OGH vom 29.09.2015, 8Ob46/15w
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn sowie die Hofrätin Dr. Weixelbraun Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** H*****, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Manfred Buchmüller GmbH in Altenmarkt im Pongau, gegen die beklagte Partei Mag. G***** K*****, vertreten durch WKG Korp Grünbart Rechtsanwälte GmbH in Ried im Innkreis, wegen Zuhaltung eines Vertrags (Streitwert 357.471,44 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 12 R 6/15m 55, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Das Berufungsgericht ist auf die im Rechtsmittel der Beklagten behauptete Nichtigkeit des erstgerichtlichen Urteils (§ 477 Abs 1 Z 9 ZPO) eingegangen und hat sie mit entsprechender Begründung (vgl RIS Justiz RS0042133) verworfen. Dieser Beschluss kann im Verfahren dritter Instanz nicht mehr bekämpft werden (RIS Justiz RS0042981; RS0043405).
2. Im Übrigen zeigt die Revision keine über die Umstände des Einzelfalls hinaus erhebliche Rechtsfrage auf.
Ein Irrtum wird im Sinne des § 871 ABGB auch dann „durch den anderen Teil veranlasst“, wenn er nicht vom Vertragspartner selbst, sondern von einer Person hervorgerufen wurde, die für den Vertragspartner beim Vertragsabschluss oder bei dessen Vorbereitung tätig war (RIS Justiz RS0016196).
Gehilfen, derer sich der Vertragspartner des Irrenden bei den Vertragsverhandlungen bedient, sind nicht Dritte iSd § 875 ABGB (RIS Justiz RS0016309; Pletzer in Kletečka/Schauer , ABGB ON 1.01 § 875 ABGB Rz 7), soweit sie im Rahmen ihres Auftrags tätig sind (RIS Justiz RS0016309 [T11]).
Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass ein Irrtum der Beklagten über die Immobilien-ertragsteuerpflicht nicht von der Klägerin veranlasst wurde, weil diese als Käuferin keine Aufklärungspflichten über Nebenkosten traf und der Makler daher auch nicht als ihr Gehilfe bei der Erfüllung solcher Pflichten auftreten konnte, ist keineswegs unvertretbar.
Ein bloßer Irrtum über steuerliche oder sonstige zwingende Rechtsfolgen eines Geschäfts, über die der Vertragspartner nicht aufklären musste, ist unbeachtlich (ua Pletzer aaO § 871 ABGB Rz 35 ff; RIS Justiz RS0008653; RS0014896).
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2015:0080OB00046.15W.0929.000