OGH vom 29.06.2020, 8ObA51/20p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Korn als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter ADir. Sabine Duminger (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Robert Hauser (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A***** M*****, vertreten durch Dr. Andreas Löw, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei T***** KG, *****, vertreten durch Mag. Mehmet Munar, Rechtsanwalt in Wien, wegen (Revisionsinteresse) 3.274,64 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 10 Ra 99/19f20, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 2 ASGG,§ 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Beklagte wendet sich im Revisionsverfahren nur mehr gegen den Zuspruch der Klagsforderung als Bruttobetrag und führt zur Begründung aus, die Beklagte habe ihrer Pflicht zur Abfuhr der Sozialversicherungsbeiträge und der Lohnsteuer für die dem Kläger von den Vorinstanzen zuerkannten Lohnforderungen bereits entsprochen, weil sie diese Beträge entweder bezahlt habe oder sie aufgrund einer wegen Zahlungsstockung getroffenen Ratenvereinbarung mit dem Sozialversicherungsträger bzw mit der Abgabebehörde nicht fällig seien.
Mit diesen Ausführungen bringt die Revision keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zur Darstellung.
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht ist dem Einwand, es bestehe nur noch eine offene Nettoforderung, nicht gefolgt, weil es die Beklagte in erster Instanz verabsäumt habe, die angeblich entweder abgeführten oder nicht fälligen Beitragsanteile ziffernmäßig zu konkretisieren und einen Tilgungsnachweis anzubieten. Diese Begründung steht mit der ständigen Rechtsprechung im Einklang. Es ist grundsätzlich Sache des Beklagten, die rechtsvernichtenden Tatsachen zu behaupten und zu beweisen (RISJustiz RS0000636 [T26], RS0037694). Auf dieses tragende Element der Berufungsentscheidung geht die Revision jedoch nicht ein.
Der statt dessen ins Treffen geführte Verweis auf die Entscheidung 9 ObA 11/18k ist bereits mangels vergleichbarer Sachverhaltsgrundlage nicht zielführend.
Die Beklagte hat im Verfahren zugestanden, die Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer entweder ganz oder zumindest teilweise noch nicht entrichtet zu haben. Die in der Revision vertretene Rechtsansicht, eine Stundungs- und Ratenvereinbarung mit dem Sozialversicherungsträger oder der Finanzbehörde beseitige die Fälligkeit der Rückstände, ist unzutreffend. In aller Regel, vor allem dann, wenn sie nach Eintritt der Fälligkeit bewilligt wurde, schiebt die Stundung nur die Geltendmachung, nicht die Fälligkeit einer Forderung hinaus. Dies gilt im Besonderen für Zahlungserleichterungen von Steuern und Sozialversicherungsabgaben (RS0031962 [T1]; VwGH Ra 2018/16/0117; Derntl in Sonntag [Hrsg] ASVG11 § 64 Rz 14). Eine von dieser Regel im Einzelfall abweichende Vereinbarung hat die Beklagte nicht dargetan.
Mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2020:008OBA00051.20P.0629.000 |
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