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OGH vom 08.09.2005, 8ObA47/05b

OGH vom 08.09.2005, 8ObA47/05b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuras und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Krüger und Georg Eberl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden und widerbeklagten Partei Johann G*****, vertreten durch Dr. Gottfried Forsthuber, Rechtsanwalt in Baden, wider die beklagte und widerklagende Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Prunbauer, Themmer und Toth, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen EUR 99.310,05 netto sA und EUR 456.070,96 sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten und widerklagenden Partei (Revisionsinteresse hinsichtlich der Klage EUR 84.489,84 brutto sA; Revisionsinteresse hinsichtlich der Widerklage EUR 218.018,50 sA), gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Ra 37/05b-62, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die von der beklagten und widerklagenden Partei (im Folgenden beklagten Partei) relevierte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Die von der Revisionswerberin herangezogenen Ausführungen des Berufungsgerichtes auf der Seite 23 des berufungsgerichtlichen Urteiles berücksichtigen ausdrücklich die nunmehr auch von der Beklagten herangezogenen Ausführungen im Schriftsatz der Beklagten vom (ON 17). Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Beklagte keinen konkreten Zeitpunkt hinsichtlich der Kenntnis des Klägers von den Finanzordnungswidrigkeiten und dem Umstand, dass der Kläger bei rechtzeitiger Reaktion eine Haftung der Beklagten für die Finanzstrafe verhindern hätte können, vorgebracht hat. Dies vermögen auch die nunmehrigen Ausführungen der Beklagten nicht darzustellen.

Soweit die folgenden Ausführungen eine Feststellung zugrundelegen, dass der Kläger unmittelbar nach Legung der verfälschten Umsatzsteuererklärung durch den anderen Vorstand davon erfahren hat, entfernen sie sich von den konkret getroffenen Feststellungen und kann die Rechtsrüge insoweit einer weiteren Behandlung nicht zugeführt werden (vgl Kodek in Rechberger ZPO2 § 503 Rz 5). Entgegen der Annahme der Revision wurde eine dahingehende Feststellung nicht getroffen, sodass die Ausführungen der Revision, dass das Berufungsgericht diese als überschießend gewertet habe, diese aber doch zu berücksichtigen wäre, keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darstellt. Dies gilt auch, soweit sich die Beklagte gegen die Ausführungen des Berufungsgerichtes im Zusammenhang mit der mangelnder Gewichtung des Verhaltens des Klägers als Entlassungsgrund wendet, wonach „überdies“ der Kläger ja ohnehin bereits gekündigt und vom Dienst freigestellt gewesen wäre, weil es sich dabei um eine - zwar unzutreffende (vgl RIS-Justiz RS0029797 mwN, zuletzt etwa 9 ObA 91/03b) - aber nicht tragende Hilfsbegründung gehandelt hat.

Wenn die Beklagte die Unrichtigkeit der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes releviert, dass im vorliegenden Fall nur von einer „Karenzierung“ des Arbeitsverhältnisses für die Dauer der Vorstandstätigkeit ausgegangen werden könne, so ist ihr entgegenzuhalten, dass die Frage, ob nun eine Karenzierung oder Unterbrechung - Beendigung - des Arbeitsvertrages vorliegt, nur nach den jeweiligen konkreten Umständen des Einzelfalles beurteilt werden kann (vgl RIS-Justiz RS0017802). Derartige Beurteilungen im Einzelfall stellen aber regelmäßig nur dann eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar, wenn eine aus Gründen der Rechtssicherheit zu korrigierende auffallende Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht vorliegt (vgl etwa RIS Justiz RS0044298 uva; Kodek in Rechberger ZPO2 § 502 Rz 3 ff). Wenn das Berufungsgericht hier von einer bloßen Karenzierung des Arbeitsvertrages des unstrittig vor und nach seiner Vorstandstätigkeit als Dienstnehmer beschäftigten Klägers ausgegangen ist, so vermag die Beklagte in diesem Zusammenhang keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende hier relevante Fehlbeurteilung in diesem Sinne darzustellen. Ist der Kläger nach den maßgebenden Feststellungen doch bloß vom kaufmännischen Angestellten vom Vorstandsmitglied „avanciert“ und wurde danach wieder Dienstnehmer der Beklagten. Sein Gehalt wurde stets gleich abgerechnet ebenso seine Urlaubsansprüche. Eine gesonderte Anstellungsvereinbarung für die Vorstandstätigkeit wurde von der Beklagten weder behauptet noch bewiesen. Dass während dieser Zeit jene arbeitsrechtlichen Normen, die vom persönlichen Abhängigkeitsverhältnis des Arbeitnehmers ausgehen, nicht anwendbar waren (vgl allgemein RIS-Justiz RS0021758 mwN), ändert nichts an dem offenbar bestehenden Willen der Vertragsparteien ein durchgängiges Rechtsverhältnis aufrecht zu erhalten (vgl allgemein dazu, dass grundsätzlich bei der Umwandlung eines Arbeitsvertrages in einem anderen Vertragstyp entsprechend § 1377 ABGB eine Beendigung eintreten würde RIS-Justiz RS0115628 = OGH 8 ObA 92/01i). Der Oberste Gerichtshof hat aber bereits in seiner Entscheidung vom zu 9 ObA 178/01v unter ausdrücklichem Verweis auf frühere Entscheidungen dargestellt, dass bei vertraglichen Karenzierungsvereinbarungen diese Zeiten für die Ermittlung des Abfertigungsanspruches anzurechnen sind, soweit nicht eine besondere Vereinbarung dazu getroffen wurde. Eine derartige Vereinbarung hat die Beklagte aber weder behauptet noch nachgewiesen.

Die Ausführungen der Beklagten zu ihrem Schadenersatzbegehren wegen der durch einen anderen Vorstand unrichtig abgegebenen Umsatzsteuererklärungen und der daraus resultierenden Strafe stützen sich im Wesentlichen darauf, dass durch ein rechtzeitiges Tätigwerden des Klägers nach Kenntnis von der Unrichtigkeit der Vorschreibung durch eine Anzeige beim Finanzamt diese Strafe noch hätte vermieden werden können. Dazu hat aber bereits das Berufungsgericht darauf verwiesen, dass ein dahingehendes Vorbringen der Beklagten in erster Instanz nicht erstattet wurde. Die Auslegung des Vorbringens im Einzelfalles stellt jedenfalls keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar.

Soweit die Beklagte letztlich die Kostenentscheidung des Berufungsgerichtes bekämpft, ist sie auf die ständige Rechtsprechung zu verweisen, wonach jede Entscheidung über die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens unanfechtbar ist (vgl Kodek in Rechberger ZPO § 528 Rz 5).

Insgesamt vermag es die Revision jedenfalls nicht, eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darzustellen.