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OGH vom 09.11.1999, 10ObS260/99d

OGH vom 09.11.1999, 10ObS260/99d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Fellinger sowie die fachkundigen Laienrichter DI Walter Holzer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Andrea Svarc (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Helga S*****, ohne Beschäftigungsangabe, *****, im Revisionsverfahren nicht vertreten, als Fortsetzungsberechtigte nach der am verstorbenen Theresia W*****, Pensionistin in *****, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vertreten durch Dr. Andreas Grundei, Rechtsanwalt in Wien, wegen Pflegegeld, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Rs 104/99i-11, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 30 Cgs 206/98p-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der Klägerin die Pflegegeldnachzahlung nach der am verstorbenen Theresia W***** im Betrag von S 2.845,-- zu leisten, abgewiesen wird.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am geborene Theresia W*****, die Mutter der Klägerin, bezog am von der Beklagten ein Pflegegeld der Stufe 3. Mit Bescheid vom gewährte die Beklagte Theresia W***** ab ein Pflegegeld der Stufe 4 in Höhe von S 8.535,-- monatlich. Gleichzeitig kündigte die Beklagte in diesem Bescheid eine Pflegegeldnachzahlung für die Zeit vom 1. bis in Höhe von S 2.845,-- an. Theresia W***** verstarb am . Die Beklagte überwies - in offensichtlicher Unkenntnis dieses Umstandes - Anfang Jänner 1998 die Witwen- und Alterspension sowie das Pflegegeld der Stufe 3 für Dezember 1997 in Höhe von insgesamt S 13.871,10 netto und die Pflegegeldnachzahlung für Dezember 1997 in Höhe von S 2.845,-- (auf das Pensionskonto von Theresia W*****). Über Veranlassung der Beklagten wurde in der Folge im April 1998 die Pflegegeldnachzahlung von S 2.845,-- rückgebucht und es wurde im Mai 1998 der restliche Betrag von S 13.871,10 an die Beklagte rücküberwiesen.

Die Klägerin beantragte daraufhin bei der Beklagten die Auszahlung der Pflegegeldnachzahlung von S 2.845,-- laut Bescheid vom mit der Begründung, dass sie die Verstorbene bis zum gepflegt habe.

Mit Bescheid vom sprach die beklagte Partei aus, dass im Todesmonat der Frau Theresia W***** eine Pensionsanweisung auszuschliessen sei. Die beklagte Partei begründete ihren Bescheid damit, dass ab die Pensionen im Nachhinein zur Anweisung gelangen. Durch diese Umstellung regle § 563 Abs 3 ASVG, dass Anfang Jänner - um eine Zahlungsunterbrechung zu vermeiden - auf den Wegfalls- bzw Sterbemonat eine Vorschusszahlung zu leisten sei. Dieser Vorschuss gebühre in der Höhe der Dezemberanweisung. Leistungen bzw Leistungsteile, die nach dem zuerkannt worden seien, beeinflussten bzw veränderten nicht mehr die Höhe des Vorschussbetrages. Die Pension und das Pflegegeld für Dezember 1997 sowie die Nachzahlung an Pflegegeld im Betrag von S 2.845,-- sei daher rückzufordern.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin rechtzeitig Klage mit dem Begehren, die Beklagte schuldig zu erkennen, der Klägerin als Fortsetzungsberechtigte nach Theresia W***** die Pflegeldnachzahlung für Dezember 1997 im Betrag von S 2.845,-- zu leisten. Die Klägerin machte geltend, dass die Rückforderung der Pflegegeldnachzahlung durch die Beklagte zu Unrecht erfolgt sei, weil Theresia W***** noch den gesamten Monat Dezember 1997 gelebt habe und ihr daher die von der Beklagten für diesen Monat geleistete erhöhte Pflegegeldzahlung zugestanden sei.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, dass Pensionen und Pflegegeld seit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 monatlich im Nachhinein gebührten. § 563 Abs 3 ASVG bestimme, dass für den Monat, in dem der Grund des Wegfalles der Pension eintrete, eine Vorschusszahlung in der Höhe der im Dezember 1996 ausgezahlten Pension gebühre. Anstelle des im Wegfallmonat gebührenden verhältnismäßigen Teiles des Pflegegeldes gebühre eine Vorschusszahlung in der Höhe des Pflegegeldes für den Monat Dezember 1996. Daraus ergebe sich, dass ein Pflegegeld für den Monat Dezember 1997 (Sterbemonat) nicht mehr gebühre.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Nach seiner rechtlichen Beurteilung sei die Auszahlungsart von Pensionen und Pflegegeld durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 dahin geändert worden, dass diese Leistungen im Nachhinein am Ersten des Folgemonats gezahlt werden. Zur Vermeidung der Unterbrechung der Zahlung bei Umstellung des Auszahlungssystems bestimmten §§ 104 und 563 Abs 3 ASVG, dass ein Vorschuss in Höhe der Leistung für Dezember 1996 geleistet werden solle. § 47 Abs 4 BPGG sehe vor, dass dieser geleistete Vorschuss anstelle des aliquoten Pflegegeldanteiles im Todesmonat gebühre. Dies gelte aber nicht für die Differenzbeträge, die sich aus einer zwischenzeitlich erfolgten Erhöhung des Pflegegeldes ergeben, weil eine wesentliche Änderung der Voraussetzungen für die Zuerkennung eingetreten sei. Der Klägerin gebühre daher als Fortsetzungsberechtigte die Pflegegelddifferenz von S 2.845,--.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten keine Folge und billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinn einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern.

Die Klägerin hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Partei ist berechtigt.

Die beklagte Partei vertritt in ihrer Revision im wesentlichen den Standpunkt, dass auf Grund der in § 47 Abs 4 BPGG vorgesehenen (einmaligen) Vorschusszahlung in der Höhe des für Dezember 1996 ausgezahlten Pflegegeldes sämtliche weitergehenden Ansprüche des Pflegebedürftigen bzw des Eintrittsberechtigten auf ein Pflegegeld für den Sterbemonat ausgeschlossen seien. Der Vorschuss gebühre gemäß § 47 Abs 4 BPGG anstelle des verhältnismäßigen Teiles des im Sterbemonat gebührenden Pflegegeldes. Änderungen des Pflegegeldes (Erhöhungen, Minderungen), die nach der Auszahlung des Vorschussbetrages eingetreten seien, seien nicht mehr zu berücksichtigen. Diese vom Gesetzgeber aus Gründen der Minderung des Verwaltungsaufwandes vorgenommene Pauschalierung des Pflegegeldanspruches im Sterbemonat sei auch verfassungsrechtlich unbedenklich.

Diesen Ausführungen kommt Berechtigung zu.

Während nach der Stammfassung des BPGG das Pflegegeld nach dessen § 17 Abs 1 jeweils am Monatsersten im Voraus fällig war, wurde diese Bestimmung durch Art 21 Z 8 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl 201, dahin geändert, dass nunmehr bezüglich der Auszahlung des Pflegegeldes, soweit dieses Bundesgesetz nichts anderes bestimmt, die beim jeweiligen Entscheidungsträger in Vollziehung der im § 3 genannten Normen anzuwendenden Bestimmungen gelten. Damit ist der bisher den Abs 2 dieser Bestimmung bildende subsidiäre Verweis auf die für die Grundleistungen maßgebenden Regelungen für die Fälligkeit des Pflegegeldes ausschlaggebend geworden. Die Neuregelung über die Auszahlung trat nach § 48 BPGG (idF Art 21 Z 11 BGBl 1996/201) am in Kraft. Damit einher ging die Neuregelung des § 104 Abs 2 ASVG (idF Art 34 Z 56 BGBl 1996/201), § 72 Abs 2 GSVG (idF Art 35 Z 15 leg cit), § 68 Abs 2 BSVG (idF Art 36 Z 13 leg cit) und § 45 Abs 1 B-KUVG (idF Art 38 Z 3 leg cit), wonach Renten und Pensionen aus der Unfall- und Pensionsversicherung in Hinkunft monatlich im Nachhinein am Ersten des Folgemonats ausgezahlt werden. Die Pensionsauszahlung im Nachhinein soll in erster Linie eine Verbesserung der Liquidität der Pensionsversicherungsträger durch eine Verringerung der notwendigen Kreditaufnahmen mit sich bringen (RV 72 BlgNR XX. GP 245). Diese Regelung trat jedoch erst am in Kraft, sodass es 1996 auch für Pflegegeldbezieher mit einer Pension oder Vollrente als Grundleistung beim bisherigen Auszahlungsmodus blieb (Pfeil, BPGG, Nachtrag 10).

Um zu vermeiden, dass es bei der Umstellung des Auszahlungsmodus zu einer Unterbrechung des Bezuges kommt (Auszahlung für Dezember 1996 noch im Voraus, für Jänner 1997 erst im Nachhinein), sehen die damit im Zusammenhang stehenden sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen (§ 563 Abs 3 ASVG;§ 266 Abs 2 GSVG;§ 255 Abs 2 BSVG und § 181 Abs 2 B-KUVG) eine Vorschusszahlung in Höhe der im Dezember 1996 gebührenden Pension (Rente) vor. Für Neupensionen (Neurenten) sehen die sozialversicherungsrechtlichen Änderungen des Strukturanpassungsgesetzes 1996 (§ 100 Abs 1 lit b ASVG;§ 68 Abs 1 lit b GSVG;§ 64 Abs 1 lit b BSVG und § 41 B-KUVG) vor, dass der Anspruch auf Pension (Rente) mit dem Tod des Anspruchsberechtigten erlischt und eine Aliquotierung der Leistung im Sterbemonat erfolgt. Es soll daher in dem Monat, in dem der Pensions(Renten-)bezieher stirbt, hinsichtlich der Neupensionen (Neurenten) künftig nur noch der aliquote Teil der Leistung gebühren (RV aaO). Hinsichtlich der Altpensionen (Altrenten) sehen die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen (§ 564 Abs 3 ASVG;§ 266 Abs 2 GSVG;§ 255 Abs 2 BSVG und § 181 Abs 2 B-KUVG) vor, dass dem anspruchsberechtigten Personenkreis die bereits erwähnte (einmalige) Vorschusszahlung anstelle des aliquoten Teils der Leistung im Sterbemonat gebühren soll. Es war somit der ausdrücklich erklärte Wille des Gesetzgebers, dass hinsichtlich der Altpensionen (Altrenten) dieser Anspruch auf den aliquoten Teil der Leistung durch die (einmalige) Vorschusszahlung pauschaliert abgegolten sein soll und somit im Sterbemonat keine Leistung mehr gebühren soll (vgl RV aaO). Begründet wurden die mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechtes eingeleiteten Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung unter anderem auch mit der Reduzierung der Ausfallhaftung des Bundes und mit Einsparungen beim Verwaltungsaufwand der Pensionsversicherungsträger (vgl RV aaO 200).

Die Notwendigkeit der Konsolidierung des Budgethaushaltes erforderte nach Ansicht des Gesetzgebers auch geeignete Maßnahmen im Bereich des Pflegegeldes. So wurde durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 der Betrag des Pflegegeldes in der Stufe 1 von bisher S 2.635,-- monatlich auf S 2.000,-- gekürzt. Weiters wurde vorgesehen, dass das Pflegegeld künftig frühestens mit dem auf die Antragstellung folgenden Monatsersten gewährt bzw erhöht wird. Weiters wurde normiert, dass auch der Anspruch auf Pflegegeld mit dem Todestag des Anspruchsberechtigten erlischt und eine Aliquotierung des Pflegegeldes im Sterbemonat erfolgt (§ 9 Abs 1 und 3 BPGG idF Art 21 Z 3 und 4 BGBl 1996/201). Um zu vermeiden, dass es zu einer Unterbrechung der Auszahlung des Pflegegeldes durch die Änderung des Auszahlungsmodus kommt, war es erforderlich, eine den bereits erwähnten sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen entsprechende Regelung auch in das BPGG aufzunehmen (vgl RV aaO 233). Nach § 47 Abs 4 BPGG idF Art 21 Z 11 BGBl 1996/201 ist dann, wenn in den in Vollziehung der im § 3 genannten Normen eine Vorschusszahlung zur Pension (Rente) gesetzlich angeordnet ist, Personen, die im Dezember 1996 ein Pflegegeld beziehen und bei denen der Leistungsanspruch am aufrecht ist, auch ein Vorschuss an Pflegegeld zu leisten. Dieser Vorschuss gebührt anstelle des verhältnismäßigen Teiles des Pflegegeldes gemäß § 9 Abs 1 letzter Satz idF des Bundesgesetzes BGBl Nr 201/1996 für den Kalendermonat, in dem der Anspruch auf Pflegegeld erlischt. Die Vorschusszahlung ist in der Höhe des für Dezember 1996 ausgezahlten Pflegegeldes spätestens am flüssig zu machen. Alle auf das Pflegegeld anzuwendenden Bestimmungen gelten auch für die Vorschusszahlung.

Auf Grund der Wortinterpretation (arg "anstelle") und der aus den zitierten Gesetzesmaterialien hervorgehenden Absicht des Gesetzgebers soll damit zweifellos der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck gebracht werden, dass auch hinsichtlich der Bezieher von Pflegegeld die spätestens am in der Höhe des für Dezember 1996 ausgezahlten Pflegegeldes zur Auszahlung zu bringende (einmalige) Vorschusszahlung den Anspruch auf den aliquoten Teil der Leistung im Sterbemonat pauschaliert abgelten soll und somit im Sterbemonat keine Leistung mehr gebühren soll (vgl Radner ua, BSVG3 Anm 3 zu § 64). Deshalb hat der Gesetzgeber auch keine Bestimmungen über eine allfällige Verrechnung oder Rückforderung für die Fälle vorgesehen, bei denen im Sterbemonat ein höheres oder auch geringeres anteiliges Pflegegeld gebühren würde als im Monat der Vorschusszahlung - Dezember 1996 (in diesem Sinne auch jüngst 10 ObS 114/99h).

Gegen dieses Ergebnis wurden von Baldauf in seinem Aufsatz: "Kein Pflegegeld im Sterbemonat § 47 Abs 4 zweiter Satz BPGG - Eine Pensionistenfalle?" in ASoK 1999, 51 ff verfassungsrechtliche Bedenken geäußert. Baldauf führt gegen eine so verstandene Pauschalierung mit Abgeltungswirkung für sämtliche nach dem Stichtag eingetretenen Änderungen der Leistungsstufe vor allem ins Treffen, dass davon nicht alle Anspruchsberechtigten im Sinn des § 3 BPGG erfasst wären. Betroffen wäre ausschließlich jener Kreis an grundsätzlich anspruchsberechtigten Personen, die im Dezember 1996 eine Pension oder Rente bezogen haben, und zwar selbst dann, wenn in der Zwischenzeit eine Änderung in den Voraussetzungen für die Gewährung des Pflegegeldes eingetreten wäre, die eine Anhebung des bisherigen Pflegegeldes bis auf das 10fache berechtigt erscheinen ließe. Der Anspruch auf ein anteiliges Pflegegeld für den Sterbemonat bliebe dagegen erhalten, wenn der Betroffene erst im Jahr 1997 in Pension gegangen oder pflegebedürftig geworden wäre. Damit würde die Zuerkennung eines Pflegegeldes für den Sterbemonat (Differenzbetrag) aber nicht mehr, wie vom Gesetzgeber vorgesehen, vom Pflegebedarf des Betroffenen (§ 4 Abs 2 BPGG) und der Dauer seiner Pflege in diesem Monat abhängig gemacht, sondern von einer Anspruchsberechtigung, wie sie zu einem völlig beliebigen Zeitpunkt, nämlich jenem der Umstellung der Altersversorgung (einer völlig anderen Leistung) bestanden habe. Selbst für eine Pauschalierung gelte, dass sie sachlich begründbar sein müsse und nicht exzessiv sein dürfe. Gerade dies sei nicht mehr der Fall, wenn sie, gemessen am Zweck des Gesetzes, einseitig und zwar nur mehr zum Nachteil jener Personen (Eintrittsberechtigten) wirke, die Pflegeleistungen erbracht haben (§ 19 BPGG), wobei der Nachteil umso größer sein soll, je aufwendiger diese Leistungen tatsächlich gewesen seien. Daran könne auch das Interesse des Gesetzgebers an einer Vermeidung von unnötigem Verwaltungsaufwand nichts ändern, weil ein solches Interesse nicht jede Pauschalierung rechtfertigen könne, insbesondere nicht eine solche, die auf typische Fälle einer Änderung des Pflegeaufwandes in den letzten Lebensmonaten vor dem Tod (Erhöhung des Pflegeaufwandes durch fortschreitende Verschlechterung des Gesundheitszustandes) keine Rücksicht nehme.

Diesen Ausführungen ist zunächst entgegenzuhalten, dass die Änderungen des Strukturanpassungsgesetzes 1996 auch für den Personenkreis von Betroffenen, die erst im Jänner 1997 oder später in Pension gegangen sind bzw pflegebedürftig geworden sind, wesentliche Verschlechterungen im Bereich des Anspruches auf Pflegegeld gebracht haben. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 insbesondere der Betrag des Pflegegeldes in der Stufe 1 auf S 2.000,-- monatlich gekürzt wurde, das Pflegegeld nunmehr frühestens mit dem auf die Antragstellung folgenden Monatsersten gewährt bzw erhöht wird (bisher: Beginn des Monates der Antragstellung bzw des Monates, in dem die wesentliche Veränderung geltend gemacht oder von Amts wegen ärztlich festgestellt wurde), das Pflegegeld ebenfalls nunmehr im Nachhinein ausbezahlt wird und der Anspruch auf Pflegegeld mit dem Todestag des Anspruchsberechtigten erlischt. Von den Verschlechterungen im Pflegegeldrecht durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 war somit nicht nur jene Gruppe anspruchsberechtigter Personen betroffen, die im Dezember 1996 eine Pension oder Rente bezogen haben.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes entspricht es dem Gleichheitssatz, wenn der Gesetzgeber von einer Durchschnittsbetrachtung ausgeht und dabei auch eine pauschalierende Regelung trifft. Dass dabei Härtefälle entstehen, macht das Gesetz nicht gleichheitswidrig (VfSlg 3.568, 7.891, 8.767, 8.942 uva). Das Ausmaß der hinzunehmenden ungleichen Auswirkungen (Regelfall/Härtefall) hängt davon ab, ob eine differenzierende Lösung ohne erhebliche Schwierigkeiten vollziehbar ist und welches Gewicht die unterschiedlichen Rechtsfolgen haben. Der Gesetzgeber kann in Grenzen aus Gründen der Verwaltungsökonomie einfache und leicht handhabbare Regelungen schaffen (VfSlg 8.827, 9.524, 11.775 uva). Ihm kommt auch eine - freilich nicht unbegrenzte - rechtspolitische Gestaltungsfreiheit zu, die außer bei einem Exzess nicht der verfassungsrechtlichen Kontrolle unterliegt und insoweit auch nicht mit den aus dem Gleichheitsgrundsatz ableitbaren Maßstäben zu messen ist. Innerhalb dieser Grenzen ist die Rechtskontrolle nicht zur Beurteilung der Rechtspolitik berufen (VfSlg 9.583 mwN).

Prüft man nun die Übergangsbestimmung des § 47 Abs 4 BPGG an diesen Kriterien, ist zunächst darauf zu verweisen, dass in all den Fällen, in denen im Sterbemonat eines Pflegegeldbeziehers keine höhere Pflegegeldstufe gebührt als im Vergleichsmonat Dezember 1996, die vom Gesetzgeber in der erwähnten Bestimmung vorgesehene Pauschalierung des Pflegegeldanspruches im Sterbemonat mit der in Höhe des für Dezember 1996 ausgezahlten Pflegegeldes erhaltenen Vorschusszahlung regelmäßig zu einer finanziellen Begünstigung des Pflegegeldbeziehers führt, wobei das Ausmaß dieser Begünstigung vom jeweiligen Todestag des Anspruchsberechtigten abhängig ist. Umgekehrt kann es aber durch die vorgesehene Pauschalierung bei einer wesentlichen Erhöhung des Pflegebedarfes im Sterbemonat gegenüber dem Vergleichsmonat Dezember 1996 auch zu einer finanziellen Schlechterstellung des Pflegegeldbeziehers kommen, wobei eine solche Schlechterstellung vor allem dann eintreten wird, wenn der Anspruchsberechtigte erst gegen Monatsende stirbt. Hingegen muss es bei einem frühen Todestag des Anspruchsberechtigten selbst bei einer in den letzten Lebensmonaten vor dem Tod häufig eintretenden Erhöhung des Pflegebedarfes nicht unbedingt zu einer finanziellen Schlechterstellung des Pflegegeldbeziehers kommen, sondern es kann insbesondere, wenn der Anspruchsberechtigte am Beginn des Monates stirbt, auch zu einer finanziellen Begünstigung des Pflegegeldbeziehers kommen. Diese Ausführungen zeigen, dass je nach Änderung des Pflegebedarfs im Sterbemonat gegenüber dem Vergleichsmonat Dezember 1996 und nach dem Todestag des Anspruchsberechtigten die vom Gesetzgeber für den Sterbemonat vorgesehene pauschalierte Abgeltung in bestimmten Fällen zu einer finanziellen Begünstigung oder auch Schlechterstellung des Pflegegeldbeziehers in einem durchaus vergleichbaren Ausmaß führen kann, während sich bei der für die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung maßgebenden Durchschnittsbetrachtung keine beträchtlichen Unterschiede ergeben.

Wenn auch vom erkennenden Senat nicht verkannt wird, dass durch die vorgesehene Pauschalierung auch Härtefälle (bis zu dem vom Berufungsgericht erwähnten Extremfall, dass im Dezember 1996 ein Anspruch auf Pflegegeld der Stufe 1 und beim Tod des Anspruchsberechtigten am Monatsletzten ein Anspruch auf Pflegegeld der Stufe 7 bestand) entstehen können, muss es dem Gesetzgeber gestattet sein, eine an einer durchschnittlichen Betrachtung orientierte einfache und leicht handhabbare Regelung zu treffen. Wenn man weiters berücksichtigt, dass diese Pauschlierung nicht den laufenden Pflegegeldbezug sondern nur den (einmaligen) Pflegegeldbezug im Sterbemonat des Anspruchsberechtigten betrifft und das Pflegegeld selbst gemäß § 1 BPGG als Beitrag zur pauschalierten Abgeltung der pflegebedingten Mehraufwendungen konzipiert ist, bestehen nach Ansicht des erkennenden Senates gegen die Anwendung der Übergangsbestimmung des § 47 Abs 4 BPGG auch keine Bedenken aus dem Grunde der Verfassungswidrigkeit (in diesem Sinne auch 10 ObS 114/99h).

Der erkennende Senat hält auf Grund der dargelegten Erwägungen seine in der Entscheidung SSV-NF 12/46 zur Auslegung der Übergangsbestimmung des § 47 Abs 4 BPGG geäußerte gegenteilige Rechtsansicht nicht mehr aufrecht. Der erkennende Senat teilt aber auch nicht die offenbare Ansicht der Klägerin, dass die Übergangsbestimmung des § 47 Abs 4 BPGG im vorliegenden Fall deshalb nicht zur Anwendung komme, weil die Anspruchsberechtigte am Monatsletzten verstorben ist und daher eine Aliquotierung des Pflegegeldanspruches gemäß § 9 Abs 1 letzter Satz BPGG idF BGBl 1996/201 nicht eintrete. Nach der zitierten Gesetzesstelle kommt es nämlich nunmehr ganz allgemein zu einer Aliquotierung des Pflegegeldanspruches im Sterbemonat und es war, wie bereits dargelegt, der Wille des Gesetzgebers darauf gerichtet, dass den Beziehern der Vorschusszahlung an Pflegegeld für den Sterbemonat generell kein Pflegegeld mehr gebühren soll.

Die Klägerin hat nun bei der Beklagten die Auszahlung der Pflegegeldnachzahlung für Dezember 1997 von S 2.845,-- mit der Begründung beantragt, dass sie die Verstorbene bis zum gepflegt habe. Dieser Antrag der Klägerin kann sinngemäß nur so aufgefasst werden, dass die Klägerin damit ihre Bezugsberechtigung im Sinn des § 19 Abs 1 Z 1 BPGG geltend machte. Nach dieser Bestimmung ist, wenn im Zeitpunkt des Todes der pflegebedürftigen Person eine fällige Geldleistung noch nicht ausgezahlt ist, primär die Person bezugsberechtigt, die den Pflegebedürftigen in dem Zeitraum, für den die fällige Geldleistung gebührt, überwiegend und ohne angemessenes Entgelt gepflegt hat. Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid dieses Begehren der Klägerin mit der Begründung abgewiesen, dass ein Pflegegeld für den Monat Dezember 1997 (Sterbemonat) nicht mehr gebühre. Da diese Rechtsansicht der Beklagten nach den zur Bestimmung des § 47 Abs 4 BPGG dargelegten Ausführungen zutreffend ist, die Bezugsberechtigung nach § 19 Abs 1 BPGG jedoch den Bestand eines Pflegegeldanspruches voraussetzt (Pfeil, BPGG Erl 1 zu § 19), kann die Klägerin ihr Begehren auf Auszahlung der Pflegegeldnachzahlung für Dezember 1997 auch nicht mit Erfolg auf die Bestimmung des § 19 Abs 1 Z 1 BPGG stützen, sodass auf die Frage des Vorliegens der weiteren Anspruchsvoraussetzungen nach dieser Gesetzesstelle nicht mehr einzugehen ist.

Auf Grund dieser Erwägungen waren in Stattgebung der Berufung der Beklagten die Urteile der Vorinstanzen im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern.

Eine Kostenentscheidung hatte zu entfallen, weil Kosten nicht verzeichnet wurden.