OGH vom 22.12.2010, 9ObA3/10x
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. G***** E*****, vertreten durch Freimüller Noll Obereder Pilz Partner Rechtsanwälte GmbH, Wien, gegen die beklagte Partei ***** Bank ***** AG, *****, vertreten durch CMS Reich Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH, Wien, wegen 17.204,69 EUR sA, über die Rekurse der klagenden und beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 10 Ra 51/09g 17, womit das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom , GZ 18 Cga 27/08h 11, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Dem Rekurs der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.
Dem Rekurs der beklagten Partei wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache selbst zu Recht erkannt, dass die Urteile der Vorinstanzen zu lauten haben:
„Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 17.204,69 EUR brutto samt 11,19 % Zinsen seit binnen 14 Tagen zu zahlen, wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 3.261,84 EUR (darin 543,64 EUR USt) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz und die mit 2.390,56 EUR (darin 242,76 EUR USt und 934 EUR Pauschalgebühr) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Die klagende Partei ist weiters schuldig, der beklagten Partei die mit 2.283,04 EUR (darin 174,84 EUR USt und 1.234 EUR Pauschalgebühr) bestimmten Kosten des Rekurses sowie die mit 1.049,04 EUR (darin 174,84 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Dienstverhältnis des am geborenen Klägers zur Beklagten endete durch einvernehmliche Auflösung am . Zusätzlich zur gesetzlichen Abfertigung in Höhe von 12/12 des Jahresbezugs erhielt der Kläger eine „freiwillige“ Abfertigung in der Höhe von 4/12 des Jahresbezugs. Zwischen den Streitteilen ist strittig, ob auch ein aufgrund § 66 Abs 3 der „Betriebsvereinbarung 69 (BV 69)“ zustehender Zuschlag zum Überstundenpauschale abfertigungswirksam ist oder nicht, weil sich der Kläger entschieden hatte, diesen Betrag nicht ganz oder teilweise bar auszahlen, sondern von der Beklagten in eine Pensionskasse einzahlen zu lassen. Unstrittig ist, dass der „Zuschlag zur Überstundenpauschale“ zuletzt 921,68 EUR betrug und bei abfertigungswirksamer Anrechnung die Abfertigung um 17.204,69 EUR brutto höher ausfiele.
Die Betriebsvereinbarung 69 („BV 69“) wurde im August 1994 mit Wirksamkeit vom geändert, wobei insbesondere folgende, auch den Kläger betreffende Neuregelung der „Funktionsausstattungen“ getroffen wurde:
„§ 66 Überstundenentgelt
(3) Zweigstellen bzw Abteilungsleitern und deren Stellvertretern bzw Geschäftsstellenleitern, Chefexperten, Beauftragten des Ressorts (Funktionsinhabern) gebührt ab ihrer Ernennung, abhängig von ihrer Funktion, frühestens ab ein arbeitsplatzgebundenes, nicht pensionsanrechenbares, mit den Monatsgehältern (§ 62) im Vorhinein auszahlbares Überstundenpauschale (systemkonformes Überstundenpauschale) entsprechend der nachstehenden Tabelle:
Höhe des ÜP:
je nach Systemisierung Leiter Leiter Stellvertreter
ZS: mind. 5 MA Kap. 25 ÜP 20 ÜP
mind 12 MA Kap. 30 ÜP 25 ÜP
mind 19 MA Kap. 35 ÜP 30 ÜP
mind 25 MA Kap. 40 ÜP 35 ÜP
GS: 20 ÜP
Chefexperte 30 ÜP
Abteilung 35 40 ÜP 30 35 ÜP
Beauftragter des Ressorts 35 40 ÜP
Stellenleitern, Teamleitern und Experten kann im Rahmen der außertourlichen Avancements, soferne ihrer Tätigkeit besondere Bedeutung zukommt oder sie eine besonders qualifizierte fachspezifische Tätigkeit ausüben, ein arbeitsplatzgebundenes, nicht pensionsanrechenbares Überstundenpauschale im Ausmaß von 20 25 Stunden zuerkannt werden.
Zusätzlich gebührt ab Ernennung bzw Zuerkennung bzw Erhöhung, frühestens ab , ein arbeitsplatzgebundener Arbeitgeber Pensionskassenbeitrag (Anmerkung: Hervorhebung durch das Revisionsgericht) in der Höhe von mindestens 20 % der Bemessungsbasis. Bemessungsbasis ist das Überstundenpauschale bzw der Erhöhungsbetrag (§ 254) (zahlbar 12 x jährlich).
Dieser Prozentsatz erhöht sich für jedes weitere Jahr ab der Zuerkennung, unter Berücksichtigung jener Zeiten vor dem , um 0,4 % bis zum Höchstausmaß von 30 %. Abhängig vom Zeitpunkt der tatsächlichen Zuerkennung erfolgt die Steigerung erstmals nach Ablauf eines Jahres zum dann nächstfolgenden 1. 1. bzw 1. 7. eines Jahres. ...
… Der Arbeitgeber Pensionskassenbeitrag kann auf schriftliches Verlangen des Funktionsinhabers im Ausmaß eines Viertels, der Hälfte, drei Viertel oder zur Gänze auch bar ausbezahlt werden. Ein Wechsel in der Beitragshöhe ist grundsätzlich jeweils nach Ablauf von zwei Jahren jeweils zum 1. 2. eines Jahres möglich. Überstundenpauschale und Arbeitgeber Pensionskassenbeitrag zusammen sind das Funktionspauschale. …“
In der korrespondierenden Pensionskassenbetriebsvereinbarung vom („PK BV“) wurde zwischen der Beklagten und ihrem Zentralbetriebsrat beginnend mit Nachfolgendes vereinbart:
„§ 3 Anwartschaften
Die von der Bank ***** für den Arbeitnehmer (für den Anwartschaftsberechtigten im Sinne des Betriebspensionsgesetzes) an die Pensionskasse entrichteten (Einmal )Beiträge ergeben eine Anwartschaft auf die in § 9 angeführten Leistungen. Die Höhe der Anwartschaften ergibt sich aus der Höhe der eingezahlten Beiträge, dem Veranlagungserfolg der für die Alterspension bestimmten Beitragsteile und dem Geschäftsplan der Pensionskasse.
§ 4 Beiträge der Bank *****
(1) Laufende Beiträge der Bank *****:
Die Bank ***** leistet für den Personenkreis laut § 2 ab Zuerkennung der Funktionspauschale, frühestens ab , für deren weitere Dauer, ausgenommen das Funktionspauschale wird eingestellt (§ 66 BV 69), für den Anwartschaftsberechtigten grundsätzlich einen monatlichen Beitrag in der Höhe von mindestens 20 % der jeweiligen Bemessungsbasis. Dieser Prozentsatz erhöht sich für jedes weitere Jahr der Funktionsausübung, unter Berücksichtigung auch jener Zeiten vor dem , um 0,4 % bis zum Höchstausmaß von 30 %. Abhängig vom Zeitpunkt der tatsächlichen Bestellung/Zuerkennung erfolgt die Steigerung erstmals nach Ablauf eines Jahres zum dann nächstfolgenden 1. 1. bzw 1. 7. eines Jahres. …
Die monatliche Beitragsleistung kann auf Verlangen des Anwartschaftsberechtigten auch im Ausmaß eines Viertels, der Hälfte oder von drei Vierteln des sich ergebenden Betrags erfolgen. Ein Wechsel in der Beitragshöhe ist grundsätzlich jeweils nach Ablauf von zwei Jahren jeweils zum 1. 2. eines Jahres möglich. Bemessungsbasis ist das Überstundenpauschale bzw der Erhöhungsbetrag. Die Höhe des Überstundenpauschale ergibt sich aus § 66 Abs 3 bzw § 254 Abs 1 der BV 69. ...“
Im August 1994 informierte die Beklagte den Kläger mit einem Schreiben über die Auswirkungen der Neuregelung in der Betriebsvereinbarung dahin, dass er mit Wirksamkeit ab ein „systemkonformes“ Überstundenpauschale von 35,00 Stunden pro Monat in bestimmter Höhe erhalte. Zusätzlich zu seinem Überstundenpauschale erhalte er mit gleicher Fälligkeit einen Überstunden Pauschale Zuschlag. Der Zuschlag betrage 25,60 % des jeweiligen „systemkonformen Überstundenpauschales“ und erhöhe sich erstmalig per Jänner 1996. Die Höhe des Überstundenpauschales und des Überstundenpauschale Zuschlags wurde auf Grundlage der BV 69 dargestellt, auch § 4 PK BV wurde teilweise wiedergegeben. Dem Kläger wurde ausdrücklich die Wahlmöglichkeit eingeräumt, diesen Zuschlag
entweder in eine Pensionskasse einbringen zu lassen, oder
zusammen mit den laufenden Gehaltsbezügen nach Einbehalt der gesetzlichen Abzüge ausbezahlt zu erhalten, oder
teilweise in eine Pensionskasse einzubringen und teilweise (restlich) ausbezahlt zu erhalten.
Der Kläger konnte die Wahl erstmalig durch Abgabe einer im Anhang an das Schreiben übermittelten Erklärung treffen und sie in der Folge nach frühestens fünf Jahren ändern. Die Beklagte wies den Kläger auch darauf hin, dass weitere allgemein gültige Feststellungen bzw Regelungen betreffend Zuschlag der Geschäftsinformation 88/94, einem Rundschreiben, zu entnehmen seien und für allfällige Detailfragen bestimmte Mitarbeiter der Personalverwaltung und Dienstrechtsabteilung bzw Personalbetreuung sowie der ***** Pensionskasse AG zur Verfügung stünden.
Überdies hielt die Beklagte fest, dass auf Basis aktueller Berechnungen und ohne Gewährleistung für die Zukunft aus einem Kapital im Zeitpunkt der Pensionierung (Männer mit Vollendung des 60. Lebensjahrs) in Höhe von 100.000 S auf Lebensdauer eine (vom Veranlagungserfolg der Pensionskasse abhängige) valorisierbare Rente … bei Männern in Höhe von 448 S, je 14 x pa, fließen werde. Weiters wurde darauf verwiesen, eine grundsätzliche Empfehlung nicht abgeben zu können, weil das Ergebnis insbesondere von der persönlichen Präferenz zwischen Aktivbezug und Pension und von alternativen Finanzierungs und Veranlagungsmöglichkeiten abhänge.
Mit seiner schriftlichen Erklärung vom gab der Kläger seine Zustimmung zur Einzahlung seines vollen Überstundenpauschale Zuschlags als Arbeitgeberbeitrag in die Pensionskasse. Trotz der eingeräumten Möglichkeit änderte er auch nach Ablauf von fünf Jahren diese Widmung nicht mehr. In der Folge führte die Beklagte das Dienstverhältnis des Klägers mit dessen Zustimmung in ein „Sondervertragsverhältnis“ über und teilte mit Schreiben vom Juni 1997 die „Zusammensetzung seines Monatsbezuges“ wie folgt mit:
Monatsgehalt S 74.343,
Funktionszulage (nicht
pensionsanrechenbar) S 32.131,48
Zuschlag zur Funktionszulage S 8.482,71
Vertragsangestelltenzulage S 4.461,
Gesamt S 119.418,19.
Die Beklagte wies in diesem Schreiben darauf hin, dass die Entscheidung betreffend die Verwendung des Zuschlags gemäß der Erklärung des Klägers aus dem Jahr 1994 durch die Vertragsänderung unberührt bleibe und auch weiterhin gelte. Mehrfach wurde auf die BV 69 verwiesen, ebenso darauf, dass die für Vertragsangestellte jeweils geltenden dienstrechtlichen Bestimmung Anwendung finden. Der Kläger bekam zu keinem Zeitpunkt die Überstundenpauschale-Zuschläge ausbezahlt, diese Beträge wurden von der Beklagten „brutto für netto“ in die Pensionskasse einbezahlt. Der Kläger ging subjektiv davon aus, dass die in die Pensionskasse einbezahlten Überstundenpauschale Zuschläge Teil seines abfertigungsrelevanten Gehalts seien.
Mit seiner Klage vom begehrte der Kläger die Zahlung von 17.204,69 EUR brutto sA. Um diesen Betrag habe die Beklagte zu wenig an Abfertigung zur Auszahlung gebracht, weil sie der Meinung sei, dass die Überstundenpauschale-Zuschlagszahlungen an die Pensionskasse nicht als Entgelt nach § 23 Abs 1 AngG zu werten seien. Entgegen der Meinung der Beklagten handle es sich aber auch bei diesen Zuschlägen um Entgeltbestandteile und keine „reinen“ Pensionskassenzahlungen, zumal der Kläger wie auch andere Funktionsträger der Beklagten Anspruch auf Auszahlung dieser Zuschläge zum Überstundenpauschale gehabt hätte. Gerade die Einräumung einer Wahlmöglichkeit, diese Zuschläge entweder in eine Pensionskasse einzahlen zu lassen, oder zur Gänze oder teilweise direkt die Auszahlung zu begehren, gebe diesen Entgeltcharakter wieder. Es stelle eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung dar, dass diejenigen Mitarbeiter, die sich für eine Auszahlung der Zuschläge entschieden haben, nun den Vorteil einer Anrechnung für die Abfertigung hätten, während dies beim Kläger nur deshalb nicht der Fall sein solle, weil er sich für eine Auszahlung nicht an ihn selbst, sondern einen Dritten, nämlich die Pensionskasse, entschieden habe.
Darüber hinaus habe der Kläger auch einen individualrechtlichen Anspruch, was sich nicht zuletzt aus dem Verständigungsschreiben der Beklagten vom Juni 1997 ergebe.
Für den Fall, dass die Zahlungen als nicht abfertigungswirksam gewertet würden, stehe dem Kläger ein Anspruch auf Schadenersatz gegenüber der Beklagten zu, die es schuldhaft unterlassen habe, den Kläger bei der ihm eingeräumten Option auf eine allfällige Abfertigungsschädlichkeit hinzuweisen. Die Höhe des Zinsenbegehrens wurde auf Vereinbarung gestützt.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Bestimmung des § 66 Abs 3 BV 69 sei so aufzufassen, dass damit primär eine Arbeitgeber-Pensionskassenverpflichtung, und nur subsidiär eine (teilweise) Entgeltverpflichtung begründet werde. Da sich der Kläger dafür entschieden habe, die Überstundenpauschale Zuschläge zur Gänze in eine Pensionskasse einzahlen zu lassen, liege eine „echte“ Pensionskassenvereinbarung vor, aus der der Kläger auch die lohnsteuer und sozialversicherungsrechtlichen Vorteile gezogen habe, weil die Einzahlungen anders als bei Auszahlung als laufendes Entgelt brutto für netto erfolgt seien. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (9 ObA 198/87) sei dem Arbeitgeber keine Doppelbelastung aufzuerlegen, wenn er laufend Beträge für eine Betriebspension einbezahlt habe. Dabei handle es sich eben nicht um laufendes, sondern erst nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig werdendes Entgelt in Form der Pensionsleistungen. Der Kläger ziehe auch den Vorteil daraus, dass er allenfalls gegenüber der laufenden Auszahlung erhöhte Leistungen aus der zugesagten Betriebspension durch die Pensionskasse erhalte. Eine Individualvereinbarung sei nie geschlossen worden, der Kläger könne seine Ansprüche nur aus der Betriebsvereinbarung ableiten. Der Beklagten könne auch keine Aufklärungspflichtverletzung vorgeworfen werden, die Betriebsvereinbarung sei ausreichend klar.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass auf die Zahlung des Überstundenpauschale Zuschlags ein Rechtsanspruch bestehe und im Falle des Wahlrechts zugunsten einer Pensionskassenzahlung keine Doppelbelastung des Arbeitgebers vorliege. Es sei sachlich nicht gerechtfertigt, diejenigen Dienstnehmer, die sich für die teilweise oder vollständige Auszahlung dieser Zuschläge entschieden haben, besser zu behandeln, als diejenigen, die diesen Entgeltbestandteil in eine Pensionskasse einzahlen ließen.
Das Berufungsgericht hob das Ersturteil auf. Es erachtete ergänzende Feststellungen dazu für erforderlich, ob die Überstundenpauschale Zuschläge schon vor Inkrafttreten der BV 69 in irgendeiner Form ausbezahlt worden bzw schon vorher als Entgelt gewidmet gewesen seien. Erst aus der Kenntnis der Rahmenbedingungen, die zur Änderung der BV 69 geführt haben, sei auch der Wortlaut des § 66 Abs 3 BV 69 ausreichend erklärbar.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs zulässig sei, weil schon auf Basis der getroffenen Feststellungen die Meinung vertreten werden könnte, dass unter Heranziehung der Entscheidung 9 ObA 198/87 Arbeitgeberbeiträge zur Pensionskasse vorlägen, was die Arbeitsrechtssache im Sinne einer Klageabweisung entscheidungsreif erscheinen lasse.
Gegen diese Entscheidung richten sich die Rekurse beider Streitteile aus dem Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung:
derjenige des Klägers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt werde;
derjenige der Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der Beklagten ist dahin berechtigt, dass das Klagebegehren wegen Entscheidungsreife abzuweisen ist;
der Rekurs des Klägers ist nicht berechtigt.
Bei der BV 69 handelt es sich um eine „echte“ Betriebsvereinbarung, die auch Bereiche regelt, die zwar sonst den Kollektivvertragsparteien vorbehalten sind, durch ausdrückliche Ermächtigungen im Kollektivvertrag aber auch mit Betriebsvereinbarung geregelt werden können (9 ObA 112/06w ua). Der normative Teil dieser Betriebsvereinbarung unterliegt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln (RIS Justiz RS0050963; RS0010088; RS0008782; RS0008807). Maßgebend ist daher, welchen Willen des Normgebers der Leser dem Text entnehmen kann (RIS Justiz RS0008807 [T2]), hingegen sind Erwägungen über allfällige Motive der Änderung der Kollektivnorm als auch von einem Kollektivvertragspartner (Betriebsvereinbarungspartner) einseitig vorgenommene Interpretationen unerheblich (RIS Justiz RS0008807 [T15]). Abgesehen davon, dass sich beide Streitteile nur auf die ab November 1994 in Kraft getretene betriebliche Regelung berufen, kann es daher nicht wesentlich sein, welche frühere Regelung im Betrieb der Beklagten hinsichtlich Überstundenpauschale und allfälliger Zuschläge bestanden hat.
Für die Beurteilung, ob und inwieweit der Überstundenpauschale Zuschlag nach § 66 Abs 3 der BV 69 abfertigungswirksam ist, kommt es auf den Charakter dieses Anspruchs an. Zunächst lässt § 66 Abs 3 BV 69 keinen Zweifel daran aufkommen, dass das Überstundenpauschale ein monatlich auszuzahlendes Entgelt darstellt. Der Wortlaut der Überstundenpauschale Zuschlagsregelung („zusätzlich gebührt ab Ernennung bzw Zuerkennung bzw Erhöhung, frühestens ab , ein arbeitsplatzgebundener Arbeitgeber Pensionskassenbeitrag in der Höhe von mindestens 20 % der Bemessungsbasis) vermittelt den objektiven Eindruck, dass es sich dabei um eine Pensionskassenzahlung der Arbeitgeberin handelt. Alternativ wird den „Funktionsträgern“ eingeräumt, statt eines Arbeitgeber-Pensionskassenbeitrags eine Auszahlung als laufendes Entgelt im Ausmaß eines Viertels, der Hälfte, drei Viertel oder zur Gänze zu erhalten. Den Kollektivvertragsparteien, aber auch den Partnern einer Betriebsvereinbarung ist grundsätzlich zu unterstellen, dass sie eine vernünftige, zweckentsprechende und praktisch durchführbare Regelung treffen sowie einen gerechten Ausgleich der sozialen und wirtschaftlichen Interessen herbeiführen wollten, sodass bei mehreren an sich in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten, wenn alle anderen Auslegungsgrundsätze versagen, jener der Vorzug zu geben ist, die diesen Anforderungen am meisten entspricht. Unter diesen Prämissen ist die Überstundenpauschale Zuschlagsregelung des § 66 Abs 3 BV 69 primär als Pensionskassenregelung zu verstehen. Dabei ging es den Parteien der Betriebsvereinbarung 69 sowie der Pensionskassen-Betriebsvereinbarung darum, mit den Zuschlägen eine Betriebspension zu finanzieren. Lediglich subsidiär sollte denjenigen Mitarbeitern, die keine erst in der Zukunft (mit Erreichen des Pensionsalters) wirksame Veranlagung in einer Pensionskasse wollten, die Wahl einer um Steuern und Sozialvericherungsabgaben verringerten Auszahlung der Zuschläge als Gehalt geboten werden. Das Schreiben der Beklagten an den Kläger vom August 1994 (Beilage ./A) nimmt genauso eindeutig auf die BV 69 Bezug, wie das Schreiben vom Juni 1997. Ein über den Inhalt der Betriebsvereinbarung hinausgehendes Anbot auf Abschluss einer Einzelvereinbarung lässt sich daraus nicht ableiten.
Auch von einer Ungleichbehandlung kann deshalb keine Rede sein, weil dem Kläger wie den anderen Mitarbeitern die Möglichkeit offen stand, entweder auf die Auszahlung einer Betriebspension in Form einer Pensionskassenzahlung zu warten, oder sich für eine laufende Gehaltszahlung zu entscheiden bzw nach Ablauf von jeweils zwei Jahren eine andere Variante in Anspruch zu nehmen.
Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass der Kläger seine - letztlich bis zur Auflösung des Dienstverhältnisses wirksame - Zustimmung dazu erteilt hatte, dass eine Arbeitgeber-Pensionskassenbeitragsleistung erfolgte und dabei auch die Steuervorteile des § 26 Z 7 lit a EStG lukrierte.
Gemäß § 23 Abs 1 AngG beträgt die Abfertigung ein (je nach zurückgelegter Dienstzeit berechnetes) Vielfaches des dem Angestellten für den letzten Monat des Dienstverhältnisses gebührenden Entgelts.
Zu 9 ObA 198/87 = Arb 10.699 hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass von einem Arbeitgeber laufend einbezahlte Prämien, die der Finanzierung einer Versicherungsleistung im Rahmen einer zugesagten Versorgungsleistung dienen, nicht als Entgelt iSd § 23 Abs 1 AngG zu werten sind. Sowohl Abfertigung als auch Betriebspension haben den Zweck der Versorgung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Wollte man daher die der Betriebspensionszahlung dienenden Zahlungen auch für die Abfertigung einrechnen, komme es zu einer nicht berechtigten Doppelbelastung des Arbeitgebers.
Holzer (AngG Kommentar § 23 Rz 33) lehrt unter Bezugnahme auf diese Entscheidung, dass Entgeltbestandteile, die über das Ende des Dienstverhältnisses hinaus weiterwirken, wie zB Prämien für eine Betriebspension, nicht in die Abfertigungsberechnung einzubeziehen sind.
Derselben Meinung ist auch K. Mayr (in Löschnigg AngG II § 23 Rz 27; in ZellKomm § 23 AngG Rz 27).
Den gegenteiligen Standpunkt vertritt Schindler („Deferred Compensations“, insbes Betriebspensionszusagen als abfertigungsrelevante Entgelte, in DRdA 1999, 187 f), der bestreitet, dass bei der Abfertigung noch der Versorgungsgedanke im Vordergrund stehe. Vielmehr komme der Entgeltcharakter zum Tragen. Zahlungen des Arbeitgebers für eine beitragsorientierte Betriebspension hätten viel eher den Entgeltcharakter als die spätere, von zufälligen Faktoren abhängige Pensionszahlung. Derartige Zahlungen des Arbeitgebers seien daher als Entgeltbestandteil in die Abfertigungsberechnung einzubeziehen.
Dem letztgenannten Autor ist zwar zuzugestehen, dass die Abfertigung nicht nur der Versorgung und als Überbrückungshilfe für den Arbeitnehmer dient, sondern auch den Arbeitnehmer dafür entlohnen soll, dass er seine Arbeitskraft für längere Zeit zur Verfügung gestellt hat (RIS Justiz RS0028911; RS0028977; RS0028306); doch rechtfertigt dies noch nicht den Schluss, dass laufende Arbeitgeber Pensionskassenbeiträge damit zwingend abfertigungswirksam sind. Anders als laufende Gehaltszahlungen dienen Arbeitgeber Pensionskassenbeiträge der Finanzierung einer erst in der Zukunft, nämlich frühestens nach Beendigung des Dienstverhältnisses, fällig werdenden oder durch diese ausgelösten Entgeltleistungen. Die Meinung Schindlers lässt daher das im Abfertigungsrecht geltende Aktualitätsprinzip (vgl Schrank , Berechnung der Abfertigung in Runggaldier Abfertigungsrecht 151, 158 f) außer Acht und vermag somit nicht zu überzeugen.
Zusammenfassend ist in Übereinstimmung mit der überwiegenden Lehre festzuhalten, dass Pensionskassenbeiträge des Arbeitgebers keine Entgeltbestandteile iSd § 23 Abs 1 AngG sind und daher für die Berechnung der Abfertigung außer Betracht bleiben müssen.
Der Kläger kann seine Forderung auch nicht auf Schadenersatz wegen mangelnder Aufklärung stützen: Abgesehen davon, dass die Beklagte erklärte, keine Präferenzempfehlungen für die Pensionskasse oder eine Gehaltsvariante abgeben zu können, verwies sie ausdrücklich auf mögliche Auskunftspersonen. Ein allfälliger Rechtsfolgeirrtum des Klägers kann daher nicht der Beklagten zur Last gelegt werden.
Ohne dass weitere Feststellungen erforderlich wären, ist daher die Arbeitsrechtssache im Sinn einer Klageabweisung entscheidungsreif.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens gründet sich auf § 41 iVm § 50 ZPO. Die Beklagte hat daher Anspruch auf Ersatz der tarifmäßigen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens sowie der Rechtsmittelverfahren.