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OGH vom 25.05.1994, 9ObA38/94

OGH vom 25.05.1994, 9ObA38/94

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Michael Manhard und Herbert Wolf als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Eva B*****, Angestellte, ***** vertreten durch Dr.Georg Griesser und Dr.Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei L*****, ***** vertreten durch Schuppich, Sporn und Winischhofer, Rechtsanwälte in Wien, wegen 83.328,66 S brutto sA, infolge Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 32 Ra 116/93-15, womit infolge Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 19 Cga 3007/92-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, der beklagten Partei die mit 5.094 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 849 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war bei der beklagten Partei vom bis als Flugbegleiterin beschäftigt. Das Gehalt der Klägerin betrug zuletzt 12.500 S brutto zuzüglich einer Zulage von 3.670 S monatlich; weiters erhielt sie Provisionen aus Bordverkäufen in der Höhe von durchschnittlich 1.156 S monatlich.

Laut Dienstzettel wurde unter anderem folgendes vereinbart:

"Das Gehalt kommt 14mal jährlich zur Auszahlung" (Punkt IV)

"Sollte aufgrund vorübergehender Flugunfähigkeit (krankheitsbedingt) oder Schwangerschaft ein Einsatz als Flugbegleiter nicht möglich sein, behält sich die Dienstgeberin vor, den Dienstnehmer auf einem anderen, seiner Qualifikation entsprechenden Arbeitsplatz einzusetzen. Die Bestimmungen des Mutterschutzes werden dabei voll berücksichtigt. Die Bezahlung erfolgt während dieser Zeit aufgrund des Durchschnittes vom Gehalt der letzten drei Monate." (Punkt IX).

Im Jahre 1991 war die Klägerin in folgenden Zeiträumen im Krankenstand: bis ; bis sowie bis . Vom bis bezog die Klägerin Krankengeld von der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse.

Mit Schreiben vom teilte der Klagevertreter der beklagten Partei unter anderem folgendes mit:

"Frau B***** ist seit in Ihrem Unternehmen beschäftigt, wobei sie laut Punkt I des Dienstzettels als Flugbegleiterin aufgenommen worden ist. Wie Ihnen bekannt ist, befindet sich Frau B***** seit längerer Zeit im Krankenstand. Untersuchungen bei Fachärzten haben dabei ergeben, daß Frau B***** dauernd flugunfähig ist. Dieser Befund wurde von folgenden beiden Ärzten abgegeben: ....

Über die erstellten Befunde können gegebenenfalls Atteste - auch von einem weiteren behandelnden Arzt - vorgelegt werden.

Aufgrund dieser ärztlichen Gutachten ist Frau B***** nicht in der Lage, die vertraglich geschuldeten Dienste für Ihr Unternehmen weiterhin zu erbringen. Da sie ausschließlich als Flugbegleiterin aufgenommen worden ist, ist der Austrittstatbestand des § 26 Abs 1 AngG gegeben.

Frau B***** wird dessenungeachtet, sobald sie gesundgeschrieben wird, ihren Dienst in Ihrem Unternehmen wieder antreten. Dies allerdings unpräjudiziell für ihren Standpunkt, daß sie ausschließlich Dienst als Flugbegleiterin schuldet und daher einer dauernden Versetzung in den Innendienst, selbst bei ungeschmälerter Fortzahlung des Entgeltes, nicht zustimmen wird. Sie wird ihren Dienst vielmehr nur deshalb antreten, um ihr und Ihrem Unternehmen die Möglichkeit zu geben, eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses zu noch festzulegenden Bedingungen zu erreichen. ...."

Nach ergebnisloser Korrespondenz über eine einvernehmliche Lösung, in deren Rahmen die Klägerin eine Dienstfreistellung unter Fortzahlung der Bezüge anstrebte, während die beklagte Partei unter Hinweis auf die von der Klägerin mit Schreiben vom erklärte Dienstunfähigkeit weitere Gehaltsansprüche ablehnte, kündigte die beklagte Partei mit Schreiben vom das Dienstverhältnis zum auf.

An die Klägerin wurden für die Zeiten ihres Krankengeldbezuges sowie für die Monate November 1991 bis Jänner 1992 insgesamt 18.799,70 S brutto an Sonderzahlungen geleistet (hievon für den letzteren Zeitraum 8.086,36 S brutto).

Weiters wurden an die Klägerin eine Urlaubsentschädigung für 26 Werktage im Betrag von 17.306,15 S brutto sowie eine Abfertigung (zwei Monatsentgelte) von 37.496,67 S brutto gezahlt.

Die Klägerin begehrt weitere 83.328,66 S brutto sA. Der Anspruch auf Urlaubsentschädigung und Abfertigung sei unrichtig errechnet worden, weil darin die Provisionen aus Bordverkäufen nicht berücksichtigt worden seien. Tatsächlich gebührten der Klägerin 19.904 S an Urlaubsentschädigung und 39.808 S an Abfertigung; nach Abzug der gezahlten Beträge ergebe sich eine Entgeltdifferenz von 4.909,18 S brutto. An Gehalt für November 1991 bis Jänner 1992 würden - nach Einschränkung um die für diesen Zeitraum erhaltenen Sonderzahlungen von 8.086,36 S 51.625,64 S geltend gemacht. Bei der beklagten Partei entspreche das Urlaubsjahr dem Kalenderjahr, so daß der Klägerin auf Basis eines Monatsbezuges von 19.904 S (hievon 2.678 S an anteiligen monatlichen Sonderzahlungen) ein Betrag von 26.793,94 S brutto an Urlaubsentschädigung für das Jahr 1992 gebühre. Die Klägerin habe der beklagten Partei ein Tätigwerden im Innendienst angeboten; dies sei von der beklagten Partei aber abgelehnt worden; es bestünde daher weiterhin ein Entgeltanspruch. Die beklagte Partei stehe auf dem Standpunkt, daß die Klägerin infolge ihrer Flugunfähigkeit an der Erbringung ihrer Dienste gehindert gewesen sei und daher keinen Entgeltanspruch habe.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Am sei das Flugzeug "Mozart" der beklagten Partei abgestürzt. Unmittelbar danach habe sich die Klägerin krank gemeldet und sodann nur für wenige Tage den Dienst wieder angetreten, ohne an einem Flug teilzunehmen. Am habe sich die Klägerin wieder krank gemeldet, weil sie an Flugangst leide. Die beklagte Partei habe während des Entgeltfortzahlungszeitraumes das volle Gehalt weitergezahlt, sodann habe die Klägerin Krankengeld erhalten. Während des Krankenstandes habe die Klägerin keinen Kontakt zur beklagten Partei aufgenommen, sondern erst mit Schreiben vom mitgeteilt, daß sie dauernd flugunfähig und daher nicht in der Lage sei, die vertraglich geschuldeten Dienste für die beklagte Partei zu erbringen. Dessenungeachtet sei sie auch mit einer dauernden Versetzung in den Innendienst selbst bei ungeschmälerter Fortzahlung des Entgeltes nicht einverstanden. Sie werde den Dienst daher nur deswegen antreten, um dem Unternehmen die Möglichkeit zu geben, eine einvernehmliche Lösung zu noch festzusetzenden Bedingungen zu erreichen. Ein Dienstantritt der Klägerin sei am nicht erfolgt; sie habe sich weder bei einem ihrer Vorgesetzten zum Dienst gemeldet noch die beklagte Partei davon verständigt, daß sie ab diesem Zeitpunkt gesundgeschrieben worden sei. Punkt IX des Dienstvertrages berechtige die beklagte Partei lediglich, einen Flugbegleiter, der vorübergehend für Flüge nicht eingesetzt werden könne, auch im Innendienst einzusetzen. Daraus ergebe sich keine Verpflichtung der beklagten Partei, einen dauernd flugunfähigen Flugbegleiter im Innendienst zu beschäftigen. Darüber hinaus habe die Klägerin nach Gesundschreibung ihren Dienst nicht wieder angetreten und die Verrichtung einer Tätigkeit im Innendienst ausdrücklich abgelehnt. Gemäß § 8 Abs 1 AngG stehe der Klägerin ein Gehalt für die Monate November 1991 bis Jänner 1992 nicht zu. Urlaubsentschädigung für das Jahr 1992 stehe ihr nicht zu, weil in diesem Zeitraum auch kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung mehr bestanden habe. Die Provisionen für die Bordverkäufe seien kein Entgelt für die Tätigkeit als Flugbegleiterin und daher bei der Bemessung der Urlaubsentschädigung und der Abfertigung nicht zu berücksichtigen. In eventu wandte die beklagte Partei eine Gegenforderung von 18.799,70 S brutto ein. Der Klägerin seien in dieser Höhe für den Zeitraum ihres Krankengeldbezuges und sodann für November 1991 bis Jänner 1992 Sonderzahlungen geleistet worden, obwohl kein Entgeltfortzahlungsanspruch mehr bestanden habe.

Das Erstgericht sprach aus, daß die Klagsforderung mit 4.909,18 S brutto zu Recht, mit weiteren 78.419,48 S brutto nicht zu Recht und die Gegenforderung bis zur Höhe der Klagsforderung zu Recht bestehe und wies das Klagebegehren ab. Die Provisionen aus Bordverkäufen seien Entgelt und daher in die Berechnung der Abfertigung und der Urlaubsentschädigung (für das Jahr 1991) einzubeziehen. Für das neue Urlaubsjahr 1992 stehe der Klägerin kein Anspruch auf Urlaubsentschädigung mehr zu.

Punkt IX des Dienstzettels beziehe sich nur auf den Fall der vorübergehenden Flugunfähigkeit, während die Klägerin dauernde Flugunfähigkeit behaupte. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob es zulässig sei, im Dienstvertrag die Möglichkeit einer anderweitigen Verwendung der Dienstnehmerin nur als Recht des Dienstgebers zu vereinbaren. Aus Punkt IX des Dienstzettels ergebe sich jedenfalls keine Verpflichtung des Dienstgebers, die Klägerin im Falle einer behaupteten dauernden Flugunfähigkeit bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses im Innendienst einzusetzen. Damit sei aber gemäß § 8 AngG für den klagsgegenständlichen Zeitraum ab November 1991 die Entgeltfortzahlungspflicht bereits beendet worden. Der Klägerin stünden daher die für den Zeitraum ab November 1991 begehrten Entgeltansprüche nicht zu. Bei Beginn des Urlaubsjahres 1992 sei die Entgeltfortzahlungspflicht der beklagten Partei seit langem beendet gewesen, so daß der Klägerin für einen Urlaubsverbrauch in dieser Zeit gemäß § 6 Abs 3 UrlG kein Entgelt gebührt hätte; der Klägerin stehe daher auch die an der Höhe des ausstehenden Urlaubsentgeltes orientierte Urlaubsentschädigung für diesen Zeitraum nicht mehr zu.

Allein für die Monate November 1991 bis Jänner 1992 habe die Klägerin an - ihr nicht zustehenden - Sonderzahlungen einen Betrag erhalten, der die zuerkannte Klagsforderung übersteige.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Der Regelung des Urlaubsentgeltes lasse sich die Absicht des Gesetzgebers entnehmen, daß der Arbeitnehmer durch den Urlaubsantritt keinen wirtschaftlichen Nachteil erleiden und er daher das vor Urlaubsantritt regelmäßig bezogene Entgelt in gleicher Höhe weiter beziehen solle. Der Anspruch auf Urlaubsentschädigung hänge daher unmittelbar mit dem Entgeltanspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber zusammen. Daß die Klägerin infolge dauernder Flugunfähigkeit zu einer ihrem Dienstvertrag entsprechenden Arbeitsleistung nicht mehr herangezogen werden konnte und demnach gegen die beklagte Partei auch für Jänner 1992 keinen Entgeltanspruch mehr gehabt habe, sei vom Erstgericht richtig entschieden worden. Die Klägerin sei dauernd flugunfähig gewesen, so daß sie sich nicht auf die im Punkt IX des Dienstzettels der beklagten Partei eingeräumte Möglichkeit berufen könne, vorübergehend flugunfähige Flugbegleiter auf einem anderen Arbeitsplatz einzusetzen. Darüber hinaus habe die Klägerin der beklagten Partei ausdrücklich erklärt, sie sei an der Verrichtung der geschuldeten Dienste dauernd gehindert; sie sei zum Austritt berechtigt und nicht bereit, im Innendienst Arbeitsleistungen zu erbringen. Auch wenn nur dauernde Innendienstleistung abgelehnt worden sei, sei das Vertrauensverhältnis zwischen den Streitteilen in einem Ausmaß gestört, daß der beklagten Partei die Weiterbeschäftigung der Klägerin unzumutbar gewesen sei. Die Nichterbringung der Arbeitsleistung sei daher in der Sphäre der Klägerin gelegen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

1. Zur Entgeltfortzahlungspflicht:

Eine Verpflichtung des Dienstgebers, den zur Erbringung der vereinbarten Dienste dauernd unfähigen Dienstnehmer in einer anderen als der arbeitsvertraglich geschuldeten Verwendung gegen Fortzahlung des bisherigen Entgelts zu beschäftigen, kann aus der Fürsorgepflicht nicht abgeleitet werden. Zieht man auch noch in Betracht, daß sich die Klägerin in ihrem Schreiben vom darauf berief, ausschließlich als Flugbegleiterin aufgenommen worden zu sein und auf ihr Austrittsrecht nach § 26 Z 1 AngG hinwies, war die beklagte Partei jedenfalls nicht verpflichtet, der Klägerin eine weder vereinbarte noch offenbar von der Klägerin gewünschte Beschäftigung anzubieten. In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, daß die beklagte Partei von ihrem bei dauernder Dienstunfähigkeit der Klägerin bestehenden Entlassungsrecht (siehe WBl 1994, 128 = ecolex 1994, 113; zuletzt 9 Ob A 227/93) keinen Gebrauch gemacht hat, sondern ihr die nur für den Fall der vorübergehenden Dienstverhinderung durch Krankheit gemäß § 8 AngG gebührende Entgeltfortzahlung gewährte.

2. Zum Anspruch auf Sonderzahlungen (Gegenforderung):

Sonderzahlungen bilden einen Teil des für die Arbeitsleistung geschuldeten Entgelts (siehe Martinek-M.u.W.Schwarz AngG7 449 f sowie 452), so daß sie mangels abweichender Vereinbarung nicht für Zeiten gebühren, für die keine Pflicht zur Entgeltzahlung besteht. Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin läßt sich aus der Bestimmung, wonach das Gehalt 14mal jährlich zur Auszahlung kommt, nicht erschließen, daß die Sonderzahlungen anders als das laufende Entgelt zu behandeln sind und unabhängig von der Entgeltzahlungspflicht anfallen; aus dieser Bestimmung ist vielmehr eine völlige Gleichstellung sämtlicher Gehaltszahlungen abzuleiten, zumal anders als in der der Entscheidung WBl 1993, 403 zugrunde liegenden kollektivvertraglichen Regelung eine nur auf die Dauer der Dienstzeit abstellende Aliquotierungsvorschrift für die Sonderzahlungen fehlt. Die Klägerin hatte daher für die Zeiten, in denen keine Entgeltfortzahlungspflicht mehr bestand, auch keinen Anspruch auf die aliquoten Sonderzahlungen.

Auch aus der Regelung des § 16 AngG kann nichts für den Standpunkt der Klägerin gewonnen werden, da diese Regelung voraussetzt, daß der Angestellte Anspruch auf eine Remuneration hat, und nicht selbst einen gesetzlichen Anspruch auf Sonderzahlungen schafft (siehe Martinek ua aaO 305). Gebührt daher die Sonderzahlung nur für Zeiträume, in denen Anspruch auf laufendes Entgelt besteht, kann aus der die zwingende Aliquotierung für den Fall der Beendigung des Dienstverhältnisses vorsehenden Bestimmung entgegen der von Martinek ua (aaO 308) vertretenen Auffassung nicht erschlossen werden, daß die Remunerationen auch für jene Zeiten zu aliquotieren sind, für die kein Entgelt gebührt. In der für diese Auffassung zitierten Entscheidung Arb 6199 wurde für den Zeitraum des Wochengeldbezuges ein Anspruch auf Sonderzahlungen bejaht, weil die aliquoten Sonderzahlungen nach der damaligen Rechtslage nicht in die Bemessungsgrundlage für das Wochengeld einbezogen wurden. Diese Entscheidung ist durch die Änderung der Rechtslage - gemäß § 162 Abs 4 ASVG sind die aliquoten Sonderzahlungen bei Bemessung des Wochengeldes zu berücksichtigen; folgerichtig besteht gegenüber dem Arbeitgeber für diese Zeiten gemäß § 14 Abs 4 MSchG kein Anspruch auf Sonderzahlungen - ebenso überholt wie die auf dieser Entscheidung - für einen nicht ganz passenden Sachverhalt - aufbauende Entscheidung Arb 6867 (zur geänderten Rechtslage siehe Arb 9643). In der Entscheidung infas A 29/90 = RdW 1990, 55 schließlich wird der Anspruch auf Sonderzahlungen während des Krankengeldbezuges nicht aus der Regelung des § 16 AngG, sondern ebenso wie in der Entscheidung WBl 1993, 403 aus der Auslegung eines Kollektivvertrages abgeleitet.

Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung SZ 64/6 = RdW 1991, 268 = ecolex 1991, 413 dargelegt hat, bezweckt die Regelung des § 16 AngG, daß dem anspruchberechtigten Dienstnehmer die durch die Erbringung der Arbeitsleistung quotenmäßig fortlaufend von Tag zu Tag verdiente Remuneration nicht deswegen entzogen werden darf, weil die Lösung des Dienstverhältnisses vor dem Fälligkeitstag eingetreten ist. Es kann daher wirksam vereinbart werden, daß der Anspruch nur unter gewissen Bedingungen entstehen oder unter gewissen Voraussetzungen wegfallen soll; nur dürfen derartige Bedingungen sich nicht entgegen der Vorschrift des Gesetzes auf das Erlöschen des Anspruches wegen Beendigung des Dienstverhältnisses vor dem Fälligkeitstag beziehen. Der Dienstgeber ist daher durch die Regelung des § 16 AngG nicht gehindert, das Entstehen des Anspruches auf Sonderzahlungen ebenso zu regeln wie das Entstehen des Entgeltanspruches.

3. Zum Anspruch auf Urlaubsentschädigung (für das Jahr 1992):

Die grundsätzliche Regelung des § 2 Abs 1 UrlG, wonach dem Arbeitnehmer für jedes Arbeitsjahr ein ununterbrochener bezahlter Urlaub gebührt, wird bezüglich der Bezahlung durch den die Bemessung des Urlaubsentgeltes regelnden § 6 UrlG näher bestimmt. Dieser dem Ausfallsprinzip folgenden Regelung ist deutlich die Absicht des Gesetzgebers zu entnehmen, daß der Arbeitnehmer durch den Urlaubsantritt keinen wirtschaftlichen Nachteil erleiden und daß er daher das vor Urlaubsantritt regelmäßig bezogene Entgelt in gleicher Höhe für die Zeit seines Urlaubes weiter beziehen soll (siehe Cerny Urlaubsrecht6 § 6 Anm 1; Klein-Martinek Urlaubsrecht § 6 Rz 2; Arb 9874; ZAS 1989/22 [bezüglich der Ausführungen zum Ausfallsprinzip zustimmend Andexlinger] ua). Dieser Grundsatz kommt vor allem in § 6 Abs 3 UrlG zum Ausdruck, wonach das für die Urlaubsdauer zu zahlende regelmäßige Entgelt jenes Entgelt ist, das dem Arbeitnehmer gebührt hätte, wenn der Urlaub nicht angetreten worden wäre. Zieht man in Betracht, daß der Klägerin infolge Ausschöpfung des Entgeltfortzahlungszeitraumes weder bei Entstehen des Urlaubsanspruches noch danach ein Entgeltanspruch gegen die beklagte Partei zustand, dann wäre ihr bei Konsumation eines "Urlaubs" während der ab Entstehen des Urlaubsanspruches bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses zur Verfügung stehenden Zeit mangels Entgeltausfalles auch kein Urlaubsentgelt zugestanden. Gemäß § 9 Abs 1 erster Satz UrlG gebührt die Urlaubsentschädigung in Höhe des noch ausstehenden Urlaubsentgeltes, wenn das Arbeitsverhältnis vor Verbrauch des Urlaubs endet. Die Urlaubsentschädigung hat damit nur die Funktion eines Ersatzes für das wegen Unmöglichkeit des Verbrauches des Urlaubs in natura entgehende Urlaubsentgelt und wird daher von dessen Höhe bestimmt (siehe Arb 9643).

Soweit sich die Revisionswerberin auf die Entscheidung Arb 10.179 = SZ 55/124 beruft, ist ihr zu erwidern, daß darin auf die am Ausfallsprinzip und damit am Entgeltanspruch orientierte Gestaltung von Urlaubsentgelt und Urlaubsentschädigung nicht Bedacht genommen wurde. Schrank (Aktuelle Rechtsfragen zu Ausmaß und Verbrauch des Urlaubs, ZAS 1992, 181 ff [183 f]) hat in seiner Kritik dieser Entscheidung zutreffend darauf hingewiesen, daß die Gewährung von Urlaub für entgeltfreie Nichtleistungszeiten zu einer sachlich ungerechtfertigten Verzerrung des Synallagmas führen und zugleich die gesetzliche Beschränkung der Entgeltfortzahlung unterlaufen würde. Wenn überhaupt, müsse das für das Urlaubsentgelt maßgebliche Ausfallsprinzip zu einem entgeltlosen Jahresurlaub führen: Wäre der Arbeitnehmer nicht auf Urlaub, hätte er wegen der langen Dienstverhinderung auch keinen Entgeltanspruch, der zu vergüten wäre. Auf das die Bezahlung verbrauchten und nicht verbrauchten Urlaubs beherrschende Ausfallprinzip wurde - wie oben dargelegt - weder in der Entscheidung Arb 10.179 noch von Cerny (Urlaubsrecht6 § 2 Anm 7) und Klein-Martinek (Urlaubsrecht § 2 Rz 4.2) bei Auslegung des § 2 Abs 1 bis 3 UrlG Bedacht genommen. Wie Schrank aaO unter Berufung auf Tomandl (Die Vergütung nicht verbrauchten Urlaubs ZAS 1987, 1 ff und 45 ff [10]) zutreffend darlegt, hat der Gesetzgeber trotz der besonderen Schutzwürdigkeit des betroffenen Arbeitnehmerkreises in jenen Fällen, in denen die Arbeitspflicht wegen Karenzurlaubs oder Präsenzdienstes ohne Entgeltfortzahlung entfällt, die Urlaubskürzung explizit vorgenommen (siehe §§ 15 Abs 3 MSchG und 9 Abs 1 und 2 APSG). Ähnliche Regelungen finden sich auch in § 119 Abs 2 ArbVG für den Fall der entgeltlosen erweiterten Bildungsfreistellung sowie in den Vorschriften der §§ 4 Abs 1, 5 und 6 BUAG über die für die Begründung der Anwartschaft auf den Urlaub maßgeblichen Beschäftigungszeiten. Da der nicht besonders geregelte Fall der entgeltfortzahlungsfreien Krankenstände (bzw entgeltfortzahlungsfreien Dienstzeiten) alle motivierenden Merkmale der in den §§ 15 Abs 3 MSchG, 9 Abs 1 und 2 APSG, 4 Abs 1, 5 und 6 BUAG und wohl auch § 119 Abs 2 ArbVG geregelten Fälle enthält und der Gesetzeszweck iVm dem Gleichheitsgrundsatz die Erstreckung der Rechtsfolgenanordnung der geregelten Fälle auf den gesetzlich nicht unmittelbar geregelten Fall erfordert (siehe Bydlinski in Rummel ABGB2 I § 7 Rz 2; Arb 10.560), ist die analoge Anwendung geboten. Da nicht anzunehmen ist, daß der Gesetzgeber die in den geregelten Fällen vorgesehenen Rechtsfolgen für sonstige entgeltfortzahlungsfreie Zeiten bewußt nicht angeordnet hat (siehe RV 150 BlgNR 14.GP 8 sowie Schrank aaO), ist die sachlich gebotene Analogie auch zulässig (siehe Bydlinski aaO; Arb 10.560).

Auch wenn man bei der analogen Anwendung auf die für den Arbeitnehmer günstigere, lediglich entgeltfreie Zeiten von längerer Dauer nicht in die anspruchsbegründende Dienstzeit einbeziehende Regelung des § 9 Abs 1 und 2 APSG abstellt, ist der geltend gemachte Anspruch auf Urlaubsentschädigung unberechtigt, weil er aus einem Zeitraum abgeleitet wird, zu dem der Entgeltfortzahlungsanspruch schon längst ausgeschöpft war.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.