VfGH vom 20.02.2015, B495/2013
Leitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Abweisung des Antrags einer Gebietskrankenkasse auf Feststellung eines Vertragsverstoßes eines Arztes wegen Privathonorarforderungen; keine ausdrückliche gesamtvertragliche Verpflichtung des Vertragsarztes für Allgemeinmedizin zur Unterlassung einer wahlärztlichen Tätigkeit als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe außerhalb der vereinbarten Ordinationszeiten
Spruch
I. 1. Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch in Rechten wegen Anwendung verfassungswidriger Normen verletzt worden.
2. Die Beschwerde wird abgewiesen.
II. Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Die beteiligte Partei ist seit als Arzt für Allgemeinmedizin und seit als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe ordnungsgemäß in der Liste der Österreichischen Ärztekammer eingetragen und hat seine ärztliche Tätigkeit zunächst als Wahlarzt ausgeübt. Mit Wirksamkeit ab schloss die beteiligte Partei mit der beschwerdeführenden Partei, der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse, einen Einzelvertrag für eine Kassenplanstelle als Arzt für Allgemeinmedizin ab. In diesem Einzelvertrag ist festgehalten, dass der Vertrag auf der Grundlage der Bestimmungen des Gesamtvertrages vom abgeschlossen wurde und die beteiligte Partei den Inhalt des Gesamtvertrages samt der geltenden Sonder- und Zusatzvereinbarungen zur Kenntnis genommen habe. Die Tätigkeit als Wahlarzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe übte die beteiligte Partei weiterhin aus und stellte Honorarnoten an ihre Patientinnen. Diese reichten die Honorarnoten bei der beschwerdeführenden Partei zur Refundierung ein.
2. Mit Antrag vom an die Paritätische Schiedskommission für das Land Steiermark begehrte die beschwerdeführende Partei die Feststellung, dass
"1) die Privathonorarforderung des Antragsgegners einen Vertragsverstoß darstelle und
2) der Antragsgegner es künftig zu unterlassen hat, für Leistungen der Krankenbehandlung Privathonorare an Versicherte zu stellen".
Die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse legte ihrem Antrag folgenden Sachverhalt zugrunde:
Seit Beginn seiner vertragsärztlichen Tätigkeit stelle der Beteiligte regelmäßig Honorarnoten an Versicherte der beschwerdeführenden Partei für von ihm in seiner Ordination erbrachte Leistungen auf dem Gebiet der Frauenheilkunde und Geburtshilfe aus. Insgesamt hätten 21 Versicherte die von ihnen bezahlten Honorarnoten bei der beschwerdeführenden Partei zur Kostenerstattung gemäß § 131 Abs 1 ASVG mit der Begründung eingereicht, den Beteiligten als Wahlfacharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Anspruch genommen zu haben. Von den auf den Honorarnoten angegebenen Leistungen sei laut der Honorarordnung für Vertragsärzte lediglich die Position 340 (Kolposkopie) und Position 353 (Gynäkologischer Ultraschall) den Fachärzten für Frauenheilkunde und Geburtshilfe vorbehalten, die anderen Leistungspositionen (Ordination, Blutentnahme aus der Vene, Therapeutische Aussprache, Abstrich zur zytologischen Untersuchung [Einsendung], Probeexcision in der Frauenheilkunde und Kürettage) stünden auch den Vertragsärzten für Allgemeinmedizin zur Verrechnung mit der Beschwerdeführerin offen. Fünf der 21 Versicherten hätten im selben Abrechnungszeitraum den Beteiligten als Vertragsarzt für Allgemeinmedizin in Anspruch genommen und in diesem Zusammenhang ihre E-card vorgelegt, welche vom Beteiligten eingelesen worden sei.
3. Mit Bescheid vom gab die Paritätische Schiedskommission für das Land Steiermark diesem Antrag statt und stellte fest, dass Privathonorarforderungen der beteiligten Partei gegenüber den Versicherten der beschwerdeführenden Partei einen Vertragsverstoß darstellten und die beteiligte Partei dies künftig zu unterlassen habe, soferne die Leistungen im Gesamtvertrag geregelt seien. Begründend führte die Paritätische Schiedskommission aus, aus der Zusammenschau der Bestimmungen des § 135 Abs 1 ASVG und § 131 Abs 1 ASVG ergebe sich, dass der Gesetzgeber einen Anreiz für die Versicherten habe schaffen wollen, ärztliche Leistungen vorwiegend von Vertragsärzten in Anspruch zu nehmen, weil lediglich 80 % der betraglichen Höhe der Wahlarztrechnungen refundiert würden. Weiters ergebe sich aus dem ASVG, dass ein Vertragsarzt jede Leistung ausschließlich direkt mit der beschwerdeführenden Partei zur Abrechnung bringen müsse. In den aufgegliederten Honorarnoten der beteiligten Partei, die er als Wahlarzt für Frauenheilkunde gestellt habe, seien auch wesentliche Positionen enthalten, die auch ein Arzt für Allgemeinmedizin zu erbringen habe. Diese Positionen dürfe der Antragsgegner aber nicht gegenüber seinen Patientinnen abrechnen, sondern müsse diese direkt mit der beschwerdeführenden Partei verrechnen. Nach überwiegender Meinung sei es unzulässig, dass ein Vertragsarzt eines Krankenversicherungsträgers auch gleichzeitig als Wahlarzt tätig werde, auch wenn dies vom Versicherten ausdrücklich gewünscht werde; einen Vertragsarzt als Wahlarzt zu konsultieren sei daher unzulässig. Ein Wahlarzt stehe in keinem Vertragsverhältnis zum Krankenversicherungsträger und könne daher nicht vertragsbrüchig werden. Der Vertragsarzt sei aber an die Bedingungen des Einzelvertrages und des Gesamtvertrages gebunden und könne daher nicht als Vertragsarzt tätig werden, weshalb dem Antrag stattzugeben gewesen sei.
4. Gegen diesen Bescheid der Paritätischen Schiedskommission erhob die beteiligte Partei Berufung an die Landesberufungskommission für das Land Steiermark, in der sie vorbrachte, dass weder der Einzel- noch der Gesamtvertrag eine Tätigkeit in einem zweiten, nicht den Kassenvertrag betreffenden Fachgebiet verbiete. Eine Einschränkung der ärztlichen Tätigkeit auf Allgemeinmedizin widerspreche dem Grundsatz der Erwerbsfreiheit und verletze das Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz. Die Landesberufungskommission gab der Berufung Folge und änderte den Bescheid der Paritätischen Schiedskommission dahingehend ab, dass der Antrag der beschwerdeführenden Partei abgewiesen wurde. Begründend führte die Landesberufungskommission aus:
"Das gegenständliche Verfahren reduziert sich im Wesentlichen auf die Frage, ob ein Vertragsarzt für Allgemeinmedizin neben dieser Tätigkeit im Rahmen seines Vertrages mit der Gebietskrankenkasse außerhalb der vereinbarten Ordinationszeiten auch als Wahlarzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe tätig werden darf und diese ärztlichen Leistungen gegenüber seine Patientinnen auch verrechnen darf. Dazu ist vorweg festzuhalten, dass weder der zwischen den Streitteilen [abgeschlossene] Einzelvertrag noch der Gesamtvertrag, der durch Vereinbarung Gegenstand des Einzelvertrages wurde, dazu eine konkrete Aussage trifft. Im Einzelvertrag ist lediglich unter § 4 geregelt, dass sich die Rechte und Pflichten des Einzelvertrages aus dem Gesamtvertrag, aus den in Hinkunft abgeschlossenen Zusatzvereinbarungen und aus dem Einzelvertrag ergeben. In § 2 wird vereinbart, dass die vertragsärztliche Tätigkeit in der Eigenschaft als Arzt für Allgemeinmedizin ausgeübt wird. Wie die vertragsärztliche Tätigkeit ausgestaltet wird ergibt sich aus § 10 des Gesamtvertrages […].
Die Landesberufungskommission folgt der Rechtsansicht der Paritätischen Schiedskommission für das Land Steiermark, dass ein Vertragsarzt nicht zugleich auch von den Versicherten als Wahlarzt in Anspruch genommen werden kann. Diese Rechtsansicht wird in der Literatur und Judikatur überwiegend anerkannt und in zahlreichen Entscheidungen zitiert (vgl. dazu die bekämpfte Entscheidung). Im Anlassfall lässt sich aber aus dieser Rechtsansicht insofern [nichts] gewinnen, weil – soweit überblickbar – sowohl in der Literatur und als auch in der Judikatur lediglich der Fall behandelt worden ist, dass der betreffende Vertragspartner in derselben Fachrichtung tätig geworden ist und nicht wie der Berufungswerber in einem anderen Fachgebiet.
Voraussetzung dafür, dass die Antragstellerin mit ihrem Begehren durchdringen kann, ist aber, dass der Berufungswerber gegen den Vertrag verstößt, wenn er Wahlarztrechnungen ausstellt. Im Sinne der obigen Ausführungen würde er jedenfalls gegen den Vertrag verstoßen, wenn er Wahlarztrechnungen im Fachgebiet der Allgemeinmedizin ausstellen würde. Der Berufungswerber hat aber lediglich Honorarnoten für Leistungen als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe gelegt, weshalb ein Vertragsverstoß nicht festgestellt werden konnte.
Wie die Antragstellerin aber richtig ausführt und von den Parteien auch als unstrittig angesehen wurde, erbringen Allgemeinmediziner und Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe aber Leistungen, die von beiden Fachgebieten verrechnet werden können. Dies betrifft z.B. die Pos. 015 Ordination, Pos. 101 Blutabnahme aus der Vene usw.. Der Berufungswerber hat als Wahlarzt z.B. auch die Pos. 340 Kolposkopie verzeichnet, welche ausschließlich die Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe verzeichnen können. Die Antragstellerin hat in diesem Zusammenhang die Behauptung aufgestellt, der Berufungswerber dürfe zwar in der Ausübung seines Berufes als Facharzt nicht eingeschränkt werden, dürfe auch die im Rahmen der Facharztbehandlung erbrachten Leistungen als Vertragsarzt direkt verrechnen, dürfe aber jene Positionen, die ausschließlich den Fachärzten für Gynäkologie vorbehalten wären, nicht verzeichnen. Das würde zu dem Ergebnis führen, dass der Berufungswerber zwar als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe ordinieren dürfe, er aber nicht seine gesamten Leistungen abgegolten bekommen würde. Diese Ansicht würde zu dem Ergebnis führen, dass der Berufungswerber entweder für eine Kolposkopie seine Patientin zu einem Vertragsarzt überweisen müsste, oder die Leistung ohne Abgeltung selber erbringen könnte.
Dazu hat der Senat erwogen:
Ärztliche Leistungen werden zwar nach einzelnen Verrechnungspositionen abgerechnet, sind aber nicht aus ihrer Gesamtheit herauszulösen. Das heißt, wird ein Vertragspartner z.B. als Allgemeinmediziner in Anspruch genommen, dann ist seine Leistung als Gesamtheit zu betrachten. Je nach Umfang der Leistung, werden mit der Antragstellerin dann direkt die einzelnen Leistungsbestandteile in Positionen abgerechnet. In der Gesamtheit wird aber immer ein einzelner Arztbesuch (wenn auch quartalsmäßig) mit der Antragstellerin abgerechnet. Dabei liegt es schon in der Natur der Leistung, dass auch ein Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe überschneidende Leistungen (z.B. Blutabnahme) zu einem Allgemeinmediziner erbringt. Trotzdem hat dabei der Facharzt nicht eine Leistung als Allgemeinmediziner erbracht, sondern im Rahmen seiner Facharztordination eine Leistung erbracht, die zumindest teilweise auch ein Allgemeinmediziner abrechnen darf. Eine Aufsplittung der Leistung des Facharztes in jenen überschneidenden Fällen ist nicht vorgesehen und auch nicht zielführend. Die ärztliche Leistung ist immer als Gesamtheit zu sehen.
Wenn der Antragsteller als Facharzt konsultiert wird, dann hat er auch jene Leistungen zu erbringen, die er im Rahmen seiner Facharzttätigkeit auch ausüben darf und die sich unter Umständen mit dem Fachgebiet des Allgemeinmediziners überschneiden. Trotzdem erbringt er diese Leistungen als Wahlarzt außerhalb der Vertragsverpflichtung zur Antragstellerin. Jene Positionen, die sich bei dieser Tätigkeit überschneiden, nun in den Kassenvertrag hinein zu loben, ist daher unzulässig.
Weil der Berufungswerber diese Leistungen außerhalb seiner Vertragsverpflichtung zur Antragstellerin in Übereinstimmung mit dem Ärztegesetz als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe erbringt und, wie oben ausgeführt, kein Vertragsverstoß vorliegt, ist er auch berechtigt, diese Leistungen direkt mit seinen Patientinnen abzurechnen. In welcher Form die Patientinnen des Antragstellers berechtigt sind, diese Honorarnoten bei der Antragstellerin geltend zu machen, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
Was die Ausführungen der Antragstellerin zum Stellenplan und zu einer allfälligen 'angebotsinduzierten Nachfrage' betrifft ist auszuführen, dass der Stellenplan nur eingeschränkt einen Steuerungsmechanismus darstellt. Diesem Steuerungsmechanismus unterliegt der Berufungswerber aber nur innerhalb seines Vertrages und sind diese Steuerungsmechanismen allenfalls für die Vertragsauslegung heranzuziehen. Weil aber, wie oben ausgeführt, keine Einschränkungen im Einzelvertrag aber auch nicht im Gesamtvertrag vereinbart worden sind, war dieser Steuerungsmechanismus auch nicht einer allfällig notwendigen Vertragsauslegung zu Grunde zu legen. Auch ist aus den Ausführungen der Antragstellerin, wonach bei einer Änderung der in der Gruppenpraxis vertretenen Fachgebiete, beim Abgang eines Gesellschafters oder die Aufnahme eines zusätzlichen Arztes der Einzelvertrag gem § 343 Abs 2 ASVG erlösche, nichts gewonnen, weil hier die Grundlage der Gruppenvertrag ist, der nicht durch einen Wechsel in der Person der Fachärzte geändert werden kann. Im Anlassfall tritt aber keine Änderung im Kassenvertrag ein.
Der Berufungswerber ist daher berechtigt, außerhalb seines Kassenvertrages als Wahlarzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe tätig zu werden und für seine gesamten Leistungen, die er dabei erbringt, Honorarnoten zu legen. Dadurch liegt ein Vertragsverstoß des Berufungswerbers nicht vor, weshalb in Abänderung des Bescheides der Paritätischen Schiedskommission für das Land Steiermark vom der Antrag der Antragstellerin abzuweisen war."
5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B VG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere auf Freiheit der Erwerbsbetätigung, auf Gleichheit vor dem Gesetz sowie im Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art 6 EMRK behauptet wird. Auf das Wesentliche zusammengefasst argumentiert die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse, dass sich der Vertragsarzt durch die Akzeptanz des Gesamtvertrages den in den Sozialversicherungsgesetzen vorgesehenen Steuerungsmechanismen unterworfen habe, welche notwendig seien, um eine flächendeckende, qualitativ hochwertige und wirtschaftliche Leistungserbringung sicherzustellen. Der Beteiligte dürfe als Allgemeinmediziner auf Grund vertraglicher Verrechnungsbeschränkungen keine Leistungen, zu deren Verrechnung er im Rahmen des Kassenvertrages berechtigt wäre, als Wahlarzt im Fachgebiet Frauenheilkunde und Geburtshilfe verrechnen und schon gar nicht Leistungen, die außerhalb des Vertragsbereiches lägen, erbringen oder verrechnen, da damit die Ziele des Gesamtvertrages unterlaufen würden und das Sachleistungsprinzip ernstlich gefährdet wäre. Unter Hinweis auf die Entscheidung des OGH zu Z 10 ObS 403/98g (ein Facharzt für Urologie, der Vertragsarzt war, erstellte als Wahlarzt eine PSA-Wertbestimmung, die den Fachärzten für medizinisch-chemische Laboration vorbehalten sei) führt die beschwerdeführende Partei aus, dass es keinen Unterschied mache, ob ein Vertragsarzt im vom Kassenvertrag erfassten Fachgebiet oder in einem Zweitfach als Wahlarzt tätig werde und private Honorarforderungen stelle. Beide Fälle stellten einen Vertragsverstoß dar. Zu berücksichtigen sei auch der Schutz und das Wohl der Patienten. Der Vertragsarzt dürfe keinesfalls die Möglichkeit bekommen, den Versicherten durch eine "irreführende Herabsetzung der Kassenleistungen" möglichst in die Rolle eines Privatpatienten zu drängen.
II. Rechtslage
1. Die im vorliegenden Fall in Betracht zu ziehenden Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes – ASVG, BGBl 189/1955, in der hier maßgeblichen Fassung lauten auszugsweise:
"Erstattung von Kosten der Krankenbehandlung
§131. (1) Nimmt der Anspruchsberechtigte nicht die Vertragspartner (§338) oder die eigenen Einrichtungen (Vertragseinrichtungen) des Versicherungsträgers zur Erbringung der Sachleistungen der Krankenbehandlung (ärztliche Hilfe, Heilmittel, Heilbehelfe) in Anspruch, so gebührt ihm der Ersatz der Kosten dieser Krankenbehandlung im Ausmaß von 80 vH des Betrages, der bei Inanspruchnahme der entsprechenden Vertragspartner des Versicherungsträgers von diesem aufzuwenden gewesen wäre. Wird die Vergütung für die Tätigkeit des entsprechenden Vertragspartners nicht nach den erbrachten Einzelleistungen oder nicht nach Fallpauschalen, wenn diese einer erbrachten Einzelleistung gleichkommen, bestimmt, so hat die Satzung des Versicherungsträgers Pauschbeträge für die Kostenerstattung festzusetzen.
(2) Durch die Satzung des Versicherungsträgers sind für die Fälle der Inanspruchnahme einer Ersatzleistung nach Abs 1 nähere Bestimmungen über das Verfahren zur Feststellung des Versicherungsfalles, insbesondere des Beginnes und des Endes der durch die Krankheit verursachten Arbeitsunfähigkeit, zu treffen. Durch die Krankenordnung kann die Erstattung von Kosten der Krankenbehandlung ausgeschlossen werden, wenn der Versicherte in demselben Versicherungsfall einen Vertragspartner oder eine eigene Einrichtung (Vertragseinrichtung) des Versicherungsträgers in Anspruch nimmt.
(3) – (6) […]"
"Ärztliche Hilfe
§135. (1) Die ärztliche Hilfe wird durch Vertragsärzte und Vertrags-Gruppenpraxen, durch Wahlärzte und Wahl-Gruppenpraxen (§131 Abs 1) sowie durch Ärzte in eigenen Einrichtungen (oder Vertragseinrichtungen) der Versicherungsträger gewährt. Im Rahmen der Krankenbehandlung (§133 Abs 2) ist der ärztlichen Hilfe gleichgestellt:
1. – 4. […]
(2) – (6) […]"
"Regelung durch Verträge
§338. (1) Die Beziehungen der Träger der Sozialversicherung (des Hauptverbandes) zu den freiberuflich tätigen Ärzten/Ärztinnen, Zahnärzten/Zahnärztinnen, Gruppenpraxen nach den §§52a und 52b des Ärztegesetzes 1998 und § 26 des Zahnärztegesetzes, BGBl I Nr 126/2005, Dentisten/Dentistinnen, Hebammen, Apothekern/Apothekerinnen, freiberuflich tätigen klinischen Psychologen/Psychologinnen, freiberuflich tätigen Psychotherapeuten/Psychotherapeutinnen, freiberuflich tätigen Heilmasseuren/Heilmasseurinnen, Pflegepersonen, die medizinische Hauskrankenpflege nach § 151 erbringen, und anderen Vertragspartnern/Vertragspartnerinnen werden durch privatrechtliche Verträge nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen geregelt. Diese Verträge bedürfen zu ihrer Rechtsgültigkeit der schriftlichen Form. Die Verträge sowie allfällige Änderungen und Zusatzvereinbarungen sind vom Hauptverband im Internet zu veröffentlichen.
(2) – (4) […]"
"Inhalt der Gesamtverträge
§342. (1) Die zwischen dem Hauptverband und den Ärztekammern abzuschließenden Gesamtverträge haben nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen insbesondere folgende Gegenstände zu regeln:
1. – 1a. […]
2. die Auswahl der Vertragsärzte und Vertrags-Gruppenpraxen, Abschluß und Lösung der mit diesen zu treffenden Abmachungen (Einzelverträge);
3. die Rechte und Pflichten der Vertragsärzte/Vertragsärztinnen und Vertrags-Gruppenpraxen, insbesondere auch ihre Ansprüche auf Vergütung der ärztlichen Leistung sowie die im Zweifelsfall vorzunehmende Überprüfung der Identität des/der Patienten/Patientin und die rechtmäßige Verwendung der e-card;
4. die Vorsorge zur Sicherstellung einer wirtschaftlichen Behandlung und Verschreibweise einschließlich Steuerungsmaßnahmen bei Heilmitteln sowie hinsichtlich der ärztlich veranlassten Kosten, zB in den Bereichen Zuweisung und Überweisung zu niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten (Gruppenpraxen), Heilbehelfe, Hilfsmittel und Transporte (Ökonomieprinzip);
5. – 10. […]
(2) Die Vergütung der Tätigkeit von Vertragsärztinnen und Vertragsärzten ist nach Einzelleistungen oder nach Pauschalmodellen zu vereinbaren. Die Vereinbarungen über die Vergütung der ärztlichen Leistungen sind jeweils in den Honorarordnungen für Einzelordinationen und für Gruppenpraxen zusammenzufassen; diese bilden einen Bestandteil der jeweiligen Gesamtverträge. Die Gesamtverträge sollen eine Begrenzung der Ausgaben der Träger der Krankenversicherung für die vertragsärztliche Tätigkeit einschließlich der Rückvergütungen bei Inanspruchnahme der wahlärztlichen Hilfe (§131) bzw. für die Tätigkeit von Vertrags-Gruppenpraxen einschließlich der Rückvergütungen bei Inanspruchnahme von Wahl-Gruppenpraxen enthalten.
(2a) Bei der Vereinbarung der Honorarordnungen sind von den Gesamtvertragspartnern mit der Zielsetzung einer qualitativ hochwertigen Versorgung, einer nachhaltig ausgeglichenen Gebarung des Trägers der Krankenversicherung und einer angemessenen Honorarentwicklung folgende Kriterien anzuwenden:
1. – 8. […]
Aufnahme der Ärzte in den Vertrag und Auflösung des Vertragsverhältnisses
§343. (1) Die Auswahl der Vertragsärztinnen/Vertragsärzte und der Vertrags-Gruppenpraxen und der Abschluss der Einzelverträge zwischen dem zuständigen Träger der Krankenversicherung und dem Arzt/der Ärztin oder der Gruppenpraxis erfolgt nach den Bestimmungen des Gesamtvertrages und im Einvernehmen mit der zuständigen Ärztekammer. Diese Einzelverträge sind sodann für alle Gebiets- und Betriebskrankenkassen sowie für die Sozialversicherungsanstalt der Bauern wirksam. Die Einzelvertragsparteien können abweichend von § 341 Abs 3 mit Zustimmung der zuständigen Ärztekammer ergänzende oder abweichende Regelungen hinsichtlich Art, Umfang und Honorierung der vertragsärztlichen Tätigkeit insbesondere im Zusammenhang mit der Festlegung der Öffnungszeiten, für Spitalsambulanzen entlastende Leistungen, oder für dislozierte Standorte treffen. Wurden in einem Zulassungsverfahren nach § 52c ÄrzteG 1998 oder § 26b Abs 1 ZÄG Auflagen erteilt, so sind diese Inhalt des jeweiligen Einzelvertrages. Einzelverträge, die nicht im Rahmen der jeweils nach § 342 Abs 1 Z 1 vereinbarten Zahl und örtlichen Verteilung abgeschlossen werden, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Hauptverbandes und der zuständigen Ärztekammer, bei Nichteinigung der Zustimmung des Hauptverbandes und der Österreichischen Ärztekammer. Mit approbierten Ärztinnen/Ärzten (§44 Abs 1 ÄrzteG 1998) kann kein Einzelvertrag abgeschlossen werden, es sei denn, der Arzt/die Ärztin hat gemäß Artikel 36 Abs 2 der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen das Recht erworben, den ärztlichen Beruf als Arzt/Ärztin für Allgemeinmedizin im Rahmen eines Sozialversicherungssystems auszuüben.
(1a) – (4) […]"
"Landesberufungskommission
§345. (1) Für jedes Land ist auf Dauer eine Landesberufungskommission zu errichten. Diese besteht aus einem Richter als Vorsitzendem und vier Beisitzern. Der Vorsitzende ist vom Bundesminister für Justiz zu bestellen; der Vorsitzende muss ein Richter sein, der im Zeitpunkt seiner Bestellung bei einem Gerichtshof in Arbeits- und Sozialrechtssachen tätig ist. Je zwei Beisitzer sind vom Bundesminister für Justiz auf Vorschlag der Österreichischen Ärztekammer und des Hauptverbandes zu bestellen. Versicherungsvertreter(innen) und Arbeitnehmer(innen) jenes Versicherungsträgers sowie Angehörige und Arbeitnehmer(innen) jener Ärztekammer, die Vertragsparteien des Gesamtvertrages sind, auf dem der streitgegenständliche Einzelvertrag beruht, dürfen im jeweiligen Verfahren nicht Beisitzer(in) sein; das Gleiche gilt für Personen, die bei der Erarbeitung der Richtline nach § 347 Abs 4a mitgewirkt haben, wenn in einem Verfahren die Richtline anzuwenden ist.
(2) Die Landesberufungskommission ist zuständig:
1. zur Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide der paritätischen Schiedskommission und
2. zur Entscheidung auf Grund von Devolutionsanträgen gemäß § 344 Abs 3.
(3) § 346 Abs 3 bis 7 gelten sinngemäß auch für die Landesberufungskommission und deren Mitglieder.
Bundesschiedskommission
§346 (1) – (6) […]
(7) Entscheidungen der Bundesschiedskommission unterliegen weder der Aufhebung noch der Abänderung im Verwaltungswege."
1. § 31 Abs 1 und 2 ÄrzteG, BGBl Nr 169/1998 idF BGBl Nr 62/2009, lautet:
"Selbständige Berufsausübung
§31. (1) Ärzte, die die Erfordernisse für die Ausübung des ärztlichen Berufes als Arzt für Allgemeinmedizin oder als approbierter Arzt erfüllt haben, sind zur selbständigen Ausübung einer allgemeinärztlichen Berufstätigkeit als Arzt für Allgemeinmedizin oder als approbierter Arzt berechtigt, gleichgültig, ob diese Berufstätigkeit freiberuflich oder im Rahmen eines Dienstverhältnisses ausgeübt wird.
(2) Ärzte, die die Erfordernisse für die Ausübung des ärztlichen Berufes als Facharzt für ein Sonderfach der Heilkunde erfüllt haben, sind zur selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes als Facharzt auf diesem Teilgebiet der Heilkunde als Sonderfach berechtigt, gleichgültig, ob diese Berufstätigkeit freiberuflich oder im Rahmen eines Dienstverhältnisses ausgeübt wird.
(3) […]"
2. § 10 des Gesamtvertrages über kurative Leistungen, abgeschlossen zwischen der Ärztekammer für Steiermark einerseits und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger für die Steiermärkische Gebietskrankenkasse und weitere Versicherungsträger, in der hier maßgeblichen Fassung lautet auszugsweise:
"§10
Ärztliche Behandlung
(1) Die vertragsärztliche Behandlung der Anspruchsberechtigten obliegt dem Vertragsarzt nach den Bestimmungen dieses Gesamtvertrages und des Einzelvertrages. Diese ärztliche Tätigkeit ist grundsätzlich durch den Vertragsarzt selbst auszuüben.
Abs2 gültig für Einzelvertragsabschlüsse bis :
(2) Die Krankenbehandlung muss ausreichend und zweckmäßig sein, sie darf jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Die vertragsärztliche Behandlung hat in diesem Rahmen alle Leistungen zu umfassen, die aufgrund der ärztlichen Ausbildung und der dem Vertragsarzt zu Gebote stehenden Hilfsmittel sowie zweckmäßigerweise außerhalb einer stationären Krankenhausbehandlung durchgeführt werden können. Muss ärztliche Hilfe in einem besonderen Ausmaß geleistet werden, so ist dies auf Verlangen des Versicherungsträgers vom Arzt zu begründen.
[…]
(5) Der Anspruchsberechtigte darf während desselben Krankheitsfalles innerhalb des Abrechnungszeitraumes einen Arztwechsel nur mit Zustimmung des Versicherungsträgers, welcher den behandelnden Arzt vorher anzuhören hat, vornehmen. […]"
3. Gemäß § 4 des zwischen der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse und der beteiligten Partei am abgeschlossenen Einzelvertrages ergeben sich die Rechte und Pflichten dieses Vertrages aus dem Gesamtvertrag, aus den in Hinkunft abgeschlossenen Zusatzvereinbarungen und aus eben diesem Einzelvertrag.
III. Erwägungen
1. Die – zulässige – Beschwerde ist nicht begründet.
2. Bedenken gegen die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Rechtsvorschriften sind – aus der Sicht des Beschwerdefalles – nicht entstanden. Zu den in der Beschwerde vorgetragenen Bedenken, § 345 Abs 3 ASVG iVm § 346 Abs 7 ASVG stelle eine unzulässige Durchbrechung der ansonsten von Verfassungs wegen "umfassenden Zuständigkeit des VwGH" dar, ist nur darauf hinzuweisen, dass diese "Durchbrechung" ihrerseits eine verfassungsgesetzliche Grundlage hatte (vgl. Art 133 Z 4 B VG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung).
3. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat.
Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften und des Umstandes, dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die Behörde diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, könnte die beschwerdeführende Partei im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die Behörde Willkür geübt hätte.
Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).
1.1. Die beschwerdeführende Partei begehrte bei der Paritätischen Schiedskommission ausschließlich die allgemein gehaltene Feststellung, dass die Privathonorarforderung der beteiligten Partei einen Vertragsverstoß darstelle und die beteiligte Partei es künftig zu unterlassen habe, für Leistungen der Krankenbehandlung "Privathonorare an Versicherte" zu stellen. Dazu hat sie der Paritätischen Schiedskommission bzw. der Landesberufungskommission zur rechtlichen Beurteilung einen Sachverhalt vorgelegt, wonach der Beteiligte in 21 Fällen seiner Inanspruchnahme als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe wahlärztliche Honorarnoten über Leistungen gelegt hätte, die zum größeren Teil auch von Allgemeinmedizinern erbracht werden dürften. Die belangte Behörde geht in diesem Zusammenhang schließlich noch davon aus, dass der Beteiligte außerhalb der mit der beschwerdeführenden Partei vereinbarten Ordinationszeiten als Facharzt tätig geworden sei.
1.2. Es wurde im Verfahren weder behauptet, dass der Beteiligte in unzulässiger Weise eine Mischpraxis führe, in der gleichzeitig sowohl Kassen- als auch Privatleistungen angeboten und erbracht werden, noch, dass er die Praxis sonst auf eine Weise führe, die für Kassenpatientinnen im überschneidenden Befugnisbereich von Allgemeinmedizinern und Fachärzten für Frauenheilkunde und Geburtshilfe nicht erkennen lasse, ob der Beteiligte jeweils als Vertragsarzt für Allgemeinmedizin oder als honorarpflichtiger Wahlfacharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe tätig werde (vgl. etwa zu einem solchen Sachverhalt VwSlg. 15.860 A/2002).
1.3. Auf Grund der durch die Anträge der beschwerdeführenden Partei solcherart klar abgesteckten Sache (siehe oben Punkt I.3.) war von der belangten Behörde nur die Frage zu beantworten, ob ein Vertragsarzt für Allgemeinmedizin berechtigt sei, außerhalb der mit der beschwerdeführenden Partei vereinbarten Ordinationszeiten, also zeitlich getrennt von seiner Tätigkeit als Vertragsarzt, im Rahmen einer weiteren Berufsbefugnis eine Wahlarztpraxis als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe zu führen. Mit der Bejahung dieser Frage ergebe sich die Befugnis zur Abrechnung der erbrachten Leistungen mit den die Wahlarztpraxis aufsuchenden Patientinnen von selbst.
1.4. Nimmt eine in der gesetzlichen Krankenversicherung anspruchsberechtigte Person nicht die Vertragspartner (§338 ASVG) oder die eigenen Einrichtungen (Vertragseinrichtungen) des Versicherungsträgers in Anspruch, sondern einen freiberuflich tätigen Arzt, der zum Krankenversicherungsträger in keinem Vertragsverhältnis steht und der vom Gesetzgeber als "Wahlarzt" bezeichnet wird, sind die Kosten der wahlärztlichen Hilfe zunächst vom Versicherten selbst zu begleichen; diesem steht sodann gegenüber dem Krankenversicherungsträger ein Anspruch auf Kostenerstattung in der Höhe des Betrages zu, der bei Inanspruchnahme eines Vertragspartners des Versicherungsträgers von diesem aufzuwenden gewesen wäre (§131 Abs 1 ASVG).
1.4.1. Diesen gesetzlichen Anordnungen liegt die offenkundige Absicht des Gesetzgebers zugrunde, unter Wahrung der freien Arztwahl einerseits den Versicherten jedenfalls die Inanspruchnahme der Versicherungsleistungen zu ermöglichen, ohne selbst zur Honorierung des Arztes herangezogen zu werden, ihn dadurch also zu schützen, und andererseits – auch – das Funktionieren des für diesen Zweck notwendigen Vertragsarztsystems zu gewährleisten. Daraus folgt aber, dass ein "Vertragsarzt" nicht gleichzeitig auch als "Wahlarzt" im Sinne des ASVG in Anspruch genommen werden kann (VfSlg 13.286/1992).
1.4.2. Diese Auffassung hat der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 15.787/2000 bestätigt: Nach dem Wortlaut und der systematischen Stellung des § 131 ASVG, vor allem aber nach seinem offenkundigen Zweck kann dieser Entscheidung zufolge ein niedergelassener Arzt nur entweder ein Vertragsarzt (Kassenarzt) oder Wahlarzt sein. Eine Vertragsfachärztin, deren Einzelvertrag in Berücksichtigung der Anordnung des § 338 Abs 2a ASVG die Durchführung einer bestimmten Untersuchung durch diese Fachärztin nicht vorsieht, kann daher von einem Versicherten dieser Gebietskrankenkasse nicht als Wahlarzt in Anspruch genommen werden (VfSlg 13.286/1992; SSV-NF 6/41; sowie ). Der Verfassungsgerichtshof hält an dieser Rechtsprechung fest.
1.5. Die in der eingangs referierten Rechtsprechung berücksichtigten Normzwecke gebieten die Übertragung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall allerdings nicht in dieser Allgemeinheit. Denn der hier zu beurteilende Fall unterscheidet sich von den bisher entschiedenen Fällen dadurch, dass ein und derselbe Arzt zwar am selben Standort, nach den Annahmen der belangten Behörde aber zu verschiedenen Ordinationszeiten, einerseits als Allgemeinmediziner mit Einzelvertrag und andererseits (und insoweit getrennt von der vertragsärztlichen Tätigkeit als Allgemeinmediziner) als (Wahl-)Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe niedergelassen ist.
1.5.1. Die von der Gebietskrankenkasse aufgezeigte Problematik ergibt sich nämlich ganz allgemein aus dem Umstand, dass Allgemeinmediziner (vgl. § 31 Abs 1 ÄrzteG) anders als Fachärzte (vgl. § 31 Abs 2 ÄrzteG) nicht auf bestimmte ärztliche Tätigkeiten beschränkt sind und daher mit Fachärzten beträchtliche Überschneidungen in der Berufsbefugnis aufweisen können. Die Gebietskrankenkasse vermochte angesichts dessen aber im Verfahren nicht darzutun, dass der Gesamtvertrag oder der Einzelvertrag eine ausdrückliche Verpflichtung des Vertragsarztes enthalten, sich einer ärztlichen Tätigkeit in jedem anderen Fach, in dem er keinen Kassenvertrag besitzt, in Bezug auf sozialversicherte Personen zu enthalten.
1.5.2. Es bedeutet daher keine gehäufte Verkennung der Rechtslage, wenn die belangte Behörde aus § 10 Abs 2 des Gesamtvertrages, auf den sich die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse ausschließlich beruft, einen so weitreichenden Eingriff in die Berufsbefugnisse des Beteiligten im Sinne des Verbotes einer wahlärztlichen Tätigkeit in einem vertragsfremden Fach nicht zu entnehmen vermochte.
2. Die belangte Behörde hat somit nicht Willkür im einleitend wiedergegebenen Sinne geübt. Es muss daher auch nicht untersucht werden, ob die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse im Grundrecht nach Art 6 StGG überhaupt verletzt werden konnte.
3. Die behaupteten Rechtsverletzungen liegen sohin nicht vor. Ob der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn – wie hier – in letzter Instanz eine der Bestimmung des Art 133 Z 4 B VG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung gemäß eingerichtete Kollegialbehörde entschieden hat und eine Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof somit nicht in Betracht kommt (vgl. zB ; VfSlg 9541/1982 mwN, 17.412/2004, 19.306/2011).
IV. Ergebnis
4. Die behauptete Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Freiheit der Erwerbsbetätigung, auf Gleichheit vor dem Gesetz sowie im Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art 6 EMRK hat sohin nicht stattgefunden.
5. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die beschwerdeführende Partei in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.
6. Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.
7. Der Antrag, die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof abzutreten, ist abzuweisen.
1. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
2. Der beteiligten Partei sind für den von ihr eingebrachten, vom Verfassungsgerichtshof aber nicht abverlangten Schriftsatz Kosten nicht zuzusprechen (zB VfSlg 13.847/1994, 15.300/1998, 15.818/2000, 16.037/2000).
European Case Law Identifier
ECLI:AT:VFGH:2015:B495.2013