OGH vom 25.02.1999, 8ObA38/99t
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und Dr. Adamovic sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Wilhelm Koutny und Dr. Christoph Klein als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Thomas S*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr. Wolfgang Zatlasch, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Vinzenz F*****, vertreten durch Dr. Christian Hauser, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 453.129,38 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Ra 268/98k-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 20 Cga 76/96h-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, den Beklagten die mit S 19.845,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 3.307,50 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes, wonach das Vertragsverhältnis des Klägers als "Werbeleiter" für eine karitative Organisation mangels persönlicher Abhängigkeit als freier Dienstvertrag einzuordnen ist, ist zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO).
Den Revisionsausführungen ist zu erwidern:
Weitgehend wiederholt das Rechtsmittel die Ausführungen der Beweisrüge, die schon das Berufungsgericht bei Übernahme der Feststellungen des Erstgerichtes als unbegründet erachtete. Wenn daher erneut eine Berichtspflicht des Klägers und seine Weisungsgebundenheit behauptet werden, so wendet sich der Kläger erneut gegen die diesen rechtlichen Schlüssen zugrundeliegenden Feststellungen und führt daher den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht gesetzmäßig aus.
Ob die vom Kläger akquirierten Anträge auf Beitritt zu einem karitativen Verein direkt durch den Kläger oder durch Vermittlung des Beklagten zur Annahme an diesen Verein weitergeleitet wurden, ändert an der Rechtsbeziehung zwischen den Streitteilen nichts; bei Fehlen einer persönlichen Abhängigkeit ist - wie dies schon das Erstgericht an Hand der Zusammenstellung der für den Typenvergleich heranzuziehenden Merkmale der persönlichen Abhängigkeit nach Strasser (Abhängiger Arbeitsvertrag oder freier Dienstvertrag - eine Analyse des Kriteriums der persönlichen Abhängigkeit, DRdA 1992, 93, insbesondere 95 f) zutreffend ausführte - das für den Arbeitsvertrag konstituierende Merkmal nicht gegeben. Daran ändert auch der wiederholte Hinweis auf die einen Detektiv mit persönlicher
Abhängigkeit betreffende Entscheidung (, 8 ObA 2347/96x =
ecolex 1998, 345 = WBl 1998, 88 = RdW 1998, 634 = SZ 70/167) nichts.
Während dort der Auftragnehmer für die von ihm zu verrichtenden Detektivarbeiten jeweils einen nach Ort, Zeit und Art der Durchführung genau bestimmten Auftrag erhielt, auch während seines Einsatzes einer weitgehenden Kontrolle durch den Auftraggeber unterlag (er mußte sich immer wieder telefonisch melden, die Fahrzeiten wurden mit Fahrtenschreiber aufgezeichnet) und über jeden Einsatz detailliert berichten mußte, konnte der Kläger seine Akquisitionstätigkeit sowie die Einschulung und Betreuung der Werber frei gestalten und hatte keine Berichtspflicht. Das Fehlen einer Büroorganisation des Klägers, der teilweise Spesenersatz - zusätzlich zu der dem Kläger gewährten Provision - sowie der Umstand, daß "Werbertreffen" (Besprechungen des Klägers mit den von ihm geworbenen Werbern) zum Teil vom Beklagten finanziert und zum Teil in Anwesenheit des Beklagten erfolgten, vermag die persönliche Abhängigkeit nicht zu begründen. Die wirtschaftliche Abhängigkeit des Klägers begründet die für die Zuständigkeit des Arbeits- und Sozialgerichtes wesentliche Arbeitnehmerähnlichkeit, fällt aber mit der persönlichen Abhängigkeit nicht zusammen. Nur vor dem Hintergrund des abhängigen, dh "echten" Arbeitsverhältnisses wäre eine reine Erfolgsentlohnung wie die dem Kläger bezahlte Provision, ohne Anspruch auf Entgelt bei rechtmäßig unterbliebener Arbeitsleistung (zB für Krankheit, Urlaub, wichtiger persönlicher Grund ua) eine unzulässige Überwälzung des Unternehmerrisikos, während eine derartige Erfolgsentlohnung im Rahmen eines freien Dienstvertrages, auf den die Schutzbestimmungen des Arbeitsrechtes nicht anzuwenden sind (siehe Wachter, Der sogenannte freie Dienstvertrag DRdA 1984, 405, und ihm folgend die Rechtsprechung [Lüftungstechniker, DRdA 1998/3, 36 [Mazal] = Arb 11.586; Hotelarzt, Arb 11.438; Werbemittelverteiler und Kontrollor, RdW 1999, 99]), nicht zu beanstanden ist.
Die noch nicht rechtskräftige Entscheidung der Wiener Landesregierung über eine allfällige Versicherungspflicht des Klägers (nach dem ASVG) ist in einem anderen Verfahren zwischen anderen Parteien ergangen und für dieses Verfahren daher nicht bindend und berechtigte den Kläger - auch unter der Annahme, die eine Versicherungspflicht bejahende Entscheidung würde rechtskräftig - nicht zur Wiederaufnahme in Analogie zu § 530 Abs 1 Z 5 ZPO, zumal die Gerichte zur Beurteilung des Bestehens oder Nichtbestehens des Arbeitsverhältnisses als Hauptfrage berufen sind, während die Verwaltungsbehörde diese Frage nur als Vorfrage zu prüfen hat (vgl VwSlg 13.723 A/1992).