OGH vom 11.05.2006, 8ObA37/06h
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Walter Zeiler und Robert Hauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Hugo Z*****, vertreten durch Summer - Schertler - Stieger, Rechtsanwälte in Bregenz, wider die beklagte Partei B***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Bertram Grass, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen 26.435,95 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 13 Ra 10/06b-19, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht ist ohnedies davon ausgegangen, dass der Kündigende das Risiko für den ordnungsgemäßen Zugang der Erklärung trägt (RIS-Justiz RS0047277; 6 Ob 231/05x). Das Berufungsgericht hat auch nicht die Hinterlassung des Benachrichtigungszettels hinsichtlich der eingeschrieben zur Post gegebenen Dienstgeberkündigung als Zustellung gewertet (siehe dazu RIS-Justiz RS0014078; 9 ObA 144/02w). Vielmehr beurteilte das Berufungsgericht das Verhalten des Klägers dahin, dass dieser den rechtzeitigen Zugang der Kündigungserklärung wider Treu und Glauben verhinderte. Entzieht sich der Empfänger dem Zugang einer Erklärung absichtlich oder wider Treu und Glauben, muss er sich so behandeln lassen, als ob er die Erklärung rechtzeitig empfangen hätte (RIS-Justiz RS0047277; 9 ObA 114/99a; 6 Ob 231/05x). Dabei ist die Verpflichtung, für die Möglichkeit des Zuganges von rechtsgeschäftlichen Erklärungen vorzusorgen, umso stärker zu gewichten, je eher mit der Möglichkeit des Einlangens solcher Erklärungen zu rechnen ist (9 ObA 114/99a; 6 Ob 231/05x uva).
Eine unrichtige Anwendung dieser Grundsätze auf den Einzelfall ist unter Berücksichtigung der konkreten Umstände nicht zu erkennen: Der Kläger rechnete damit, dass die beklagte Dienstgeberin ihm noch im Dezember 2004 die Kündigung erklären wollte. Durch die von ihm geschaffene Situation (Einschalten des Anrufbeantworters beim Festnetzanschluss; Ausschalten der Hausklingelanlage) schlugen Versuche der Beklagten fehl, dem Kläger die Kündigung während seines - für die Beklagte nicht vorhersehbaren - Krankenstandes ab zu erklären. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger, der am seinen Dienst wieder antrat, krankheitsbedingt nicht in der Lage war, Telefonanrufe entgegenzunehmen oder Hausbesuche zu empfangen, bestehen nicht.
Unter diesen Umständen ist die Beurteilung des Berufungsgerichtes, das die Zugangsfiktion bejahte, zumindest vertretbar.