OGH vom 19.11.2009, 8Ob37/09p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Spenling, Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Glawischnig und den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ludmilla S*****, vertreten durch Dr. Peter Steinbauer, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei B***** AG, *****, vertreten durch Dr. Andreas König ua, Rechtsanwälte in Innsbruck, und die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei Verlassenschaft nach Margit B*****, vertreten durch Mag. Albin Huber, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 1.895.387,76 EUR sA, über die „Revision" (richtig: Rekurs) der Klägerin sowie über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 99/08p-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom , GZ 15 Cg 219/07v-14, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
Den Rekursen wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache selbst dahin zu Recht erkannt, dass die Entscheidungen der Vorinstanzen zu lauten haben:
„Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, Zug um Zug gegen Vorlage des bei ihr zu Konto Nr ***** eingerichteten Kapitalsparbuches und Nennung des Losungswortes '*****' den Betrag von 1.895.387,76 EUR samt 4% Zinsen seit an die beklagte Partei zu bezahlen, wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, binnen 14 Tagen
1) der beklagten Partei die mit 11.269,74 EUR (darin 1.878,29 EUR USt) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz und die mit 101.949,96 EUR (darin 2.773,66 EUR USt und 85.308 EUR Pauschalgebühr) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens sowie
2) der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei die mit 9.484,94 EUR (darin 1.580,82 EUR USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen."
Text
Entscheidungsgründe :
Der deutsche Staatsbürger Herbert Sch***** eröffnete am in einer Filiale der beklagten Bank ein legitimiertes Kapitalsparbuch zu Kontonummer ***** unter der Bezeichnung „Kunde 6*****" mit einer Einlage von 1.850.000 EUR und einer Laufzeit vom bis . Bei Einhaltung der vollen Laufzeit wurden 3,25 % Zinsen p.A. vereinbart. Das Sparbuch ist in Händen der Klägerin, der auch das vereinbarte Losungswort bekannt ist.
Am verstarb der zuletzt in München wohnhafte Herbert Sch*****. Die Klägerin machte vor und nach seinem Tod bei der Beklagten immer wieder den Anspruch auf die Spareinlage geltend und berief sich dabei darauf, dass ihr der Verstorbene zu Lebzeiten das Sparbuch geschenkt und das Losungswort mitgeteilt habe. Die Beklagte äußerte stets Zweifel an der Schenkung und wendete die Nachlasszugehörigkeit des Sparbuchs ein.
Mit Schreiben vom stellte der Klagevertreter der Beklagten gegenüber die Klageforderung fällig.
Am stellte die Beklagte beim Bezirksgericht Innsbruck den Antrag auf Hinterlegung des aus der Spareinlage resultierenden Guthabens; mit Beschluss dieses Gerichts vom wurde der Erlag in Höhe von 1.894.382,20 EUR gemäß § 1425 ABGB angenommen und in der Folge fruchtbringend auf einem Sparbuch lautend auf „Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Innsbruck", angelegt.
Die Klägerin stellte mit der am eingebrachten Klage das aus dem Spruch ersichtliche Zahlungsbegehren Zug um Zug gegen Vorlage des Kapitalsparbuchs. Sie sei die Lebensgefährtin des Verstorbenen gewesen, der ihr Anfang November 2006 in seinem Haus in Traunstein das Kapitalsparbuch durch Übergabe und Nennung des Losungsworts geschenkt habe. Ende November/Anfang Dezember 2006, als sich der Schenker im Krankenhaus befunden habe, habe sie sich bei der Beklagten erkundigt, wie sie über das Sparbuch verfügen könne. Die Filialleiterin habe ihr erklärt, dass dies nur der legitimierte Kunde persönlich könne. Aufgrund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung sei es diesem aber nicht möglich gewesen, der Beklagten persönlich seine Rechtsansicht mitzuteilen, dass das Sparbuch jederzeit frei übertragbar sei. Am sei der Schenker verstorben. Trotz weiterer Vorsprachen habe die Beklagte weiterhin Zweifel hinsichtlich der behaupteten Schenkung und des Verfügungsrechts der Klägerin aufrecht erhalten und das Realisat beim Bezirksgericht Innsbruck gerichtlich hinterlegt. Richtigerweise hätte die Beklagte lediglich die Identität der Klägerin prüfen dürfen und in der Folge deren Verfügungen über das gegenständliche Sparbuch akzeptieren müssen. Die Klägerin bestritt auch das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für eine schuldbefreiende Hinterlegung.
Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen und brachte vor, dass der Verstorbene kurz vor der behaupteten Schenkung in der Filiale vorgesprochen und in keiner Weise erwähnt habe, dass er das Sparbuch verschenken wolle. Auch die Klägerin habe bei ihrer Vorsprache Ende November/Anfang Dezember 2006 die Schenkung nicht erwähnt, sondern sich nur über die Verfügungsmöglichkeit über das Sparbuch erkundigt. Parallel zu den Vorsprachen der Klagsseite sei die Beklagte vom Sohn der Alleinerbin nach dem Verstorbenen im Zeitraum Juni/Juli 2007 telefonisch kontaktiert worden. Dieser habe angekündigt, dass er mit seiner Mutter und dem Erbschein zur Beklagten fahren werde, um die Vermögenswerte des Verstorbenen entgegen zu nehmen.
Die behauptete Schenkung sei nach deutschem Recht zu beurteilen und bedürfe eines Notariatsakts. Eine wirkliche Übergabe, die sinnfällig nach außen bemerkbar sei, habe nicht stattgefunden. Dass die Klägerin als Lebenspartnerin des Verstorbenen über den Aufbewahrungsort des Sparbuchs Bescheid wisse sowie das Losungswort kenne, genüge nicht.
Bei berechtigten Zweifeln an der materiell-rechtlichen Legitimation des angeblich Beschenkten habe die beklagte Partei die Verpflichtung, der Auszahlungsaufforderung nicht nachzukommen. Sie sei zur Überprüfung der materiellen Legitimation berechtigt. Aus § 32 Abs 4 BWG ergebe sich, dass an den Präsentanten des Sparbuchs ausgezahlt werden dürfe, aber nicht müsse. Aufgrund der zahlreichen Unklarheiten und der beiden Forderungsprätendenten habe sie nicht mit schuldbefreiender Wirkung an die Klägerin auszahlen können. Es sei ihr weder möglich noch zumutbar gewesen, den tatsächlich berechtigten Gläubiger auszuforschen. Gemäß § 1425 ABGB habe sie daher das Guthaben mit schuldbefreiender Wirkung hinterlegt.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, dass die behauptete Schenkung nach deutschem Recht, das Rechtsverhältnis des Verstorbenen bzw der Klägerin als seiner Einzelrechtsnachfolgerin zur Beklagten hingegen nach österreichischem Recht zu beurteilen sei. Da die Klägerin das nicht auf einen Namen lautende, mit einem Losungswort vinkulierte Sparbuch, somit ein Inhaberpapier, der Beklagten vorgelegt habe und ihr auch das Losungswort bekannt gewesen sei, sei die Beklagte nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet gewesen, ohne materiell-rechtliche Überprüfung die Verfügungen der Klägerin zu akzeptieren. Die Beklagte habe sich auch nicht durch den Gerichtserlag von ihrer Zahlungsverpflichtung befreit. Das von ihr behauptete Telefonat mit dem Sohn der Alleinerbin des Verstorbenen reiche für die Annahme eines weiteren Forderungsprätendenten nicht aus.
Erst im Berufungsverfahren schloss sich die (laut Mitteilung ihres Rechtsvertreters mittlerweile verstorbene) Alleinerbin nach Herbert S***** dem Verfahren auf der Seite der Beklagten als Nebenintervenientin an und erklärte, Anspruch auf das ihrer Ansicht nach in den Nachlass fallende Sparguthaben zu erheben.
Das Berufungsgericht hob über Berufung der Beklagten das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erklärte es für zulässig.
§ 31 Abs 1 BWG sehe vor, dass Sparbücher auf den Namen des Kunden lauten können. Dies müsse zwingend der Name des nach § 40 Abs 1 Z 1 BWG identifizierten Kunden sein. Auszahlungen von derartigen Namenssparbüchern dürften nur an den identifizierten Kunden (§ 32 Abs 4 Z 2 BWG) und gegen Vorlage des Papiers (§ 32 Abs 2 BWG) erfolgen. Daraus ergebe sich aber nicht, dass die Sparbuchforderung nicht abgetreten werden könne. Dies erfolge durch Zession und gleichzeitige Übereignung des Papiers. In diesem Fall erfordere § 40 Abs 1 Z 1 BWG aber wiederum eine Identifizierung. Primärer Zweck der Identifizierungspflicht nach § 32 Abs 4 Z 2 und § 40 BWG sei zwar die Unterbindung von Geldwäsche und nicht die Frage der wertpapierrechtlichen Legitimation. Allerdings wirke sich die Bestimmung zwangsläufig auch auf Letztere aus. Der Kunde habe für Auszahlungen seine Identität und damit gleichzeitig auch seine materielle Berechtigung hinsichtlich der Spareinlage im Sinn der Übereinstimmung mit dem Berechtigten nachzuweisen. Das Papier selbst habe keine Legitimationsfunktion, sondern es sei der Nachweis der materiellen Berechtigung zu erbringen. Für die wertpapierrechtliche Einordnung von Namenssparbüchern bedeute das, dass es sich um Rektapapiere handle. Für die Auszahlung sei die Vorlage der Urkunde erforderlich, sie habe aber keine Legitimationsfunktion. Die Übertragung könne nur durch Zession und nicht nach sachenrechtlichen Regeln erfolgen.
Davon zu unterscheiden seien Bezeichnungssparbücher. Auch für diese sei davon auszugehen, dass es sich grundsätzlich um Rektapapiere handle. Zwar scheine der Name des Berechtigten nicht unmittelbar in der Urkunde auf, doch sei auch hier die Identität des Kunden immer festzuhalten (§ 40 Abs 1 Z 1 BWG). Daraus ergebe sich die Zuordnung der Spareinlage aufgrund der Bezeichnung zu einer bestimmten Person.
Bei Bezeichnungssparbüchern, deren Guthabensstand 15.000 EUR betrage oder übersteige, dürften Auszahlungen nur an den gemäß § 40 Abs 1 Z 1 BWG identifizierten Kunden erfolgen. Hinsichtlich der wertpapierrechtlichen Einordnung könne daher für diese nichts anderes gelten als für die Namenssparbücher. Aufgrund der Identifizierung des Kunden sei der Nachweis der materiellen Berechtigung möglich und die Bank dürfe nur an den materiell berechtigten und als solchen identifizierten Kunden auszahlen. Diese Sparbücher seien daher reine Rektapapiere.
Von der in der Entscheidung 7 Ob 65/06v vertretenen Auffassung, dass das Kreditinstitut bei Vorlage der Sparurkunde bei einer Spareinlage, deren Guthabensstand mindestens 15.000 EUR betrage, nur an den gemäß § 40 Abs 1 BWG identifizierten Kunden auszahlen dürfe, sei der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 8 Ob 22/07d abgegangen und habe ausgesprochen, dass ungeachtet der Identifizierungsvorschriften des BWG ein mit Losungswort versehenes Sparbuch durch Übergabe und Mitteilung des Losungsworts ins Eigentum des Übernehmers übertragen werde. Die schenkungsweise Zession der Forderung bedürfe der Form eines Notariatsakts dann nicht, wenn eine wirkliche Übergabe im Sinn des § 427 ABGB stattgefunden habe. Sollte das Sparbuch von einer anderen Person als jener, die bei erstmaliger Anknüpfung der dauernden Geschäftsbeziehung identifiziert worden sei, präsentiert werden, sei diese zu identifizieren und es sei eine Bescheinigung zu verlangen, die belege, dass die Rechtsnachfolge oder entsprechende Bevollmächtigung in der Person gründe, die zuletzt zu diesem Sparbuch identifiziert worden sei. Die Kreditinstitute hätten einen entsprechend hohen Sorgfaltsmaßstab anzuwenden (10 Ob 61/07d).
Bei § 32 Abs 4 Z 2 BWG handle es sich um zwingendes Recht, sodass aus den (im Sparbuch abgedruckten) Allgemeinen Bestimmungen für die Einlagen auf Sparbücher nichts zu gewinnen sei. Die Beklagte sei daher nicht verpflichtet gewesen, allein aufgrund der Präsentation des Sparbuchs an die Klägerin zu zahlen; sie sei vielmehr berechtigt und verpflichtet gewesen, auch deren materielle Berechtigung zu prüfen. Die Klägerin als (behauptete) Rechtsnachfolgerin desjenigen, der sich bei Eröffnung des Sparbuchs der Beklagten gegenüber legitimiert habe, habe daher der Beklagten gegenüber den Nachweis der Rechtsnachfolge zu führen. Inwieweit die Voraussetzungen einer schenkungsweisen Zession gegeben seien, könne mangels Feststellungen nicht beurteilt werden.
Mit ihrer Berufung auf die Hinterlegung des Guthabensbetrags nach § 1425 ABGB übersehe die Beklagte, dass eine Hinterlegung ausscheide, wenn die unklare Sach- oder Rechtslage nur zwischen einem Schuldner und einem Gläubiger bestehe. Hier behaupte die Beklagte eine unklare Sach- und Rechtslage nur zwischen ihr und der Klägerin, sodass schon deshalb der Hinterlegung keine schuldbefreiende Wirkung zukomme. Dass das Sparbuch im Besitz der Klägerin sei und die Beklagte nur gegen Vorlage des Sparbuchs leisten müsse, könne keine unklare Rechtslage schaffen.
Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erachtete das Berufungsgericht im Hinblick auf die Entscheidung 7 Ob 128/04f, in der der Oberste Gerichtshof ausgesprochen habe, dass die Bank grundsätzlich verpflichtet sei, aufgrund der Vorlage eines Inhabersparbuchs an den Inhaber zu bezahlen, ohne seine Berechtigung zu prüfen, als zulässig.
Gegen diesen Beschluss richten sich der als „Revision" bezeichnete Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, das Ersturteil wiederherzustellen (hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt), sowie der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinn der gänzlichen Klageabweisung abzuändern.
In ihren („Revisions"-)Rekursbeantwortungen beantragen die Parteien und die Nebenintervenientin auf Seiten der Beklagten, das jeweils gegnerische Rechtsmittel zurückzuweisen, hilfsweise, ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Beide Rekurse sind zulässig, und (jedenfalls soweit Spruchreife behauptet wird) auch berechtigt.
I. Die Rechtsausführungen des Erstgerichts zum anzuwendenden Recht wurden von den Beteiligten im Rechtsmittelverfahren nie in Zweifel gezogen. Darauf ist daher nicht weiter einzugehen (RIS-Justiz RS0040169; RS0009300; 2 Ob 80/99z; 2 Ob 18/00m; 8 Ob 14/08d; Verschraegen in Rummel³ § 2 IPRG Rz 5).
II. Zu Recht wendet sich die Beklagte gegen die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Frage der schuldbefreienden Wirkung der von der Beklagten vorgenommenen Hinterlegung.
Nach ständiger Rechtsprechung bilden sowohl Unklarheit der Rechtslage als auch das Auftreten von mehreren Forderungsprätendenten einen rechtlichen Grund zum Gerichtserlag im Sinn des § 1425 ABGB (RIS-Justiz RS0033610; RS0033539; 3 Ob 190/03t mwN ua). Nun mag es hier fraglich sein, ob im Zeitpunkt der Hinterlegung von einer Mehrheit von Forderungsprätendenten gesprochen werden konnte, zumal bis dahin die Nebenintervenientin das Sparguthaben noch nicht ausdrücklich eingefordert hatte. Immerhin hat sich die Beklagte aber darauf berufen, dass schon im Juni oder Juli 2007 der Sohn der Alleinerbin nach Herbert S********** telefonisch angekündigt habe, dass er mit seiner Mutter und dem Erbschein bei der Beklagten die Vermögenswerte des Verstorbenen einfordern werde. Nähere Ausführungen dazu sind allerdings nicht erforderlich, weil dem Schuldner von der Rechtsprechung auch in solchen Fällen die Hinterlegung nach § 1425 ABGB zugestanden wird, in denen er Gefahr läuft, aufgrund verschiedener (angeblicher) Ansprüche mehrerer (potentieller) Gläubiger doppelt beansprucht zu werden (Reischauer in Rummel³ § 1425 Rz 4 mwN; vgl auch die Rechtsprechung, wonach auch durch ein Ersuchen um Aufklärung nicht beseitigte berechtigte Zweifel über eine erfolgte Zession bewirken, dass der Schuldner mit schuldbefreiender Wirkung hinterlegen darf: 3 Ob 190/03t; 6 Ob 194/04d mwN).
Eine derartige unklare Rechtslage, die für die Beklagte die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme mit sich brachte, war aber auch im vorliegenden Fall aus folgenden Überlegungen gegeben:
III. Durch die BWG-Novelle 2000 (BGBl I 2000/33) sollte - über Drängen insbesondere auch der Financial Action Task Force (FATF) - die sogenannte „Geldwäsche-Richtlinie" (91/308/EWG) umgesetzt und hiezu - zumindest ab einem gewissen Schwellenwert - die Anonymität der Sparbücher beseitigt werden. Die BWG-Novelle (und damit die Aufhebung der Sparbuchanonymität) trat mit in Kraft (§ 103b BWG).
Gemäß § 32 Abs 4 BWG ist das Kreditinstitut unbeschadet eines Verfügungsvorbehalts gemäß § 31 Abs 3 und unbeschadet § 40 Abs 1 Z 4 zur Auszahlung gegen Vorlage der Sparurkunde und nach Maßgabe der folgenden Z 1 bis 3 berechtigt. Die hier maßgebende Bestimmung (§ 32 Abs 4 Z 2 leg cit) lautet:
Z 2. Bei Spareinlagen, deren Guthabenstand mindestens 15.000 EUR oder Euro-Gegenwert beträgt, oder die auf den Namen des gemäß § 40 Abs 1 identifizierten Kunden lauten, darf nur an den gemäß § 40 Abs 1 identifizierten Kunden ausbezahlt werden.
Es entspricht der weitaus überwiegenden Lehre, dass jedenfalls seit der hier anzuwendenden Neufassung dieser Bestimmung durch BGBl I 2000/33 bei den in Z 2 leg cit genannten - und hinsichtlich der Auszahlungsberechtigung der Bank gleich geregelten - Namenssparbüchern und den sogenannten „Großbetragssparbüchern" (auch „Typ-2-Sparbücher") der Erwerber der Spareinlagenforderung, wenn er Auszahlung begehrt, seinen Erwerb (und damit seine materielle Berechtigung) nachweisen oder zumindest bescheinigen muss (Krejci, Unternehmensrecht4, 569 f; Apathy/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht II² 3/29 und 3/66; Zawischa/Kirchbaumer in Dellinger BWG § 32 Rz 20; Nussbaumer, Die Umsetzung der Geldwäscherichtlinie in Österreich, 141; Hegen, Zur rechtsgültigen Schenkung von Typ - 2 Sparbüchern. Die Konsequenzen für die Bankenpraxis im Spareinlagengeschäft, ZFR 2007/66; Apathy, ÖBA 2007, 58; Rieder/Sloboda, Zur wertpapierrechtlichen Einordnung des Großbetragssparbuchs, ZAK 2007, 303; krit bzw ggt: Artmann, Zur Rechtsnatur des Sparbuchs JBl 2008, 273 [277 f]; Nitsche, Sparbuchanonymität und Wertpapiercharakter, ÖBA 2000, 1055 [259]). Wie bereits in der Entscheidung 10 Ob 61/07d (ÖBA 2008/1467, 208) dargestellt, hat auch die Finanzmarktaufsichtsbehörde in einem Rundschreiben zur Identitätsfeststellung vom dahingehend Stellung genommen, dass aus Spareinlagen, deren Guthabensstand mindestens 15.000 EUR oder EURO-Gegenwert beträgt, nur an den Kunden ausgezahlt werden darf, der im Rahmen der Anknüpfung der dauernden Geschäftsbeziehung identifiziert wurde und auf den die Spareinlage lautet (§ 32 Abs 4 Z 2 BWG aE). Sollte das Sparbuch von einer anderen Person präsentiert werden, so ist diese zu identifizieren und es ist eine Bescheinigung zu verlangen, die belegt, dass die Rechtsnachfolge oder entsprechende Bevollmächtigung in der Person gründet, die zuletzt zu diesem Sparbuch identifiziert wurde. Die Kreditinstitute haben einen entsprechend hohen Sorgfaltsmaßstab anzuwenden.
In diesem Sinn hat der Oberste Gerichtshof zu 10 Ob 61/07d weiter ausgeführt, dass es sich beim Verbot der Auszahlung an einen anderen als den erstidentifizierten Sparbuchinhaber gemäß § 32 Abs 4 Z 2 BWG jedenfalls um eine gesetzliche Bestimmung handelt, welche die Berechtigung der Bank zur (schuldbefreienden) Zahlung regelt. In der österreichischen Judikatur und Lehre sei nämlich nie gezögert worden, die einschlägigen Vorschriften des BWG und des früheren KWG als Rechtsgrundlage für die Bestimmung der Rechtsnatur des Sparbuchs und anderer (privatrechtlicher) Rechtsfolgen heranzuziehen. Da es sich bei der Bestimmung des § 32 Abs 4 Z 2 BWG um (allseits) zwingendes Recht handle, könne die Anwendung dieser Regelung durch Parteienvereinbarung nicht mehr ausgeschlossen werden. Der Wortlaut des Auszahlungsverbots des § 32 Abs 4 Z 2 BWG stehe einer Auszahlung an einen - mit einer banküblichen Vollmacht oder einem sonstigen Nachweis einer Vertretungsmacht ausgestatteten - Bevollmächtigten des Kunden aber nicht entgegen. Es genüge, wenn sich der Vertreter entsprechend § 40 Abs 1 BWG identifiziere und seine Vertretungsbefugnis anhand geeigneter Bescheinigungen überprüft werde.
Die nach dieser Auffassung bestehende Verpflichtung der Bank, sich von einer Person, die nicht mit dem identifizierten Kunden ident ist, bescheinigen zu lassen, dass die Rechtsnachfolge oder die Bevollmächtigung in der Person gründet, die zuletzt zu diesem Sparbuch identifiziert wurde, steht mit dem Ergebnis der von der Klägerin ins Treffen geführten Entscheidung 8 Ob 22/07d (ÖBA 2008/1466, 206) nicht in Widerspruch. In dieser Entscheidung wurde lediglich klargestellt, dass ein mit Losungswort versehenes Sparbuch durch Übergabe und Mitteilung des Losungsworts ins Eigentum des Übernehmers übertragen wird und dass die schenkungsweise Zession einer Forderung der Form eines Notariatsakts dann nicht bedarf, wenn eine wirkliche Übergabe im Sinn des § 427 ABGB stattgefunden hat. Dieser zwischen den Parteien gar nicht strittige Umstand hat aber mit dem Recht bzw der Pflicht der Bank, die Rechtsnachfolge zu prüfen, nichts zu tun.
IV. Angesichts der in der zitierten Entscheidung des 10. Senats vertretenen Rechtsauffassung und der gewichtigen Stimmen in der Lehre bestand daher für die Beklagte - ohne dass es hier einer abschließenden Erörterung der aufgezeigten Problematik bedürfte - sehr wohl eine erhebliche Rechtsunsicherheit darüber, ob sie ohne ausreichenden Nachweis der materiellen Legitimation an die Klägerin überhaupt auszahlen durfte. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte angesichts der von ihr ins Treffen geführten näheren Umstände der vorangegangenen Vorsprachen des Verstorbenen und der Klägerin selbst durchaus Zweifel am behaupteten Rechtsübergang hegen konnte und der ursprünglich identifizierte, aber mittlerweile verstorbene Kunde nicht mehr zwecks Aufklärung kontaktiert werden konnte. Damit liegt aber - umso mehr, als sich die Erbin des identifizierten Kunden bereits gemeldet hatte - eine Situation vor, in der die Beklagte für den Fall der Auszahlung an die Klägerin die Inanspruchnahme auch durch die Erbin fürchten musste, die in der Folge ja auch Anspruch auf das Guthaben erhoben hat. Eine der Beklagten zumutbare Möglichkeit, die von ihr angezweifelte Schenkung des Sparbuchs selbst verlässlich zu prüfen, besteht nicht, zumal sich die Klägerin ausschließlich auf mündliche Erklärungen des Verstorbenen ihr gegenüber beruft. Im Sinne der unter II. angestellten Überlegungen war die Beklagte daher zur Hinterlegung des Guthabens im Sinn des § 1425 ABGB berechtigt.
Das Berufungsgericht hat seine gegenteilige Auffassung mit dem Argument begründet, dass sich die Erbin nicht im Besitz des Sparbuchs befunden habe und daher eine doppelte Inanspruchnahme nicht zu befürchten gewesen sei. Dieses Argument ist aber unrichtig. Ist nämlich die Beklagte im Sinne der herrschenden Auffassung zur Prüfung der Rechtsnachfolge verpflichtet, wäre sie im Fall der trotz berechtigter Zweifel erfolgten Auszahlung des Guthabens an die Beklagte mit Ersatzforderungen der Nebenintervenientin (bzw deren Rechtsnachfolger) konfrontiert.
V. Beruft sich der Schuldner - wie hier - zu Recht auf die schuldbefreiende Wirkung der Hinterlegung, ist die gegen ihn gerichtete Leistungsklage des Gläubigers abzuweisen (Reischauer in Rummel³ § 1425 Rz 25 und 34 mwN).
VI. Der Oberste Gerichtshof kann gemäß § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO über einen Rekurs gegen einen Beschluss des Berufungsgerichts nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO durch Urteil in der Sache selbst erkennen, wenn diese zur Entscheidung reif ist; das Verbot der reformatio in peius gilt in einem solchen Falle nicht (RIS-Justiz RS0043853 ua). Da die Sache im Sinn der eben angestellten Überlegungen spruchreif ist, war daher den Rekursen der Parteien Folge zu geben, der angefochtene Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts aufzuheben und in der Sache selbst im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens zu erkennen.
VII. Die Kostenentscheidung aller drei Instanzen gründet sich auf die §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Trotz des nominell erfolgreichen Rekurses auch der Klägerin gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts besteht kein Kostenersatzanspruch dieser gegen die Beklagte, weil der Oberste Gerichtshof in der Sache selbst zum Nachteil der Klägerin entschieden hat (3 Ob 10/98m, 2 Ob 201/99v ua).