OGH vom 29.03.2001, 8Ob43/01h
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. August Rogler, Rechtsanwalt, 4840 Vöcklabruck, Parkstraße 15, als Masseverwalter im Konkurs der Firma M***** (S 888/95d des LG Wels), wider die beklagte Partei Republik Österreich (Amt der Oberösterreichischen Landesregierung, Landesbaudirektion), vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wegen S 852.795,45 sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 180/00x-10, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Teilurteil des Landesgerichtes Wels vom , GZ 1 Cg 61/00s-6, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Am beauftragte die Beklagte die spätere Gemeinschuldnerin mit der Durchführung von Werkleistungen auf einer Baustelle in Linz mit einem Auftragsvolumen von S 4,238.877,60. Diese begann schon im April/Mai 1995 die Arbeiten, die jedoch bis zur Konkurseröffnung am und Bestellung des Klägers als Masseverwalter nicht fertiggestellt waren. Der Masseverwalter beendete diese und legte am für die Fertigstellung der Baustelle die Schlussrechnung, die ua die hier eingeklagte Werklohnforderung in einem Ausmaß von S 100.000,-- für die jedenfalls nach Konkurseröffnung vom Masseverwalter ausgeführten Arbeitsleistungen umfasst.
Gegen diese rechnete die Beklagte am mit einer am fälligen Umsatzsteuerschuld der Gemeinschuldnerin für Juli 1995 auf.
Der klagende Masseverwalter begehrt insgesamt aus der Schlussrechnung offene S 852.795,45 und stützt sich dabei darauf, dass die in diesem Umfang von der Beklagten erklärte Aufrechnung unzulässig sei, da es sich um Leistungen gehandelt habe, die erst nach Konkurseröffnung durch den Masseverwalter erbracht worden seien.
Auch sei das Unternehmen des Gemeinschuldners bereits seit Oktober 1994 überschuldet und zumindest April 1995 zahlungsunfähig gewesen, was der Beklagten auch bekannt gewesen sei oder bekannt hätte sein müssen. Dementsprechend habe sie sich auch in einem anderen Anfechtungsverfahren zur Rückzahlung der ab Juli 1995 geleisteten Beträge verpflichtet. Die Kenntnis bzw fahrlässige Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit sei spätestens ab dem Zeitpunkt einer Pfändung am anzusetzen. Dies sei auch für die durch Aufrechnung getätigten Zahlungen heranzuziehen. Zumindest seit Frühjahr 1995 habe die Zahlungsunfähigkeit bekannt sein müssen.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, dass bereits wesentliche Teile der Werkleistung im Ausmaß von S 3,898.604,54 vor der Konkurseröffnung erbracht worden seien. Die Beklagte habe berechtigt die Kompensation mit ihrer Umsatzsteuerforderung für Juli 1995 vorgenommen, da auch die Forderung aus dem Werkvertrag bereits vor der Konkurseröffnung, und zwar durch den Werkvertrag aus dem Mai 1995 entstanden sei. Wann die Werkleistung erbracht wurde, sei nach ständiger Rechtsprechung nicht entscheidend. Der Masseverwalter sei ja auch nicht gezwungen, in die bestehenden Verträge einzutreten.
Der Beklagten sei auch weder eine Überschuldung noch eine Zahlungsunfähigkeit bekannt gewesen. Dafür sei auf den Zeitpunkt des Entstehens der Umsatzsteuerforderung abzustellen. Die spätere Gemeinschuldnerin habe allfällige Steuerrückstände mit vorübergehenden Zahlungsschwierigkeiten auf Grund großer Außenstände plausibel erklärt. Dies umso mehr, als der Abgabenrückstand zum größten Teil aus der laufenden Umsatzsteuer resultiere. Die kreditgebenden Banken hätten die Gemeinschuldnerin auch bis zuletzt finanziert.
Das Erstgericht gab mit seinem Teilurteil dem Klagebegehren im Umfang von S 100.000,-- statt. Es ging dabei rechtlich davon aus, dass keine Möglichkeit der Aufrechnung mit Konkursforderungen gegen Forderungen, die aus dem Eintritt des Masseverwalters in einem Vertrag auf Seiten des Werkunternehmers entstehen, bestehe. Es stützte sich dabei auf die Gefahr der "Auszehrung" der Masse. Die Aufrechnungslage sei ja auch ohne Erfüllungsverlangen des Masseverwalters wertlos.
Das Berufungsgericht gab mit seinem Beschluss der gegen dieses Teilurteil erhobenen Berufung der Beklagten Folge und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Rechtlich stützte es sich auf die ständige Rechtsprechung, wonach die Werklohnforderungen bereits mit Abschluss des Vertrages entstehen und lediglich die Fälligkeit erst mit der Herstellung des Werkes eintritt. Das allgemeine Erfordernis der Fälligkeit beider Forderungen für eine Kompensation (vgl § 1439 ABGB) werde durch § 19 Abs 2 KO im Konkurs beseitigt. Daher könne auch nach ständiger Rechtsprechung mit einer Konkursforderung gegen eine Werklohnforderung für ein vor Konkurseröffnung bestelltes Werk, das erst danach fertiggestellt wurde, aufgerechnet werden.
Zur gegenteiligen Meinung von Petschek/Reimer/Schiemer, InsolvenzR, 480 verwies das Berufungsgericht auf die Entscheidung SZ 58/169. Soweit die neuere Judikatur des BGH (BGHZ 116, 156 = NJW 1992, 507) und ihr folgend Schubert in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze, Rz 49 zu §§ 19, 20 KO ein Kompensationsverbot annimmt, hielt dem das Berufungsgericht entgegen, dass die Übertragung auf den Bereich des österreichischen Rechts nicht möglich sei. Es sei nicht Aufgabe der Rechtsprechung, eine unbefriedigende Regelung des Gesetzes zu korrigieren. Nach der österreichischen Konkursordnung werde durch die Konkurseröffnung weder der Umfang der Forderungen noch deren Inhalt verändert. Auch bei einer Rücktrittserklärung des Masseverwalters werde der Vertrag nicht aufgehoben, sondern es unterbleibe nur die weitere Erfüllung.
Da das Erstgericht bisher auf den auf § 20 Abs 1 letzter Satz KO gestützten Einwand des Klägers gegen die Aufrechnung nicht eingegangen sei, liege insoweit ein Feststellungsmangel im Sinne des § 496 Abs 1 Z 3 ZPO vor.
Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erachtete das Berufungsgericht als zulässig, da der Oberste Gerichtshof zu der Änderung der Rechtsprechung in Deutschland sowie den neueren Lehrmeinungen für die Annahme eines Aufrechnungsverbotes nicht Stellung bezogen habe.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluss erhobene Rekurs ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.
Nach § 19 Abs 1 KO müssen Forderungen, die zur Zeit der Konkurseröffnung bereits aufrechenbar waren, im Konkurs nicht geltend gemacht werden. Abs 2 dieser Bestimmung sieht dann vor, dass die Aufrechnung nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass die Forderung des Gläubigers oder des Gemeinschuldners zur Zeit der Konkurseröffnung noch bedingt oder betagt oder dass die Forderung des Gläubigers nicht auf eine Geldleistung gerichtet war. Erfasst sind davon die Aufrechnungen eines Konkursgläubigers gegen zur Masse gehörige Forderungen (vgl ÖBA 1996, 487 = ZIK 1996, 97).
§ 20 Abs 1 KO schließt die Aufrechnung für Konkursgläubiger ua dann aus, wenn sie erst nach der Konkurseröffnung "Schuldner der Konkursmasse geworden" sind. § 20 Abs 3 KO bestimmt dann noch, dass solche Ansprüche aufgerechnet werden können, die nach Konkurseröffnung auf Grund der §§ 21 bis 25 KO entstehen. Dadurch kann etwa die Konkursforderung auf Ersatz wegen Rücktrittes des Masseverwalters nach § 21 Abs 2 KO gegen die Rückforderung einer bereits vom Gemeinschuldner erbrachten Teilleistung aufgerechnet werden (vgl SZ 8/312 = Rsp 1927/29).
Zu beurteilen ist nun die Frage, ob die Beklagte erst nach Konkurseröffnung Schuldner der Konkursmasse hinsichtlich der vom Masseverwalter geltend gemachten Werklohnforderungen wurde und sie damit das Aufrechnungsverbot für ihre eigene Schadenersatz-Konkurs-Forderung trifft. Die Besonderheit liegt hier darin, dass der Vertrag über die Leistung zwar bereits vor der Konkurseröffnung geschlossen, die gegenständlichen Lieferungen aber erst nach Konkurseröffnung erbracht wurden.
Der Oberste Gerichtshof hat nun in seiner ersten Entscheidung zu dieser Frage zu 5 Ob 101/62 seine Ansicht, dass in einem solchen Fall der Konkursgläubiger nicht erst nach Konkurseröffnung Schuldner der Konkursmasse geworden und damit aufrechungsberechtigt ist, damit begründet, dass der Anspruch bereits mit Abschluss des Werkvertrags existent wurde. § 1170 ABGB regle nur die Fälligkeit. Trete der Masseverwalter in ein schwebendes Geschäft ein, so sei der Vertragspartner nicht erst nach Konkurseröffnung Schuldner der Konkursmasse geworden. Dazu hat er sich auf Bartsch/Pollak KO I3, 117 berufen.
Hingegen haben dann Petschek/Reimer/Schiemer in Insolvenzrecht (1973), 480 die Meinung vertreten, dass dann, wenn der Masseverwalter in ein zweiseitiges Geschäft gemäß § 21 KO eintritt, die Aufrechenbarkeit der daraus entstehenden Masseforderung gegen die Forderung der Masse aus diesem Geschäft zu bejahen sei, nicht aber die Aufrechenbarkeit zwischen dieser Forderung der Masse und einer Konkursforderung. Andernfalls wäre der Inhaber einem Massegläubiger gleichgestellt und die Entschlussfreiheit des Masseverwalters nach § 21 KO durch die Gefahr der Aufrechenbarkeit erheblich eingeengt.
Der Oberste Gerichtshof hat daraufhin in seiner Entscheidung 5 Ob 318/85 (= SZ 58/169 = JBl 1986, 321), erneut an seiner Bejahung der Aufrechenbarkeit festgehalten und dies wieder damit begründet, dass § 1170 ABGB nur die Fälligkeit des Werklohnes regle, aber nichts über den Zeitpunkt des Entstehens der Entgeltansprüche aussage. Aus § 1168 ABGB ergebe sich, dass bei Leistungsbereitschaft der Werkunternehmer den Entgeltanspruch auch ohne Werkerstellung behalte, sofern die Werkerstellung durch Umstände auf Seiten des Bestellers verhindert wurde. Hinsichtlich der Zulässigkeit der Aufrechnung im Konkurs hat er sich dazu insbesondere auf Mentzel/Kuhn/Uhlenbruck, KO9 Rz 7 zu § 55 dKO berufen. In diesem Fall waren nur noch Fertigstellungsarbeiten, in dem der Entscheidung 5 Ob 101/62 zugrundeliegenden Fall überhaupt nur noch die Lieferung vorzunehmen.
Die darauf folgende Entscheidung vom zu 5 Ob 310/87 (= JBl 1987, 582) befasste sich mit dem ähnlichen Aufrechnungsverbot des § 20 AO und stützte sich auf die Vorentscheidungen. Die Aufrechnung - hier im Ausgleichsverfahren - berücksichtige, dass es unbillig wäre, vom Schuldner des Ausgleichsschuldners Vollzahlung zu verlangen, ihm aber für seine Gegenforderung nur die Ausgleichsquote zu gewähren. Dabei betonte der Oberste Gerichtshof insbesondere die Funktion der Aufrechnung zur Sicherung eigener Ansprüche. Dass die Werklohnforderungen bereits vor Konkurseröffnung entstanden waren, begründete er unter Hinweis auf die Vorentscheidungen. Die zuletzt genannte Rechtsansicht vertrat der Oberste Gerichtshof auch in seiner Entscheidung vom zu 7 Ob 308/99s im Zusammenhang mit dem Anfechtungstatbestand des § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO, und zwar der Befriedigung durch Aufrechnung nach Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit. Auch hier führte er allgemein aus, dass der Werklohn schon mit Abschluss des Werkvertrages existent werde. Der Oberste Gerichtshof bejahte die Anfechtbarkeit der Aufrechnungserklärung des Werkbestellers im Hinblick auf die Herbeiführung der Aufrechnung mit einer Schuld, die durch den Abschluss eines erst nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners abgewickelten Werkvertrages entstanden war.
In der jüngeren Literatur hat sich vor allem Schubert in Konecny/Schubert, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen, §§ 19, 20 Rz 49 gegen die Auffassung gewandt, dass das Kompensationsverbot des § 20 Abs 1 KO keine Verpflichtungen aus vor Konkurseröffnung abgeschlossenen Werkverträgen, in die der Masseverwalter eingetreten ist und diese erfüllte, erfasse. Er hat dabei dem Argument, dass der Auftrag des Gemeinschuldners ja gerade im Hinblick auf die in der Gegenforderung liegende Deckung erteilt sein könnte, entgegengehalten, dass der Vertragspartner im Falle der Insolvenz ohnehin nicht sicher sein könne, ob der Masseverwalter in den Vertrag eintrete. Wesentlich sei der Grundgedanke der §§ 21 und 22 Abs 1 KO, wonach bei gegenseitigen Verträgen, die aus der Masse zu erfüllen sind, die Masse auch die ungeschmälerte Gegenleistung bekommen solle (ähnlich zur deutschen Rechtslage Adam NJW 1995, 3103 aber unter Hinweis auf die herrschende gegenteilige Meinung der Lehre). Daher könnten Forderungen der Konkursmasse, die sich als Gegenwert für Leistungen der Konkursmasse darstellten, nicht auf eine Weise getilgt werden, durch die die Masse verkürzt werde. Der Werkbesteller könne daher gegen die Werklohnforderung der Masse nicht mit eigenen Konkursforderungen aufrechnen, sondern nur mit Masseforderungen, etwa Schadenersatz oder Gewährleistungsansprüchen aus diesem Geschäft der Masse.
Dabei hat sich Schubert auf die Entscheidung des deutschen Bundesgerichtshofes zu BGHZ 116, 156 berufen. Dieser hat sich darin entgegen seiner früheren Rechtsprechung im Wesentlichen aus dem Argument, dass durch das Eintrittsrecht des Masseverwalters in zweiseitige Verträge diesem die Möglichkeit gegeben werden solle, den Wert aus den zweiseitigen Verträgen zur Masse zu ziehen, zur Annahme eines Aufrechnungsverbotes entschlossen. Die Aufrechnung mit bloßen Konkursforderungen könne den Wert der Masse verringern. Dabei ist der deutsche Bundesgerichtshof allerdings von der insoweit abweichenden Rechtslage (vgl OGH EvBl 2000/103) ausgegangen, dass nach § 17 der deutschen KO durch die Konkurseröffnung das Rechtsverhältnis zwischen dem Gemeinschuldner und seinem Vertragspartner derart umgestaltet wird, dass an die Stelle des gegenseitigen Vertrages ein einseitiger Anspruch auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung tritt. Allein durch die Willenserklärung des Konkursverwalters, den Vertrag zu erfüllen, entstehe der untergegangene Anspruch auf Werkvertragserfüllung von neuem.
Auch Pechmann, Fälle der unzulässigen Aufrechnung mit Konkursforderungen, 22 spricht sich aus Gründen des Schutzes der Masse für ein Aufrechnungsverbot aus.
Zuletzt hat sich Gamerith in Bartsch/Pollak/Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht4, 291 f mit dieser Frage auseinandergesetzt. Dabei hat er der Ansicht von Petschek/Reimer/Schiemer über die unzulässige Einschränkung der Entschlussfreiheit des Masseverwalters entgegengehalten, dass der Massverwalter bei seiner Entscheidung die vorgefundene Rechtslage akzeptieren müsse und von dem Eintritt in den Vertrag Abstand nehmen könne. Auch hat er auf die Ausführungen von Schubert (aaO) und die neuere Judikatur des BGH Bezug genommen. Gamerith vertritt abschließend die Meinung, dass im Hinblick auf die allgemeine Ansicht, dass der Erfüllungsanspruch aus zweiseitigen Rechtsgeschäften durch die Konkurseröffnung nur gehemmt werde, der Eintritt des Masseverwalters hier als Bedingung hinsichtlich der Aufrechenbarkeit der Gegenforderungen, die schon vor Konkurseröffnung bestanden haben, verstanden werden könne (ähnlich auch Roth, Die Aufrechnung im Konkurs in Buchegger/Holzhammer [Hrsg] Beiträge zum Zivilprozessrecht). De lege ferenda befürwortet allerdings auch Gamerith eine Beschränkung der Aufrechenbarkeit.
Es sprechen nun zwar wesentliche Argumente für das insbesondere von Schubert, Petschek/Reimer/Schiemer, sowie Pechmann befürwortete und vom deutschen BGH bei der, wenngleich teilweise anderen Rechtslage der früheren deutschen Konkursordnung angenommene Aufrechnungsverbot; gilt doch das Gebot der Gleichbehandlung der Gläubiger als einer der wesentlichen Grundsätze des Konkursrechtes (vgl auch Heil, Insolvenzrecht, 3; Petschek/Reimer/Schiemer aaO, 1, Holzhammer, Österreichisches Insolvenzrecht, Konkurs und Ausgleich5, 78 uva) und ermöglicht es der Eintritt des Masseverwalters diesem Konkursgläubiger durch die Aufrechnung eine weitergehende Befriedigung zu erhalten als andere Konkursgläubiger. Auch wird dadurch eine wesentliche Verkürzung der Masse bewirkt.
Einer Änderung der Rechtsprechung steht jedoch entgegen, dass der - spätere - Konkursgläubiger bei der Erteilung des Auftrages an den - späteren - Gemeinschuldner nicht nur von einer - zweifelhaften (vgl Schubert aaO) - Deckung der eigenen Forderungen ausgehen konnte. Vielmehr konnte er auch damit rechnen, dass seine eigenen Verpflichtungen aus diesen Auftrag durch seine eigene Forderung abgedeckt wird und er daher durch diesen Auftrag nicht darüberhinaus belastet wird. Diese schon durch § 1438 ABGB begründete Erwartung kann nun nicht durch ein einseitiges Gestaltungsrecht des Masseverwalters und die Annahme eines Kompensationsverbotes enttäuscht werden. Ferner mag die bestehende Aufrechnungsmöglichkeit auch ein Anreiz sein, dem - späteren - Gemeinschuldner zum Abarbeiten seiner Schulden Aufträge zu erteilen.
Im Ergebnis wurde auch die Änderung der Rechtsprechung in Deutschland teilweise sehr kritisch aufgenommen (vgl abl. Marotzke EWiR 1992 § 55 1/92; Hess, Kommentar zur Konkursordnung5 § 55 Rz 4; eher zust. aber unter Hinweis auf dogmatische Schwächen Uhlenbruck JZ 1992, 425 f). Nunmehr hat der Gesetzgeber in Deutschland die Frage der Aufrechenbarkeit in den §§ 95, 96 Insolvenzordnung grundsätzlich neu geregelt, allerdings das Aufrechnungsverbot des § 55 KO in § 96 Insolvenzordnung weitgehend übernommen (vgl auch Hess Kommentar zur Insolvenzordnung § 96 Rz 9).
Eine Reaktion des österreichischen Gesetzgebers, aus der ein Anhaltspunkt für eine Änderung der bisher jahrzehntelang in der Rechtsprechung vertretenen Bejahung der Kompensationsmöglichkeit abgeleitet werden könnte, ist nicht ersichtlich. Im Ergebnis ist daher mangels grundlegender neuer Argumente an der bisherigen Abwägung der für und gegen die Möglichkeit der Aufrechnung sprechenden Wertungen festzuhalten.
Der Oberste Gerichtshof schließt sich daher der von Gamerith aaO vertretenen Ansicht an, dass nur auf Grund einer gesetzlichen Änderung (vgl im Übrigen Art 6 der Verordnung Nr 1343/2000 des Rates vom über Insolvenzverfahren) - bei der allenfalls dem Eintrittsrecht des Masseverwalters auch eine Auflösungsmöglichkeit des Vertragspartners gegenübergestellt werden könnte - von der Annahme einer Aufrechnungsmöglichkeit abgegangen werden kann.
Auch § 20 Abs 1 letzter Satz KO kann der Aufrechnungsmöglichkeit nicht entgegengehalten werden, weil die Beklagte hier keine Forderung im Sinne dieser Bestimmung "erworben" hat, sondern die Umsatzsteuerforderungen durch den Betrieb der späteren Gemeinschuldnerin entstanden sind.
Der Kostenvorbehalt fußt auf § 52 ZPO.