuß vorzugehen. Das Vorgehen des Obmanns sei weder vom Vorstand noch vom Überwachungsausschuß der beklagten Partei genehmigt gewesen. Die Voraussetzungen für ein Vorgehen des Obmanns im Sinne des § 453 Abs 3 ASVG und § 13 Abs 4 der Satzung seien nicht vorgelegen, weil der selbstverständliche Aspekt, daß im allgemeinen die Bezüge bis zum Ausspruch der Entlassung zu zahlen seien, für sich allein nicht Gefahr in Verzug und die Notwendigkeit sofortigen Handelns zur Abwehr eines drohenden Schadens begründen könne. Auch ein Vorgehen des Obmannes ohne Vorstandsbeschluß sei daher nicht gerechtfertigt gewesen. Darüber hinaus ergebe sich aus § 438 ASVG ivm § 436 Abs 2 ASVG durch die Bindung des Vorstandes an das Einverständnis des Überwachungsausschusses auch eine Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstandes. Die Funktion des Überwachungsausschusses beschränkt sich nicht bloß auf eine interne Kontrolle; in den die Ausübung der Dienstgeberfunktion betreffenden Verwaltungsangelegenheiten, bei denen eine nachträgliche Prüfung zu spät komme, werde dem Überwachungsausschuß das Recht zur Mitwirkung an der Geschäftsführung eingeräumt und damit die Vertretungsmacht des Vorstandes im Außenverhältnis beschränkt. Eine Verfügung des Obmannes in Angelegenheiten des Überwachungsausschusses sei in § 13 Abs 4 der Satzung aber nicht vorgesehen. Mit der unmittelbaren Gestaltungswirkung der Entlassung und dem Grundsatz der Unverzüglichkeit ihres Ausspruches sei eine schwebende Unwirksamkeit über einen längeren Zeitraum bis zu einer möglichen nachträglichen Genehmigung nicht zu vereinbaren. Die Sanierung der von einer nicht vertretungsbefugten Person ausgesprochenen Entlassung durch nachträgliche Genehmigung komme daher nicht in Betracht.

Auch das Leistungsbegehren sei berechtigt. Durch die Verknüpfung der Enthebung mit der Bezügekürzung sei klargestellt, daß diese im Falle der Beendigung der Enthebung vom Dienst nicht mehr berechtigt sei. Gebe das Disziplinarerkenntnis dem Arbeitgeber die Möglichkeit, das Dienstverhältnis unverzüglich durch Entlassung zu beenden, falle die offenbar als Sofortmaßnahme im Hinblick auf eine beabsichtigte Entlassung konzipierte Enthebung und Bezügekürzung weg, wenn der Arbeitgeber dennoch das Dienstverhältnis nicht beende.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist teilweise berechtigt.

Wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, sind gemäß § 867 ABGB die in Organisationsvorschriften von juristischen Personen öffentlichen Rechts enthaltenen Handlungsbeschränkungen der zur Vertretung berufenen Organe auch im Außenverhältnis wiksam, zumal solche Handlungsbeschränkungen nicht zuletzt auch die Interessen der juristischen Person selbst schützen sollen (SZ 54/111 = JBl 1982, 197 [ablehnend Wilhelm]; JBl 1986, 375 [ablehnend Wilhelm]). Allerdings ist im Einzelfall zu prüfen, ob eine Norm nur bestimmte Ermächtigungsrichtlinien für die Willensbildung der Verwaltung oder zugleich Regeln für das Verhältnis zwischen den Vertragspartnern festsetzt. Lediglich eine nicht kundgemachte und praktisch nicht überprüfbare Beschränkung des Zuständigkeitsbereiches eines an sich vertretungsbefugten Organs kann einem Vertragspartner, der sie weder kannte noch kennen mußte, nicht entgegengehalten werden (ZAS 1988, 162 mwH [zustimmend Marhold]). Da die hier maßgebliche Handlungsbeschränkung des Vorstandes im Gesetz normiert ist - gemäß § 438 Abs 1 Z 3 ASVG hat der Vorstand bei der Bestellung, Kündigung und Entlassung des leitenden Angestellten und des leitenden Arztes sowie deren ständiger Stellvertreter im Einverständnis mit dem Überwachungsausschuß vorzugehen -, kann die Bestimmung nicht als bloße Ermächtigungsrichtlinie für die Willensbildung der Körperschaft des öffentlichen Rechtes angesehen werden (siehe JBl 1986, 375; ZAS 1988, 182 sowie Marhold in seiner Anmerkung zu dieser Entscheidung aaO 166). Da die ungerechtfertigte Entlassung des leitenden Angestellten oder Arztes zu erheblichen finanziellen Belastungen des Sozialversicherungsträgers führen kann, hat die Organisationsvorschrift den Zweck, diese wichtige Entscheidung nicht bloß einer nachprüfenden Kontrolle des Überwachungsausschusses zu unterwerfen, sondern ihn von vornherein daran zu beteiligen. Für den Fall, daß in den in § 438 Abs 1 ASVG genannten wichtigen Angelegenheiten ein Einverständnis zwischen Vorstand und Überwachungsausschuß nicht erzielt werden kann, ist in den Absätzen 3 bis 7 dieser Gesetzesbestimmung ein besonderes Verfahren vorgesehen, in dem letztlich der Bundesminister für Arbeit und Soziales zur Entscheidung berufen ist. Dem Bundesminister ist nach Abs 7 dieser Bestimmung auch die Erlassung einer vorläufigen Verfügung in den in Abs 1 Z 3 bis 5 bezeichneten Angelegenheiten vorbehalten, sofern innerhalb einer von ihm festgesetzten Frist nicht gültige einverständliche Beschlüsse des Vorstandes und des Überwachungsausschusses oder ein gültiger Beschluß des (um den Überwachungsausschuß) erweiterten Vorstandes zustandekommen.

Dem Vorwurf, es werde mit zweierlei Maß gemessen, ist zu erwidern, daß auch der Arbeitnehmer die Nichteinhaltung dieser gesetzlichen Organisationsvorschriften gegen sich gelten lassen muß (siehe ZAS 1988, 162).

Da die Entlassung die Rechtslage mit Wirkung ex nunc gestaltet, kommt - anders als in dem der von der Revisionswerberin angeführten Entscheidung JBl 1990, 534 zugrundeliegenden Fall - eine nachträgliche Sanierung einer ursprünglich fehlerhaften Entlassung ebensowenig in Frage wie die Entlassung unter einer vom Willen des Arbeitnehmers unabhängigen Bedingung (siehe Kuderna Entlassungsrecht 20; Floretta in Floretta Spielbüchler-Strasser Arbeitsrecht I3 262 und 302;

Martinek-Schwarz Angestelltengesetz7 389 und 543;

Schwarz-Löschnigg Arbeitsrecht4 196, 402 f und 440; RdW 1991,

117).

Die Vorgangsweise des Obmannes war auch nicht durch den der Ermächtigung des § 453 Abs 3 ASVG entsprechend § 13 Abs 4 der Satzung der beklagten Partei gedeckt. Angelegenheiten, die in den Wirkungskreis des Überwachungsausschusses fallen, sind darin weder ausdrücklich genannt noch können diese Bestimmungen im Hinblick auf die in § 438 Abs 7 ASVG dem Bundesminister für Arbeit und Soziales eingeräumte Kompetenz zur Erlassung einer vorläufigen Verfügung analog auf derartige Angelegenheiten angewendet werden. Darüber hinaus fällt angesichts der mit einer möglicherweise ungerechtfertigten Entlassung des Klägers verbundenen Vermögensnachteile für die beklagte Partei die Weitergewährung der Bezüge an den suspendierten Kläger für den - im Vergleich zur mehr als einjährigen Dauer des während der Suspendierung des Klägers durchgeführten Disziplinarverfahrens verhältnismäßig kurzen - erforderlichen Zeitraum bis zu einer Befassung des Vorstandes und des Überwachungsausschusses nicht so sehr ins Gewicht, daß ein sofortiges Handeln des Obmannes zur "Abwehr eines drohenden Schadens" im Sinne von § 453 Abs 3 ASVG und § 13 Abs 4 der Satzung der beklagten Partei notwendig gewesen wäre.

Die vom Obmann der beklagten Partei nicht nur ohne Einholung des Einverständnisses des Überwachungsausschusses, sondern auch ohne vorherige Beschlußfassung im Vorstand ausgesprochene Entlassung des Klägers ist daher unwirksam und das gemäß § 22 Abs 1 DO.B unkündbare Dienstverhältnis des Klägers zur beklagten Partei weiterhin aufrecht.

Zu Recht wendet sich die Revisionswerberin aber gegen die Auslegung des § 28 a DO.B durch die Vorinstanzen. Gemäß Abs 1 dieser Bestimmung ist der Obmann berechtigt, mit Zustimmung des Betriebsrates einen Arzt vom Dienst zu entheben, wenn gegen diesen Arzt wegen des Verdachtes einer mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlung gegen fremdes Vermögen eine Voruntersuchung im Sinn der StPO eingeleitet oder ohne Durchführung einer Voruntersuchung Anklage erhoben oder ein Strafantrag gestellt wurde; gemäß Abs 2 ist der Obmann ferner berechtigt, mit Zustimmung des Betriebsrates einen Arzt vom Dienst zu entheben, wenn die Belassung des Arztes im Dienst wegen der Art der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzung wesentliche Interessen des Versicherungsträgers gefährden würde. Diese Enthebung kann gemäß Abs 3 jederzeit aufgehoben werden. Sie endet jedenfalls mit der Beendigung des Dienstverhältnisses, im Falle der Durchführung eines Disziplinarverfahrens mit dem Erkenntnis der Disziplinarkommission. Gemäß Abs 4 können die Dienstbezüge des vom Dienst enthobenen Arztes - mit Ausnahme der Kinderzulage und der Haushaltszulage - mit Zustimmung des Betriebsrates bis auf zwei Drittel herabgesetzt werden. Sofern das Dienstverhältnis nicht durch Entlassung beendet wird, sind die einbehaltenen Dienstbezüge nach Aufhebung der Enthebung nachzuzahlen. Die Vorrückungsfrist wird durch die Enthebung vom Dienst nicht gehemmt.

Zieht man in Betracht, daß ein unkündbarer Arzt gemäß § 31 Abs 1 DO.B nur aufgrund eines auf Entlassung lautenden Disziplinarerkenntnisses entlassen werden kann, so daß nicht das Disziplinarerkenntnis den konstitutiven Akt der Entlassung bildet, es vielmehr noch einer rechtsgestaltenden Erklärung des Dienstgebers bedarf, bei der er überdies Dispositionsmöglichkeiten hat - gemäß § 103 Abs 2 DO.B kann der Vorstand über Antrag des Arztes Strafen ganz oder teilweise nachsehen - dann lag es auch in der Disposition des Dienstgebers, aufgrund des auf Entlassung lautenden Teilerkenntnisses nicht die Entlassung auszusprechen, sondern noch die Klärung der weiteren Vorwürfe abzuwarten, zumal ein auf Entlassung lautendes Disziplinarerkenntnis sowohl in bezug auf sein formell einwandfreies Zustandekommen als auch inhaltlich der Überprüfung durch die Gerichte unterliegt (SZ 53/119; Arb 10107). Rechtfertigten daher die Fakten, über die bisher noch nicht durch Disziplinarerkenntnis abgesprochen wurde, weiterhin gemäß § 28 a Abs 1 und 2 DO.B die Suspendierung des Klägers, dann endete die Suspendierung weder mit dem auf Entlassung lautenden Teilerkenntnis der Disziplinarkommission noch durch den unwirksamen Ausspruch der Entlassung duch den Obmann der beklagten Partei.

Da die Vorinstanzen, ausgehend von einer vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht, diese Frage nicht geprüft haben, bedarf es diesbezüglich einer Ergänzung des Verfahrens erster Instanz. Eine teilweise Bestätigung bezüglich des für den Zeitraum ab dem Kläger jedenfalls zustehenden 2/3-Anteils seiner Dienstbezüge durch den Obersten Gerichtshof war nicht möglich, weil nicht feststeht, ob und mit welchen Anteilen in den Bezügen des Klägers gemäß § 28 a Abs 4 DO.B der Kürzung nicht unterliegende Zulagen enthalten sind. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht die Parteien zu einem entsprechenden Vorbringen über die im Disziplinarverfahren noch offenen Fakten anzuleiten und aufgrund entsprechender Feststellungen zu prüfen haben, ob die Aufrechterhaltung der Suspendierung und damit der Gehaltskürzung gerechtfertigt ist.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.