OGH vom 25.11.2016, 8ObA36/16a

OGH vom 25.11.2016, 8ObA36/16a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner und den Hofrat Dr. Brenn als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug und Dr. Peter Schnöller in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei F***** P*****, vertreten durch Plankel, Mayerhofer Partner, Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen die beklagte Partei V***** GesmbH Co KG *****, vertreten durch Köhler Draskovits Unger Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 35.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 101/15x 43, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird gemäß § 2 ASGG,§ 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts ist die Revision nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist (§ 502 Abs 1 ZPO). Dies ist hier nicht der Fall.

1. Nach § 26a HVertrG finden die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes auf die Vermittlung von Versicherungsverträgen durch Versicherungsvertreter (Versicherungsagenten) nach Maßgabe der §§ 26b bis 26d Anwendung. Diese Bestimmungen sind nach § 29 Abs 4 HVertrG – mit Ausnahme des § 26c leg cit – auch auf Verträge wie den hier vorliegenden unmittelbar anzuwenden, die bei ihrem Inkrafttreten am bereits bestanden haben.

Gemäß § 26d HVertrG gebührt dem Versicherungsvertreter, wenn und soweit keine Ansprüche nach § 26c Abs 1 HVertrG (der hier gemäß § 29 Abs 4 leg cit nicht anwendbar ist) bestehen, der Ausgleichsanspruch gemäß § 24 HVertrG mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Zuführung neuer Kunden oder der wesentlichen Erweiterung bestehender Geschäftsverbindungen die Vermittlung neuer Versicherungsverträge oder die wesentliche Erweiterung bestehender Verträge tritt.

Der Umstand, dass der Kläger als Untervertreter iSd § 1 Abs 2 HVertrG für die Beklagte tätig war, die ihrerseits Versicherungs und Anlageprodukte ihrer Partnergesellschaften vermittelt, schadet nicht (vgl schon 8 ObA 65/06a).

2. Der Wirksamkeit einer Vereinbarung, die im voraus eine Schmälerung des Ausgleichsanspruchs des Handelsvertreters bewirkt, steht § 27 Abs 1 HVertrG zwingend entgegen.

Ob das Berufungsgericht die Vereinbarung der Streitteile über die einvernehmliche Beendigung ihres Vertragsverhältnisses richtig (nämlich: nicht als Vergleich) ausgelegt hat, betrifft den Einzelfall und könnte nur bei auffallender Fehlbeurteilung als erhebliche Rechtsfrage qualifiziert werden (RIS Justiz RS0044358). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, zumal die Revision selbst einräumt, dass nach dem bindend festgestellten Sachverhalt keine offenen Streitfragen zwischen den Verfahrensparteien bestanden haben, zu deren Bereinigung die Vereinbarung nach ihrer Auffassung dienen hätte sollen. Die von der Revision zur Stützung ihres Standpunkts zitierten Entscheidungen (8 ObA 41/13g; 9 ObA 89/98y) sind wegen völlig anders gelagerter Sachverhalte nicht einschlägig.

3. Dass sich der Kläger zum Zeitpunkt des Abschlusses der Beendigungsvereinbarung nicht mehr in der für vergleichbare Vertragsverhältnisse typischen Unterlegenheitsposition befunden habe, trifft ebenfalls nicht zu.

Das Vertragsverhältnis der Streitteile war nicht nur über das Datum der Beendigungsvereinbarung hinaus aufrecht, sein Abwicklungsstadium reicht sogar noch weiter, nämlich bis zum Ablauf der vereinbarten Stornohaftungszeit. Wenn das Berufungsgericht unter diesen Umständen von einem Fortwirken des strukturellen Ungleichgewichts der Positionen ausgegangen ist, stellt dies keine im Einzelfall korrekturbedürftige Fehlbeurteilung dar.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:008OBA00036.16A.1125.000