OGH vom 18.08.2010, 8ObA48/10g
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras und Dr. Brenn sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Gleitsmann und Alfred Klair als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei W***** R*****, vertreten durch Dr. Thomas Stampfer und Dr. Christoph Orgler, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei S***** GmbH in Liquidation, *****, vertreten durch Klein, Wuntschek Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen 14.387,02 EUR brutto sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 15/10w 24, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits und Sozialgericht vom , GZ 46 Cga 101/09p 19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 908,64 EUR (darin enthalten 151,44 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Der Kläger war knapp zwei Jahre bei der Beklagten, die damals die Gratiszeitung ***** herausgab, beschäftigt. Im Jahr 2007 wurde mit dem Kläger ein neuer schriftlicher Dienstvertrag abgeschlossen, in dem sein Aufgabenbereich mit „Technik Produktionstätigkeiten“ beschrieben wurde. Konkret war der Kläger in erster Linie mit der Erstellung des Layouts der Gratiszeitung beschäftigt, wobei entsprechende Vorgaben zu berücksichtigen waren. Er verfasste aber auch teilweise fehlende Texte zu bezahlten Anzeigen und zuweilen auch redaktionelle Gratisartikel nach den Textvorschlägen bzw Vorgaben der Kunden. Darüber hinaus war er mit der (technischen) Bildbearbeitung befasst, wobei er im Wesentlichen Vergrößerungen oder Verkleinerungen vornahm. Er erstellte auch Fotomontagen nach entsprechenden Vorgaben oder Besprechungsergebnissen. Das Dienstverhältnis endete durch Kündigung der Beklagten infolge „Einstellung des Betriebs“. Die Kündigung erfolgte in Beachtung der Bestimmungen des Angestelltengesetzes. Der Kläger stützt seine Ansprüche auf die (zumindest) sechsmonatige Kündigungsfrist nach § 10 des Journalistengesetzes (JournG) mit der Behauptung, dass er bei der Beklagten als Redakteur beschäftigt gewesen sei.
Der Kläger begehrte Kündigungsentschädigung samt Urlaubsersatzleistung. Neben den Layout Tätigkeiten habe er auch Bilder und Fotomontagen gestaltet, Inseratentexte sowie PR Beiträge verfasst sowie Überschriften und Texte redaktionell überarbeitet.
Die Beklagte entgegnete, dass der Aufgabenbereich des Klägers auf das „Producing“ beschränkt gewesen sei. Mit der Verfassung von (redaktionellen) Texten oder der Zeichnung von Bildern sei er nicht betraut gewesen. Als „Layouter“ bedürfe der Kläger nicht des besonderen journalistischen Gesinnungsschutzes. Der Kollektivvertrag für die bei österreichischen Zeitungen angestellten Redakteure, Redakteursaspiranten und Reporter sei auf ihre Mitarbeiter nicht anzuwenden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die vom Kläger nach den Vorgaben und Wünschen der Kunden verfassten Werbetexte stünden weder mit einer Information der Öffentlichkeit noch mit dem aktuellen Geschehen im Zusammenhang. Die von seinem Aufgabenbereich erfasste Bildbearbeitung habe sich auf die technische Beratung und auf optische Gesichtspunkte bezogen. Für derartige Tätigkeiten sei der im Journalistengesetz vorgesehene Gesinnungsschutz nicht erforderlich.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Die vom Kläger erledigten Aufgaben stellten keine Tätigkeit iSd § 1 Abs 1 JournG dar. Die Revision sei zulässig, weil sich die Entscheidung 9 ObA 229/98m in erster Linie mit dem Begriff der „Zeitungsunternehmung“ befasse und mit Ausnahme dieser Entscheidung eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Auslegung des § 1 Abs 1 JournG nicht vorliege.
Gegen diese Entscheidung richtet sich das irrtümlich als „außerordentliche Revision“ bezeichnete Rechtsmittel des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil in der Weise abzuändern, dass dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben werde.
Mit ihrer Revisionsbeantwortung beantragt die Beklagte, die Revision des Klägers zurückzuweisen, in eventu dieser den Erfolg zu versagen.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (RIS Justiz RS0042392) ist die Revision mangels Vorliegens einer entscheidungsrelevanten erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
1. Das Journalistengesetz gilt nach seinem § 1 Abs 1 für alle mit der Verfassung des Textes oder mit der Zeichnung von Bildern betrauten Mitarbeiter einer Zeitungsunternehmung, die mit festen Bezügen angestellt sind und diese Tätigkeit nicht bloß als Nebenbeschäftigung ausüben (Redakteure, Schriftleiter).
Entgegen des Zulässigkeitsausspruchs beschäftigt sich die Entscheidung 9 ObA 229/98m keineswegs nur mit der Frage, ob die dortige Beklagte eine Zeitungsunternehmung iSd § 1 JournG sei. Vielmehr traf der Oberste Gerichtshof grundlegende Aussagen zum Anwendungsbereich des Journalistengesetzes auch im Hinblick auf den Begriff des „Redakteurs“. Für das Vorliegen einer gesicherten Rechtsprechung genügt auch nur eine ausführlich begründete und vom Schrifttum nicht abgelehnte Entscheidung des Höchstgerichts (RIS Justiz RS0103384). Die zur Bestimmung des fraglichen Anwendungsbereichs des Journalistengesetzes maßgebenden Grundsätze sind in der Rechtsprechung somit geklärt. Der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfrage, ob er als ein mit bestimmten Tätigkeiten befasster Zeitungsmitarbeiter als Journalist zu qualifizieren sei, kommt keine erhebliche Bedeutung zu. Die entscheidungserhebliche Kasuistik des Einzelfalls schließt eine beispielgebende Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in der Regel aus (RIS Justiz RS0042405).
2.1 In der bereits zitierten Entscheidung 9 ObA 229/98m wurde nach ausführlicher Auseinandersetzung mit den Materialien, dem Schrifttum und der Rechtsprechung und nach Darlegung des Gesetzeszwecks ein Journalist als ein Medienmitarbeiter definiert, der in Medien in Schrift, Druck, Bild (Foto, Film, Elektronik) oder Ton Informationsinhalte (auf politischem, wirtschaftlichem, kulturellem und sportlichem Gebiet) mit Bezug auf aktuelles Geschehen für einen größeren Personenkreis verfasst oder gestaltet. Der Gesetzgeber verfolge den Zweck, den Journalisten einen möglichst wirkungsvollen Gesinnungsschutz angedeihen zu lassen, um dem öffentlichen Leben einen geistig selbständigen und sittlich widerstandsfähigen Journalistenstand zu erhalten. Es sei eine der vornehmsten Aufgaben der Journalisten, der Allgemeinheit Einblick in das aktuelle Geschehen zu geben und dabei gleichzeitig durch die Auswahl der Berichte bzw deren Aufmachung oder Kommentierung einen wertungsbetonten Standpunkt einzunehmen. Die Allgemeinheit werde daher durch den Journalisten nicht nur informiert, sondern auch geistig und sittlich in erheblichem Ausmaß beeinflusst. So wirke der Journalist maßgebend an der öffentlichen Meinungsbildung mit. Er verrichte eine vorwiegend schöpferische Tätigkeit, die zu ihrer vollen Entfaltung der geistigen Selbständigkeit, der sittlichen Widerstandsfähigkeit und eines stets wachsenden Verantwortungsbewusstseins gegenüber der Allgemeinheit bedürfe. Der Begriff des „aktuellen Tagesgeschehens“ sei nicht eng auszulegen. Es genüge, dass der Inhalt für den angesprochenen Publikumskreis vermutlich neu sei. Zum aktuellen Tagesgeschehen gehöre auch etwa die Information der Allgemeinheit aus dem Bereich der Unterhaltung. Der Entscheidung lässt sich weiters entnehmen, dass das Journalistengesetz auf Mitarbeiter von reinen Fachschriften und Werbeschriften im Allgemeinen nicht Anwendung findet (vgl RIS Justiz RS0063016).
2.2 Nach diesen Grundsätzen muss ein Journalist mit der Gestaltung von Texten oder der Herstellung von Bildern über das aktuelle Geschehen befasst sein. Bei der Journalistentätigkeit handelt es sich um eine vorwiegend schöpferische Tätigkeit, durch die aktuelle Informationsinhalte verfasst oder gestaltet werden. Der besondere Gesinnungsschutz, der einem Journalisten zugute kommen muss, resultiert aus der Einflussnahme auf die öffentliche Meinungsbildung.
3.1 Die Vorinstanzen sind von diesen Grundsätzen nicht abgewichen. Ihre Schlussfolgerung, dass die teilweise Erstellung von fehlenden Texten zu Werbeinseraten und von redaktionellen Gratisartikeln nach den Textvorschlägen bzw Vorgaben der Kunden weder mit einem Informationsgehalt für die Öffentlichkeit noch mit dem aktuellen Geschehen in Beziehung stehe und der besondere Gesinnungsschutz nach dem Journalistengesetz dafür nicht erforderlich sei, erweist sich als nicht korrekturbedürftig. Das Gleiche gilt für die Beurteilung, dass auch die Bearbeitung vorhandener Bilder durch Vergrößerungen oder Verkleinerungen oder durch (gelegentliche) Veränderungen des Bildausschnitts keine journalistische Tätigkeit darstelle. Entgegen der Ansicht des Klägers rechtfertigen auch die übrigen von ihm ausgeübten Tätigkeiten, wie etwa die Erstellung von Fotomontagen nach konkreten Vorgaben oder Besprechungsergebnissen, kein anderes Ergebnis.
Dem Kläger ist beizupflichten, dass sich § 1 JournG nicht nur auf gezeichnete Bilder, sondern ebenso auf fotografierte oder anders hergestellte Bilder bezieht (vgl auch JA 595 BlgNR 7. GP 1 zur Novelle BGBl Nr 1955/158). Von einer schöpferischen Herstellung oder Bearbeitung von Bildern, die dem Rollenbild eines Redakteurs im Sinn des Journalistengesetzes entsprechen würde, kann bei den von ihm erbrachten Arbeitsleistungen aber nicht gesprochen werden.
3.2 Die Ansicht des Berufungsgerichts, der unstrittig nicht anwendbare Kollektivvertrag für die bei österreichischen Tageszeitungen angestellten Redakteure, Redakteursaspiranten und Reporter der auch Layouter in seinen Anwendungsbereich einbezieht, diese Tätigkeit aber deutlich von jener der Redakteure (§ 6), der Reporter und auch der Zeichner und Fotografen (§ 8) unterscheidet könne den Anwendungsbereich des Journalistengesetzes nicht abändern, ist ebenfalls nicht korrekturbedürftig.
4. Insgesamt vermag der Kläger mit seinen Ausführungen die Zulässigkeit der Revision nicht zu begründen. Mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung war die Revision zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO; die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen (vgl RIS Justiz RS0035979).