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OGH vom 25.02.2016, 9ObA3/16f

OGH vom 25.02.2016, 9ObA3/16f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn und Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johanna Biereder und Mag. Matthias Schachner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei J***** B*****, vertreten durch Mag. Thomas Nitsch und Dr. Sacha Pajor, Rechtsanwälte in Mödling, gegen die beklagte Partei E***** GesmbH, *****, vertreten durch Stanek Raidl Konlechner Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 20.363,34 EUR brutto sA, Rechnungslegung (Streitwert 10.000 EUR) und Leistung (10.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Ra 117/15i 29, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Im Fall der auf dem Schadenersatzprinzip beruhenden Kündigungsentschädigung (RIS Justiz RS0028724) sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt der vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses (hier: Entlassung vom ) maßgeblich. Der Arbeitnehmer soll als Kündigungsentschädigung das bekommen, was ihm ohne eine unberechtigte Entlassung zugekommen wäre. Er soll damit wirtschaftlich so gestellt werden, als wäre das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß hier also im Falle einer unberechtigten Entlassung durch Arbeitgeberkündigung -beendet worden (RIS Justiz RS0028397; RS0119684; 8 ObA 26/13a ua; Pfeil in ZellKomm² § 29 AngG Rz 20; Grillberger in Löschnigg , AngG 9 § 29 Rz 13; Haider in Reissner , AngG § 29 Rz 2; Kuras in Marhold/Burgstaller/Preyer , AngG § 29 Rz 46).

Wenn die Vorinstanzen daher die dem Kläger nach § 29 AngG zustehende Kündigungsentschädigung für den Zeitraum bis ohne Einbeziehung der dem Kläger nur bis zum zustehenden „Prämienvorauszahlung“ berechnet haben, dann ist dies nicht zu beanstanden. Richtig ist zwar, dass die Kündigungsentschädigung auf der Grundlage eines entsprechenden Monatsdurchschnitts im Zweifel eines ganzen Jahres zu ermitteln ist (RIS Justiz RS0028268), doch stellt dies nur eine rechentechnische Hilfskonstruktion für die Berechnung des (fiktiven) Entgeltanspruchs bei wechselnder Höhe des Entgelts bzw bei schwankendem Einkommen dar (vgl 9 ObA 12/15b). Dies ist hier aber beim monatlichen Einkommen des Klägers ab (5.500 EUR brutto ohne „Prämienvorauszahlung“) nicht der Fall. Die Entscheidung des Berufungsgerichts weicht daher nicht von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Bemessung der Kündigungsentschädigung ab.

2. Auch die Urlaubsersatzleistung berechnet sich nach dem Ausfallprinzip (RIS Justiz RS0058728 [T9]; 8 ObS 5/13p). Der Arbeitnehmer hat grundsätzlich jenes Entgelt zu erhalten, das er aus der Perspektive des Urlaubsbeginns verdient hätte, wenn er in dieser Zeit gearbeitet hätte (9 ObA 62/14d; Cerny , Urlaubsrecht 10 § 10 Erl 6). Damit stehen die Entscheidungen der Vorinstanzen ebenfalls in Einklang. Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO vermag der Revisionswerber auch in diesem Zusammenhang nicht aufzuzeigen.

3.1. Zweck der Rechnungslegungspflicht ist es ua, den Berechtigten in die Lage zu versetzen, Herausgabeansprüche oder Schadenersatzansprüche gegen den Rechnungslegungspflichtigen festzustellen und geltend zu machen (RIS Justiz RS0019529; RS0106851). Inhalt und Umfang der Rechnungslegung richten sich nach dem Verkehrsüblichen bzw nach der im Einzelfall getroffenen Vereinbarung (9 ObA 86/14h; 1 Ob 34/15d; RIS Justiz RS0106851 [T4]).

Nach der zwischen den Parteien im schriftlichen Dienstvertrag getroffenen Vereinbarung hatte der Kläger Anspruch auf eine der Höhe nach vom Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit abhängige Jahresprämie, die bei Erreichen der entsprechenden Geschäftszahlen mit Ablauf des Monats fällig ist, in dem der Jahresabschluss durch die Generalversammlung genehmigt wurde (§ 35 Abs 1 Z 1 GmbHG). Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass die Parteien damit deutlich zum Ausdruck gebracht haben, dass die Fälligkeit des Prämienanspruchs nicht an die Aufstellung des Jahresabschlusses durch die gesetzlichen Vertreter der Beklagten (§ 222 Abs 1 UGB), sondern an die Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafter (§ 35 Abs 1 Z 1 GmbHG) hier spätestens am für das abgelaufene Geschäftsjahr bis anknüpft und daher zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz () weder die Prämie noch der darauf bezugnehmende Rechnungslegungsanspruch fällig war, ist jedenfalls vertretbar. Erst zu diesem Zeitpunkt () steht fest, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe dem Kläger eine Prämie zustehen wird. Dass der Rechnungslegungsanspruch das Schicksal des ihm zugrunde liegenden Prämienanspruchs teilt, folgt aus der Natur des Rechnungslegungsanspruchs als Hilfsanspruch (vgl RIS Justiz RS0034907). Die Frage, wann die Pflicht zur Rechnungslegung erfüllt ist, stellt sich daher noch nicht.

Aus der Entscheidung 9 ObA 323/97h, der anders als im Anlassfall ein Anspruch auf Mitteilung eines Buchauszugs nach § 10 Abs 5 AngG als Hilfsanspruch eines Provisionsanspruchs zugrunde liegt, ist für den Revisionswerber nichts zu gewinnen.

3.2. Richtig ist, dass ein Feststellungsbegehren gegenüber einem Leistungsbegehren ein Minus darstellen kann (RIS Justiz RS0038981) und daher ein Feststellungsurteil gefällt werden kann, wenn die geltend gemachte Leistung bloß noch nicht fällig ist (RIS Justiz RS0039172 [T4]). Nach der Entscheidung 7 Ob 632/80 kann auch einem Rechnungslegungsbegehren in Form eines Feststellungsbegehrens entsprochen werden. Dies setzt aber das Vorliegen eines rechtlichen Interesses an der Feststellung voraus (RIS Justiz RS0039172 [T3, T 4, T 7]; vgl RS0039177; RS0039112). Die Rechtssphäre des Klägers muss tatsächlich gefährdet sein. Dies kann auch schon darin gelegen sein, dass der Beklagte den klägerischen Anspruch verneint (RIS Justiz RS0039007; RS0038968).

Das Bestehen eines rechtlichen Interesses an der alsbaldigen Feststellung im Sinn des § 228 ZPO richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, denen vom Fall grober Fehlbeurteilung abgesehen keine über diesen hinausgehende und iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Bedeutung zukommt (RIS Justiz RS0039177 [T1]). Das ist auch hier der Fall.

Ausgehend von der im Anlassfall vertretbaren (RIS Justiz RS0042828) Beurteilung des Prozessvorbringens der Beklagten durch die Vorinstanzen, wonach die Beklagte im Verfahren den grundsätzlichen dienstvertraglichen nach Vorliegen der Jahresbilanz bestehenden Anspruch des Klägers auf Rechnungslegung und auf sich allenfalls daraus ergebender Prämienzahlung nicht bestritten hat, sondern diesem Anspruch lediglich die mangelnde Fälligkeit entgegengehalten hat, gelingt es dem Revisionswerber nicht, sonstige Umstände darzulegen, die ein Rechtsschutzinteresse für die begehrte Feststellung begründen.

4. Der geltend gemachte Verfahrensmangel wurde geprüft, liegt jedoch nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat sich inhaltlich mit der in der Berufung enthaltenen Mängelrüge des Klägers auseinandergesetzt.

Mangels Geltendmachung einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:009OBA00003.16F.0225.000