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OGH vom 22.02.2011, 8Ob37/10i

OGH vom 22.02.2011, 8Ob37/10i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch den Hofrat Hon. Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sparkasse E*****, vertreten durch Dr. Christian Ransmayr, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagten Parteien 1. W***** B***** und 2. B***** B*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Bernhard Birek, Rechtsanwalt in Schlüßlberg, wegen 36.340 EUR sA, über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 179/09p 19, womit über Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichts Wels vom , GZ 1 Cg 9/09g-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Kreditvertrag vom räumte die Klägerin den Beklagten einen Einmalkredit in Höhe von 90.000 EUR ein, der der Umschuldung des bisherigen Obligos der Beklagten bei der Klägerin diente. Diesem Kreditvertrag lagen die „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ der Klägerin und die „Rahmenbedingungen für Finanzierungen“ zu Grunde. Die Parteien vereinbarten, dass die während der Kreditlaufzeit anfallenden Zinsen vierteljährlich mittels Einzugsermächtigung vom Konto der Beklagten abgedeckt werden. Die Leiterin der Rechtsabteilung wies die Beklagten aufgrund der bisherigen Schwierigkeiten bei der Rückzahlung ihrer Schulden eingehend auf die in Punkt 3 der Rahmenbedingungen enthaltene Vereinbarung eines Terminsverlusts im Fall des mindestens sechswöchigen Verzugs mit einer fälligen Zahlung nach Mahnung hin. Die Zinsen, die vereinbarungsgemäß im Wege einer Einzugsermächtigung vom Verrechnungskonto der Beklagten abzudecken waren, wurden jedoch entgegen der Vereinbarung mangels Kontodeckung seit zumindest von den Beklagten nicht mehr gezahlt. Die Klägerin richtete am ein Schreiben an die Beklagten, in dem sie mitteilte, dass die Beklagten den offenen Rückstand auf ihrem Konto noch nicht ausgeglichen haben. Sie setzte den Beklagten eine Frist von 14 Tagen für die Einzahlung des offenen Betrags. Gleichzeitig wies sie darauf hin, dass sollte die Fälligkeit der Gesamtforderung noch nicht eingetreten sein diese Fälligkeit jedenfalls mit Ablauf dieser Frist eintreten werde. Die nach Ablauf der Frist fällige Gesamtforderung bezifferte die Klägerin in diesem Schreiben mit 98.408,92 EUR. Der Rechtsvertreter der Beklagten ersuchte in seiner Antwort auf dieses Schreiben um die Erstreckung dieser Frist bis ; dies lehnte die Klägerin jedoch ab.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Zahlung eines Kreditteilbetrags von 36.340 EUR. Die Beklagten seien mit ihren Kreditrückzahlungsraten derart säumig geworden, dass die Klägerin gezwungen gewesen sei, unter Setzung einer Nachfrist und Androhung des Terminsverlusts das Obligo fällig zu stellen.

Die Beklagten wandten dagegen zusammengefasst lediglich ein, dass die Klage unschlüssig sei. Die Beklagten seien nicht zur Zahlung eines Ratenrückstands aufgefordert worden. Ein solcher sei auch in der Mahnung vom nicht ausgewiesen worden. Diese genüge daher nicht den Anforderungen des § 13 KSchG, sodass kein Terminsverlust eingetreten sei. Weitere Mahnungen hätten die Beklagten nicht erhalten.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus stellte es fest, dass die Klägerin von den Beklagten vor dem Schreiben vom mit zwei automationsunterstützt abgefertigten Mahnungen Zahlung verlangt habe.

In seiner rechtlichen Beurteilung erachtete das Erstgericht, dass die Voraussetzungen des § 13 KSchG hier erfüllt seien. Die Beklagten seien „zumindest“ im Schreiben vom qualifiziert gemahnt und auf die Tatsache eines offenen (fälligen) Rückstands auf dem Kreditkonto hingewiesen worden. Sie seien aufgefordert worden, den Rückstand bei sonstiger Fälligkeit der Gesamtforderung abzudecken. Dass in diesem Schreiben der Rückstand an Zinsen und Nebenkosten nicht explizit angegeben worden sei, schade nicht, weil die Darstellung des gesamten Rückstands als „fällige Forderung“ die Warnfunktion des § 13 KSchG umso mehr erfülle, als der Verbraucher wisse, welche Gesamtforderung zu zahlen sei, wenn er den Rückstand nicht begleiche.

Das Berufungsgericht gab der von den Beklagten gegen dieses Urteil erhobenen Berufung nicht Folge.

Die von den Beklagten in ihrer Berufung bekämpfte Feststellung, dass die Klägerin die Beklagten bereits vor dem Schreiben vom zweimal gemahnt habe, erachtete es als durch Vorbringen nicht gedeckt. Diese Feststellung sei daher der Entscheidung nicht zugrunde zu legen. Auch das Erstgericht habe letztlich seine Entscheidung nur mit der Mahung vom begründet.

§ 13 KSchG solle verhindern, dass ein Verbraucher durch den Terminsverlust überrascht werde. Dass sich hier aus dem Schreiben vom nicht ergebe, mit welchem konkreten Betrag die Beklagten in Rückstand geraten seien, schade nicht. Der Begriff der „Mahnung“ intendiere grundsätzlich die Angabe des offenen Betrags, weil ja der Gläubiger zur Zahlung dieses Betrags aufzufordern habe. Allerdings bedürfe es nach der ständigen Rechtsprechung dann keiner Mahnung gemäß § 13 KSchG, wenn der Verbraucher von sich aus erkläre, er werde die Erfüllung des Vertrags verweigern, oder wenn diese ausgeschlossen erscheine, sodass Mahnung und Nachfristsetzung nur nutzlose Formalität seien. Im gleichen Sinne sei es auch eine übertriebene Formalität, die Angabe des offenen Rückstands in der Mahnung zu verlangen, wenn es für den Schuldner ohne weiteres leicht erkennbar sei, welchen Betrag er zur Abwendung des Terminsverlusts leisten müsse. Hier ergebe sich aus den Feststellungen, dass die Zahlung der offenen Zinsen an der mangelnden Deckung des Verrechnungskontos der Beklagten gescheitert sei. In diesem Fall sei es für die Beklagten aber ohne weiteres erkennbar, in welcher Höhe ein Rückstand aufgelaufen sei, weil sich dieser aus dem jederzeit für sie einsehbaren Verrechnungskonto ergebe. Dazu komme, dass der Beklagtenvertreter in seiner Antwort auf das Mahnschreiben vom schriftlich um Fristerstreckung ersucht habe, ohne darzulegen, den offen aushaftenden Betrag nicht zu kennen. Es könne hier daher offen bleiben, ob die bestimmte Angabe des aufgelaufenen Rückstands der Höhe nach in einer qualifizierten Mahnung gemäß § 13 KSchG erforderlich sei. Der Warnfunktion dieser Bestimmung sei hier im Hinblick auf die für die Beklagten leichte Erkennbarkeit der Höhe des Rückstands ausreichend Genüge getan.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Insbesondere fehle Rechtsprechung zur Frage, ob der konkrete Zahlungsrückstand in einer qualifizierten Mahnung gemäß § 13 KSchG ausgewiesen werden müsse.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten.

Die Klägerin beteiligte sich nicht am Revisionsverfahren.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, sie ist jedoch im Ergebnis nicht berechtigt .

1. Vorauszuschicken ist, dass auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt die (mit dem DaKRÄG BGBl I 2010/28 formell nicht aufgehobene) Bestimmung des § 13 KSchG schon im Hinblick auf § 41a Abs 21 KSchG anzuwenden ist.

2. Die Zulässigkeit der hier getroffenen Vereinbarung des Terminsverlusts wird in der Revision nicht bestritten (RIS Justiz RS0074286).

3. Gemäß § 13 KSchG darf der Unternehmer das ihm vertraglich vorbehaltene Recht des Terminsverlusts nur ausüben, wenn er selbst seine Leistungen bereits erbracht hat, zumindest eine rückständige Leistung des Verbrauchers seit mindestens sechs Wochen fällig ist sowie der Unternehmer den Verbraucher unter Androhung des Terminsverlusts und unter Setzung einer Nachfrist von mindestens zwei Wochen erfolglos gemahnt hat. Der bloße Verzug des Verbrauchers reicht zur Geltendmachung des vereinbarten Terminsverlusts nicht aus. Insbesondere verlangt das Gesetz zur Ausübung dieses Rechts unter anderem eine qualifizierte Mahnung des Verbrauchers (1 Ob 2373/96v = SZ 69/208; 9 Ob 306/97h). Von den Voraussetzungen des § 13 KSchG darf gemäß § 2 Abs 2 KSchG zu Lasten eines Verbrauchers nicht abgewichen werden (1 Ob 266/97t). Fehlt nur eine der Voraussetzungen des § 13 KSchG, so kann der vereinbarte Terminsverlust nicht geltend gemacht werden.

Die Zustellung der auf den gesamten Rückstand gerichteten Klage ersetzt eine qualifizierte Mahnung gemäß § 13 KSchG nicht. Eine solche Mahnung kann jedoch auch noch während des Verfahrens über die Klage nachgeholt werden (RIS Justiz RS0107854).

4. Der Oberste Gerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass § 13 KSchG verhindern soll, dass ein Verbraucher durch den Terminsverlust überrascht wird und dass er eines solchen Schutzes (nur) dann nicht bedarf, wenn unter den gegebenen Umständen die Mahnung und Nachfristsetzung zu einer nutzlosen Formalität herabsinken würde (RIS Justiz RS0065639). In diesem Sinn bedarf es zum Eintritt des Terminsverlusts etwa dann keiner Mahnung unter Nachfristsetzung, wenn der Verbraucher erklärt, er werde die Erfüllung des Vertrags verweigern, wenn er den Willen zur Nichterfüllung des Vertrags konkludent zum Ausdruck bringt oder wenn es aus anderen Gründen ausgeschlossen erscheint, dass der Verbrauher die Frist zur Nachholung der Erfüllung benützen wird (7 Ob 3/02v; 1 Ob 255/05i; 7 Ob 6/10y uva; Kosesnik-Wehrle in Kosesnik-Wehrle , KSchG³ § 13 Rz 6 mwN aus der Rechtsprechung).

5. In ihrer Revision machen die Revisionswerber ausschließlich geltend, dass das Schreiben der Klägerin vom deshalb keine qualifizierte Mahnung iSd § 13 KSchG darstelle, weil darin der tatsächlich aushaftende Rückstand nicht ausgewiesen sei.

6. Grundsätzlich ist den Revisionswerbern zuzustimmen, dass eine iSd § 13 KSchG qualifizierte Mahnung ihrer Warnfunktion (s dazu RIS Justiz RS0065639; 8 Ob 99/09f mwH; Apathy in Schwimann³ § 13 KSchG Rz 2c; Kosesnik-Wehrle aaO § 13 Rz 1) im Allgemeinen nur dann entsprechen wird, wenn für den Schuldner daraus erkennbar ist, wie hoch der Rückstand ist, durch dessen fristgerechte Zahlung er den ihm angedrohten Terminsverlust vermeiden kann. Anderes kann nur dann gelten, wenn aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls (zB zeitnahe Vorkorrespondenz oder mündliche Erklärungen von Vertretern des Kreditgebers) die Höhe des innerhalb der gesetzten Frist zur Vermeidung des Terminsverlusts zu zahlenden Betrags dem Schuldner ohnedies bekannt ist, weil dann das Bestehen auf die (im Gesetz gar nicht ausdrücklich geforderte) Nennung des Betrags ein sinnentleerter Formalismus wäre.

7. Betrachtet man daher nur das Schreiben der Klägerin vom für sich allein, wäre es zur Herbeiführung des Terminsverlusts nicht ausreichend. Dennoch ist die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, Terminsverlust sei eingetreten, unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen nicht zu beanstanden.

8. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang auf den Umstand verwiesen, dass unter den gegebenen Umständen der Zahlungsrückstand der Beklagten für diese aus dem Verrechnungskonto ersichtlich war. Dass die diesen Überlegungen zugrunde liegenden Tatsachenannahmen durch Feststellungen nicht gedeckt seien, trifft nicht zu, weil es sich dabei um unbedenkliche Schlussfolgerungen des Berufungsgerichts aus unbekämpft gebliebenen erstgerichtlichen Feststellungen handelt. Damit stand aber den Beklagten auch wenn nicht feststeht, ob bzw wann ihnen Kontoauszüge zugestellt wurden jedenfalls die Möglichkeit offen, den angedrohten Terminsverlust durch Abdeckung des Negativsaldos am Verrechnungskonto zu vermeiden. Vor allem aber haben die Beklagten in erster Instanz (und auch im Berufungsverfahren) gar nicht behauptet, den von ihnen zur Vermeidung des Terminsverlusts zu zahlenden Rückstandsbetrag nicht gekannt zu haben (das erstmals im Revisionsverfahren in diesem Sinn erhobene nicht näher konkretisierte Vorbringen ist im Hinblick auf das Neuerungsverbot unbeachtlich). Zudem haben die Beklagten auf die Mahnung vom mit einem Schreiben ihres Rechtsvertreteres reagiert, in dem sie lediglich um Verlängerung der Nachfrist ersuchten, aber mit keinem Wort behauptet haben, nicht zu wissen, wie hoch der Betrag sei, durch dessen Zahlung sie den Terminsverlust abwenden können. Auch haben sie in weiterer Folge auch während des laufenden Gerichtsverfahrens bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz im Juni 2009 weder den aushaftenden Rückstand nachgezahlt noch laufende Zahlungen geleistet. Dass ihnen während des Verfahrens der Rückstand nicht bekannt war, haben sie (angesichts der von der Klägerin vorgelegten Beilagen zu Recht) nicht einmal behauptet. Unter diesen Umständen ist es daher die Annahme gerechtfertigt, dass die Beklagten mit hinreichender Deutlichkeit ihre mangelnde Bereitschaft bzw Fähigkeit zur Zahlung des aushaftenden Rückstands zum Ausdruck gebracht haben, sodass im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung Terminsverlust eingetreten ist.

9. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 ZPO.