OGH vom 17.06.2010, 13Os105/09d
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fuchs und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Rumpl als Schriftführerin in der Finanzstrafsache gegen Ekrem H***** und einen anderen Angeklagten wegen Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Ekrem H***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom , GZ 083 Hv 29/09f-20, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Aus ihrem Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen A/I und B/I und in den Strafaussprüchen (einschließlich der Vorhaftanrechnung sowie des Verfalls- und des Wertersatzerkenntnisses) aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Ekrem H***** auf diese Entscheidung verwiesen.
Diesem Angeklagten fallen auch die Kosten des Verfahrens über seine Nichtigkeitsbeschwerde zur Last.
Text
Gründe :
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Josef E***** und Ekrem H***** (richtig: jeweils mehrerer) Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG (A/I und B/I) und der Monopolhehlerei nach § 46 Abs 1 lit a FinStrG (A/II und B/II), Ekrem H***** überdies mehrerer Finanzvergehen des vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols nach §§ 44 Abs 1 lit a, 11 dritter Fall FinStrG (B/III) schuldig erkannt.
Danach haben in Wien im Bereich des Zollamts Wien jeweils in mehreren Angriffen
A/ Josef E***** von Anfang März 2007 bis zum
I/ vorsätzlich Sachen, hinsichtlich welcher ein Schmuggel begangen worden war, nämlich insgesamt 1.800 Stangen (359.340 Stück) Zigaretten, gekauft und teilweise verhandelt, wobei es ihm darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung von Abgabenhehlerei eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen;
II/ durch die zu A/I angeführte Tathandlung vorsätzlich Monopolgegenstände, hinsichtlich welcher in die Rechte des Tabakmonopols nach § 5 Abs 3 TabMG 1996 eingegriffen worden war, nämlich die unter A/I genannten Zigaretten, gekauft und teilweise verhandelt;
B/ Ekrem H***** am sowie von Anfang März 2007 bis zum
I/ vorsätzlich Sachen, hinsichtlich welcher ein Schmuggel begangen worden war, nämlich insgesamt 1.980 Stangen (395.340 Stück) Zigaretten, gekauft und teilweise verhandelt, wobei es ihm darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung von Abgabenhehlerei eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen;
II/ vorsätzlich Monopolgegenstände, hinsichtlich welcher in die Rechte des Tabakmonopols nach § 5 Abs 3 TabMG 1996 eingegriffen worden war, nämlich 180 Stangen der zu B/I genannten Zigaretten, am von Gabor K***** gekauft und verhandelt;
III/ durch den Ankauf der übrigen 1.800 Stangen der unter B/I angeführten Zigaretten zur Ausführung der Tathandlung durch unbekannt gebliebene Täter beigetragen, die vorsätzlich in Monopolrechte eingriffen, indem sie zu ihrem Vorteil vorsätzlich die in den Vorschriften über das Tabakmonopol enthaltenen Verbote hinsichtlich des Handelns von Monopolgegenständen (§ 5 Abs 3 TabMG 1996) verletzten.
Ohne im Urteil eine betroffene Abgabenart zu bezeichnen ging das Schöffengericht hinsichtlich Josef E***** von einem „strafbestimmenden Wertbetrag“ (iSd § 37 Abs 2 FinStrG) von 55.910,61 Euro und zudem von einem Kleinverkaufspreis der Zigaretten (§§ 44 Abs 2 lit c, 46 Abs 3 FinStrG) von 64.349,75 Euro aus, in Ansehung des Beschwerdeführers Ekrem H***** von entsprechenden Beträgen von 62.238,83 Euro und 70.289,75 Euro (US 21; vgl US 11, 13).
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen vom Angeklagten Ekrem H***** aus Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel. Sie gibt jedoch Anlass zu amtswegigem Vorgehen.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde:
Soweit sich die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) in Betreff der 180 Stangen Zigaretten (US 10), die vom Schuldspruch B/II und einem Teil des Schuldspruchs B/I erfasst werden, mit der Abgrenzung von Vollendung und Versuch befasst, spricht sie keine für Schuldspruch oder anzuwendenden Strafsatz entscheidenden Umstand an ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 398 f, 645; RIS-Justiz RS0122137).
Die Feststellungen über den Ankauf der weiteren 1.800 Stangen Zigaretten (US 12; B/III und teilweise B/I) auf die verschränkte Betrachtung der Aussagen des Mitangeklagten Josef E*****, des Zeugen Gerhard N***** und des Beschwerdeführers sowie dessen Kontakte anlässlich früherer Taten (vgl US 9) und das Ausmaß der Lieferungen zu stützen (US 17 ff) ist unter dem Gesichtspunkt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (Z 5 vierter Fall).
Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur schlechterdings unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).
Mit den vorgebrachten Hinweisen auf die in Ansehung der 1.800 Stangen Zigaretten leugnende Verantwortung des Angeklagten Ekrem H***** und auf Angaben des Angeklagten Josef E***** über den Zigarettenankauf (vgl US 17 f) werden keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen geweckt.
Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) die zum Schuldspruch B/II festgestellte Kaufvereinbarung in Abrede stellt (US 10), verfehlt sie den im konstatierten Sachverhalt gelegenen Bezugspunkt des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes (RIS-Justiz RS0099810).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Zur amtswegigen Maßnahme:
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass dem Urteil nicht geltend gemachte, beiden Angeklagten zum Nachteil gereichende, gemäß § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO von Amts wegen aufzugreifende Nichtigkeit anhaftet:
1. Das den Angeklagten vom Erstgericht (in nach § 38 Abs 1 lit a FinStrG qualifizierter Form) angelastete (A/I und B/I) Finanzvergehen der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG verantwortet, wer vorsätzlich eine Sache oder Erzeugnisse aus einer Sache, hinsichtlich welcher ein Schmuggel (§ 35 Abs 1 FinStrG), eine Verzollungsumgehung (§ 36 Abs 1 FinStrG) oder eine Verkürzung von Verbrauchsteuern (Alkoholsteuer, Biersteuer, Mineralölsteuer, Schaumweinsteuer, Tabaksteuer; vgl Dorazil/Harbich FinStrG § 33 Anm 19, Doralt/Ruppe , Steuerrecht II 5 Rz 290 ff) oder von Eingangs- oder Ausgangsabgaben (§§ 35 Abs 2 und Abs 3, 36 Abs 2 FinStrG; Dorazil/Harbich FinStrG § 37 E 35) begangen wurde, kauft, zum Pfand nimmt oder sonst an sich bringt, verheimlicht oder verhandelt. Zum Tatbestand der Abgabenhehlerei gehört (faktisch) eine vollendete Vortat in Gestalt eines der erschöpfend aufgezählten Finanzvergehen ( uva). Die Vortat muss in dem wegen Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG schuldig sprechenden Urteil als vollendet festgestellt sein ( Dorazil/Harbich FinStrG § 37 Anm 5 und E 30, 31, 38, 39; RIS-Justiz RS0086500; jüngst 13 Os 19/08f, EvBl 2010/13, 85).
Demnach erforderliche Feststellungen lässt das Urteil jedoch vermissen. In den Entscheidungsgründen ist, indem an Stelle von Tatsachenkonstatierungen wiederholt Rechtsbegriffe ohne Sachverhaltsbezug gebraucht werden ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 8), von „Schmuggelzigaretten“ und von „eingangsabgabepflichtige(n) Waren“ die Rede, „welche Gegenstand eines Schmuggels waren“, desgleichen (abermals ohne Sachverhaltsangaben) von „zollunredliche(r) Einfuhr“ (US 10 ff). Eine Tatsachenbasis für die rechtliche Annahme (in Betreff von Vortaten), dass eine Verbringung aus Drittländern stammender Zigaretten in das Zollgebiet der Europäischen Gemeinschaft stattgefunden habe (§ 35 Abs 1 lit a FinStrG), bringen die Entscheidungsgründe solcherart nicht zum Ausdruck.
Gleiches gilt für die Bezugnahme der Tatrichter darauf, dass Gabor K***** 180 Stangen Zigaretten (die von B/I miterfasst werden, vgl B/II) nicht selbst „nach Österreich geschmuggelt“ hatte (US 11). Innerhalb des Zollgebiets der Europäischen Gemeinschaft (Art 3 Abs 1 ZK) kann seit dem Beitritt Österreichs am kein Zolldelikt im grenzüberschreitenden Warenverkehr mehr begangen werden (zB Leitner/Toifl/Brandl , Österreichisches Finanzstrafrecht 3 Rz 1121). Unmittelbare Einfuhr aus einem Drittland nach Österreich wurde nicht konstatiert.
Die Bezugnahme der Entscheidungsgründe auf die Herstellung eines Teils der Ware als „EU-Zigaretten“ in Frankreich (US 13), somit innerhalb des Zollgebiets (Art 3 Abs 1 ZK), geht an dem für einen Schuldspruch nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG erforderlichen Tatsachensubstrat ebenso vorbei.
Diese Feststellungen bieten demnach keine Grundlage für die rechtliche Annahme von vorangegangenem Schmuggel der Zigaretten (§ 35 Abs 1 FinStrG).
Der Hinweis in den Entscheidungsgründen, dass es sich bei einem im Urteil nicht näher beschriebenen Teil der bei Josef E***** sichergestellten Zigaretten um „drittländische Produkte“ handelte (US 13), lässt die für eine Beurteilung der Vortat(en) als Schmuggel maßgebliche Herkunft aller anderen Zigaretten offen. Welche verkürzten Abgaben auf die „drittländischen“ Zigaretten entfallen (§ 37 Abs 2 FinStrG), die nach den vorliegenden Feststellungen die einzigen Waren sind, hinsichtlich derer eine als Schmuggel zu beurteilende Vortat begangen worden sein könnte, ist dem Urteil nicht zu entnehmen.
Aber auch für die rechtliche Annahme einer als Finanzvergehen nach § 33 Abs 1 FinStrG fassbaren Vortat in Betreff von Tabaksteuer hinsichtlich eines gemäß § 53 Abs 1 lit b FinStrG und nicht § 53 Abs 2 lit b FinStrG, der nicht auf Verbrauchsteuern abstellt zur Gerichtszuständigkeit führenden Verkürzungsbetrags (13 Os 9/08k, EvBl 2009/64, 420; 13 Os 19/08f) bieten die Feststellungen kein ausreichendes Substrat. Aus ihnen geht insoweit lediglich hervor, dass Tabaksteuer für die in Rede stehenden Zigaretten jedenfalls nicht gemäß § 27 Abs 5 TabStG angemeldet und entrichtet wurde (vgl § 27 Abs 1 TabStG).
Demnach leidet das vorliegende Urteil, weil die den Angeklagten neben der erörterten Abgabenhehlerei noch zur Last liegenden Monopolvergehen bei den festgestellten Kleinverkaufspreisen von nicht mehr als 75.000 Euro (US 21, 15 unten) keine Gerichtszuständigkeit begründen (vgl §§ 53 Abs 1 lit b, 44 Abs 2 lit c, 46 Abs 3 FinStrG), an einem die gerichtliche Zuständigkeit (§ 53 Abs 1 lit b oder Abs 2 lit b, Abs 3 FinStrG) zur Ahndung von Finanzvergehen durch die Taten laut A/I und B/I betreffenden und daher Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO bewirkenden Rechtsfehler mangels Feststellungen.
2. Außerdem haftet dem Urteil im Ausspruch über den Verfall der sichergestellten Zigaretten und über die Wertersatzstrafe eine ungerügte Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 dritter Fall StPO an, weil das Erstgericht die Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß § 17 Abs 6 und § 19 Abs 5 FinStrG gänzlich unterlassen hat (RIS-Justiz RS0088035).
Kein Anlass, nach § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO vorzugehen, bestand übrigens hinsichtlich des Schuldspruchs B/II wegen Monopolhehlerei nach § 46 Abs 1 lit a FinStrG, der zwar rechtsfehlerhaft (Z 10), aber im Ergebnis ohne Nachteil für den betroffenen Angeklagten Ekrem H***** ist:
Die Tathandlungen des § 46 Abs 1 FinStrG erfordern eine abgeschlossene Vortat im Sinn des § 44 Abs 1 FinStrG.
Die Begehung des Finanzvergehens des vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols nach § 44 Abs 1 lit b FinStrG kommt allerdings durch den Entfall des Verbots der Überführung von Tabakerzeugnissen in den zollrechtlich freien Verkehr zu gewerblichen Zwecken im Monopolgebiet infolge Aufhebung des § 2 TabMG 1996 durch Art VII des zweiten Abgabenänderungsgesetzes 2002 BGBl I 2002/132 mangels eines akzessorischen Einfuhr Tabakmonopols als Vortat nicht mehr in Betracht (RIS-Justiz RS0119558). Demnach tragen die im Urteil zu B/II über eine „zollunredliche Einfuhr“ der Rauchwaren getroffenen Feststellungen (US 11) den Schuldspruch nach § 46 Abs 1 FinStrG gerade nicht.
Als Vortaten kommen hingegen vorsätzliche Eingriffe in die Rechte des Tabakmonopols nach § 44 Abs 1 lit a FinStrG in Betracht, weil der Handel mit Tabakerzeugnissen, also deren gewerbsmäßiges Inverkehrbringen im Monopolgebiet (§ 5 Abs 4 TabMG), nach wie vor verboten ist (§ 5 Abs 3 TabMG; RIS-Justiz RS0119558 [T4]). Eine unter jene Bestimmung subsumierbare Vortat zu B/II ist dem Urteil allerdings nicht zu entnehmen. Sie kommt auch im Hinweis der Tatrichter, sie hätten nicht feststellen können, dass Gabor K***** die Zigaretten nicht selbst nach Österreich geschmuggelt hatte, nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) zum Ausdruck (US 11).
Demnach hat der Angeklagte Ekrem H***** ausgehend von den Urteilsfeststellungen zu B/II nicht das Finanzvergehen nach § 46 Abs 1 FinStrG begangen.
Aus den diesbezüglichen Konstatierungen (US 10) ergibt sich aber angesichts der zwischen Gabor K***** und Ekrem H***** getroffenen Vereinbarung einer Zusammenkunft zu Verkauf und Übergabe der 180 Stangen Zigaretten und des Umstands, dass Ersterer mit den Rauchwaren am Übergabeort erschienen war und unmittelbar vor deren Aushändigung an H***** festgenommen wurde, rechtlich ein Beitrag (§ 11 dritter Fall FinStrG) des Letzteren zu einem von K***** begangenen Finanzvergehen der Monopolhehlerei nach §§ 13, 44 Abs 1 lit a FinStrG (RIS Justiz RS0120653; vgl 13 Os 27/09h, EvBl 2009/138, 920).
Mit Blick darauf, dass §§ 44 Abs 1 und 46 Abs 1 FinStrG dieselbe Strafdrohung aufweisen, kann nicht gesagt werden, dass diese Nichtigkeit (Z 10) den Angeklagten Ekrem H***** über die unrichtige Lösung der Rechtsfrage hinaus in concreto benachteiligt hat ( Ratz , WK-StPO § 290 Rz 22 f).
Für den zweiten Rechtsgang bleibt anzumerken:
1. Die Teilrechtskraft der nicht von der Urteilsaufhebung erfassten Schuldsprüche A/II, B/II und B/III (wegen Finanzvergehen, die wie erwähnt beim festgestellten Kleinverkaufspreis der Zigaretten für sich allein nicht in der gerichtlichen Zuständigkeit liegen) besteht nur für den Fall, dass im zweiten Rechtsgang ein gerichtliche Zuständigkeit begründender strafbestimmender Wertbetrag erreicht wird (§ 53 Abs 1 lit b, Abs 2 FinStrG). Sie ist solcherart auflösend bedingt (RIS-Justiz RS0121978; Ratz , WK-StPO § 289 Rz 8).
Gleiches gilt demzufolge für die (in Ansehung der Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde aus § 390a Abs 1 StPO folgende, die amtswegige Maßnahme nicht umfassende) Kostenersatzpflicht.
2. Bei der neuen Verhandlung und Entscheidung wird nicht nur aus dem Blickwinkel des § 37 Abs 1 lit a FinStrG dem Erfordernis einer Vortat prinzipiell das nötige Augenmerk zu widmen, sondern darüber hinaus im Einzelnen Folgendes zu beachten sein:
Einfuhrumsatzsteuer ist beim Finanzvergehen des Schmuggels beim strafbestimmenden Wertbetrag nach § 35 Abs 4 FinStrG und damit in der Folge, was hier von Bedeutung ist, auch nach § 37 Abs 2 FinStrG (RIS-Justiz RS0086534), in Anschlag zu bringen, wenn die Ware (rechtlich gesehen) unmittelbar aus einem (nicht zur Europäischen Union gehörenden) Drittland in das österreichische Staatsgebiet verbracht wird. Werden hingegen Waren nicht unmittelbar aus einem Drittland nach Österreich eingeführt, fällt Einfuhrumsatzsteuer nach den auch auf diese gemäß § 26 UStG iVm § 2 Abs 1 ZollR DG anzuwendenden zollrechtlichen Vorschriften nur in den in Art 215 Abs 1 zweiter Anstrich oder Abs 4 ZK genannten Konstellationen im Inland an.
Demnach bedarf die Hinzurechnung der Einfuhrumsatzsteuer entweder der Feststellung, dass die Zigaretten unmittelbar aus einem Drittland nach Österreich eingeführt wurden (vgl Art 202 Abs 1 lit a iVm Art 215 Abs 1 erster Anstrich ZK) oder, dass der Ort der Entstehung der Zollschuld (iSd Art 215 Abs 1 zweiter Anstrich ZK), also der (erstmaligen) Einfuhr in die Europäische Union, nicht bestimmt werden kann oder die Zollschuld nach Feststellung einer Zollbehörde weniger als 5.000 Euro beträgt (Art 215 Abs 1 zweiter Anstrich, Abs 4 ZK; RIS-Justiz RS0124513).
Auch Tabaksteuer ist beim Finanzvergehen des Schmuggels beim strafbestimmenden Wertbetrag nur in Anschlag zu bringen, wenn die Ware unmittelbar aus einem Drittland in das österreichische Staatsgebiet verbracht wird. In anderen Fällen kann in Betreff dieser Steuer wie erwähnt Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG vorliegen, die als Vortat einer Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG in Betracht kommt (eingehend dazu die in RIS-Justiz RS0124513 zitierten Entscheidungen).
Demgemäß sind zur äußeren wie zur inneren Tatseite Feststellungen betreffend Herkunft und Weg der Zigaretten nach Österreich erforderlich.
Für die Einrechnung von Zoll in den strafbestimmenden Wertbetrag kommt es mit Blick auf § 5 Abs 2 zweiter Satz FinStrG nicht darauf an, ob die Einfuhr in das Zollgebiet der Europäischen Union unmittelbar nach Österreich erfolgt ist (vgl 13 Os 27/09h, EvBl 2009/138, 920).
In einem wegen Finanzvergehen schuldig sprechenden Urteil hat das Erstgericht nachvollziehbar darzustellen, von welchen verkürzten Abgaben in Betracht kommen in Fällen wie dem vorliegenden Zoll, Einfuhrumsatzsteuer und Tabaksteuer und von welchen jeweiligen Verkürzungsbeträgen es im Einzelnen ausgegangen ist. Stattdessen nicht nach Abgabenarten differenzierende Pauschalbeträge anzuführen wie in den Entscheidungsgründen des vorliegenden Urteils genügt (bei sonstiger Nichtigkeit nach Z 11 erster Fall) nicht.