OGH vom 24.06.1999, 8ObA50/99g
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Michael Zawodsky und Dr. Wolfgang Adametz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Prof. Dr. Fritz K*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr. Thomas Stampfer und Dr. Christoph Orgler, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Land Steiermark, 8010 Graz, Hofgasse 15, vertreten durch den Landeshauptmann Waltraud Klasnic, dieser vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 627.804,- brutto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 219/98z-22, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 31 Cga 53/97y-17, bestätigt wurde, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Antrag des Revisionsgegners auf Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens wird abgewiesen.
Text
Begründung:
Der Kläger begehrt von der Beklagten, die sein Dienstverhältnis altersbedingt gekündigt habe, die Zahlung einer Abfertigung von S
627.804 brutto sA.
Die beklagte Partei beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Sie wendete ein, daß im mit dem Kläger abgeschlossenen Sondervertrag die Anwendung des § 35 VBG ausgeschlossen worden sei, sodaß dem Kläger keine Abfertigung zustehe. Der Sondervertrag sei in Wahrheit als freier Dienstvertrag zu qualifizieren.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil die Lösung der Rechtsfrage, wie weit § 36 VBG Möglichkeiten schaffe, von Bestimmungen des VBG abzugehen, von erheblicher Bedeutung iS des § 46 Abs 1 ASGG sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen iS der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern.
Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist unzulässig.
Da keiner der Fälle des § 46 Abs 3 ASGG vorliegt (siehe dazu den den Parteien zugestellten ), ist gemäß § 46 Abs 1 ASGG die Revision nur zulässig, wenn die Entscheidung von einer in der dort bezeichneten Weise qualifizierten Rechtsfrage abhängt.
Entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes, an dessen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision der Oberste Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO (iVm § 1 ASGG) nicht gebunden ist, liegt keine iS § 46 Abs 1 ASGG erhebliche Rechtsfrage vor.
Das Berufungsgericht hat die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Abgrenzung des freien Dienstvertrages vom (echten) Dienstvertrag iS der §§ 1151 ff ABGB richtig wiedergegeben und vertrat aufgrund der ausführlichen Feststellungen des Erstgerichtes über Art, Inhalt und Umfang der Tätigkeit des Klägers für die Beklagte die Rechtsauffassung, daß zwischen den Streitteilen kein freier Dienstvertrag, sondern ein (echtes) Dienstverhältnis bestanden habe. Die Anwendung der in ihrer Richtigkeit nicht bestrittenen Rechtsprechung auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt geht in ihrer Bedeutung über den konkreten Einzelfall nicht hinaus und stellt daher - da von einer krassen Fehlbeurteilung des Berufungsgerichtes nicht die Rede sein kann - keine erhebliche Rechtsfrage iS des § 46 Abs 1 ASGG dar.
Gleiches gilt für die Ausführungen des Berufungsgerichtes zu den hier gemäß § 2 Abs 1 des Steiermärkischen Landesvertragsbedienstetengesetzes als landesgesetzliche Bestimmungen anzuwendenden §§ 35 und 36 VBG.
Auch insofern hat das Berufungsgericht die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zutreffend wiedergegeben:
Die Regelung des § 35 VBG ist zwingendes Recht; sie kann grundsätzlich nicht abgedungen werden (Arb 10.942). § 36 VBG schafft wohl die Möglichkeit, von Bestimmungen des VBG abzugehen, doch ist diese Regelung nach dem Gesetzeswortlaut und dem Motivenbericht nur auf jene Ausnahmsfälle anwendbar, die infolge der besonderen Lage des Einzelfalles den zwingenden Bestimmungen des VBG nicht ohne weiteres eingeordnet werden können und daher einer Sonderregelung bedürfen. Von den zwingenden Bestimmungen des VBG abweichende Vereinbarungen in Sonderverträgen sind jeweils im einzelnen unter diesem Gesichtspunkt auf ihre Wirksamkeit zu prüfen, zumal es nicht zulässig ist, ohne besondere, durch die konkreten Umstände des Einzelfalls bedingte Gründe zwingende Bestimmungen des VBG zum Nachteil des Bediensteten abzudingen (Arb 10.942; 9 ObA 606/90; RIS-Justiz RS0081680).
Auch die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, daß keiner der hier von der Beklagten ins Treffen geführten Gründe geeignet ist, die Aufrechterhaltung des vertraglichen Ausschlusses der Anwendung des § 35 VBG über die Zeit des befristeten Dienstverhältnisses hinaus zu rechtfertigen, trifft zu und entspricht auch der Recht- sprechung des Obersten Gerichtshofes. So wurde bereits in der Entscheidung Arb 9598 ausgeführt, daß der Umstand, daß der Vertragsbedienstete einen weiteren Beruf ausübt, den Ausschluß des Abfertigungsanspruchs nicht rechtfertigt. Gleiches gilt nach Arb 10.942 für die Vereinbarung eines höheren Gehalts.
Der in der Revision erhobene Einwand, der Kläger sei "in fachlicher Hinsicht jedenfalls weisungsfrei" gewesen und habe "inhaltlich schalten und walten" können, "wie er es für richtig" gehalten habe, läßt die Feststellungen außer Acht, daß der Kläger weisungsgebunden und berichtspflichtig war und tatsächlich auch Weisungen und Aufträge erhalten hat. Schon deshalb ist der Einwand verfehlt, daß die einem Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied bzw. einem Geschäftsführer vergleichbare Stellung des Klägers die Vereinbarung über den Ausschluß des Abfertigungsanspruchs rechtfertige. Auch mit diesem Einwand wird somit keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt.
Da somit die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Revision nicht gegeben sind, war das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Kosten der Revisionsbeantwortung waren nicht zuzuerkennen, weil der Revisionsgegner auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat (RIS-Justiz RS0035962; zuletzt 9 ObA 25/99p; 9 ObA 21/99z).