zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VfGH vom 13.06.2013, B422/2013

VfGH vom 13.06.2013, B422/2013

19754

Leitsatz

Verletzung im Recht, wegen derselben Sache nicht zweimal bestraft zu werden, durch Verhängung einer Verwaltungsstrafe wegen Veranstaltung verbotener Ausspielungen mit Glücksspielautomaten; verfassungskonforme, das Doppelbestrafungsverbot berücksichtigende Auslegung der Regelung des GlücksspielG über die Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörde und der Strafgerichte durch Abstellen auf den maximal möglichen Einsatz - und nicht auf den von Spielern geleisteten Einsatz - geboten

Spruch

I. Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Be scheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht gemäß Art 4 Abs 1 des 7. ZPEMRK, wegen derselben Sache nicht zweimal bestraft zu werden, verletzt worden. Der Bescheid wird aufgehoben.

II. Der Bund (Bundesministerin für Finanzen) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.640,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen, Vorverfahren

1. Im Zuge einer Kontrolle fanden Organe der zuständigen Abgabenbehörde am in einem näher bezeichneten Lokal zwei betriebsbereite und eingeschaltete Glücksspielautomaten mit der Gehäusebezeichnung A-P E Assembling Production Evolution (virtueller Walzenspielautomat mit der Bezeichnung "Pelican's Pearl") bzw. A-P E Assembling Production Evolution (virtueller Walzenspielautomat mit der Bezeichnung "Golden Aces"), welche jeweils mit einem festgestellten Mindesteinsatz von € 0,25 und einem festgestellten Höchsteinsatz von € 10,50 pro Spiel bespielbar waren. Mit Straferkenntnis vom erkannte der Bezirkshauptmann von Neunkirchen den Beschwerdeführer für schuldig, als nach außen berufener Vertreter der Eigentümerin der beiden Glücksspielautomaten zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 des Bundesgesetzes zur Regelung des Glücksspielwesens (GlücksspielgesetzGSpG), BGBl 620/1989, in der Fassung BGBl I 111/2010, veranstaltet zu haben. Aus diesem Grund verhängte der Bezirkshauptmann von Neunkirchen über ihn eine Geldstrafe in bestimmter Höhe und eine Ersatzfreiheitsstrafe.

2. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich (im Folgenden: UVS Niederösterreich) und führte im Wesentlichen aus, mit den gegenständlichen Automaten würde nicht in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen, weil das österreichische Glücksspielrecht gegen unionsrechtliche Vorschriften verstoße und die Bestimmungen des österreichischen Glücksspielgesetzes aus diesem Grund nicht anwendbar wären. Die österreichische Monopolregelung im Glücksspielbereich könne daher zu keinen strafrechtlichen Konsequenzen führen.

3. Mit Bescheid vom setzte der UVS Niederösterreich das Berufungsverfahren gemäß § 38 AVG (§24 VStG) iVm § 30 Abs 1 VStG bis zum rechtskräftigen Abschluss der beim Bezirksgericht Gloggnitz gegen den Beschwerdeführer gerichteten Strafsache wegen des Verdachts des Vorliegens einer gemäß § 168 StGB strafbaren Handlung aus. Mit Urteil vom verurteilte das Bezirksgericht den Beschwerdeführer wegen des Vergehens gemäß § 168 StGB und verhängte über ihn eine Geldstrafe. Das erstinstanzliche Strafgericht begründete das Urteil damit, dass er in einem näher bezeichneten Zeitraum die virtuellen Walzenspiele "Pelican's Pearl" und "Golden Aces" an Automaten mit einem Einzelspieleinsatz von bis zu € 10,50 veranstaltet habe, um sich aus dieser Veranstaltung einen Vermögensvorteil zuzuwenden, wobei nicht bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt worden sei. Gegen dieses Urteil erhob der Beschwerdeführer Berufung wegen Nichtigkeit und Schuld.

4. Der UVS Niederösterreich führte das Verwaltungsstrafverfahren nach Fällung des Urteils des Bezirksgerichts Gloggnitz fort, weil der Beschwerdeführer über keine Bewilligung zum Betrieb von Glücksspielautomaten, also Spielautomaten, bei denen die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt, verfüge. Als Verfahrensgegenstand des Berufungsverfahrens betrachtete der UVS Niederösterreich jene Spiele auf den beiden verfahrensgegenständlichen Glücksspielautomaten, bei denen im relevanten Zeitraum vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von bis zu € 10,– geleistet wurden, weil sich – so der UVS Niederösterreich – eine Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand nur für die Veranstaltung von Spielen ergäbe, bei denen der Einsatz € 10,– übersteige. Im Übrigen verbleibe die Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden. Der UVS Niederösterreich wies daher die Berufung des Beschwerdeführers ab und präzisierte den Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses.

5. In der vorliegenden, auf Art 144 B VG gestützten Beschwerde bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, der angefochtene Bescheid verstoße gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht gemäß Art 4 Abs 1 des 7. ZPEMRK, wegen derselben Sache nicht zweimal bestraft zu werden, sowie gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art 83 Abs 2 B VG in Verbindung mit dem in Art 94 B VG verankerten Prinzip der Trennung der Justiz von der Verwaltung.

5.1. Der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis VfSlg 15.199/1998 klargestellt, § 52 Abs 1 Z 5 GSpG (in der Fassung vor der Novelle BGBl I 54/2010) sei zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art 4 Abs 1 des 7. ZPEMRK dahin gehend verfassungskonform zu interpretieren, dass eine Bestrafung nach § 168 erster oder zweiter Fall StGB die Bestrafung wegen desselben Verhaltens nach § 52 Abs 1 Z 5 erster Fall GSpG (in der Fassung vor der Novelle BGBl I 54/2010) ausschließe. Es dürfe somit – so das Beschwerdevorbringen – auch nach der durch die Glücksspielgesetz-Novelle BGBl I 54/2010 erfolgten normativen Festsetzung des Begriffs des "geringen Betrags" mit dem Betrag von € 10,– derjenige, der nach § 168 StGB betraft würde, nicht zusätzlich nach § 52 Abs 1 GSpG bestraft werden. Dem Gesetzgeber könne nicht unterstellt werden, eine parallele Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden und der Strafgerichte für den regelmäßigen Fall der Leistung von Einsätzen von über und von unter € 10,– einrichten zu wollen. Die vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2012/17/0156, geäußerte Rechtsauffassung unterstelle der Bestimmung des § 52 Abs 2 GSpG einen verfassungswidrigen Inhalt, der dem Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art 4 Abs 1 des 7. ZPEMRK zuwiderlaufe. Die Verurteilung durch das Bezirksgericht Gloggnitz wegen § 168 Abs 1 StGB umfasse nach Ansicht des Beschwerdeführers "sowohl beim fortgesetzten Delikt als auch beim Sammeldelikt sämtliche auf dasselbe strafbare Verhalten zurückführbare Straftatbestände", wobei maßgebender Zeitpunkt die Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses sei. Anders als der UVS Niederösterreich meine, sei sohin im gerichtlichen Strafverfahren nicht nur hinsichtlich der Spiele mit einem geleisteten Einsatz über € 10,– abgesprochen worden, sondern über sämtliche bis zur maßgeblichen Kontrolle durchgeführten Ausspielungen. Es liege im gegenständlichen Fall eine "Konsumation" zweier Deliktstatbestände vor und es sei somit über dieselbe Sache verfassungswidriger Weise zweimal entschieden worden.

5.2. Darüber hinaus verstoße die vom Verwaltungsgerichtshof begründete Ansicht auch gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, weil es ausschließlich vom Verhalten Dritter abhänge, welche Strafbestimmung (§52 GSpG oder § 168 StGB) zur Anwendung gelange.

5.3. Letztlich erachtet sich der Beschwerdeführer auch im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art 83 Abs 2 B-VG in Verbindung mit dem in Art 94 B VG verankerten Prinzip der Trennung der Justiz von der Verwaltung verletzt, weil das Aufstellen mehrerer Spielapparate bzw. das Bereitstellen mehrerer Spielmöglichkeiten ein fortgesetztes Delikt darstelle und daher als eine (einheitliche) Ausspielung zu werten sei. Sowohl § 52 Abs 1 GSpG als auch § 168 StGB zielten auf Spiele ab, die ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhingen, und bestraften deren Veranstaltung bzw. sonstige Formen der Förderung. Gemäß § 52 Abs 2 GSpG trete jedoch eine Strafbarkeit nach dem Glücksspielgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück. Der UVS Niederösterreich als Verwaltungsbehörde habe somit seine Zuständigkeit zu Unrecht in Anspruch genommen, weil sich aus dem verwirklichten Delikt gemäß § 168 StGB die Zuständigkeit der Strafgerichte ergäbe.

6. Der UVS Niederösterreich legte die bezughabenden Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II. Rechtslage

1. § 52 GSpG in der Fassung der Novelle BGBl 695/1993 lautete (diese Rechtslage lag dem Erkenntnis VfSlg 15.199/1998 zugrunde):

" § 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 300 000 S zu bestrafen,

1. wer Glücksspiele entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes veranstaltet;

2. wer gewerbsmäßig ohne Berechtigung Spielanteile eines von diesem Bundesgesetz erfaßten Glücksspieles oder Urkunden, durch welche solche Spielanteile zum Eigentum oder zum Gewinnbezug übertragen werden, veräußert oder an andere überläßt;

3. wer die Bewilligungsbedingungen eines genehmigten Glücksspieles nicht einhält;

4. wer ein Glücksspiel trotz Untersagung oder nach Zurücknahme der Spielbewilligung durchführt;

5. wer Glücksspielapparate oder Glücksspielautomaten, die dem Glücksspielmonopol unterliegen, außerhalb einer Spielbank betreibt (Veranstalter) oder zugänglich macht (Inhaber);

6. wer Glücksspiele, die nicht in Form einer Ausspielung durchgeführt werden und die dem Glücksspielmonopol unterliegen, außerhalb einer Spielbank durchführt;

7. wer in einer Spielbank technische Hilfsmittel mit sich führt, die geeignet sind, sich selbst oder anderen einen Spielvorteil zu verschaffen.

(2) Gegenstände, mit deren Hilfe in das Glücksspielmonopol eingegriffen wurde, unterliegen, sofern sie nicht gemäß § 54 einzuziehen sind, dem Verfall. "

2. § 52 GSpG in der Fassung der Novelle BGBl I 126/2008 lautete (mit dieser Novelle wurde Z 1 leg.cit. erstmals in das Glücksspielgesetz eingeführt; Z 5 betreffend Glücksspielautomaten wurde auch noch beibehalten):

" § 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen,

1. wer Glücksspiele entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes zur Teilnahme vom Inland aus veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht;

2. wer gewerbsmäßig ohne Berechtigung Spielanteile eines von diesem Bundesgesetz erfassten Glücksspieles oder Urkunden, durch welche solche Spielanteile zum Eigentum oder zum Gewinnbezug übertragen werden, veräußert oder an andere überlässt;

3. wer die Bewilligungsbedingungen eines genehmigten Glücksspieles nicht einhält;

4. wer ein Glücksspiel trotz Untersagung oder nach Zurücknahme der Spielbewilligung durchführt;

5. wer Glücksspielapparate oder Glücksspielautomaten, die dem Glücksspielmonopol unterliegen, außerhalb einer Spielbank betreibt (Veranstalter) oder zugänglich macht (Inhaber);

6. wer Verwaltungsübertretungen nach Z 1 insbesondere durch die Vermittlung der Spielteilnahme, das Bereithalten von Eingriffsgegenständen oder die unternehmerische Schaltung von Internet-Links fördert oder ermöglicht;

7. wer in einer Spielbank technische Hilfsmittel (zB eine entsprechend geeignete Fernbedienung) mit sich führt oder einsetzt, die geeignet sind, sich selbst oder anderen einen Spielvorteil zu verschaffen oder den Spielablauf an Glücksspielapparaten oder an Glücksspielautomaten zu beeinflussen;

8. wer als Verantwortlicher des Konzessionärs die Pflichten gemäß § 25 Abs 6 und 7 oder § 25a verletzt;

9. wer Ausspielungen, für die keine Konzession des Bundesministers für Finanzen erteilt wurde, im Inland bewirbt oder deren Bewerbung ermöglicht, es sei denn es liegt eine Bewilligung des Bundesministers für Finanzen gemäß § 56 Abs 2 vor;

10. wer als Kreditinstitut die Vermögensleistung eines Spielers zur Teilnahme an einem bewilligungspflichtigen Glücksspiel, für das keine Bewilligung des Bundesministers für Finanzen vorliegt, weiterleitet, wenn dies im unmittelbaren Zusammenwirken mit dem Veranstalter oder Anbieter geschieht;

11. wer bei der Durchführung von Ausspielungen Trinkgelder direkt annimmt.

(2) Gegenstände, mit deren Hilfe in das Glücksspielmonopol eingegriffen wurde, sind gemäß § 54 einzuziehen.

(3) Die Teilnahme an Elektronischen Lotterien, für die keine Konzession des Bundesministers für Finanzen erteilt wurde, ist strafbar, wenn die erforderlichen Einsätze vom Inland aus geleistet werden. Der Verstoß gegen dieses Verbot wird bei vorsätzlicher Begehung mit einer Geldstrafe bis zu 7.500 Euro, ansonsten mit einer Geldstrafe bis zu 1.500 Euro geahndet.

(4) Die Verjährungsfrist (§31 Abs 2 VStG1950) für Verwaltungsübertretungen gemäß Abs 1 beträgt ein Jahr."

3. § 52 GSpG in hier maßgeblichen der Fassung der Novelle BGBl I 54/2010 lautete (Z1 leg.cit. wurde im Wortlaut leicht modifiziert; die bisherige Z 5 betreffend Glücksspielautomaten entfiel, weil die dortigen Tatbestände in Z 1 aufgingen; Abs 2 zur Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörde und der Strafgerichte wurde erstmals erlassen):

" § 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 daran beteiligt;

2. wer gewerbsmäßig ohne Berechtigung Spielanteile eines von diesem Bundesgesetz erfassten Glücksspieles oder Urkunden, durch welche solche Spielanteile zum Eigentum oder zum Gewinnbezug übertragen werden, veräußert oder an andere überlässt;

3. wer die Bewilligungsbedingungen eines genehmigten Glücksspieles nicht einhält;

4. wer ein Glücksspiel trotz Untersagung oder nach Zurücknahme der Spielbewilligung durchführt;

5. wer gegen eine Bestimmung der in § 2 Abs 3 oder § 4 Abs 2 vorgesehenen Verordnung, gegen die Auflageverpflichtung von Spielbeschreibungen, die Anzeigeverpflichtung gemäß § 4 Abs 6 oder eine Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs 4 verstößt;

6. wer die Teilnahme an verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 – insbesondere durch die Vermittlung der Spielteilnahme, das Bereithalten von anderen Eingriffsgegenständen als Glücksspielautomaten oder die unternehmerische Schaltung von Internet-Links – fördert oder ermöglicht;

7. wer technische Hilfsmittel (z.B. eine entsprechend geeignete Fernbedienung) bereit hält, mit sich führt oder einsetzt, die geeignet sind, sich selbst oder anderen einen unlauteren Spielvorteil zu verschaffen oder den Spielablauf zu beeinflussen;

8. wer die Pflichten der Geldwäschevorbeugung gemäß § 25 Abs 6 und 7 oder § 25a verletzt;

9. wer verbotene Ausspielungen (§2 Abs 4) im Inland bewirbt oder deren Bewerbung ermöglicht, es sei denn es liegt eine Bewilligung des Bundesministers für Finanzen gemäß § 56 Abs 2 vor;

10. wer als Kreditinstitut wissentlich die vermögenswerte Leistung eines Spielers an den Veranstalter oder Anbieter verbotener Ausspielungen weiterleitet, wenn dies im vorsätzlichen unmittelbaren Zusammenwirken mit dem Veranstalter oder Anbieter geschieht;

11. wer bei der Durchführung von Ausspielungen Trinkgelder direkt annimmt.

(2) Werden in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10 Euro von Spielern oder anderen geleistet, so handelt es sich nicht mehr um geringe Beträge und tritt insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück. Die Befugnisse der Organe der öffentlichen Aufsicht gemäß § 50 Abs 2 sowie die Befugnisse im Rahmen der behördlichen Sicherungsmaßnahmen nach §§54 und 56a bleiben davon unberührt.

(3) Werden Verwaltungsübertretungen nach Abs 1 nicht im Inland begangen, gelten sie als an jenem Ort begangen, von dem aus die Teilnahme im Inland erfolgt. Gegenstände, mit deren Hilfe eine verbotene Ausspielung im Sinne des § 2 Abs 4 durchgeführt oder auf andere Weise in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, unterliegen, sofern sie nicht gemäß § 54 einzuziehen sind, dem Verfall.

(4) Die Teilnahme an Elektronischen Lotterien, für die keine Konzession des Bundesministers für Finanzen erteilt wurde, ist strafbar, wenn die erforderlichen Einsätze vom Inland aus geleistet werden. Der Verstoß gegen dieses Verbot wird bei vorsätzlicher Begehung mit einer Geldstrafe bis zu 7 500 Euro, ansonsten mit einer Geldstrafe bis zu 1 500 Euro geahndet.

(5) Die Verjährungsfrist (§31 Abs 2 VStG) für Verwaltungsübertretungen gemäß Abs 1 beträgt ein Jahr."

4. § 52 GSpG wurde durch die Novelle BGBl I 110/2012 insoweit geändert, als die verwaltungsrechtliche Strafsanktion erhöht wurde, die Straftatbestände und die Regelung betreffend die Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörde und der Strafgerichte wurden nicht geändert.

5. Der seit Erlassung des Strafgesetzbuches, BGBl 60/1974, unveränderte § 168 StGB lautet:

Glücksspiel

"§168. (1) Wer ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, es sei denn, daß bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird.

(2) Wer sich gewerbsmäßig an einem solchen Spiel beteiligt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen."

III. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:

1. Gemäß Art 4 Abs 1 des 7. ZPEMRK (in seiner deutschen Übersetzung) darf "[n]iemand […] wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden."

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg 14.696/1996 und diesem folgend VfSlg 15.128/1998 sowie 15.199/1998) widerspricht eine Regelung, wonach durch eine Tat unterschiedliche Delikte verwirklicht werden (Idealkonkurrenz), nicht zwingend dem Doppelbestrafungsverbot des Art 4 Abs 1 7. ZPEMRK. Die Verfolgung wegen ein und desselben tatsächlichen Verhaltens nach zwei verschiedenen Straftatbeständen ist daher grundsätzlich zulässig, sofern diese sich in ihren wesentlichen Elementen unterscheiden (vgl. VfSlg 18.833/2009 und 19.280/2010 im Hinblick auf EGMR [GK], Fall Zolothukin , Appl. 14.939/03). Eine verfassungsrechtlich unzulässige Doppel- oder Mehrfachbestrafung im Sinne des Art 4 Abs 1 7. ZPEMRK liegt dann vor, wenn eine Strafdrohung oder Strafverfolgung wegen einer strafbaren Handlung bereits Gegenstand eines Strafverfahrens war, also der herangezogene Deliktstypus den Unrechts- und Schuldgehalt eines Täterverhaltens vollständig erschöpft. Ein weitergehendes Strafbedürfnis entfällt daher, weil das eine Delikt den Unrechtsgehalt des anderen Delikts in jeder Beziehung mitumfasst. "Strafverfolgungen bzw. Verurteilungen wegen mehrerer Delikte, deren Straftatbestände einander wegen wechselseitiger Subsidiarität, Spezialität oder Konsumtion ausschließen, bilden verfassungswidrige Doppelbestrafungen, wenn und weil dadurch ein und dieselbe strafbare Handlung strafrechtlich mehrfach geahndet wird" (VfSlg 14.696/1996). Eine gesetzliche Strafdrohung widerspricht Art 4 Abs 1 7. ZPEMRK, wenn sie den wesentlichen Gesichtspunkt ("aspect") eines Straftatbestandes, der bereits Teil eines von den Strafgerichten zu ahndenden Straftatbestandes ist, neuerlich einer Beurteilung und Bestrafung durch die Verwaltungsbehörden unterwirft (VfSlg 15.128/1998), sich also die Entscheidung des Strafgerichts einerseits und der Verwaltungsbehörde andererseits auf das "gleiche Verhalten" gründen (EGMR , Fall Gradinger , Appl. 15.963/90).

2. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 15.199/1998 zu § 52 Abs 1 GSpG in der Fassung BGBl 695/1993 feststellte, ist es nicht ausgeschlossen (sondern vielmehr die Regel), dass eine an sich unter die Strafdrohung des § 52 Abs 1 Z 5 erster Fall GSpG (in der Fassung BGBl 695/1993) fallende Handlung ("wer Glücksspielapparate oder Glücksspielautomaten, die dem Glücksspielmonopol unterliegen, außerhalb einer Spielbank betreibt [Veranstalter] oder zugänglich macht [Inhaber]") in Tateinheit mit einer unter die Strafdrohung des § 168 Abs 1 erster Fall StGB fallenden Handlung ("wer ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet […], um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden") begangen wird. Der Verfassungsgerichtshof ging davon aus, dass "Veranstalten" eines Glücksspiels im Sinne des § 168 Abs 1 (erster Fall) StGB heißt, "einem bestimmten oder unbestimmten Kreis von Interessenten Gelegenheit zum Glücksspiel zu geben". In diesen Fällen wird – so der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg 15.199/1998 zur Rechtslage nach dem Glücksspielgesetz in der Fassung BGBl 695/1993 – in der Regel davon auszugehen sein, dass das Delikt des Glücksspiels gemäß § 168 Abs 1 (erster oder zweiter Fall) StGB den Unrechts- und Schuldgehalt des Delikts des § 52 Abs 1 Z 5 erster Fall GSpG (in der Fassung BGBl 695/1993) vollständig erschöpft. Zu einem möglichen Verstoß des § 52 Abs 1 Z 5 erster Fall GSpG (in der Fassung BGBl 695/1993) gegen das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art 4 Abs 1 des 7. ZPEMRK führte der Verfassungsgerichtshof aus:

"Weder aus dem Wortlaut des § 52 GSpG noch aus dem Wortlaut der übrigen Bestimmungen des GSpG ergibt sich, daß bei der Ahndung der Delikte gemäß § 52 GSpG die Annahme einer Scheinkonkurrenz nicht zulässig wäre; diese ist vielmehr gegebenenfalls aus dem Erfordernis, eine Gesetzesbestimmung einer - soweit möglich - verfassungskonformen Auslegung zuzuführen, geboten (vgl. VfSlg 12469/1990, 13336/1993, 13805/1994, 14631/1996; ua.). In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (69 BlgNR XVIII GP, S. 8) zur Novelle des Glücksspielgesetzes, BGBl Nr 344/1991, mit der die Verwaltungsstrafbestimmung des § 52 Abs 1 eingeführt wurde (die Vorläuferbestimmung normierte lediglich - nicht eigens nach dem Glücksspielgesetz sanktionierte - 'Verbote'), wurde zwar festgehalten, daß '(d)er Übergang zu einem kumulativen Verwaltungsstraftatbestand ... deshalb erforderlich (ist), weil Abgrenzungsprobleme zwischen Gerichten und Verwaltungsstrafbehörden bisher zu einer unbefriedigenden Ahndung von Eingriffen in das Glückspielmonopol führten'. Diese - offensichtliche - Absicht des Gesetzgebers, eine kumulative Bestrafung nach dem GSpG und dem StGB vorzusehen, hat jedoch nicht in einer - eine verfassungskonforme Interpretation ausschließenden - Weise Niederschlag im Wortlaut des Gesetzes gefunden, wie dies vergleichbar mit der vom Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg 14696/1996 aufgehobenen Wortfolge des § 99 Abs 6 litc StVO 1960 erfolgt ist. Ist aber eine verfassungskonforme Auslegung möglich, dann ist diese vorzunehmen, selbst dann, wenn in den Materialien der Gesetzwerdung entgegenstehende Aussagen enthalten sind (vgl. VfSlg 10066/1984, 11576/1987). § 52 Abs 1 Z 5 erster Fall GSpG ist daher - für den Fall einer drohenden Doppelbestrafung - einer verfassungskonformen, das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art 4 Abs 1 des 7. ZPEMRK berücksichtigenden Interpretation zugänglich. Die Bestrafung nach § 168 Abs 1 erster oder auch zweiter Fall StGB schließt die Bestrafung wegen desselben Verhaltens (im Sinne eines weitgehend identen Sachverhaltes im Lichte der angewendeten bzw. in Betracht kommenden materiellen Strafbestimmungen) nach § 52 Abs 1 Z 5 erster Fall GSpG aus."

Dieser Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes folgte auch der Verwaltungsgerichtshof (vgl. zB und ).

3. Mit der Glücksspielgesetz-Novelle BGBl I 54/2010 wurde unter anderem § 52 Abs 1 und 2 GSpG geändert. Es entfiel § 52 Abs 1 Z 5 GSpG, der das Veranstalten von Glücksspielen mittels Glücksspielapparaten oder Glücksspielautomaten außerhalb einer Spielbank unter Strafe gestellt hatte. Der Grund dürfte darin liegen, dass bereits mit der Glücksspielgesetz-Novelle BGBl I 126/2008 in § 52 Abs 1 Z 1 GSpG der Straftatbestand des "Veranstaltens" von Glücksspielen gesetzlich verankert wurde, welcher auch die bisherige Regelung betreffend das Veranstalten von Glücksspielen mittels Glücksspielautomaten abdeckte (vgl. Strejcek/Bresich , GSpG 2 , § 52 GSpG, Rz 10). Mit der Glücksspielgesetz-Novelle BGBl I 54/2010 verankerte der Gesetzgeber zum einen ausdrücklich die Abgrenzung der Strafbarkeit nach dem Glücksspielgesetz gegenüber jener nach § 168 StGB; zum anderen präzisierte der Gesetzgeber mit dieser Novelle das Zurücktreten einer allfälligen Strafbarkeit nach dem Glücksspielgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB: Gemäß § 52 Abs 2 GSpG sind nun Einsätze von über € 10,– für (Automaten)Spiele nicht mehr als "geringe Beträge" zu qualifizieren, sodass in diesen Fällen die verwaltungsrechtliche Strafbarkeit nach dem Glücksspielgesetz "hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück[tritt]". (Vor der Novelle BGBl I 54/2010 lag nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ein "geringer Betrag" im Sinne des § 168 StGB dann vor, wenn der Gesamteinsatz eines Spielers im Zuge einer Spielveranstaltung die Summe von ATS 200,– nicht überstieg [vgl. zB OGH 9 Os 137/82]).

3.1. Die Erläuterungen zu § 52 GSpG – speziell zum neu gefassten Abs 2 – in der Fassung BGBl I 54/2010 besagen, dass die "Strafzuständigkeit der Verwaltungsbehörden […] ausschließlich bei Einsätzen pro Spiel bis zu 10 Euro gegeben [ist]. Mit Abs 2 wird auch der unbestimmte Gesetzesbegriff der geringen Beträge im Sinne des § 168 Abs 1 letzter Halbsatz StGB legal definiert. Nur bei Vorliegen solcher geringen Beträge ist eine Strafbarkeit nach § 168 Abs 1 letzter Halbsatz ausgeschlossen, gleichgültig ob bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib gespielt wird. Ab Übersteigen dieses Betrages ist die Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu übermitteln und besteht Gerichtszuständigkeit" (RV 658 BlgNR 24. GP, 8).

3.2. Auf Grund der Glücksspielgesetz-Novelle BGBl I 54/2010 sah sich der Verwaltungsgerichtshof veranlasst, seine Rechtsprechung zu § 52 GSpG zu ändern. So führte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2012/17/0156 – nach der Wiedergabe der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes zur (verfassungskonformen) Auslegung des § 52 Abs 1 Z 5 GSpG in der Fassung vor der Novelle BGBl I 54/2010 und des § 168 StGB – aus:

"[…]

Mit BGBl I Nr 54/2010 hat der Bundesgesetzgeber in § 52 Abs 2 GSpG eine Vorschrift eingefügt, derzufolge dann, wenn 'in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10 Euro von Spielern oder anderen geleistet' werden, es sich 'nicht mehr um geringe Beträge_ handle und 'insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurücktrete.

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu BGBl I Nr 54/2010, 658 BlgNR, 24. GP, 8, wird zu dieser Neufassung des § 52 Abs 2 GSpG ausgeführt:

'[…]'

Der Gesetzgeber hat damit nunmehr ausdrücklich die bis zum Inkrafttreten der genannten Novelle BGBl I Nr 54/2010 nur im Wege verfassungskonformer Auslegung zu ermittelnde Subsidiarität 'eine(r) allfällige(n) Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz' gegenüber einer "allfälligen Strafbarkeit" nach § 168 StGB festgelegt.

Da § 52 Abs 2 GSpG auf die Leistung eines Einsatzes von mehr als EUR 10,-- in einem einzelnen Spiel abstellt, hat die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden nach den für die Spiele geleisteten Einsätzen zu erfolgen.

Eine Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand ergibt sich daher nur für die Veranstaltung von Spielen, bei denen der Einsatz EUR 10,-- überstieg. Im Übrigen verbleibt die Zuständigkeit bei den Verwaltungsstrafbehörden.

2.4. Da somit im Falle des Betreibens eines Glücksspielgeräts (unabhängig davon, ob es sich um einen Glücksspielautomaten oder um elektronische Lotterien handelt) die Zuständigkeit des Gerichts nur für jene Spiele gegeben ist, bei denen der geleistete Einsatz EUR 10,-- überstieg, im Übrigen aber die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden gegeben ist, durfte die belangte Behörde aus der Feststellung, dass an den gegenständlichen Apparaten auch mit Einsätzen über EUR 10,-- gespielt worden sei, nicht ableiten, dass hinsichtlich sämtlicher, mit den Apparaten durchgeführter Spiele eine Zuständigkeit des Gerichts nach § 168 Abs 1 StGB gegeben gewesen sei.

2.5. Die belangte Behörde war daher auf dem Boden ihrer Sachverhaltsfeststellungen schon deshalb nicht befugt, das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen."

3.3. Diese Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. auch , zuletzt ), welche auch dem angefochtenen Bescheid des UVS Niederösterreich zugrunde liegt, widerspricht jedoch dem Doppelbestrafungsverbot gemäß Art 4 Abs 1 7. ZPEMRK:

Gemäß dem im Beschwerdefall präjudiziellen – und auch in den zitierten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes maßgeblichen – Verwaltungsstraftatbestand des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG in der Fassung BGBl I 54/2010 ist zu bestrafen, "wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 [GSpG] veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 [GSpG] daran beteiligt".

Daran anknüpfend grenzt § 52 Abs 2 GSpG in der Fassung BGBl I 54/2010 die Strafbarkeit nach § 52 Abs 1 (Z1) GSpG und jene nach § 168 StGB sowie damit auch die Zuständigkeit der Verwaltungs- (§52 Abs 1 GSpG) und Strafgerichtsbarkeit (§168 StGB) voneinander ab: "Werden in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10 Euro von Spielern oder anderen geleistet, so handelt es sich nicht mehr um geringe Beträge und tritt insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück."

Ungeachtet der Formulierung des § 52 Abs 2 GSpG (iVm dem Straftatbestand des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG) kann diesem nicht der (verfassungswidrige) Inhalt unterstellt werden, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörde nach dem Glücksspielgesetz und der Strafgerichte nach § 168 StGB nach den vom jeweiligen Spieler tatsächlich geleisteten Einsätzen (höchstens oder über € 10,–) abhängt. Der Verwaltungsstraftatbestand des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG erfasst nämlich das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 GSpG. Die Strafbarkeit knüpft somit nicht – wie dies aus der Textierung des § 52 Abs 2 GSpG missverstanden werden könnte – an das Verhalten des konkreten Spielers – also daran, ob dieser im Einzelfall einen Einsatz von höchstens oder unter € 10,– an einem Glücksspielautomaten tatsächlich leistet – an, sondern stellt auf das Verhalten jener Person ab, die einem Spieler verbotene Ausspielungen ermöglicht ("wer … veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht …" – § 52 Abs 1 Z 1 GSpG). Bei der Abgrenzung der Strafbarkeit nach § 52 Abs 1 (Z1) GSpG und nach § 168 StGB sowie damit auch der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden und der Strafgerichte ist somit – bei einer verfassungskonformen, das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art 4 Abs 1 7. ZPEMRK berücksichtigenden Auslegung (vgl. VfSlg 15.199/1998 mwN) – darauf abzustellen, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücksspielapparat oder Glücksspielautomaten bzw. mit einem darauf installierten Spielprogramm veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht, der bzw. das Einsätze von höchstens € 10,– oder mehr als € 10,– ermöglicht. Würde auf die tatsächlichen Einsätze des jeweiligen Spielers abgestellt (wie dies der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Rechtsprechung und die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid tun), würde eine Tat, also ein Lebenssachverhalt bzw. dasselbe Verhalten einer Person (nämlich des in § 52 Abs 1 [Z1] GSpG und § 168 StGB umschriebenen Täterkreises), in mehrere strafbare Handlungen zerlegt, obwohl diese strafbaren Handlungen dieselben wesentlichen Elemente ("essential elements") aufweisen und die eine strafbare Handlung den Unrechtsgehalt der anderen in jeder Beziehung mitumfasst. Das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen, bei denen Einsätze bis zu € 10,– pro Spiel geleistet werden können, erschöpft sich vollständig in dem gemäß § 168 Abs 1 StGB strafbaren Verhalten in Bezug auf (Automaten)Glücksspiele bzw. die darauf installierten Spielprogramme mit Einsätzen über € 10,–.

Bei einer verfassungskonformen Interpretation des § 52 Abs 2 (iVm § 52 Abs 1 Z 1) GSpG hinsichtlich der Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden von jener der Strafgerichte darf es somit nur darauf ankommen, ob eine "Glücksspielveranstaltung" (also das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen mit Spielautomaten über einen bestimmten Zeitraum) mit einem Einsatz von über € 10,– pro Spiel ermöglicht wird, und nicht darauf, ob der jeweilige Spieler Einsätze von höchstens € 10,– oder mehr als € 10,– tatsächlich leistet. Dabei umfasst das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen jeweils nur einen konkreten Spielautomaten und nicht mehrere Spielautomaten (gemeinsam).

3.4. Die belangte Behörde hat somit dem § 52 Abs 2 (iVm § 52 Abs 1 Z 1) GSpG einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt, indem sie nicht auf den maximal möglichen Einsatz der vom Beschwerdeführer betriebenen Glücksspielautomaten, sondern auf den jeweils von Spielern geleisteten Einsatz pro Spiel abstellte. Da der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen Ausspielungen mit zwei Glücksspielautomaten, welche einen Höchsteinsatz von € 10,50 pro Spiel ermöglichten, veranstaltete und deswegen auch in erster Instanz strafgerichtlich gemäß § 168 StGB verurteilt wurde, scheidet eine doppelte Bestrafung wegen ein und derselben Tat nach § 52 Abs 1 Z 1 (iVm § 52 Abs 2) GSpG aus.

3.5. Aus der dargelegten verfassungskonformen Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs 2 GSpG ergibt sich im Übrigen die Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde – auch nach Maßgabe der verfassungsgesetzlich gewähr leisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art 7 B VG bzw. Art 2 StGG und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art 83 Abs 2 B-VG – stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielautomat geleistet werden kann (bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können), um derart beurteilen zu können, ob eine Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB oder die Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden gemäß § 52 Abs 1 GSpG besteht.

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Der Beschwerdeführer ist somit durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht gemäß Art 4 Abs 1 des 7. ZPEMRK, wegen derselben Sache nicht zweimal bestraft zu werden, verletzt worden.

Der angefochtene Bescheid ist daher aufzuheben.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den entsprechend dem Kostenverzeichnis zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,– sowie eine Eingabengebühr gemäß § 17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.