OGH vom 11.01.2000, 10ObS314/99w
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Fellinger sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Kainz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr. Walter Schrammel (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Friedrich W*****, ohne Beschäftigung, ***** im Revisionsverfahren nicht vertreten, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, vertreten durch Dr. Anton Paul Schaffer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Berufsunfähigkeitspension, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 23 Rs 45/99k-9, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 44 Cgs 18/99z-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird zur Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Begründung:
Mit rechtskräftigem Bescheid der beklagten Partei vom wurde der Anspruch des am geborenen Klägers auf Berufsunfähigkeitspension für die Zeit vom bis anerkannt und es wurde ausgesprochen, dass die Pension nicht anfällt, weil dem Kläger Maßnahmen der (medizinischen) Rehabilitation gewährt werden. Für die Dauer dieser Maßnahme wurde dem Kläger ein Übergangsgeld gemäß § 306 ASVG gewährt.
Nach Beendigung dieser Rehabilitationsmaßnahmen sprach die beklagte Partei mit Bescheid vom aus, dass die mit Bescheid vom gewährte Berufsunfähigkeitspension weiterhin nicht anfällt, weil durch die Rehabilitationsmaßnahmen die Wiedereingliederung des Klägers in das Berufsleben bewirkt werden konnte.
Der Kläger ist nach Beendigung der Rehabilitationsmaßnahmen weiterhin arbeitslos und bezieht einen Pensionsvorschuss.
Gegen den Bescheid der beklagten Partei vom erhob der Kläger rechtzeitig Klage mit dem Begehren, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihm die mit Bescheid vom gewährte Berufsunfähigkeitspension nach Beendigung der Rehabiliationsmaßnahmen zur Auszahlung zu bringen. Seine Wiedereingliederung in das Erwerbsleben habe nicht bewirkt werden können, weil er nach wie vor arbeitslos sei.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens mit der Begründung, die Wiedereingliederung des Klägers in das Berufsleben habe bewirkt werden können, weil der Kläger auf Grund der am erfolgreich beendeten Rehabilitationsmaßnahmen nunmehr wieder imstande sei, den bisherigen Beruf oder eine sozial oder wirtschaftlich gleichwertige Tätigkeit innerhalb der Berufsgruppe auszuüben.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es vertrat unter Bezugnahme auf die Ausführungen von B. Karl, Rehabilitation und Pension, DRdA 1999, 12 ff (19) die Auffassung, dass die Bestimmung des § 86 Abs 3 Z 2 ASVG, wonach die Berufsunfähigkeitspension erst dann anfalle, wenn durch die Rehabilitationsmaßnahmen die Wiedereingliederung des Versicherten in das Berufsleben nicht bewirkt werden könne, auf die konkrete Erlangung eines Arbeitsplatzes durch den Versicherten abstelle. Da der Kläger bisher keine Arbeit gefunden habe, sei die Pension nach Abschluss der Rehabilitationsmaßnahmen angefallen.
Das Berufungsgericht teilte diese Rechtsansicht und bestätigte das Ersturteil mit der Maßgabe, dass die beklagte Partei schuldig sei, dem Kläger die Berufsunfähigkeitspension nach der am erfolgten Beendigung der Rehabilitationsmaßnahmen zur Auszahlung zu bringen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Die Revision ist im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Seit dem Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl 201, sind Pensionen aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit bzw der Erwerbsunfähigkeit grundsätzlich befristet für die Dauer von längstens zwei Jahren zuzuerkennen. Besteht nach Ablauf der Frist die Invalidität (Berufsunfähigkeit bzw Erwerbsunfähigkeit) weiter, so ist die Pension auf Antrag für jeweils längstens zwei weitere Jahre zuzuerkennen (§ 256 ASVG;§ 133b GSVG;§ 124b BSVG). Dadurch sollte den Pensionsversicherungsträgern im Hinblick auf die nicht vorhersehbare Weiterentwicklung medizinischer Behandlungsmethoden sowie die Unsicherheit medizinischer Langzeitprognosen an sich eine flexiblere Zuerkennungspraxis bei Pensionen aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit bzw der Erwerbsunfähigkeit ermöglicht werden (vgl ErlBem zur RV 72 BlgNR 20. GP, 248 - abgedruckt in Teschner/Widlar, MGA ASVG 64. ErgLfg Anm 1 zu § 256).
Mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 wurde im Bereich der Versicherungsfälle der geminderten Arbeitsfähigkeit bzw der Erwerbsunfähigkeit aber auch der Grundsatz "Rehabilitation vor Pension" im österreichischen Sozialversicherungsrecht verankert. Danach ist seither ein Antrag auf eine Pension aus einem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit bzw der Erwerbsunfähigkeit gleichzeitig als Antrag auf Rehabilitation zu werten und die Einholung der Zustimmung des Behinderten zur Einleitung von Maßnahmen der Rehabilitation ist nicht mehr erforderlich (RV aaO 248 f; vgl § 361 Abs 1 ASVG;§ 194 Abs 1 Z 2 lit a GSVG;§ 182 Z 2 lit a BSVG). Dem Grundsatz "Rehabilitation vor Pension" liegt der Gedanke zugrunde, bevor dem in seiner Arbeitsfähigkeit geminderten Versicherten als Ausgleich der Folgen der Herabsetzung der Arbeitsfähigkeit die Pension gewährt wird, solle versucht werden, die Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen. Rehabilitationsmaßnahmen sind somit auszuschöpfen, bevor wegen verminderter Arbeitsfähigkeit bzw wegen Erwerbsunfähigkeit eine Pension zu leisten ist. Nur wenn Rehabilitationsmaßnahmen keine Aussicht auf Erfolg haben, soll als ultima ratio die Pension in Betracht kommen (B. Karl, Rehabilitation und Pension, DRdA 1999, 12 ff [14] mwN). Nach § 300 Abs 3 ASVG umfasst die Rehabilitation medizinische und berufliche Maßnahmen und, soweit dies zu ihrer Ergänzung erforderlich ist, soziale Maßnahmen mit dem Ziel, Behinderte bis zu einem solchen Grad ihrer Leistungsfähigkeit herzustellen oder wiederherzustellen, der sie in die Lage versetzt, im beruflichen und wirtschaftlichen Leben und in der Gemeinschaft einen ihnen angemessenen Platz möglichst dauernd einnehmen zu können (in diesem Sinne auch § 172 Abs 2 ASVG für die gesetzliche Unfallversicherung sowie § 157 Abs 3 GSVG und § 149 Abs 3 BSVG).
Der Versicherte, dem medizinische oder berufliche Maßnahmen der Rehabilitation gewährt werden, hat gemäß § 306 ASVG Anspruch auf Übergangsgeld. Nach § 307 ASVG besteht für die Dauer der Gewährung von Maßnahmen der Rehabilitation kein Anspruch auf eine Leistung aus einem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit, ausgenommen der Anspruch auf Knappschaftspension. Der Anspruch auf eine solche vor der Gewährung von Maßnahmen der Rehabilitation angefallene Leistung wird hiedurch nicht berührt.
Werden dem Versicherten Maßnahmen der Rehabilitation gewährt und sind ihm diese Maßnahmen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges seiner Ausbildung sowie der von ihm bisher ausgeübten Tätigkeit zumutbar, so fällt die Pension aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit gemäß § 86 Abs 3 Z 2 ASVG erst dann an, wenn durch die Rehabilitationsmaßnahmen die Wiedereingliederung des Versicherten in das Berufsleben nicht bewirkt werden kann.
Im Zusammenhang mit der Frage, ob eine beabsichtigte Rehabilitationsmaßnahme dem Versicherten zumutbar ist und daher an Stelle der Pension Rehabilitation zu gewähren ist, verweist B. Karl aaO 15 f darauf, dass die Zumutbarkeit nicht die einzige Schranke der den Versicherten treffenden Duldungs- und Mitwirkungspflicht darstelle, sondern eine Duldung oder Mitwirkung auch nur dann verlangt werden könne, wenn dadurch die Chance bestehe, ein von der Versicherungsgemeinschaft zu tragendes Risiko zu verringern. Es müsse daher für die Frage, ob der Versicherte selbst eine zumutbare Rehabilitationsmaßnahme ohne Verlust seiner Leistungsansprüche ablehnen könne, darauf ankommen, ob die Rehabilitation voraussichtlich den drohenden Eintritt eines Anspruchs auf Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit bzw wegen Erwerbsunfähigkeit verhindern bzw einen bereits bestehenden Pensionsanspruch beseitigen könne. Dieses Ziel der Risikominimierung werde in Wahrheit nur dann erreicht, wenn der erfolgreich Rehabilitierte einen Arbeitsplatz finde, andernfalls liege lediglich eine Risikoverlagerung von einem Sozialleistungsbereich zum anderen, nämlich von der Pensionsversicherung zur Arbeitslosenversicherung vor. Es sei somit in jedem Einzelfall zu prüfen, ob der Versicherte nach erfolgreicher Rehabilitation mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Verweisungsfeld einen Arbeitsplatz finden werde. Die durch eine erfolgreiche Rehabilitation zu erwartende Einsatzfähigkeit des Versicherten dürfe daher nicht abstrakt, sondern sollte konkret geprüft werden.
Dieser Ansicht haben Jabornegg/Resch, Rehabilitation vor Rente, ZAS 1999, 65 ff [73] entgegengehalten, dass zwar Arbeitsmarktprognosen bei der Zumutbarkeitsfrage mitzuberücksichtigen seien und eine bloße Risikoumverteilung auf die Arbeitslosenversicherung dem gesetzlichen Auftrag nicht gerecht werde. Die Ansicht von B. Karl, es müsse im Einzelfall geprüft werden, ob der Versicherte nach erfolgreicher Rehabilitation mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im erweiterten Verweisungsfeld einen Beruf finde, sei jedoch deutlich zu eng.
Im vorliegenden Fall muss auf die Frage der Zumutbarkeit einer Rehabilitationsmaßnahme nicht weiter eingegangen werden, weil diese bereits im Bescheid der beklagten Partei vom rechtskräftig entschiedene Frage nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist und diese Frage zwischen den Parteien auch gar nicht strittig ist. Strittig zwischen den Parteien ist vielmehr die Frage der Auslegung jenes Teiles der Bestimmung des § 86 Abs 3 Z 2 ASVG, wonach die Pension aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit erst dann anfällt, wenn durch die Rehabilitationsmaßnahmen die Wiedereingliederung des Versicherten in das Berufsleben nicht bewirkt werden kann.
Zur Klärung dieser zwischen den Parteien strittigen Frage ist vorerst auf die Bestimmung des § 254 Abs 5 ASVG näher einzugehen. Diese Bestimmung ordnet für den Fall, dass die Rehabilitation so erfolgreich ist, dass sie es dem Pensionsbezieher ermöglicht, im beruflichen und wirtschaftlichen Leben und in der Gemeinschaft einen ihm angemessenen Platz möglichst dauernd einzunehmen, den Wegfall der Invaliditätspension mit dem Monatsersten an, ab dem das im Monat gebührende Erwerbseinkommen aus einer Beschäftigung, zu der der Pensionsbezieher durch die Rehabilitation befähigt wurde, das Zweifache der Bemessungsgrundlage und das 30fache der jeweils geltenden Höchstbeitragsgrundlage (§ 45 Abs 1 - das sind für das Jahr 2000 S 43.200,-- monatlich) übersteigt. Der Gesetzgeber begründete diese Maßnahme damit, dass dadurch die der Pension innewohnende Ersatzfunktion für das weggefallene Erwerbseinkommen stärker zum Ausdruck gebracht werden soll. Hat die Rehabilitation ihr Ziel so voll erreicht, dass das Erwerbseinkommen das Zweifache der Bemessungsgrundlage und das 30fache der Höchstbeitragsgrundlage übersteigt, soll die Pension zur Gänze wegfallen, weil sie die Ersatzfunktion verloren hat (vgl EB zur RV 932 BlgNR 18. GP, 50 - abgedruckt in Teschner/Widlar aaO Anm 6 zu § 254). Die Regelung des § 254 Abs 5 ASVG, die gemäß § 271 Abs 3 ASVG auch bei Bezug einer Berufsunfähigkeitspension gilt, betrifft somit den Fall, dass der Versicherte bereits einen rechtskräftigen Anspruch auf die Pension hat und ein aufrechter Pensionsbezug vorliegt (arg "Pensionsbezieher"), der jedoch im Hinblick auf das vom erfolgreich Rehabilitierten erzielte relativ hohe Einkommen wegfallen soll.
B. Karl aaO 16 vertritt dazu die Ansicht, die Bestimmung des § 254 Abs 5 ASVG müsse über ihren Wortlaut hinaus ("Pensionsbezieher") auch auf jene Versicherten zur Anwendung gelangen, die zwar die Voraussetzungen für die Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit bzw wegen Erwerbsunfähigkeit erfüllen, deren Pension aber noch nicht angefallen sei, weil Maßnahmen der Rehabilitation gewährt werden; eine gemäß § 86 Abs 3 Z 2 letzter Satz ASVG dem Pensionsanfall entgegenstehende Wiedereingliederung in das Berufsleben werde daher erst dann bewirkt, wenn die Einkommensgrenzen des § 254 Abs 5 ASVG überschritten werden.
Dieser von B. Karl vertretenen Ansicht steht nach Ansicht des erkennenden Senates zunächst der ausdrückliche Wortlaut der Bestimmung des § 254 Abs 5 ASVG (arg "Pensionsbezieher") entgegen. Da, wie bereits dargelegt, ein Antrag auf eine Pension aus einem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit gemäß § 361 Abs 1 letzter Satz ASVG idF BGBl 1996/201 auch als Antrag auf Leistungen der Rehabilitation zu werten ist, hat der Versicherungsträger gleichzeitig sowohl das Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen für den Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit (Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit) zum Stichtag als auch die Sinnhaftigkeit der Rehabilitation zu prüfen (Gründler, Die Pension2 133: BMAGS , 21.891/170-2/97 - veröffentlicht in ARD 4867/8/97). Mit dem Vorliegen aller materiellen und formellen Leistungsvoraussetzungen ist das Leistungsverhältnis entstanden, welches die Grundlage für die Gewährung einer Leistung bildet. Soweit eine Leistung für einen bestimmten Zeitabschnitt gebührt (zB Pension), bedarf es noch der Festlegung, ab welchem Zeitpunkt diese Leistung zusteht. Das Gesetz bezeichnet diesen Zeitpunkt als Leistungsanfall (§ 86 ASVG). Er kann vom Zeitpunkt des Entstehens des Leistungsverhältnisses (§ 85 ASVG) abweichen (Schrammel in Tomandl, SV-System 8. Erg.Lfg 147). Kommt der Versicherungsträger zu dem Ergebnis, dass er Rehabilitationsmaßnahmen gewährt, fällt die Pension - wie beim Kläger - vorerst nicht an (§ 86 Abs 3 Z 2 ASVG). Um allfällige finanzielle Versorgungslücken für die Versicherten hintan zu halten, gebührt gemäß § 306 Abs 1 letzter Satz ASVG idF BGBl I 1997/139 Übergangsgeld ab dem Zeitpunkt, in dem die Pension aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit ohne diese Rehabilitationsmaßnahmen angefallen wäre (vgl ARD 4867/8/97). Der Lebensunterhalt des Rehabilitanden ist in diesen Fällen somit entweder durch das Übergangsgeld oder in den Fällen der sozialen Rehabilitation durch den Arbeitsverdienst gesichert (Teschner/Widlar aaO Anm 1 zu § 307). Wenn der Versicherte die Rehabilitation mit Erfolg abschließt, kommt es nie zu einem Pensionsanfall. Die erfolgreiche Rehabilitation wirkt insofern leistungsvernichtend; sie wirkt als Leistungsausschlussgrund (Schrammel, Möglichkeiten eines "schlankeren" Schutzes der Arbeitsfähigkeit in der österreichischen Sozialversicherung in Tomandl (Hrsg), Wiener Beiträge zum Arbeits- und Sozialrecht: "Wie schlank kann soziale Sicherheit sein?" 65 ff [78]).
Nach § 307 Abs 1 letzter Satz ASVG wird hingegen der Anspruch auf eine vor der Gewährung von Maßnahmen der Rehabilitation angefallene Leistung aus einem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit durch die Gewährung dieser Maßnahmen der Rehabilitation nicht berührt. Den Pensionsbeziehern gebührt somit kein Übergangsgeld. Sie beziehen vielmehr ihre Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit während der Gewährung von Rehabilitationsmaßnahmen weiter, sodass sie eines Übergangsgeldes zur Sicherstellung ihres Lebensunterhaltes nicht bedürfen. Der erfolgreiche Abschluss eines Rehabilitationsverfahrens führt bei den Pensionsbeziehern für sich allein noch zu keinem Verlust des ursprünglichen Pensionsanspruches. Die Sozialversicherungsgesetze sehen jedoch vor, dass die Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit wegfällt, wenn der Versicherte aus dem "Rehabilitationsberuf" ein entsprechendes Erwerbseinkommen (vgl § 254 Abs 5 ASVG) erzielt (Schrammel aaO 78).
Die Bestimmung des § 254 Abs 5 ASVG bezieht sich daher nach Ansicht des erkennenden Senates nur auf jene Fälle, in denen Rehabilitationsmaßnahmen erst nach dem Anfall einer Pension gewährt werden, und somit nur auf Pensionsbezieher, deren Pension dann wegfallen soll, wenn sie auf Grund der erfolgreichen Rehabilitation nunmehr wieder ein Einkommen beziehen, welches die in dieser Bestimmung festgelegte Einkommensgrenze übersteigt (vgl auch Jabornegg/Resch aaO 69). Auch B. Karl aaO 17 räumt ein, dass die von ihr vertretene Gleichbehandlung der Versicherten, die alle Anspruchsvoraussetzungen für die Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit erfüllen, deren Pension aber wegen der Gewährung von Rehabilitationsmaßnahmen nicht angefallen ist, mit den Pensionsbeziehern, denen Rehabilitation gewährt wird, dem Grundsatz "Rehabilitation vor Pension" diametral zuwiderläuft, weil dadurch der angestrebte Pensionswegfall erst bei einem relativ hohen Einkommen des erfolgreich Rehabilitierten erzielt würde. Die Regelung des § 254 Abs 5 ASVG erweise sich als ein kontraproduktives Relikt aus jener Zeit, als der Anspruch auf Invaliditäts- bzw Berufsunfähigkeitspension auch nach erfolgreicher Rehabilitation aufrecht geblieben sei. Es entspricht jedoch der erklärten Absicht des Gesetzgebers des Strukturanpassungsgesetzes 1996 (vgl EB zur RV 72 BlgNR 20. GP, 249), dass eine Invaliditätspension bzw Berufsunfähigkeitspension entsprechend dem Grundsatz "Rehabilitation vor Pension" künftig nur dann anfallen soll, wenn zumutbare Rehabilitationsmaßnahmen die Wiedereingliederung in das Berufsleben nicht bewirken können (§ 86 Abs 3 Z 2 letzter Satz ASVG). Die von B. Karl vertretene ausdehnende Auslegung der Bestimmung des § 254 Abs 5 ASVG würde daher zweifellos auch im Widerspruch zu den Intentionen des Gesetzgebers stehen.
Es kommt daher bei jenen Versicherten, die zwar - wie der Kläger - die Voraussetzungen für die Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit erfüllen, deren Pension aber noch nicht angefallen ist, weil Maßnahmen der Rehabilitation gewährt werden, gemäß § 86 Abs 3 Z 2 ASVG erst dann zum Anfall der Pension, wenn durch die Rehabilitationsmaßnahmen die Wiedereingliederung in das Berufsleben nicht bewirkt werden kann. Während der Kläger und ihm folgend die Vorinstanzen der Ansicht sind, dass von einer Wiedereingliederung in das Berufsleben erst dann gesprochen werden könne, wenn der Versicherte nach Beendigung der Rehabilitationsmaßnahmen auch tatsächlich einen Arbeitsplatz erlangt hat, vertritt die beklagte Partei dem gegenüber die Ansicht, dass von einer Wiedereingliederung in das Berufsleben bereits dann auszugehen sei, wenn der Versicherte nach erfolgreicher Rehabilitation wieder imstande sei, seinen bisherigen Beruf oder eine sozial oder wirtschaftlich gleichwertige Tätigkeit innerhalb seiner Berufsgruppe auszuüben. Ob der Versicherte einen entsprechenden Arbeitsplatz finde, sei für die Frage der Invalidität, Berufsunfähigkeit bzw Erwerbsunfähigkeit ohne Bedeutung, sondern betreffe den Bereich der Arbeitslosenversicherung.
Es ist der Ansicht von B. Karl aaO 19 darin beizupflichten, dass der Wortlaut der Bestimmung des § 86 Abs 3 Z 2 letzter Satz ASVG ("..... wenn durch die Rehabilitationsmaßnahmen die Wiedereingliederung des Versicherten in das Berufsleben nicht bewirkt werden kann") scheinbar auf die konkrete Erlangung eines Arbeitsplatzes abstellt. Diese Bestimmung ist jedoch im Zusammenhang mit der Regelung des § 300 Abs 3 ASVG zu sehen, die als Ziel der Rehabilitation die Herstellung oder Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit nennt, die den Versicherten in die Lage versetzt, im beruflichen und wirtschaftlichen Leben und in der Gemeinschaft einen ihm angemessenen Platz möglichst dauernd einnehmen zu können (vgl dazu beispielsweise auch verschiedene Begriffsdefinitionen von Rehabilitation, in denen die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit und die damit regelmäßig verbundene Möglichkeit der beruflichen Wiedereingliederung des Versicherten als in unmittelbarem Zusammenhang stehend gesehen werden in Meisel, Gedanken zur Neuregelung der Rehabilitation in der Sozialversicherung, SozSi 1965, 191 ff). Auch B. Karl aaO 18 räumt ein, dass die Definition des Zieles der Rehabilitation in § 300 Abs 3 ASVG darauf hindeutet, dass es nur darauf ankommen soll, ob der Versicherte nach der erfolgreichen Rehabilitation wieder einen Beruf ausüben kann und nicht, ob er tatsächlich einen Arbeitsplatz finden wird. Diese abstrakte Betrachtungsweise hat im Bereich der österreichischen Pensionsversicherung Tradition. So ist es nach ganz allgemein herrschender Auffassung für die Frage der Invalidität, Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit ohne Bedeutung, ob der Versicherte im Verweisungsberuf einen Dienstposten finden wird. Der Berücksichtigung der konkreten Arbeitsmarktsituation in diesem Zusammenhang steht die gesetzliche Festlegung der Kompetenzbereiche der Pensionsversicherung einerseits und der Arbeitslosenversicherung andererseits entgegen. Die fehlende Nachfrage nach Arbeit fällt nur in den Risikobereich der Arbeitslosenversicherung (SSV-NF 7/68; 6/56 mwN der Vorentscheidungen und der Lehre; RIS-Justiz RS00684863; RS0084720; Grillberger, Sozialrecht4 81 f; Brodil/Windisch-Graetz, Sozialrecht3 132 uva).
Auch B. Karl aaO 17 und 20 f räumt ein, dass für die Enscheidung über einen Antrag auf Weitergewährung einer befristet zuerkannten Pension neuerlich zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen des Pensionsanspruches gegeben sind und daher bei dieser neuerlichen Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für die Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit bzw Erwerbsunfähigkeit der erfolgreich Rehabilitierte, aber arbeitslose Versicherte wegen der gebotenen abstrakten Betrachtungsweise nicht als invalid, berufsunfähig bzw erwerbunfähig gelte (vgl auch SSV-NF 10/46 mwN ua). Für die Annahme der Autorin, dass demgegenüber die bereits mehrfach zitierte Bestimmung des § 86 Abs 3 Z 2 letzter Satz ASVG auf die konkrete Erlangung eines Arbeitsplatzes abstelle, bieten die gesetzlichen Bestimmungen nach Ansicht des erkennenden Senates keinen verlässlichen Anhaltspunkt. Es ist auch den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen, dass der Gesetzgeber bei Schaffung der Bestimmung des § 86 Abs 3 Z 2 letzter Satz ASVG von der in der Pensionsversicherung allgemein herrschenden abstrakten Betrachtungsweise abgehen und eine unterschiedliche Betrachtungsweise in der im § 86 Abs 3 Z 2 ASVG geregelten Frage des Pensionsanfalles aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit und des bei einem Antrag auf Weitergewährung einer aus diesen Versicherungsfällen befristet zuerkannten Pension neuerlich zu prüfenden Vorliegens einer Invalidität bzw Berufsunfähigkeit im Sinn der §§ 255 und 273 ASVG vorsehen wollte. Es kommt daher entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanzen dem Umstand, dass der Kläger nach Beendigung der Rehabilitationsmaßnahmen noch keinen Arbeitsplatz erlangt hat, auch für die Frage des Pensionsanfalles nach Gewährung von Maßnahmen der Rehabilitation im Sinne des § 86 Abs 3 Z 2 letzter Satz ASVG keine Bedeutung zu. Entscheidend ist vielmehr, ob der Kläger entsprechend dem Prozessvorbringen der beklagten Partei nach erfolgreicher Rehabilitation wieder imstande ist, seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit oder eine andere Tätigkeit, die derselben Berufsgruppe zuzurechnen ist, weil sie eine ähnliche Ausbildung und gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten verlangt (§ 273 Abs 1 ASVG), zu verrichten.
Da zu dieser Frage bisher noch keine Beweise aufgenommen wurden, waren die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Sache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.