OGH vom 17.05.2018, 9ObA26/18s
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Stefula sowie die fachkundigen Laienrichter Johannes Puller und Helmut Frick als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei R***** H*****, vertreten durch Forcher-Mayr & Kantner Rechtsanwälte Partnerschaft in Innsbruck, gegen die beklagte Partei a***** GmbH, *****, vertreten durch Kuhn Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 5.619,87 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 13 Ra 33/17a-17, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Aus § 1157 ABGB bzw § 18 AngG kann eine allgemeine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Aufklärung des Arbeitnehmers über Arbeitnehmerrechte nicht abgeleitet werden, sodass keine generelle Verpflichtung des Arbeitgebers zu einer solchen Aufklärung besteht (9 ObA 157/07i = DRdA 2009/18 [Resch]; Mosler in ZellKomm2§ 18 AngG Rz 120; Marhold in Marhold/Burgstaller/Preyer, AngG § 18 Rz 76; Kohlbacher, Glosse zu 8 ObA 26/14b in DRdA 2015, 122 [123, 125]; eingehend Egermann, Gibt es eine generelle Förderungs- und Aufklärungspflicht des Arbeitgebers?, ZAS 2005, 111 ff). Den Arbeitgeber trifft auch im Stadium der Vertragsbeendigung ganz allgemein keine Pflicht, den Arbeitnehmer über dessen Rechte und deren Geltendmachung aufzuklären (Rebhahn/Ettmayer in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.05§ 1157 Rz 9; Egermann aaO 116 mwN). So ergibt sich aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers keine Verpflichtung, den Arbeitnehmer vor der Verjährung von Abfertigungsansprüchen zu warnen (RIS-Justiz RS0109395) und es ist der Arbeitgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer gegenüber seinen eigenen Kündigungserklärungen zu schützen und ihn auf allfällige nachteilige Folgen einer Kündigung aufmerksam zu machen (8 ObA 2134/96y). Informationspflichten können jedoch dadurch ausgelöst werden, dass der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber eine entsprechende Frage richtet (4 Ob 148/55 = Arb 6571). Ob eine Aufklärungspflicht bestand (und bejahendenfalls, ob sie der Arbeitgeber erfüllt hat), hängt im Übrigen immer von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet im Regelfall keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO; es können keine allgemein gültigen Kriterien aufgestellt werden, welche Informationen ein Arbeitgeber konkret bieten muss, um seiner Fürsorgepflicht nachzukommen (RIS-Justiz RS0017049 [T40, T 51]).
Im vorliegenden Fall gab die Klägerin der Beklagten bekannt, von der (auch) ihr von der Beklagten eingeräumten Möglichkeit einer zweieinhalbjährigen Mutterkarenz Gebrauch zu machen. In deren Verlauf wandte sie sich mit ihrer Kündigungsabsicht allein an den Betriebsrat. Ohne die Kündigung der Beklagten avisiert zu haben, erklärte die Klägerin sodann die Kündigung des Dienstverhältnisses. Die Ansicht der Vorinstanzen, die Beklagte habe nach Lage des Falls ihre Fürsorgepflicht als Arbeitgeberin nicht dadurch verletzt, dass sie die Klägerin bei Inanspruchnahme der Mutterkarenz nicht darüber informierte, bis wann sie während der von ihr in Anspruch genommenen Mutterkarenz zu kündigen habe, um die Abfertigungsansprüche nach § 84 des (als Vertragsschablone vereinbarten) VBG nicht zu verlieren, ist jedenfalls vertretbar.
2. In 9 ObA 243/02d ergab sich die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Aufklärung seiner (ehemaligen) Mitarbeiter im Zusammenhang mit einer Betriebspension aus der bestehenden Betriebspensionsvereinbarung. Im Unterschied zum damaligen Fall bestand hier zwischen den Streitparteien einzig ein Arbeitsverhältnis. Aus dem Arbeitsverhältnis wurde in 9 ObA 243/02d (und den weiteren von der Revisionswerberin ins Treffen geführten Betriebspensionsfällen) die Aufklärungspflicht des Arbeitgebers bezüglich der „Auslagerung“ der Pensionsverbindlichkeiten jedoch gerade nicht abgeleitet. Aus jener Entscheidung ist für die Revisionswerberin daher nichts zu gewinnen.
Mangels Relevierung einer erheblichen Rechtsfrage iSd §
502 Abs 1
ZPO durch die Klägerin ist ihre außerordentliche Revision zurückzuweisen.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2018:009OBA00026.18S.0517.000 |
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