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OGH vom 23.01.2003, 8ObA5/03y

OGH vom 23.01.2003, 8ObA5/03y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Michael Mutz und Robert Maggale als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Zivorad M*****, vertreten durch Dr. Roland Graschitz, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wider die beklagte Partei Kennen P*****, vertreten durch Dr. Helmut Kientzl, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wegen 77.210,02 Euro sA und Feststellung (Streitwert 7.267,28 Euro), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Ra 173/02f-34, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung muss es sich beim "Aufseher" im Betrieb im Sinne des § 333 Abs 4 ASVG um eine Person handeln, die eine mit einem gewissen Pflichtenkreis und Selbständigkeit verbundene Stellung im Betrieb innehat und die Verantwortung für das Zusammenspiel persönlicher und technischer Kräfte trägt (vgl etwa RIS-Justiz RS0088337 mwN zuletzt etwa oder ). Nicht entscheidend ist, ob eine Dauerfunktion ausgeübt wird, wenn die Qualifikation nur im Zeitpunkt der schadensverursachenden Handlungen besteht (vgl RIS-Justiz RS0085519 mwN). Bei einer Zwei-Mann-Partie wurde auch schon der als Aufseher im Sinne des § 333 Abs 4 ASVG angesehen, der hinsichtlich einer bestimmten Arbeit entscheidungsbefugt ist (vgl RIS-Justiz RS0085612 mwN). Im Zusammenhang mit dem Betrieb von Kraftfahrzeugen wurde beim Fahrzeuglenker dann die Aufsehereigenschaft bejaht, wenn dieser neben der Einhaltung der Straßenverkehrsvorschriften und der Fahzeugbedienung oder -beladung auch noch weitere Pflichten und Befugnisse hat (vgl RIS-Justiz RS0085491 mwN zuletzt 9 ObA 298/01s; RIS-Justiz RS0085576 mwN). Dieser Haftungsausschluss gegen den "Aufseher" im Betrieb im Sinne des § 333 Abs 4 ASVG trifft auch die in diesen Betrieb integrierten Leiharbeitnehmer (vgl etwa Neumayr in Schwimann ABGB2 § 333 ASVG Rz 31 ff mwN; 9 ObA 322/98p).

Das Berufungsgericht ist nun von diesen Grundsätzen der Rechtsprechung ausgegangen. Deren Anwendung im Einzelfall stellt regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des 46 Abs 1 ASGG dar (vgl auch Kodek in Rechberger ZPO2 § 502 Rz 3). Eine Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht, die aus Gründen der Rechtssicherheit im Sinne des § 46 Abs 1 ASGG aufzugreifen wäre liegt nicht vor.

Der Kläger erlitt am dadurch schwere Verletzungen an beiden Daumen, dass er sich im Zusammenhang mit der Beladung eines LKW auf der Gabel eines vom Beklagten gelenkten Gabelstaplers befand, um ein Paket von dort in einen LKW zu schieben. Dabei griff der Kläger in die Führungsschiene des Gabelstaplers, in der sich die Kette befindet.

Das Berufungsgericht hat - insofern nicht konkret bekämpft - auch zugrundegelegt, dass der Kläger als Leiharbeiter im Rahmen des Lagers vom Beklagten zu solchen Hilfsverrichtungen im Rahmen des vom Beklagten eigenverantwortlich geleiteten Ladevorganges herangezogen werden konnte. Der Kläger moniert dazu nur, dass die Arbeitnehmer grundsätzlich gleichgestellt gewesen seien und es zwar generell so gehandhabt worden sei, dass ein verfügbarer Arbeiter herangezogen werden konnte, hier aber "gemeinsam" der zu verladende Karton hergerichtet wurde. Wie bereits ausgeführt kommt es aber auf die allgemeine Funktion der Arbeiter im Betrieb nicht an, sondern ob ihnen jeweils im Zusammenhang mit den schadensverursachenden Handlungen eine "Aufseherfunktion" zugekommen ist. Dies war hier der Transport mit dem Hubstapler (vgl zum Tresortransport auch ). Dass davor ein Karton gemeinsam hergerichtet wurde, kann nicht als entscheidend angesehen werden. Im übrigen handelt es sich auch um die Beurteilung der konkreten Feststellungen im Einzelfall, die regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 46 Abs 1 ASGG darstellt.

Ausgehend davon kann aber in der Annahme des Berufungsgerichtes, dass hier unter Berücksichtigung der oben dargestellten Rechtsprechung die Voraussetzungen für das Vorliegen einer "Aufsehereigenschaft" im Sinne des § 333 Abs 4 ASVG gegeben sind, keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung gesehen werden.

Soweit sich der Kläger auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom zu 14 Ob 53/86 (= RdW 1986, 251 - Staplerfahrer) beruft ist ihm entgegenzuhalten, dass in dem damaligen Verfahren der beklagte Arbeitskollege gegenüber dem damaligen Kläger keine Weisungsbefugnis hatte. Auch hat damals der Beklagte den verletzten Kläger verbotswidrig auf der Staplergabel mitgeführt, während dies hier sogar ausdrücklich vorgesehen war. Bereits in der Entscheidung vom zu 9 ObA 242/92 ist der Oberste Gerichtshof aber ebenfalls bei einem Staplerfahrer hinsichtlich der ihn zur Unterstützung beigegebenen Arbeitskollegen von einer Aufsehereigenschaft im Sinne des § 333 Abs 4 ASVG ausgegangen.

Insgesamt vermag es der Kläger jedenfalls nicht, eine Rechtsfrage im Sinne des § 46 Abs 1 ASGG aufzuzeigen.