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OGH vom 23.02.1995, 8Ob3/95

OGH vom 23.02.1995, 8Ob3/95

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Steinbauer, Dr.Rohrer und Dr.Adamovic als weitere Richter in der Ablehnungssache des Gemeinschuldners Dipl.Ing.Dr.Wilhelm P*****, und weiterer Gemeinschuldner betreffend die ehedem zu S ***** des Landesgerichtes Wels anhängigen Konkursverfahren infolge Revisionsrekurses der Gemeinschuldner gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom , GZ 2 R 220/94-114, womit der Beschluß des Landesgerichtes Wels vom , GZ 21 Nc 1/93-101, teilweise abgeändert wurde, sowie über den Antrag der Gemeinschuldner auf Delegierung des Verfahrens 21 Nc 1/93 des Landesgerichtes Wels an das Landesgericht Innsbruck in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

1. Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

2. Der Antrag auf Delegierung des Verfahrens 21 Nc 1/93 des Landesgerichtes Wels an das Landesgericht Innsbruck wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Gegenstand des Verfahrens ist die vom Antragsteller in zahlreichen Schriftsätzen vorgebrachte Ablehnung des Richters des Landesgerichtes Wels Mag.H***** wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten in den den Gemeinschuldner Dipl.Ing.Dr.Wilhelm P***** und seine Unternehmen betreffenden, ursprünglich vor dem Landesgericht Wels geführten Konkursverfahren. Diese Konkursverfahren wurden mit Beschlüssen des Obersten Gerichtshofes vom an das Handelsgericht Wien delegiert. Der Antrag des Gemeinschuldners Dipl.Ing.Dr.Wilhelm P*****, auch die Ablehnungssache aus Zweckmäßigkeitsgründen diesem Gericht zuzuweisen, wurde mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom (ON 97) abgewiesen.

Die Gemeinschuldner lehnten im Zuge des Verfahrens unter anderem die zur Entscheidung berufenen Mitglieder des Ablehnungssenates des Erstgerichtes wegen Befangenheit ab. Mit Beschluß ON 101 erachtete das Erstgericht im (nicht mehr angefochtenen) Punkt 1. die Befangenheitsanzeigen zweier Richter für begründet und wies im Punkt 2. die Ablehnungsanträge hinsichtlich der weiteren Mitglieder des Ablehnungssenates der Richter Dr.Ernst F***** und Dr.Gertraud K***** zurück. Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Gericht zweiter Instanz dem Rekurs des Gemeinschuldners Dipl.Ing.Dr.Wilhelm P***** dahin teilweise Folge, daß es dem Ablehnungsantrag gegen den Richter Dr.Ernst F***** stattgab. Der Rekurswerber habe Dr.F***** vor allem in dessen Funktion als Organ der Justizverwaltung angegriffen und gegen ihn sogar Disziplinaranzeige erstattet. Als Präsident des Landesgerichtes sei Dr.F***** jahrelang immer wieder in die Auseinandersetzungen zwischen dem Rekurswerber und dem zuständigen Konkursrichter verwickelt gewesen, welcher Umstand ihn für richterliche Entscheidungen in der Ablehnungssache befangen mache. Demgegenüber habe die Richterin Dr.K***** keine wesentlichen Funktionen in der Justizverwaltung und könne der Rekurswerber keine beachtlichen Argumente für ihre Befangenheit vorbringen. Die ausgewogene Entscheidung des Erstgerichtes sei daher in diesem Teil zu bestätigen gewesen. Es sei nicht erforderlich, Prozeßhandlungen des zu Recht abgelehnten Richters im Sinne des § 25 JN als nichtig aufzuheben, weil der Präsident des Landesgerichtes Wels nach der Aktenlage in dieser Ablehnungssache bisher keine richterlichen Verfahrenshandlungen gesetzt habe.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Gemeinschuldner, mit welchem erkennbar die Bestätigung der Zurückweisung des Ablehnungsantrages in Ansehung der Richterin Dr.K***** sowie das Unterbleiben der Aufhebung von Prozeßhandlungen des Präsidenten des Landesgerichtes Wels Dr.F***** bekämpft wird. In seinem Rechtsmittel beantragt der Rekurswerber außerdem die Delegierung des Verfahrens aus Zweckmäßigkeitsgründen an das Landesgericht Innsbruck.

Vor Eingehen auf das Rechtsmittel selbst ist vorerst die Frage zu prüfen, ob die Rekursschrift von einem Rechtsanwalt zu fertigen und daher durch den Obersten Gerichtshof das Verbesserungsverfahren einzuleiten wäre. Es entspricht ständiger neuerer Rechtsprechung, daß das Ablehnungsverfahren, soweit die §§ 19 bis 25 JN keine Sonderregelungen für das Rechtsmittelverfahren in Ablehnungsachen enthalten, nach den Vorschriften jenes Verfahrens abzuwickeln ist, in dem die Ablehnung erfolgt; besteht in diesem Verfahren kein Anwaltszwang, müssen schriftliche Rekurse nicht mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes versehen sein (EvBl 1972/91; SZ 54/96). Gemäß § 173 Abs. 1 KO sind im Konkursverfahren unter anderem - ausgenommen lediglich den (hier nicht vorliegenden) Fall des § 172 Abs. 3 dritter Satz KO - die Bestimmungen über die Vertretung durch Rechtsanwälte nicht anzuwenden. Es besteht daher auch im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof keine Anwaltspflicht, weshalb die Fertigung der Rechtsmittelschrift durch die Gemeinschuldner ausreicht.

Im letzten Absatz des Rechtsmittels wird für den Fall der Nichtstattgebung des Delegierungsantrages "neuerlich Delegierungsantrag, Ablehnungsantrag und Ausschließungsantrag gegen das OLG Linz und das LG Wels mit Verweisung auf die namentliche Anführung aller Richter laut der Geschäftsverteilung des OLG Linz und des LG Wels" gestellt. Auch dieses Vorbringen vermag die sofortige Erledigung des Rechtsmittels durch den Obersten Gerichtshof nicht zu hindern. Den Rekurswerbern ist bereits in mehreren Entscheidungen (so etwa im Beschluß des Obersten Gerichtshofes ON 59) bekanntgegeben worden, daß nach übereinstimmender Ansicht von Lehre und Rechtsprechung die Ablehnung eines ganzen Gerichtes nur durch die Ablehnung eines jeden einzelnen seiner Richter unter Angabe detaillierter konkreter Ablehnungsgründe gegen jeden dieser Richter möglich ist (EvBl 1989/18; RZ 1981/16; 5 Ob 347-351/87; 5 Ob 366/87; 1 Ob 34/91; 8 N 2/93). Diesem Erfordernis wird auch durch den Hinweis auf die Geschäftsverteilung der jeweils betroffenen Gerichte nicht Genüge getan, sondern gerade damit offenkundig, daß es dem Rekurswerber nicht darum geht, konkrete Befangenheitsgründe hinsichtlich einzelner Richter geltend zu machen, sondern sein Ziel offenkundig die Ausschaltung ganzer ihm aus subjektiven Gründen nicht genehmer Gerichtshöfe ungeachtet der Person der dort jeweils tätigen Richter ist. Damit liegt aber ein eklatanter Fall von Rechtsmißbrauch vor. Die pauschale Ablehnung ist daher nicht zum Gegenstand der Entscheidung der zuständigen Gremien zu machen (EvBl 1989/18; Mayr in Rechberger ZPO § 24 JN Rdz 1).

Der Rekurs ist, insoweit er die Bestätigung der Zurückweisung des Ablehnungsantrages in Ansehung der Richterin Dr.K***** bekämpft, absolut unzulässig.

Gemäß § 24 Abs. 2 JN findet gegen die Stattgebung der Ablehnung kein Rechtsmittel, gegen die Zurückweisung der Rekurs an das zunächst übergeordnete Gericht statt. Es ist ständige Rechtsprechung, daß § 24 Abs. 2 JN den Rechtsmittelzug in Ablehnungsverfahren abschließend regelt, sodaß in diesem Fall ungeachtet der Verfahrensbestimmungen in der Hauptsache gegen die Sachentscheidung zweiter Instanz im Ablehnungsverfahren ein weiterer Rechtsmittelzug grundsätzlich ausgeschlossen ist (EvBl 1975/221; RZ 1981/23; EFSlg 69.705). Abgesehen davon wäre aber auch in den von der Ablehnung betroffenen Konkursverfahren die Anrufung des Obersten Gerichtshofes bei Vorliegen einer bestätigenden Entscheidung ausgeschlossen, da aufgrund der Verweisungsnorm des § 171 KO auch im Insolvenzverfahren die Anfechtungsbeschränkungen der §§ 527 Abs. 2 und 528 ZPO Geltung haben (8 Ob 10/91; 8 Ob 16/91).

Darüber hinaus ist der Rekurs, insoweit er sich gegen das Unterbleiben der Nichtigerklärung von Verfahrenshandlungen des mit Erfolg abgelehnten Richters wendet, mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs. 1 ZPO unzulässig.

Gemäß § 25 letzter Satz JN sind im Fall der Stattgebung der Ablehnung die vom abgelehnten Richter vorgenommenen Prozeßhandlungen nichtig und, soweit erforderlich, aufzuheben. Unterbleibt ein derartiger Ausspruch, ist der Rekurs gegen den Beschluß des Ablehnungsgerichtes ungeachtet der Bestimmung des § 24 Abs. 2 JN zulässig (EFSlg 49.241; NZ 1988, 76; EFSlg 69.706). Gemäß § 171 KO,§§ 526 Abs. 3, 500 Abs. 2 Z 1 ZPO wäre in einem derartigen Fall der in den Spruch der Entscheidung aufzunehmende Ausspruch, daß die Nichtigerklärung von Verfahrenshandlungen nicht erforderlich ist, zu bewerten und ein Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses gemäß § 500 Abs. 2 Z 3 ZPO iVm § 526 Abs. 3 ZPO beizusetzen. Die Rückstellung des Aktes an das Gericht zweiter Instanz zur Berichtigung seiner Entscheidung würde jedoch im gegenständlichen Fall einen bloßen Formalismus darstellen, da selbst bei einer S 50.000,-- übersteigenden Bewertung und Zulassung des ordentlichen Revisionsrekurses das Rechtsmittel mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen wäre. Es ergibt sich nämlich bereits aus dem Gesetz selbst, daß die Nichtigerklärung nur in dem Umfang erfolgen kann, in welchem der befangene Richter überhaupt Prozeßhandlungen gesetzt hat. Auch die Revisionsrekurswerber vermögen aber in ihrem Rechtsmittel nicht zu behaupten, daß der mit Erfolg abgelehnte Präsident des Landesgerichtes Wels in dieser Ablehnungssache bisher in richterlicher Funktion tätig geworden wäre.

Insoweit die Revisionsrekurswerber sich gegen die in der Begründung der angefochtenen Entscheidung zum Ausdruck gebrachte Zurückweisung von Delegierungsanträgen an ein Gericht in einem anderen Oberlandesgerichtssprengel wenden, sind sie darauf zu verweisen, daß nunmehr sämtliche Anträge dem Obersten Gerichtshof ohne relevante Zeitverzögerung vorliegen, weshalb es ihnen an der Beschwer mangelt. Da gemäß § 31 Abs. 3 JN einem Delegierungsantrag keine das Verfahren aufschiebende Wirkung zukommt, war es dem Gericht zweiter Instanz auch nicht verwehrt, trotz Vorliegens von Delegierungsanträgen seine Entscheidung zu fällen.

Der Rekurs war daher insgesamt als unzulässig zurückzuweisen.

Den bisher gestellten Delegierungsanträgen einschließlich des im Revisionsrekurs für den Fall der Abweisung neuerlich gestellten Antrages kommt auch unter Berücksichtigung der seit der letzten Entscheidung eingetretenen Verfahrensentwicklung keine Berechtigung zu. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß ein Delegierungsantrag nach § 31 JN nicht auf Ablehnungsgründe gestützt werden kann (EvBl 1968/144). Wie das Gericht zweiter Instanz ausgeführt hat, bleibt das Landesgericht Wels auch nach Ergehen der Entscheidung über die Befangenheit einiger Richter weiterhin beschlußfähig. Ein Fall der amtswegigen Delegation im Sinne des § 30 JN liegt daher nicht vor. Das Bestehen eines kollegialen Verhältnisses der Richter des zur Entscheidung berufenen Gerichtshofes zu dem abgelehnten Konkursrichter vermag allein weder deren Befangenheit noch die Zweckmäßigkeit einer Delegierung zu begründen, hat doch der Gesetzgeber im § 23 JN die Entscheidungspflicht des Gerichtshofes, welchem der abgelehnte Richter angehört, normiert und somit das Vorliegen eines kollegialen Verhältnisses nicht als entscheidungshindernd angesehen. Die von den Gemeinschuldnern durch eine Vielzahl von Eingaben herbeigeführte Verfahrensverzögerung ist ebensowenig wie die Ausschöpfung sämtlicher vom Gesetz vorgesehener Rechtsmittelmöglichkeiten ein Delegierungsgrund (vgl EvBl 1968/144).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.