VfGH vom 29.02.2012, B454/10

VfGH vom 29.02.2012, B454/10

Sammlungsnummer

19614

Leitsatz

Kein Entzug des gesetzlichen Richters durch Zurückweisung eines Einspruchs gegen die Zurückweisung des Antrags auf Erlassung eines Feststellungsbescheides hinsichtlich eines an den Träger der Sozialhilfe überwiesenen Teilbetrags einer Pensionsnachzahlung; keine Entscheidung über eine Verwaltungssache durch den Sozialversicherungsträger, Verneinung der Zuständigkeit des Landeshauptmannes daher zur Recht; keine Zuständigkeit auch des Arbeits- und Sozialgerichtes, daher kein Vorliegen eines Kompetenzkonfliktes

Spruch

I. Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

II. Der Antrag auf Entscheidung eines verneinenden Kompetenzkonfliktes wird zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Sachverhalt, Beschwerde- bzw. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1.1. Zwischen den Parteien ist unstrittig, dass die Pensionsversicherungsanstalt der Beschwerdeführerin - nach Nichtigerklärung des zwischen ihr und ihrem verstorbenen Gatten ergangenen Scheidungsurteils - mit Bescheiden vom und mit Wirkung vom rückwirkend eine Witwenpension samt Ausgleichszulage zuerkannt hat. Sie erhielt eine Nachzahlung an Witwenpension und Ausgleichszulage in Höhe von insgesamt € 92.338,01, wovon die PVA € 41.803,04 netto an die Beschwerdeführerin überwiesen hat.

1.2. Die Beschwerdeführerin hatte in Zeiträumen, für die ihr nachträglich Leistungen der Pensionsversicherung zuerkannt wurden, ua. Geldleistungen nach dem Wr. Sozialhilfegesetz (WSHG), LGBl. für Wien 11/1973 idF LGBl. für Wien 3/2009, bezogen. Der Teilbetrag der Pensionsnachzahlung von € 50.534,97 wurde aufgrund der in dieser Höhe erhobenen Ersatzforderung der MA 15 vom gemäß § 324 iVm § 327 ASVG an den Magistrat der Stadt Wien für das Land Wien als Träger der Sozialhilfe überwiesen.

1.3. Die Beschwerdeführerin bestreitet im Wesentlichen die Höhe dieses ihr zugunsten des Landes Wien vorenthaltenen Nachzahlungsbetrages. Sie stellte am bei der PVA den Antrag "auf Erlassung eines Feststellungsbescheides im Verwaltungsweg betreffend die Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung durch Bezug bzw. Gewährung einer Witwenpension und Ausgleichszulage und Rückforderung von Pflichtbeiträgen". Die Voraussetzungen nach den §§324 ff. ASVG seien nicht gegeben, die Überweisung der PVA an den Sozialhilfeträger erfolge somit gesetzwidrig, sodass der Betrag von € 50.534,97 an die Beschwerdeführerin zu zahlen wäre. Weiters stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf eine weitere Nachzahlung über € 9.114,44 für die zuerkannte Witwenpension und Ausgleichszulage ab .

1.4. Die PVA hat die Anträge der Beschwerdeführerin mit der Begründung, es sei über sie nicht im Verwaltungsrechtsweg zu entscheiden, als unzulässig zurückgewiesen. Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid hat sich die belangte Behörde der Rechtsansicht der PVA angeschlossen und den Einspruch als unzulässig zurückgewiesen.

1.5. Der - von der Pensionsversicherungsanstalt und der belangten Behörde nicht erkennbar in Behandlung genommene, weitere - Antrag auf Nachzahlung von € 9.114,44 war nicht Gegenstand des Verfahrens.

2. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt, weil die belangte Behörde zu Unrecht eine Entscheidung im Verwaltungsrechtsweg über ihr Begehren verweigert habe:

2.1. Die gegenständliche Streitigkeit falle nicht

unter die in § 354 ASVG aufgezählten Leistungssachen (zu Z 3 Verweis auf ); insbesondere sei die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte bereits mit Urteil des ASG Wien vom , 28 Cgs 276/07v, verneint worden. Daher falle sie unter die Generalklausel nach § 355 ASVG und sei daher eine Verwaltungssache. Die Entscheidung des , entspreche nicht dem Gesetz, weil sie davon ausgehe, dass aufgrund von § 354 Z 3 ASVG eine Streitigkeit über Ersatzansprüche der Träger der Sozialhilfe vorliege.

2.2. Diese Ansicht, dass solche Streitigkeiten im Rahmen der Exekutionsführung des Leistungsbescheides des Sozialversicherungsträgers auszutragen seien, treffe im konkreten Fall nicht zu, weil der Beschwerdeführerin die Ausstellung eines exekutierbaren Leistungsbescheides mit der Begründung der Unzulässigkeit des Zivilrechtsweges verweigert worden sei und daher die Einleitung einer Exekution gegen die PVA nicht möglich sei.

3. Gleichzeitig stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Entscheidung eines Kompetenzkonfliktes gemäß Art 138 Abs 1 Z 1 B-VG mit der Begründung, das OLG Wien als Berufungsgericht habe die Klage des Inhalts, die PVA für schuldig zu erkennen, der Antragstellerin einen weiteren Betrag von € 50.534,97 zu überweisen, zurückgewiesen, weil sich die Antragstellerin gegen die Überweisung des Betrages von € 50.534,97 an den Magistrat der Stadt Wien wende und für dieses Begehren eine Unzulässigkeit des Rechtsweges bestehe. Diese Entscheidung stehe mit der mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Entscheidung des Landeshauptmannes von Wien im Verhältnis eines negativen Kompetenzkonflikts.

4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt. Darin führt sie zu den Behauptungen der Beschwerdeführerin Folgendes aus:

"Die Pensionsversicherungsanstalt hat mit Bescheid vom , AZ: WLA1-3331 020149/2 01, den Antrag der Beschwerdeführerin vom auf Erlassung eines Feststellungsbescheides im Verwaltungsweg gemäß § 324 Abs 1 ASVG mit der Begründung zurückgewiesen, dass der 'Auffassungsunterschied' zwischen einem Anspruchsberechtigten und dem Sozialversicherungsträger über die Auszahlung der Leistung keine Verwaltungssache darstelle.

Den gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch hat die belangte Behörde mit ihrem nunmehr durch Verfassungsgerichtshofbeschwerde angefochtenen Bescheid vom , ZI. MA 40 - SR 17130/09, als unbegründet abgewiesen und den angefochtenen Bescheid bestätigt.

Diesen Bescheid bekämpft die Beschwerdeführerin mit dem Einwand der Verletzung des verfassungsgesetzlich geschützten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und bringt hiezu nach Darstellung des Sachverhaltes im Wesentlichen vor, dass die belangte Behörde zu Unrecht eine Entscheidung im Verwaltungsweg über ihr Begehren verweigert habe. Die belangte Behörde sei in Verkennung der Rechtslage davon ausgegangen, dass ihr keine Kompetenz zur Entscheidung über ihren Antrag zukomme. Nach richtiger Rechtsansicht sei jedoch die Pensionsversicherungsanstalt zur Entscheidung über ihren Antrag zuständig.

Sie verlange die Auszahlung ihrer Pension in Höhe von 50.534,97 EUR, welche die Pensionsversicherungsanstalt in irriger Anwendung des § 324 ff ASVG an den Sozialhilfeträger überwiesen habe. Die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte sei bereits im Verfahren 28 Cgs 276/07v des ASG Wien verneint worden. Somit sei nach § 353 ASVG zwischen dem Verfahren in Leistungssachen und dem Verfahren in Verwaltungssachen zu unterscheiden. Die gegenständliche Streitigkeit falle nicht unter die in § 354 ASVG aufgezählten Leistungssachen, somit falle sie in die Generalklausel nach § 355 ASVG und sei daher eine Verwaltungssache.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , ZI. 99/11/0217, entspreche nicht dem Gesetz, weil diese davon ausgehe, dass aufgrund § 354 Z 3 ASVG eine Streitigkeit über Ersatzansprüche der Träger der Sozialhilfe vorliege. Diese Ansicht widerspreche dem Gesetzeswortlaut, da § 354 Z 3 ASVG nur auf die Streitigkeiten zwischen dem Sozialhilfeträger und dem Versicherungsträger anwendbar sei.

Die Ansicht, dass solche Streitigkeiten im Rahmen der Exekutionsführung des Leistungsbescheides des Sozialversicherungsträgers auszutragen seien, sei im konkreten Fall deswegen nicht anwendbar, weil der Beschwerdeführerin die Ausstellung eines exekutierbaren Leistungsbescheides gerade mit der Unzulässigkeit des Zivilrechtsweges verweigert worden sei und daher die Einleitung einer Exekution gegen die Pensionsversicherungsanstalt nicht möglich sei.

Weiters stellte die Beschwerdeführerin einen auf

Art138 Abs 1 Z 1 B-VG bzw. § 46 Abs 1 VfGG gestützten Antrag auf Entscheidung eines verneinenden Kompetenzkonfliktes zwischen dem Obersten Gerichtshof und dem Landeshauptmann von Wien, da in derselben Sache sowohl das Gericht, als auch die Verwaltungsbehörde ihre Zuständigkeit verneint habe. Ihr Begehren, dass die von der Pensionsversicherungsanstalt vorgenommene Auszahlung an den Sozialhilfeträger gesetzwidrig erfolgt sei und ihr daher der ausbezahlte Betrag auszuzahlen sei, sei weder vom Zivilgericht, noch von der Verwaltungsbehörde meritorisch behandelt worden. Es liege daher ein negativer Kompetenzkonflikt vor.

Hierauf wird erwidert:

Im vorliegenden Fall begehrte die Beschwerdeführerin von der Pensionsversicherungsanstalt die Auszahlung eines Betrages von 50.534,97 EUR mit der Begründung, dass dieser Betrag in irriger Anwendung des § 324ff ASVG an den Sozialhilfeträger und nicht an die Beschwerdeführerin überwiesen worden sei.

Die Beschwerdeführerin ist dabei der Ansicht, dass Streitigkeiten zwischen der Versicherten und dem Sozialversicherungsträger über die Auszahlung einer zu Unrecht an den Sozialhilfeträger ausbezahlten Versicherungsleistungen auf Grund des Auffangtatbestandes des § 355 ASVG eine Verwaltungssache seien.

Hiezu ist zu bemerken, dass der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung vom , 10 ObS 88/09b, festgestellt hat, dass die Oberprüfung der Auszahlung einer (dem Grunde und der Höhe nach unbestrittenen) Sozialversicherungsleistung keine Leistungssache sei. Dies gelte insbesondere dann, wenn ein Sozialhilfeträger von einem Sozialversicherungsträger Ersatz begehre und Letzterer Teile der von ihm zu erbringenden Leistung direkt an den Sozialhilfeträger auszahle.

Die belangte Behörde ist jedoch der Auffassung, dass es sich im vorliegenden Fall auch um keine Verwaltungssache nach § 355 ASVG handelt, da der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom , ZI. 99/11/0217, ausgeführt hat, dass sich der Ersatzanspruch des Trägers der Sozialhilfe aus § 324 Abs 1 ASVG ergebe. Streitigkeiten über solche Ersatzansprüche gehörten zu den Leistungssachen im Sinne des § 354 Z 3 ASVG, über die letztlich die Gerichte zu entscheiden hätten."

5. Die PVA als beteiligte Partei erstattete eine Äußerung, in der sie Folgendes ausführt:

"1. Sachverhaltsrelevantes

1.1 Anmerkung zum Sachverhalt

1982

Aufgrund des entsprechenden Scheidungsbegehrens (§49 EheG) der Beschwerdeführerin wurde mit Urteil des LG für ZRS Wien vom zu 20 Cg 353/81 die am zwischen ihr und P R geschlossene Ehe geschieden. Eine Unterhaltsverpflichtung des P R gegenüber der geschiedenen Gattin wurde nicht ausgesprochen.

1992

P R verstarb am .

Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Witwenpension vom wurde mit Bescheid vom abgewiesen und dagegen von der Beschwerdeführerin Klage beim zuständigen ASG-Wien eingebracht.

2006

In weiterer Folge brachte die Beschwerdeführerin eine Klage auf Nichtigerklärung des von ihr mit Klage erwirkten Scheidungsurteils vom zu 20 Cg 353/81 ein.Mit rechtskräftigem Urteil des LG für ZRS Wien vom zu 20 Cg 43/04x (bestätigt durch das Berufungsurteil des OLG Wien vom 16.16.2006 [sic] zu 16 R 167/06f) wurde das Scheidungsurteil vom als nichtig aufgehoben und das dieser Entscheidung voranliegende Verfahren für nichtig erklärt (zusammenfassende Feststellung des Sachverhaltes im Urteil des ASG vom zu 28 Cgs 276/07v-13).

1.2 Sachverhalt

Auf Grund der Nichtigerklärung des Scheidungsverfahrens war mit Bescheid der beteiligten Partei vom der Anspruch auf Witwenpension nach dem verstorbenen P R ab anzuerkennen.

Mit weiterem Bescheid vom wurde der Anspruch auf Ausgleichszulage für die Zeit vom bis abgelehnt und der in diesem Zeitraum entstandene Überbezug an Ausgleichszulage von EUR 13.668,31 rückgefordert.

Mit Bescheid vom wurde der Anspruch auf Ausgleichszulage ab anerkannt.

Diese 3 Bescheide waren Gegenstand des Verfahrens vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien, 28 Cgs 276/07v (damit verbunden 28 Cgs 298/07d und 28 Cgs 299/07a).

1.3 Der Begründung des Urteiles des ASG Wien vom ist zu entnehmen, dass der Klägerin bis eine Nachzahlung an Witwenpension in Höhe von EUR 68.107,60 netto (EUR 70.876,28 brutto, abzüglich EUR 2.768,68 Krankenversicherungsbeitrag), weiters eine Nachzahlung an Ausgleichszulage bis in Höhe von EUR 37.898,72 netto (EUR 39.499,72 brutto, abzüglich EUR 1.601,00 Krankenversicherungsbeitrag), abzüglich des Überbezuges an Ausgleichszulage von EUR 13.668,31 gebühre und sich ein Nachzahlungsbetrag von insgesamt EUR 92.338,01 netto ergebe (Seite 10 des Urteils vom ).

1.4 Wenn nunmehr die Beschwerdeführerin unter Pkt 1.1 releviert, der 'Antrag auf Nachzahlung von EUR 9.114,44 an anerkannter Witwenpension und Ausgleichszulage' sei weder von der beteiligten Partei noch der belangten Behörde behandelt worden, darf darauf verwiesen werden, dass dieser begehrte Betrag bereits einen der Klagegründe im Verfahren

28 Cgs 276/07v bildete und im angeführten Urteil darüber abgesprochen worden ist.

In diesem Zusammenhang wird ausgeführt, dass seitens der Beschwerdeführerin insoferne ein Missverständnis vorliegt, als der begehrte Betrag bereits in der Nachzahlung an Witwenpension in Höhe von EUR 68.107,60 netto enthalten ist.

Es darf auf die Gesamtübersicht über die an die Versicherte und an die MA 15 ausbezahlten und überwiesenen Beträge im Aktenstück 214 des Pensionsaktes verwiesen werden. Insgesamt wurden die Beträge von EUR 40.958,05 sowie EUR 844,99, sohin der Gesamtbetrag von EUR 41.803,04 an die Beschwerdeführerin überwiesen.

Die zur Überweisung an den Magistrat der Stadt Wien - MA 15 gebrachte Ersatzforderung betrug EUR 50.534,97.

2) Zu den Beschwerdegründen

Im Rahmen der auf Art 144 Abs 1 B-VG erhobenen

Beschwerde sieht sich die Beschwerdeführerin in dem verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter dadurch verletzt, als die belangte Behörde zu Unrecht eine Entscheidung im Verwaltungsweg über ihr Begehren verweigert hat.

Im Rahmen der auf Art 138 Abs 1 Z. 1 B-VG erhobenen

Beschwerde vermeint die Beschwerdeführerin[,] dass ein negativer Kompetenzkonflikt insofern vorliege, als in derselben Sache (nämlich der vorgeblich gesetzwidrigen Auszahlung des gemäß § 324 Abs 1 ASVG vom Sozialhilfeträger gegenüber der beteiligten Pensionsversicherungsanstalt geltend gemachten Ersatzanspruch[es] an jenen) sowohl das Gericht (im Arbeits- und Sozialgerichtlichen Verfahren) als auch die Verwaltungsbehörde ihre Zuständigkeit verneint habe.

2.1 Die Beschwerdeführerin begehrt die Auszahlung des Betrages von EUR 50.534,97 mit der Begründung, dass dieser Betrag dem Grund und der Höhe nach von der Pensionsversicherungsanstalt anerkannt worden, jedoch seitens der beteiligten Partei in irriger Anwendung des § 324ff ASVG an den Sozialhilfeträger und nicht an die Beschwerdeführerin überwiesen worden sei.

Hiebei stützt sich die Beschwerdeführerin auf die Bestimmungen der §§352 ff des siebenten Teiles, Abschnitt I,

1. Unterabschnitt des ASVG, wonach im Sinne des § 353 ASVG eine Leistungssache gemäß § 354 oder Verwaltungssache gemäß § 355 vorliege, sofern nicht einer der im § 352 genannten Gründe vorliege.

Gegenständlich sei von einer Verwaltungssache im Sinne des § 355 ASVG auszugehen, da die Streitigkeit von der taxativen Aufzählung des § 354 ASVG nicht erfasst sei und in der Folge die Generalklausel nach § 355 ASVG zur Anwendung zu kommen habe.

Insoferne entspreche die im angefochtenen Bescheid vom dargelegte Begründung, die sich auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , 99/11/0217 stützt, nicht dem Gesetz.

2.2. Vorweg ist seitens der beteiligten Partei zu

entgegnen, dass der Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , mit dem der Einspruch der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt wurde, sowohl der aktuellen oberstgerichtlichen, als auch verwaltungsgerichtlichen Judikatur entsprechend ergangen ist.

Nach der im Verfahren 10 Obs 88/09b dargelegten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist die Überprüfung der Auszahlung einer (dem Grunde und der Höhe nach unbestrittenen) Sozialversicherungsleistung keine Leistungssache (RIS-Justiz S 0085474). Dies gelte insbesondere (auch) dann, wenn ein Sozialhilfeträger von einem Sozialversicherungsträger Ersatz begehrt und Letzterer Teile der von ihm zu erbringenden Leistung direkt an den Sozialhilfeträger auszahlt. Der Sozialversicherungsträger nehme in einem solchen Fall keine Aufrechnung vor, sondern überweise lediglich die Nachzahlungssumme auf dessen Ersuchen an einen Sozialhilfeträger statt an den im Bescheid genannten Leistungsberechtigten. Die Rechtslage sei insoweit nicht anders, als würde ein Versicherungsträger eine bestimmte Leistung mit Bescheid zuerkennen, jedoch in der Folge an den Versicherten nicht auszahlen.

Der Oberste Gerichtshof führte in diesem Beschluss vom weiters aus, dass auch der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 99/11/0217 diese Ansicht teile, sodass eine uneinheitliche Judikatur nicht bestehe.

3) Anmerkungen zur Rechtslage

3.1 Die beteiligte Partei vermag durch die Zurückweisung des Antrages der Beschwerdeführerin durch die belangte Behörde mangels Zulässigkeit des (Verwaltungs)rechtsweges eine Verletzung des Rechtes auf den gesetzlichen Richter gern. Art 83 Abs 2 B-VG und Art 6 MRK nicht zu erblicken. Ebenso wenig liegt der von der Beschwerdeführerin behauptete negative Kompetenzkonflikt vor und wird dies unter einem wie folgt begründet:

Grundsätzlich stehen der Beschwerdeführerin drei Möglichkeiten der Inanspruchnahme eines 'Verfahrens vor dem gesetzlichen Richter' zur Durchsetzung behaupteter Ansprüche gegen einen Sozialversicherungsträger zur Verfügung:

a) das Arbeits- und Sozialgerichtliche Verfahren (in Leistungsstreitsachen, § 354 ASVG, bzw. § 65 ASGG)

b) das Verwaltungsverfahren (in Verwaltungssachen, § 355 ASVG)

c) das zivilrechtliche Exekutionsverfahren (zur

Durchsetzung von in Leistungsbescheiden zuerkannten Ansprüchen, § 1 Z 11 EO)

Eine allfällige korrekte Zuordnung zu einem dieser 'Verfahrenstypen' erfordert eine Auseinandersetzung mit den rechtlichen Grundlagen sowohl der Forderung der Beschwerdeführerin als auch mit der 'Gegenforderung' der beteiligten Pensionsversicherungsanstalt, die dazu führt, dass der an den Sozialhilfeträger überwiesene Betrag nicht an die Beschwerdeführerin ausbezahlt wurde.

3.2. Die Regelung des § 329 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG)

Unstrittig ist, dass die beteiligte Pensionsversicherungsanstalt mit Zahlung des Betrages von EUR 50.534,97 einen gemäß § 324 Abs 1 von der Stadt Wien - MA 15 als Sozialhilfeträger geltend gemachten Ersatzanspruch befriedigt hat. Gemäß § 329 ASVG sind die Beträge, die zur Befriedigung derartiger Ansprüche aufgewendet worden sind, von den Geldleistungen der Sozialversicherung abzuziehen. Gemäß § 327 ASVG gebührt dem Sozialhilfeträger Ersatz aus den Pensionen.

Hierin liegt jedoch keine Aufrechnung im Sinne des § 103 Abs 1 Z 2 ASVG (ein anderer der dort genannten Aufrechnungsgründe kommt wohl nicht in Betracht). Dies deshalb, da ja der Forderung der Beschwerdeführerin (auf Nachzahlung von Pension samt Ausgleichszulage) keine (Gegen-)Forderung der beteiligten Pensionsversicherungsanstalt gegenüber steht, sodass sie schon aus diesem Grund nicht in die Lage versetzt ist, einen auf § 103 Abs 1 Z 2 ASVG (Aufrechnung) gestützten Bescheid zu erlassen.

Dabei kann außer Betracht bleiben, dass jede

Aufrechnung nach § 103 Abs 1 Z 2 ASVG zum einen, einen den Rückersatzanspruch gem. § 107 ASVG begründenden Sachverhalt

voraussetzt (arg.: ... zu Unrecht erbrachte, vom

Anspruchsberechtigten rückzuerstattende Leistungen). Dieser wird in der Regel bei diesen Fällen nicht vorliegen. Zum anderen bedarf es gemäß § 103 Abs 1 Z 2 einer 'von Versicherungsträgern zu Unrecht erbrachten, vom Anspruchsberechtigten rückzuerstattenden Leistung ...' Auch diese Voraussetzung scheint in diesem und den vergleichbaren Fällen nicht gegeben. So hat die beteiligte Pensionsversicherungsanstalt die streitgegenständliche Zahlung eben nicht an die Beschwerdeführerin geleistet (sondern an den Sozialhilfeträger) der wiederum gemäß § 324 Abs 1 ASVG die Beschwerdeführerin 'für eine Zeit, für die die Beschwerdeführerin Anspruch auf eine Pension (samt Ausgleichszulage) mit Geldleistungen unterstützt hat'. Ein Anspruch auf Rückerstattung setzt jedoch nach allgemeinem Sprachgebrauch die Hingabe einer Leistung an den zur Rückerstattung Verpflichteten durch den Rückerstattungsberechtigten voraus.

Wollte man dennoch hier von einer 'Rückerstattung' sprechen, hätte dies jedoch folgende Konsequenz:

Auch im Fall der Beschwerdeführerin ist davon

auszugehen, dass die Leistung der Sozialhilfe (auf welche nach den einschlägigen Sozialhilfegesetzen der Länder ein Rechtsanspruch besteht) zumindest auf Antrag mit Bescheid abzusprechen war. Vor diesem Hintergrund erscheint es fragwürdig, welches der Tatbestandselemente des § 103 Abs 1 Z 2 ASVG die Beschwerdeführerin erfüllt haben soll, damit eine Aufrechnung durch die beteiligte Pensionsversicherungsanstalt überhaupt denkbar wäre?

3.3 Rechtsnatur des Abzuges der Ersatzleistung

Bei dem in § 329 ASVG geregelten Abzug von Beträgen, die die Beschwerdeführerin bereits erhalten hat - wenn auch von einer anderen Stelle - handelt es sich vielmehr um eine Anrechnung (Dullinger, Handbuch der Aufrechnung 131, Springer, 1. Aufl. 1995). Dabei wird eine Forderung von vornherein um den anzurechnenden Betrag gekürzt, ohne dass eine Gegenforderung bestanden hätte!

In diesem Sinne ist die Gewährung von Geldunterstützungen durch einen Sozialhilfeträger für eine Zeit, für die Anspruch auf Sozialversicherungsleistungen bestand als eine (die Existenz des Anspruchsberechtigten während der Dauer des Leistungsverfahrens sichernde) Bevorschussung der Leistung durch den [Sozialversicherungsträger] zu verstehen. Dieser Vorschuss wird sodann gemäß § 329 ASVG infolge Anrechnung auf die zu erbringende Leistung des Sozialversicherungsträgers in Abzug gebracht. Damit wird eine Doppelversorgung, die ihrer Höhe nach zudem von der Dauer des sozialversicherungsrechtlichen Verwaltungsverfahrens abhängig wäre, verhindert.

3.4 Anrechnung ist keine Leistungs- bzw. Sozialrechtssache iSd § 354 ASVG,§ 65 ASGG)

Soweit der OGH in seiner Entscheidung 10 ObS 5/92

diese Unterscheidung Aufrechnung/Anrechnung vor Augen hatte, ist ihm jedenfalls beizupflichten, dass für 'bloße Auszahlungsstreitigkeiten' der Rechtsweg (zumindest im sozialgerichtlichen Verfahren) unzulässig ist. Dies umso mehr, als der beteiligten Pensionsversicherungsanstalt bei Durchführung des Abzuges gemäß § 329 ASVG im Wege der Anrechnung kein gesondertes Bescheidrecht zukommt, sodass auch aus diesem Grunde keine 'Sozialrechtssache' vorliegt.

3.5. Anrechnung ist keine Verwaltungssache

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis zu 99/11/0217 im Ergebnis ausgesprochen, dass Auffassungsunterschiede zwischen dem Sozialversicherungsträger und dem Anspruchsberechtigten über die Auszahlung der Leistung keine Verwaltungssachen seien, sondern mit den im Exekutionsrecht vorgesehenen Rechtsbehelfen zu klären wären.

3.6. Rechtsschutz bei Anrechnung

Vorauszuschicken ist, dass unabhängig von dem Bedürfnis nach Rechtsschutzgewährung, während der letzten Jahre außer der Beschwerdeführerin lediglich 2 (zwei) Pensionisten der beteiligten Pensionsversicherungsanstalt die Auffassung vertreten haben, dass die von ihnen bereits konsumierten Leistungen der Sozialhilfe für eine Zeit während der sie Anspruch auf eine Pension hatten (Dauer des Pensionsfeststellungsverfahrens) nicht von der Nachzahlung in Abzug gebracht werden dürften. In keinem dieser Fälle wurde behauptet, dass keine entsprechende Leistung des Sozialhilfeträgers erbracht worden sei, sondern im Ergebnis eine (zumindest vorläufige) Doppelversorgung angestrebt und dies stets mit der Ansicht verknüpft, dass der Pensionsversicherungsträger eben zwei Mal leisten müsste.

3.6.1. Die Klärung allfälliger Streitigkeiten

hinsichtlich der durchgeführten Anrechnung im exekutionsrechtlichen Verfahren scheint nach dem bisher Gesagten eine logische Konsequenz. Dem Versicherungsträger steht sodann in erster Linie die Oppositionsklage zur Verteidigung seines Vorgehens zur Verfügung, bzw. könnten in diesem Verfahren Fehler bei der vom Versicherungsträger durchgeführten Anrechnung releviert werden.

Da der Ersatzanspruch des Sozialhilfeträgers gemäß § 324 ASVG einen zeitlich kongruenten Anspruch des Unterstützten auf eine Versicherungsleistung voraussetzt, ist der diese Versicherungsleistung zuerkennende Leistungsbescheid für den Ersatzanspruch anspruchsbegründend.

Wenngleich in der Praxis der Sozialhilfeträger seinen Ersatzanspruch aus Gründen der Fristwahrung (§330 ASVG) regelmäßig bereits während des laufenden leistungsrechtlichen Verwaltungsverfahrens beim Versicherungsträger dem Grunde nach geltend macht, lässt sich die (exakte) Höhe der zum Ersatz geltend zu machenden Forderung meist erst nach Bescheiderlassung genau berechnen. Dies hat zweierlei Konsequenz:

Zum einen ist der Versicherungsträger zum Zeitpunkt der Erlassung des Pensionsbescheides nicht in der Lage, die konkrete Anrechnung der Ersatzleistung an den Sozialhilfeträger in den Bescheidspruch aufzunehmen. Er kann lediglich erklären, dass der Anspruch auf die Leistung ab einem bestimmten Zeitpunkt (Stichtag bzw. Anfallstag) dem Grunde nach besteht und aussprechen, dass über die Verrechnung der Nachzahlung eine gesonderte Mitteilung ergeht. Erst nach Berechnung des in seiner Höhe vom Zeitpunkt der Bescheiderlassung abhängigen Ersatzanspruches durch den Sozialhilfeträger, kann dieser dem Versicherungsträger diesen, zum Zweck der Anrechung bekannt geben. Damit handelt es sich im Oppositionsprozess tatsächlich um Einwendungen, die [...] auf den Anspruch hemmende oder aufhebende Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des dem Exekutionsverfahren zugrunde liegenden Exekutionstitel[s] eingetreten sind (vgl. § 35 Abs 1 EO).

In diesem Sinne führt auch Heckenast (ZAS 2007,43)

aus, dass... '....einem Versicherungsträger im

Oppositionsverfahren wohl auch die Möglichkeit gegeben sein muss, die Überweisung an den Sozialhilfeträger geltend zu machen. Die Leistungsabwicklung im Dreiecksverhältnis Sozialhilfeträger - Versicherter - Versicherungsträger verlangt - gewissermaßen als Folge der ASGG-Nov 1994, mit welcher bestimmte Bescheide der Versicherungsträger in den Kreis der Exekutionstitel aufgenommen wurden - auch im Falle einer gegen einen Versicherungsträger betriebenen Exekution einen auf dieses Dreiecksverhältnis bezogenen Oppositionsgrund der erbrachten Ersatzleistung.'

Zum anderen ist die Vornahme der Ersatzleistung an den Sozialhilfeträger nicht von der Bescheidpflicht gemäß § 367 ASVG erfasst, noch ist - wie dargelegt - mangels der rechtlichen Voraussetzungen dazu, die Erlassung eines Aufrechnungsbescheids gemäß § 103 Abs 1 Z 2 ASVG möglich.

3.6.2. Die Entscheidung Ob 248/05z

Nach Ansicht der beteiligten

Pensionsversicherungsanstalt hat der Oberste Gerichtshof in der genannten Entscheidung den hier dargelegten Umständen nicht ausreichend Rechnung getragen. Zwar wurde auch dort die Ansicht vertreten, dass der Leistungsbescheid einen tauglichen Exekutionstitel darstelle und der Versicherungsträger im Falle der Exekution mit Oppositionsklage den aus der Nachzahlung befriedigten Ersatzanspruch des Sozialhilfeträgers einwenden könne. Dies jedoch nur dann, wenn der Versicherungsträger mit (rechtskräftigem?) Bescheid über die Verrechnung - die nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes eine Aufrechnung darstelle - gegenüber dem Leistungsbezieher entschieden hätte. Die Auffassung nur ein (rechtskräftiger?) Aufrechnungsbescheid sei ein taugliches Mittel um mit einer Oppositionsklage erfolgreich zu bleiben, ist nach der bereits oben ausgeführten Ansicht der beteiligten Pensionsversicherungsanstalt nicht überzeugend. Zusätzlich ist zu erwägen, dass es der betreibende Gläubiger in der Hand hätte, einen derartigen Aufrechnungsbescheid durch Klage beim Arbeits- und Sozialgericht nach Belieben außer Kraft zu setzen. Nach der aktuellen Spruchpraxis des Obersten Gerichtshofes würde der betreibende Gläubiger mit dieser Klage erfolgreich bleiben (vgl. 10 ObS 108/00f), sodass ungeachtet der Frage, ob ein infolge Klage außer Kraft getretender Bescheid überhaupt einen tauglichen Oppositionsgrund darstellen kann, spätestens in dritter Instanz dieser Oppositionsgrund wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges im ASG-Verfahren verlustig gehen würde.

So müsste es jedenfalls ausreichend sein, wenn der Versicherungsträger im Oppositionsprozess den gesetzlich angeordneten Abzug des, zur Befriedigung des Ersatzanspruches angerechneten Betrages einwendet. Rechtsschutz würde in diesen Fällen der betreibende Gläubiger dadurch erhalten, dass anlässlich dieses Oppositionsprozesses als Vorfrage entschieden werden könnte, ob die Anrechnung zu Recht erfolgt ist.

3.7. Resümee

Abschließend ist auch aus Sicht der beteiligten Pensionsversicherungsanstalt fest zu stellen, dass eine eindeutigere gesetzliche Regelung, betreffend das Vorgehen bei Auszahlungsstreitigkeiten begrüßenswert wäre. Ebenso wird in Anlehnung an Müller (RdA 1997;449 ff) nicht verkannt, dass der (Um-)Weg der Einleitung eines Vollstreckungsverfahrens mit anschließender Oppositionsklage zur Klärung allfälliger Auszahlungsstreitigkeiten wohl nicht als verfahrensökonomisch bezeichnet werden kann. Das ändert jedoch nach Ansicht der beteiligten Pensionsversicherungsanstalt nichts an der aktuellen Rechtssituation, die im Anwendungsbereich der § 103 und § 107 ASVG keine Möglichkeiten bietet, die in § 329 leg.cit. angeordnete Anrechnung im Wege der Aufrechnung durchzuführen. Eine Interpretation dieser Bestimmungen in diese Richtung erscheint methodisch nicht möglich, ein Schluss per analogiam im Hinblick auf § 35 Abs 2 EO dann nicht erforderlich, wenn man sich der Sichtweise anschließt, dass in einem solchen Verfahren nicht nur ein (ohnedies unzulässiger) Aufrechnungsbescheid einen tauglichen Oppositionsgrund bilden kann, sondern der überprüfbare Einwand, [dem] in § 329 ASVG statuierten gesetzlichen Auftrag Folge geleistet zu haben, als ausreichend anerkannt wird.

Zusammenfassend ist auszuführen, dass der

angefochtene Bescheid vom der Rechtslage entsprechend ergangen ist, da jedenfalls keine Verwaltungssache vorliegt."

II. Rechtslage

1. § 324 Abs 1 des Allgemeinen

Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. 189/1955 idF BGBl. I 145/2003, lautet wie folgt:

"Ersatzanspruch des Trägers der Sozialhilfe

§324. (1) Unterstützt ein Träger der Sozialhilfe auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung bzw. eine Dienststelle des Bundes oder eines Landes auf Grund der Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über die Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde einen Hilfsbedürftigen für eine Zeit, für die er einen Anspruch auf eine Versicherungsleistung nach diesem Bundesgesetz hat, so hat der Versicherungsträger dem Träger der Sozialhilfe bzw. dem Bund oder Land die von diesem geleisteten Unterstützungen gemäß den Bestimmungen der §§325 bis 328 zu ersetzen, jedoch bei Geldleistungen nur bis zur Höhe der Versicherungsleistung, auf die der Unterstützte während dieser Zeit Anspruch hat; für Sachleistungen sind, soweit nicht eine Abgeltung nach § 328 Platz greift, dem Träger der Sozialhilfe bzw. dem Bund oder Land die erwachsenen Kosten soweit zu ersetzen, als dem Versicherungsträger selbst Kosten für derartige Sachleistungen erwachsen wären. Das gleiche gilt, wenn Angehörige des Berechtigten unterstützt werden, für solche Ansprüche, die dem Berechtigten mit Rücksicht auf diese Angehörigen zustehen.

[...]"

2. § 354 ASVG, BGBl. 189/1955 idF BGBl. I 130/2006 und § 355 ASVG idF 647/1982, lauten wie folgt:

"Leistungssachen

§354. Leistungssachen sind die Angelegenheiten, in denen es sich handelt um

1. die Feststellung des Bestandes, des Umfanges oder des Ruhens eines Anspruches auf eine Versicherungsleistung einschließlich einer Feststellung nach § 367 Abs 1, soweit nicht hiebei die Versicherungszugehörigkeit (§§13 bis 15), die Versicherungszuständigkeit (§§26 bis 30), die Leistungszugehörigkeit (§245) oder die Leistungszuständigkeit (§246) in Frage steht;

2. Feststellung der Verpflichtung zum Rückersatz

einer zu Unrecht empfangenen Versicherungsleistung,

3. Streitigkeiten über Ersatzansprüche der Träger der Sozialhilfe gemäß Abschnitt II des Fünften Teiles;

4. Feststellung von Versicherungs- und Schwerarbeitszeiten außerhalb des Leistungsfeststellungsverfahrens auf Antrag des Versicherten (§247)."

"Verwaltungssachen

§355. Alle nicht gemäß § 354 als Leistungssachen

geltenden Angelegenheiten, für die nach § 352 die Bestimmungen dieses Teiles gelten, sind Verwaltungssachen. Insbesondere gehören zu den Verwaltungssachen die

1. Feststellung der Versicherungspflicht, der Versicherungsberechtigung sowie des Beginnes und Endes der Versicherung,

2. Feststellung der Versicherungszugehörigkeit und -zuständigkeit, in der Pensionsversicherung auch der Leistungszugehörigkeit und - zuständigkeit,

3. Angelegenheiten der Beiträge der Versicherten und ihrer Dienstgeber, einschließlich der Beitragszuschläge nach § 113,

4. Angelegenheiten der Überweisungen in der Pensionsversicherung bei der Aufnahme in ein pensionsversicherungsfreies Dienstverhältnis oder beim Ausscheiden aus einem solchen,

5. Streitigkeiten zwischen den Versicherungsträgern bzw. den Versicherungsträgern und dem Hauptverband aus der Durchführung dieses Bundesgesetzes, insbesondere solche gemäß Abschnitt I des Fünften Teiles."

3. Die §§327, 329 und 330 ASVG, BGBl. 189/1955 idF BGBl. 530/1979, lauten wie folgt:

"Ersatzleistungen aus der Pensionsversicherung

§327. Aus den Pensionen der Pensionsversicherung

gebührt dem Träger der Sozialhilfe Ersatz für jede Leistung der Sozialhilfe im Sinne des § 324, für die nicht schon ein Ersatzanspruch nach § 325 oder nach § 326 besteht. Andere Leistungen der Pensionsversicherung als die Pensionen dürfen zur Befriedigung des Ersatzanspruches nicht herangezogen werden."

"Abzug von den Geldleistungen der Sozialversicherung

§329. Der Versicherungsträger hat die Beträge, die er zur Befriedigung der Ersatzansprüche der Träger der Sozialhilfe (§§324 bis 327) aufgewendet hat, von den Geldleistungen der Sozialversicherung abzuziehen, doch darf der Abzug bei wiederkehrenden Geldleistungen jeweils den halben Betrag der einzelnen fälligen Geldleistung nicht übersteigen. Für den Abzug bedarf es nicht der Zustimmung des Unterstützten."

"Frist für die Geltendmachung des Ersatzanspruches

§330. (1) Der Ersatzanspruch des Trägers der Sozialhilfe für Sachleistungen ist ausgeschlossen, wenn er nicht spätestens sechs Monate nach Ablauf der Leistung der Sozialhilfe beim Versicherungsträger geltend gemacht wird.

(2) Für Geldleistungen kann der Anspruch auf Ersatz vom Träger der Sozialhilfe nur erhoben werden, wenn

1. die Leistung der Sozialhilfe innerhalb von

14 Tagen nach der Zuerkennung, sofern jedoch der Träger der Sozialhilfe erst später vom Anspruch des Versicherten auf die Geldleistungen aus der Sozialversicherung Kenntnis erhält, innerhalb von 14 Tagen nach diesem Zeitpunkt dem Versicherungsträger angezeigt wird und

2. der Anspruch auf Ersatz spätestens innerhalb von zwei Monaten nach dem Tag geltend gemacht wird, an dem der Träger der Sozialhilfe vom Anfall der Geldleistung aus der Sozialversicherung durch den Versicherungsträger benachrichtigt worden ist.

(3) Der Ersatzanspruch des Trägers der Sozialhilfe für Geldleistungen ist für eine Zeit ausgeschlossen, für die eine Geldleistung aus der Sozialversicherung fällig geworden ist, wenn der Träger der Sozialhilfe nach einer gemäß Abs 2 Z 1 erstatteten Anzeige vom Anfall der Geldleistung aus der Sozialversicherung durch den Versicherungsträger benachrichtigt worden ist."

III. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

A. Die - zulässige - Beschwerde ist unbegründet:

1.1. Streitigkeiten aus dem Leistungsverhältnis

zwischen dem Sozialversicherungsträger und der leistungsbeziehenden Partei betreffend die Feststellung des Bestandes, des Umfanges oder des Ruhens eines Anspruches auf eine Versicherungsleistung sind gemäß § 354 Z 1 ASVG Leistungssachen, in denen der Pensionsversicherungsträger einen Bescheid zu erlassen hat und der Rechtszug an die Sozialgerichtsbarkeit geht (§65 Abs 1 Z 1 ASGG). Dies gilt gemäß § 354 Z 3 ASVG iVm § 65 Abs 1 Z 3 ASGG auch für Streitigkeiten zwischen dem Pensionsversicherungsträger und dem Sozialhilfeträger über den Ersatzanspruch.

1.2. Ein Streit um die ordnungsgemäße Auszahlung (Liquidierung) von bescheidmäßig rechtskräftig zuerkannten Pensionsansprüchen hat hingegen weder im ASVG noch im ASGG eine gesonderte Regelung erfahren. Er kann - anders als ein Liquidierungsstreit aus öffentlich-rechtlichen Dienst- und Pensionsverhältnissen - auch nicht nach Art 137 B-VG vor den Verfassungsgerichtshof gebracht werden, da sich der Anspruch nicht gegen eine der im Art 137 B-VG genannte Gebietskörperschaft richtet. Soweit ein Pensionsbezieher der Meinung ist, ihm sei ein rechtskräftig zuerkannter Pensionsanspruch nicht ordnungsgemäß ausgezahlt worden, ist daher weder ein Bescheid des Sozialversicherungsträgers zu erlassen noch das Arbeits- und Sozialgericht anrufbar; es steht aber der Weg der gerichtlichen Exekutionsführung offen, da Bescheide der Sozialversicherungsträger Exekutionstitel sind (§1 Z 11 EO). Dieser Weg ist daher auch dann zu beschreiten, wenn der Pensionsversicherungsträger bei der Überweisung von Teilen einer Pensionsnachzahlung an den Sozialhilfeträger im Sinne des § 324 Abs 1 ASVG irrtümlich mehr überweist, als der Sozialhilfeträger begehrt hat.

2. Der Weg des Exekutionsverfahrens ist aber dann

nicht gangbar, wenn der Sozialversicherungsträger eine dem Pensionsbezieher zustehende Pensionsnachzahlung in der Höhe des vom Sozialhilfeträger gestellten Begehrens gemäß § 324 Abs 1 iVm § 327 ASVG an den Sozialhilfeträger - daher gegenüber dem Pensionsbezieher mit schuldbefreiender Wirkung - geleistet hat und der Streit um die Höhe des Ersatzbegehrens des Sozialhilfeträgers besteht.

Ein solcher Streit ist nicht mit dem Pensionsversicherungsträger auszutragen: Ist die Partei nämlich mit der Höhe des Ersatzanspruches gemäß § 324 ASVG nicht einverstanden, so liegt ein Streit mit dem Sozialhilfeträger über die Höhe dieses Ersatzanspruches vor, der nach den Bestimmungen des jeweiligen Sozialhilfegesetzes bzw. des Gesetzes über die soziale Mindestsicherung vor den nach diesen Gesetzen zuständigen Behörden (nach Maßgabe dieser Gesetze allenfalls auch vor den ordentlichen Gerichten) auszutragen ist, wie sich aus folgenden Überlegungen ergibt:

2.1. § 324 Abs 1 ASVG trifft nicht selbst eine Regelung über Grund und Höhe des dem Sozialhilfeträger aus Pensionsnachzahlungen eines Pensionsbeziehers zustehenden Ersatzanspruches. Das ASVG sieht für die Konstellation einer Kongruenz von Sozialhilfeleistung mit dem Zeitraum, für den eine Pensionsnachzahlung gebührt, lediglich einen Anspruchsübergang der Pensionsnachzahlung an den Sozialhilfeträger zur Abdeckung von dessen Ersatzanspruch vor.

2.2. Der vom Sozialhilfeträger beim Sozialversicherungsträger gemäß § 324 Abs 1 ASVG geltend gemachte Anspruch auf Ersatz von tatsächlichen Aufwendungen der Sozialhilfe ist nämlich mit dem Ersatzanspruch des Sozialhilfeträgers ident, der diesem nach den Bestimmungen des jeweiligen Sozialhilfegesetzes gegenüber dem Sozialhilfebezieher grundsätzlich dann zusteht, wenn Letzerer nachträglich zu Einkommen oder Vermögen gelangt, wobei der durch die Verfahrensdauer bzw. allenfalls auch durch eine Rückwirkung der Leistungsgewährung nach dem ASVG entstandene Nachzahlungsanspruch sozialhilferechtlich nachträglich erlangtes Vermögen ist, während die laufenden Pensionsansprüche auf den laufenden Sozialhilfeanspruch anzurechnendes Einkommen darstellen.

2.3. Daher besteht für den Sozialhilfeträger

gegenüber dem Sozialhilfebezieher jedenfalls dann, wenn der nach § 324 iVm § 327 ASVG von der Pensionsnachzahlung abgezogene Ersatzanspruch dem Grunde oder der Höhe nach von diesem bestritten wird - unbeschadet des Anspruchs des Sozialhilfeträgers auf Überweisung der Deckungssumme aus der Pensionsnachzahlung und nach Maßgabe der Verfahrensbestimmungen des jeweiligen Sozialhilfegesetzes - die Verpflichtung zur Erlassung eines Bescheides über den Ersatzanspruch.

3. Bezogen auf den Beschwerdefall bedeutet dies, dass Einwände der Beschwerdeführerin gegen Grund und Höhe des von der Pensionsnachzahlung vorgenommenen Abzuges für Ersatzansprüche des Sozialhilfeträgers bei letztgenanntem anzubringen sind und von diesem unter Beachtung der Bestimmung des § 26 des Gesetzes über die Regelung der Sozialhilfe (Wiener Sozialhilfegesetz - WSHG), LGBl. für Wien 11/1973 idF 50/1993, zu erledigen sind. Diese Bestimmung lautet wie folgt:

"§26. (1) Der Empfänger der Hilfe ist zum Ersatz der für ihn aufgewendeten Kosten verpflichtet,

1. soweit er über hinreichendes Einkommen oder

Vermögen verfügt oder hiezu gelangt, oder

2. wenn er innerhalb der letzten drei Jahre vor der Zeit der Hilfeleistung, weiters während der Hilfeleistung oder innerhalb von drei Jahren nach ihrer Beendigung durch Rechtshandlungen oder diesbezüglich wirksame Unterlassungen, wie etwa die Unterlassung des Antrittes einer Erbschaft, die Mittellosigkeit selbst verursacht hat.

Der Ersatz darf insoweit nicht verlangt werden, als dadurch der Erfolg der Hilfeleistung gefährdet würde.

(2) Die Kosten der folgenden Leistungen sind vom

Empfänger der Hilfe jedenfalls nicht zu ersetzen:

1. aller Leistungen, mit Ausnahme der in Abs 3

angeführten, die ihm vor Erreichung der Volljährigkeit gewährt wurden,

2. der Hilfe für werdende Mütter oder Wöchnerinnen

3. der Leistungen anläßlich einer Erkrankung an einer anzeigepflichtigen Krankheit im Sinne des Epidemiegesetzes 1950, BGBl. Nr. 186,

4. der Hilfe zur Erziehung und Erwerbsbefähigung.

(3) Bezieht der Hilfeempfänger Pflegegeld, so ist für Leistungen aus der stationären Pflege zunächst dieses zum Kostenersatz entsprechend heranzuziehen.

(4) Die Verbindlichkeit zum Ersatz von Leistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes geht gleich einer anderen Schuld auf den Nachlaß des Empfängers der Hilfe über. Die Erben sind jedoch zum Ersatz der für den Empfänger der Hilfe aufgewendeten Kosten auch dann verpflichtet, wenn dieser zu Lebzeiten nicht ersatzpflichtig gewesen wäre. Die Erben haften stets nur bis zur Höhe des Wertes des Nachlasses. Handelt es sich bei den Erben um die Eltern, Kinder oder den Ehegatten des Empfängers der Hilfe, so ist darauf Bedacht zu nehmen, dass durch den Kostenersatz ihre Existenz nicht gefährdet wird.

(5) Schadenersatzansprüche wegen unrechtmäßigen

Bezuges von Leistungen werden durch die Bestimmungen der vorhergehenden Absätze nicht berührt."

3.1. Während für Streitigkeiten gemäß § 26 Abs 4 WSHG die ordentlichen Gerichte zuständig sind (vgl. § 30 Abs 3 WSHG), ist über die übrigen Ersatzansprüche nach § 26 WSHG in erster Instanz vom Magistrat im Verwaltungsweg zu entscheiden (vgl. § 30 Abs 1 iVm § 37 Abs 1 WSHG), wobei auch der Abschluss von Vergleichen zulässig ist (vgl. § 30 Abs 2 WSHG). Über Berufungen gegen die Bescheide des Magistrates entscheidet gemäß § 37 Abs 3 WSHG der Unabhängige Verwaltungssenat.

3.2. Der Landeshauptmann von Wien war daher im Ergebnis zu Recht der Auffassung, dass der Sozialversicherungsträger durch die Zurückweisung des Antrages der Beschwerdeführerin über keine Verwaltungssache im Sinne des § 355 iVm § 412 ASVG entschieden hat. Nur Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen nach dem ASVG können aber binnen eines Monats nach der Zustellung durch Einspruch an den zuständigen Landeshauptmann angefochten werden. Die Zurückweisung des Einspruchs der Beschwerdeführerin erfolgte daher zu Recht.

4. Eine Verletzung der Beschwerdeführerin im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter hat daher nicht stattgefunden.

Die gegen den Bescheid des Landeshauptmanns gemäß

Art144 B-VG gerichtete Beschwerde erweist sich daher als unbegründet.

B. Der Antrag auf Entscheidung eines verneinenden Kompetenzkonfliktes wird zurückgewiesen:

1.1. Nach dem Gesagten hat nicht nur der Landeshauptmann, sondern auch das Arbeits- und Sozialgericht Wien seine Zuständigkeit zu Recht verneint, weil auch eine Leistungssache nach dem ASVG im Sinne des § 355 ASVG nicht vorliegt. Es liegt daher zwischen dem Landeshauptmann von Wien und dem ASG Wien, sohin zwischen einer Verwaltungsbehörde und einem Gericht, auch kein negativer Kompetenzkonflikt vor. Damit fehlt jedoch eine Prozessvoraussetzung für die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. etwa VfSlg. 4554/1963 und 13.409/1993).

1.2. Der auf Art 138 Abs 1 Z 1 B-VG gestützte Antrag war daher als unzulässig zurückzuweisen.

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die Beschwerdeführerin in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen und gemäß Art 144 Abs 3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.

2. Auch ein negativer Kompetenzkonflikt lag im

vorliegenden Fall nicht vor.

3. Der Antrag auf Entscheidung eines solchen war

somit wegen offenkundiger Nichtzuständigkeit des VfGH gemäß § 19 Abs 3 Z 2 lita VfGG zurückzuweisen.

4. Diese Entscheidungen konnten gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.