OGH 25.01.2019, 8Ob24/18i
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | ZaDiG §37 ZaDiG 2018 §62 |
RS0132541 | Das Gesetz legt taxativ fest, in welchen Fällen ein Zahlungsdienstleister ein Zahlungsinstrument sperren darf. |
Normen | ZaDiG §37 Abs4 ZaDiG 2018 §62 Abs4 |
RS0132542 | Die Verpflichtung zur Aufhebung der Sperre eines Zahlungsinstruments wird vom Gesetz allein an den Wegfall der Sperrgründe geknüpft und nicht zusätzlich von der Antragstellung des Nutzers abhängig gemacht. |
Normen | ZaDiG §35 Abs1 Z2 ZaDiG 2018 §64 Abs1 Z2 |
RS0132543 | Sowohl die Verlustanzeige als auch die Antragstellung auf Aufhebung der Sperre eines Zahlungsinstruments müssen nach dem Gesetz jederzeit möglich sein. Eine Einschränkung auf lediglich persönliche oder schriftliche Kommunikation ist wegen der damit in der Regel verbundenen Verzögerung nicht gesetzeskonform. |
Normen | ZaDiG §36 Abs2 ZaDiG 2018 §36 Abs2 |
RS0132544 | Das Gesetz verlangt vom Zahlungsdienstnutzer nur eine Anzeige des Verlusts von Zahlungsinstrumenten beim Zahlungsdienstleister oder einer von diesem betrauten Stelle. Die Verpflichtung, den Verlust darüber hinaus in jedem Fall auch noch bei der Behörde anzuzeigen, ist eine eigenständige zusätzliche Sorgfaltspflicht, die nicht wirksam vereinbart werden kann. |
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner, die Hofrätin Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely-Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** K*****, vertreten durch Kosesnik-Wehrle & Langer Rechtsanwälte KG in Wien, gegen die beklagte Partei D***** AG, *****, vertreten durch Lansky, Ganzger & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Interesse 36.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 101/17f-21, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 11 Cg 60/16k-13, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Sind die Artikel 52 Nummer 6 Buchstabe a in Verbindung mit Artikel 54 Absatz 1 der RL 2015/2366/EU (Zahlungsdienste-RL), wonach die Zustimmung des Zahlungsdienstnutzers zu einer vorgeschlagenen Änderung der Vertragsbedingungen als erteilt gilt, außer der Zahlungsdienstnutzer zeigt dem Zahlungsdienstleister seine Ablehnung vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Inkrafttretens der geänderten Bedingungen an, dahin auszulegen, dass eine Zustimmungsfiktion auch mit einem Verbraucher völlig uneingeschränkt für sämtliche denkbaren Vertragsbedingungen vereinbart werden kann?
2.a) Ist Artikel 4 Nr 14 Zahlungsdienste-RL dahin auszulegen, dass es sich bei der NFC-Funktion einer personalisierten multifunktionalen Bankkarte, mit der Kleinbetragszahlungen zu Lasten des verknüpften Kundenkontos getätigt werden, um ein Zahlungsinstrument handelt?
2.b) Falls die Frage 2.a) bejaht wird:
Ist Artikel 63 Absatz 1 Buchstabe b Zahlungsdienste-RL (EU) 2015/2366 über die Ausnahme-regeln für Kleinbetragszahlungen und elektronisches Geld dahin auszulegen, dass eine kontaktlose Kleinbetragszahlung unter Verwendung der NFC-Funktion einer personalisierten multifunktionalen Bankkarte als anonyme Nutzung des Zahlungsinstruments im Sinne der Ausnahmeregelung anzusehen ist?
3. Ist Artikel 63 Absatz 1 Buchstabe b Zahlungsdienste-RL (EU) 2015/2366 dahin auszulegen, dass sich ein Zahlungsdienstleister auf diese Ausnahmeregelung nur dann berufen kann, wenn das Zahlungsinstrument nachweislich nach dem objektiven Stand der Technik nicht gesperrt werden kann, oder eine weitere Nutzung nicht verhindert werden kann?
Text
Begründung:
I. Sachverhalt:
Beim Anlassverfahren handelt es sich um einen sogenannten Klauselprozess. Der Kläger ist ein nach österreichischem Konsumentenschutzgesetz klageberechtigter Verband zur Durchsetzung von Verbraucherinteressen. Die beklagte Bank betreibt bundesweit das Bankgeschäft und verwendet im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern Allgemeine Geschäftsbedingungen und Vertragsformblätter, unter anderem für die Verwendung von Zahlungskarten, die mit der Funktion NFC (Near Field Communication) ausgestattet sind.
Mit diesen Zahlungskarten der Beklagten können an technisch dafür ausgerüsteten Kassen kontaktlos Kleinbeträge bis 25 EUR ohne Eingabe eines PIN-Codes bezahlt werden. Die Zahlung höherer Beträge erfordert eine zusätzliche Authentifizierung durch Code. Die NFC-Funktion der Bankkarten wird automatisch aktiviert, wenn der Kunde die Karte zum ersten Mal benützt.
Für das Vorabentscheidungsverfahren sind folgende Klauseln in den genannten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten von Bedeutung:
Klausel 14:
„Änderungen der Kundenrichtlinien: Änderungen dieser Kundenrichtlinien werden dem Kunden spätestens zwei Monate vor dem geplanten Zeitpunkt ihres Inkrafttretens vorgeschlagen. Die Zustimmung des Kunden zu diesen Änderungen gilt als erteilt und die Änderungen gelten damit als vereinbart, wenn der Kunde der D***** AG seine Ablehnung nicht vor dem geplanten Zeitpunkt des Inkrafttretens mitgeteilt hat. Der oben genannte Änderungsvorschlag wird dem Kunden in Papierform oder, sofern er damit einverstanden ist, auf einem anderen dauerhaften Datenträger mitgeteilt. Die D***** AG wird den Kunden in seinem [richtig wohl: ihrem] Änderungsvorschlag darauf hinweisen und aufmerksam machen, dass sein Stillschweigen im oben genannten Sinne als Zustimmung zur Änderung gilt. Außerdem wird die D***** AG eine Gegenüberstellung über die von der Änderung der Kundenrichtlinien betroffenen Bestimmungen auf ihrer Internetseite veröffentlichen und diese Gegenüberstellung dem Kunden auch übermitteln. Gegenüber einem Unternehmer ist es ausreichend, das Angebot über die Änderung auf eine mit dem Unternehmer vereinbarte Weise zum Abruf bereit zu halten. Im Falle einer solchen beabsichtigten Änderung der Kundenrichtlinien hat der Kunde, der Verbraucher ist, das Recht seine Rahmenverträge für Zahlungsdienste (insbesondere den Girokontovertrag) vor dem Inkrafttreten der Änderungen kostenlos fristlos zu kündigen. Auch hierauf wird die D***** AG in ihrem Änderungsvorschlag an den Kunden hinweisen.“
Klausel 15:
„Kein Nachweis der Autorisierung: Da der Zweck von Zahlungen von Kleinbetragsbeträgen ohne Eingabe des persönlichen Codes in einer vereinfachten, ohne Autorisierung erfolgenden Abwicklung eines Zahlungsvorgangs liegt, muss die D***** AG nicht nachweisen, dass der Zahlungsvorgang autorisiert war, ordnungsgemäß aufgezeichnet und verbucht wurde und nicht durch einen technischen Zusammenbruch oder eine andere Störung beeinträchtigt wurde.“
Klausel 16:
„Keine Haftung für nicht autorisierte Zahlungen: Da bei Verwendung der Bezugskarte für Kleinbetragszahlungen ohne Eingabe des persönlichen Codes die D***** AG nicht nachweisen kann, dass der Zahlungsvorgang vom Karteninhaber autorisiert wurde, besteht keine Verpflichtung der D***** AG, im Falle eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs den Betrag des nicht autorisierten Zahlungsvorgangs zu erstatten und das belastete Konto wieder auf den Stand zu bringen, auf dem es sich ohne den nicht autorisierten Zahlungsvorgang befunden hätte. Auch darüber hinausgehende Ansprüche gegen die D***** AG sind – sofern sie auf leichter Fahrlässigkeit der D***** AG beruhen – ausgeschlossen.“
Klausel 17:
„Warnhinweis: Das Risiko eines Missbrauchs der Bezugskarte für Kleinbetragszahlungen ohne Eingabe des persönlichen Codes trägt der Kontoinhaber.“
Klausel 18:
„Keine Sperre für Kleinbetragszahlungen bei Abhandenkommen der Bezugskarte möglich: Eine Sperre der Bezugskarte für Kleinbetragszahlungen ist technisch nicht möglich. Bei Abhandenkommen (zB Verlust, Diebstahl) der Bezugskarte können weiterhin auch nach einer Sperre gemäß Punkt 2.7 Kleinbetragszahlungen ohne Eingabe des persönlichen Codes bis zum Betrag von EUR 75,00 vorgenommen werden: Diese Beträge werden nicht erstattet. Da es sich um Kleinbetragszahlungen im Sinne des § 33 ZaDiG (Zahlungsdienstegesetz) handelt, nur einzelne Zahlungsvorgänge bis höchstens EUR 25,00 möglich sind und eine Möglichkeit, die Bezugskarte für Kleinbetragszahlungen ohne Eingabe des persönlichen Codes zu sperren, nicht besteht, ist § 44 Abs 3 ZaDiG nicht anwendbar.“
Klausel 19:
„Soweit für Kleinbetragszahlungen nicht ausdrücklich in Punkt 3. eine Sonderregelung enthalten ist, gelten für diese auch die Regelungen des Punktes 2. (Karten-Service).“
II. Unionsrechtliche Grundlagen
Die für das Vorabentscheidungsverfahren einschlägigen unionsrechtlichen Bestimmungen lauten:
1. Artikel 52 Zahlungsdienste-RL 2015/2366/EU lautet:
„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass dem Zahlungsdienstnutzer folgende Informationen und Bedingungen mitgeteilt werden:
(…)
6. über Änderungen und Kündigung des Rahmenvertrags:
a) soweit vereinbart, die Angabe, dass die Zustimmung des Zahlungsdienstnutzers zu einer Änderung der Vertragsbedingungen nach Artikel 54 als erteilt gilt, außer der Zahlungsdienstnutzer zeigt dem Zahlungsdienstleister seine Ablehnung vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Inkrafttretens der geänderten Bedingungen an;
b) die Laufzeit des Rahmenvertrags;
c) ein Hinweis auf das Recht des Zahlungsdienstnutzers, den Rahmenvertrag zu kündigen, sowie auf sonstige kündigungsrelevante Vereinbarungen nach Artikel 54 Absatz 1 und Artikel 55;“
2. Artikel 54 Absatz 1 der Zahlungsdienste-
RL 2015/2366/EU lautet:
„Der Zahlungsdienstleister schlägt Änderungen des Rahmenvertrags oder der in Artikel 52 genannten Informationen und Vertragsbedingungen in der in Artikel 51 Absatz 1 vorgesehenen Weise spätestens zwei Monate vor dem geplanten Tag ihrer Anwendung vor. Der Zahlungsdienstnutzer kann den Änderungen vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Inkrafttretens entweder zustimmen oder sie ablehnen.
Sofern gemäß Artikel 52 Nummer 6 Buchstabe a vereinbart, setzt der Zahlungsdienstleister den Zahlungsdienstnutzer davon in Kenntnis, dass dessen Zustimmung zu den Änderungen als erteilt gilt, wenn er dem Zahlungsdienstleister seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Tag des Inkrafttretens der geänderten Bedingungen angezeigt hat. Der Zahlungsdienstleister setzt den Zahlungsdienstnutzer ferner davon in Kenntnis, dass der Zahlungsdienstnutzer, wenn er diese Änderungen ablehnt, das Recht hat, den Rahmenvertrag jederzeit bis zum Tag der Anwendung der Änderungen kostenlos zu kündigen.“
3. Artikel 4 Nr 14 der Zahlungsdienste-RL lautet:
„'Zahlungsinstrument' jedes personalisierte Instrument und/oder jeden personalisierten Verfahrensablauf, das bzw. der zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister vereinbart wurde und zur Erteilung eines Zahlungsauftrags verwendet wird;“
4. Artikel 63 Absatz 1 der Zahlungsdienste-RL („Ausnahmeregelung für Kleinbetragszahlungsinstrumente und E-Geld“) lautet:
„Im Falle von Zahlungsinstrumenten, die gemäß dem Rahmenvertrag nur einzelne Zahlungsvorgänge bis höchstens 30 EUR betreffen oder die entweder eine Ausgabenobergrenze von 150 EUR haben oder Geldbeträge speichern, die zu keiner Zeit 150 EUR übersteigen, können die Zahlungsdienstleister mit ihren Zahlungsdienstnutzern vereinbaren, dass
a) Artikel 69 Absatz 1 Buchstabe b, Artikel 70 Absatz 1 Buchstaben c und d sowie Artikel 74 Absatz 2 keine Anwendung finden, wenn das Zahlungsinstrument nicht gesperrt werden oder eine weitere Nutzung nicht verhindert werden kann;
b) die Artikel 72 und 73 sowie Artikel 74 Absätze 1 und 3 keine Anwendung finden, wenn das Zahlungsinstrument anonym genutzt wird oder der Zahlungsdienstleister aus anderen Gründen, die dem Zahlungsinstrument immanent sind, nicht nachweisen kann, dass ein Zahlungsvorgang autorisiert war (…).“
III. Innerstaatliche Rechtsgrundlagen:
1. § 48 Absatz 1 Z 6 lit a und lit c ZaDiG 2018 lauten:
„Der Zahlungsdienstleister hat dem Zahlungsdienstnutzer folgende Informationen und Vertragsbedingungen mitzuteilen:
(...)
6. Über Änderungen und Kündigung des Rahmenvertrags:
a) soweit vereinbart, die Angabe, dass die Zustimmung des Zahlungsdienstnutzers zu einer Änderung der Bedingungen gemäß § 50 als erteilt gilt, wenn er dem Zahlungsdienstleister seine Ablehnung nicht vor dem geplanten Zeitpunkt des Inkrafttretens der geänderten Bedingungen angezeigt hat, wobei die Änderung innerhalb der Frist des § 50 Abs 1 Z 1 dem Zahlungsdienstnutzer mitzuteilen ist;
(…)
c) einen Hinweis auf das Recht des Zahlungsdienstnutzers, den Rahmenvertrag zu kündigen, sowie auf sonstige kündigungsrelevante Vereinbarungen gemäß § 50 Abs 1 und § 51.“
2. § 50 Absatz 1 ZaDiG 2018 hat den Wortlaut:
„Der Zahlungsdienstleister hat
1. dem Zahlungsdienstnutzer Änderungen des Rahmenvertrags spätestens zwei Monate vor dem geplanten Zeitpunkt ihrer Anwendung in der in § 47 Abs. 1 vorgesehenen Weise vorzuschlagen und
2. sofern eine Vereinbarung gemäß § 48 Abs. 1 Z 6 lit. a getroffen wurde, darauf hinzuweisen,
a) dass die Zustimmung des Zahlungsdienstnutzers zu den Änderungen als erteilt gilt, wenn er dem Zahlungsdienstleister seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt der Anwendung der Änderungen angezeigt hat, und
b) dass der Zahlungsdienstnutzer das Recht hat, den Rahmenvertrag vor dem Inkrafttreten der Änderungen kostenlos fristlos zu kündigen.“
3. § 4 Z 14 ZaDiG 2018 lautet:
„Zahlungsinstrument: jedes personalisierte Instrument oder jeder personalisierte Verfahrensablauf, das oder der zwischen den Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister vereinbart wurde und zur Erteilung eines Zahlungsauftrags verwendet wird;“
4. § 57 Absatz 1 ZaDiG 2018 lautet:
„Im Falle von Zahlungsinstrumenten, die gemäß dem Rahmenvertrag nur einzelne Zahlungsvorgänge bis höchstens 30 Euro betreffen oder die entweder eine Ausgabenobergrenze von 150 Euro haben oder Geldbeträge speichern (Zahlungsinstrumente auf Guthabenbasis), die zu keiner Zeit 150 Euro übersteigen, können die Zahlungsdienstleister mit ihren Zahlungsdienstnutzern vereinbaren, dass
1. § 63 Abs 2, § 64 Abs 1 Z 2 und 4 sowie § 68 Abs 4 und 5 nicht anzuwenden sind, wenn das Zahlungsinstrument nicht gesperrt werden oder eine weitere Nutzung nicht verhindert werden kann,
2. die §§ 66 und 67 sowie § 68 Abs 1, 2, 4 und 5 nicht anzuwenden sind, wenn das Zahlungsinstrument anonym genutzt wird oder der Zahlungsdienstleister aus anderen Gründen, die dem Zahlungsinstrument immanent sind, nicht nachweisen kann, dass ein Zahlungsvorgang autorisiert war (…).“
IV. Bisheriges Verfahren:
Der Kläger brachte vor, die Klauseln seien unwirksam. Die Klausel 14 könne auch Hauptleistungen umfassen und sei gröblich benachteiligend und intransparent.
Die mit einer Bankomatkarte verknüpfte NFC-Zahlungsfunktion falle nicht unter die Ausnahmeregelungen für Kleinbetragszahlungsinstrumente und E-Geld.
Die Beklagte wandte ein, Klausel 14 entspreche den rechtlichen Erfordernissen.
Die einzelnen Zahlungsfunktionen der Karte seien getrennt zu beurteilen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zu den Klauseln 14 bis 19 statt. Klausel 14 sei gröblich benachteiligend.
Die Voraussetzungen für die Anwendung der Ausnahmeregeln für Kleinbetragszahlungsinstrumente seien nicht erfüllt, weil die Bezugskarte auch für andere Zahlungen verwendet werden könne. Die Zusatzfunktion der kontaktlosen Zahlung ohne Authentifizierung sei überhaupt nicht als Zahlungsinstrument anzusehen.
Das Berufungsgericht teilte diese Rechtsansicht. Stelle man nur auf die kontaktlose Zahlungsfunktion ab, liege keine Verwendung eines Zahlungsinstruments vor, sondern sei der Vorgang wie MOTO-Kreditkartentransaktionen zu behandeln. Dafür spreche, dass die ohne PIN-Eingabe auslösbare NFC-Zahlungsfunktion bei Kleinbeträgen im Unterschied zur „Elektronischen Geldbörse“ automatisch aktiviert werde. Die für NFC-Transaktionen verwendete Bankomatkarte sei außerdem nicht anonym, sondern sowohl personalisiert als auch mit einem Code gesichert.
Rechtliche Beurteilung
V. Vorlage und Begründung:
Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs kann mit den Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts nicht mehr angefochten werden (Artikel 267 AEUV). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs hat in einem Verfahren nach Artikel 267 AEUV das befasste nationale Gericht sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorzulegenden, das Unionsrecht betreffenden Fragen zu beurteilen (vgl EuGH ECLI:EU:C:2010:28 C-395/08 Rn 18 uva).
1. Die Beklagte argumentiert in ihrer Revision, die Klausel 14 erfülle die wörtlichen Vorgaben der Richtlinie und des Gesetzes und dürfe deshalb keiner weiteren Kontrolle auf Angemessenheit und Transparenz unterzogen werden. Die Möglichkeit, auch mit Verbrauchern eine derartige Zustimmungsfiktion zu vereinbaren, sei in der Praxis eines Massengeschäfts für die Rechtssicherheit unerlässlich, weil ausdrückliche Zustimmungserklärungen von der überwiegenden Mehrzahl der Kunden nicht zu erlangen seien. Eine Einschränkung dieser Möglichkeit auf bestimmte Vertragsbedingungen oder die Forderung, im Voraus die über Zustimmungsfiktion möglichen Änderungen so detailliert zu beschreiben, dass die Klauseln dem strengen Transparenzgebot standhalten, sei überschießend und stelle praktisch unerfüllbare Anforderungen an die Formulierung zulässiger Allgemeiner Geschäftsbedingungen.
Der Oberste Gerichtshof hat dagegen bereits wiederholt judiziert, dass eine Zustimmungsfiktionsklausel nicht allein deshalb automatisch zulässig ist, weil sie die Formalerfordernisse erfüllt, sondern dass auf diesem Wege ermöglichte Vertragsänderungsklauseln zusätzlich der Kontrolle im Sinne der RL 93/13/EWG des Rates vom über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen sowie deren nationaler Umsetzung (§ 879 Abs 3 ABGB und § 6 Abs 3 KSchG) unterliegen (ua 1 Ob 210/12g; 2 Ob 131/12x; 8 Ob 58/14h; 9 Ob 26/15m; 10 Ob 60/17x [Klausel 1]).
Besonders weitreichende Vertragsänderungen, die die Grundlagen der rechtlichen Beziehungen der Parteien betreffen, können nach dieser Auffassung nicht durch Zustimmungsfiktion zustande kommen; lässt eine Klausel praktisch uneingeschränkte Änderungen zugunsten des Unternehmens zu Lasten des Verbrauchers über bloße Zustimmungsfiktion zu, wird sie als gröblich benachteiligend angesehen. Darüber hinaus erachtet die Rechtsprechung eine Klausel für intransparent, wenn nicht nur völlig unbestimmt bleibt, welche Leistungen der Zahlungsdienstleister mit fingierter Zustimmung einschränken könnte, sondern auch, in welchem Umfang eine Änderung der vom Verbraucher entrichteten Entgelte vorgenommen werden kann. Zulässig wäre es aber wohl, wenn die Änderungsbefugnis etwa dahin konkretisiert wird, dass sie durch gesetzliche Änderungen oder behördliche bzw gerichtliche Vorgaben erzwungene Änderungen oder solche zugunsten der Nutzer umfasst oder für bestimmte Bereiche deren Zielrichtung festlegt.
Hinter dieser Rechtsprechung steht die Überlegung, dass die vertragliche Zustimmungsfiktion in der Praxis trotz des formalen Widerspruchsrechts auf eine einseitige Änderungsbefugnis des Unternehmers hinausläuft, weil sich Verbraucher erfahrungsgemäß in aller Regel mit Änderungsangeboten gar nicht auseinandersetzen (10 Ob 60/17x).
Die §§ 48 Abs 1 Z 6 lit a, 50 Abs 1 ZaDiG 2018 regeln in Übereinstimmung mit dem Wortlaut der Zahlungsdienste-RL 2015/2366/EU, welche Informationen der Unternehmer zu erteilen hat und worauf er bei geplanten Änderungen hinzuweisen hat, sofern eine Vereinbarung über eine Zustimmungsfiktion geschlossen wurde. Nach Auffassung des Obersten Gerichtshofs setzt diese Formulierung das Bestehen einer solchen Vereinbarung voraus, ohne aber deren Inhalt zu regeln. Es ist danach dem Zahlungsdienstleister – im Unterschied zum Anbieter von Telekommunikationsleistungen nach Artikel 20 (Absatz 4) der Universaldienst-RL 2002/22/EG – nicht unmittelbar durch die Richtlinie gestattet, für sämtliche denkbaren allgemeinen Vertragsbedingungen eine einseitige Änderungsmöglichkeit per Zustimmungsfiktion zu vereinbaren.
Diese Rechtsprechung ist jedoch in der Folge in der österreichischen Literatur mehrfach auf Kritik gestoßen. Bollenberger (Änderungen von Bankverträgen im Massengeschäft, ÖBA 2017, 741) vertritt den Standpunkt, dass diese strenge Rechtsprechungslinie von den Zahlungsdienstleistern inhaltliche Begrenzungen für Erklärungsfiktionsklauseln fordere, die sich in Gesetz und Richtlinie nicht fänden, ohne aber dafür hinreichende Kriterien zu nennen. Nach Ansicht des Autors stehe die eine Vollharmonisierung anstrebende Zahlungsdienste-RL einer solchen Begrenzung entgegen, zumal es diese in anderen Mitgliedstaaten, namentlich in Deutschland, trotz identer Rechtslage nicht gebe.
Ähnlich argumentiert Schopper (Judikatur zu Zustimmungsfiktionsklauseln in AGB, VbR 2017/51, 75), der meint, es sei eine Abwägung zwischen den wichtigen, legitimen Interessen von Unternehmern, die mit Verbrauchern Dauerverträge im Massenkundengeschäft abschließen, und den ohnehin nur potentiellen Nachteilen der Kunden vorzunehmen. Eine Zustimmungsfiktion sei für Verbraucher nämlich nicht per se nachteilig, weil sich die vorgeschlagenen Änderungen auch zu ihren Gunsten auswirken könnten. Die Gefahr einer Übervorteilung bei einer Anpassung allgemeiner Vertragsbedingungen sei jedenfalls geringer als bei Änderungen, die das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung beträfen.
Nach Auffassung des Obersten Gerichtshofs kann diesen Überlegungen aber der auf den Schutz der Verbraucher vor nachteiligen Geschäftspraktiken abzielende Regelungsgehalt der Richtlinien entgegen gehalten werden.
Mit einer einmal vereinbarten uneingeschränkten Zustimmungsfiktion wäre es jederzeit möglich, Kunden völlig schrankenlos in für sie ungünstigere Vertragsmodelle umzustellen und dabei auf ihre mangelnde Auseinandersetzung mit umfangreichen Vertragstexten, auf ihr fehlendes Verständnis der Auswirkungen oder darauf zu vertrauen, dass sie die Änderungen wegen der anderenfalls nur möglich erscheinenden Kündigung als alternativlos hinnehmen.
Nach Auffassung des Obersten Gerichtshofs kann sich seine Rechtsprechung nunmehr auch auf den Erwägungsgrund 63 der Zahlungsdienste-RL 2366/2015/EU gründen: „Um ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten, sollten die Mitgliedstaaten im Interesse des Verbrauchers Beschränkungen oder Verbote einseitiger Änderungen der Bedingungen eines Rahmenvertrags aufrechterhalten oder einführen können, beispielsweise wenn eine solche Änderung nicht gerechtfertigt ist.“
2. Zahlungsdienstleister können mit ihren Zahlungsdienstnutzern nach Artikel 63 Absatz 1 Buchstabe b Zahlungsdienste-RL 2015/2366/EU im Falle von Zahlungsinstrumenten, die gemäß dem Rahmenvertrag nur einzelne Zahlungsvorgänge bis höchstens 30 EUR betreffen oder die entweder eine Ausgabenobergrenze von 150 EUR haben oder Geldbeträge speichern, die zu keiner Zeit 150 EUR übersteigen, vereinbaren, dass die Artikel 72 und 73 sowie Artikel 74 Absätze 1 und 3 keine Anwendung finden, wenn das Zahlungsinstrument anonym genutzt wird oder der Zahlungsdienstleister aus anderen Gründen, die dem Zahlungsinstrument immanent sind, nicht nachweisen kann, dass ein Zahlungsvorgang autorisiert war.
Im Ausgangsverfahren stellen sich die Vorfragen, ob es sich bei der berührungslosen NFC-Bezahlfunktion einer multifunktionalen, mit einem bestimmten zu belastenden Konto eines Zahlungsdienstnutzers verknüpften Karte
- überhaupt um ein Zahlungsinstrument im Sinne des Artikel 4 Nr 14 Zahlungsdienste-RL handelt, und
- wann es, wenn dies der Fall ist, „anonym“ genutzt wird.
2.1. Artikel 4 Nr 14 Zahlungsdienste-RL definiert als „Zahlungsinstrument“ jedes personalisierte Instrument und/oder jeden personalisierten Verfahrensablauf, das bzw der zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister vereinbart wurde und das bzw der vom Zahlungsdienstnutzer eingesetzt werden kann, um einen Zahlungsauftrag nach Artikel 4 Nr 16 Zahlungsdienste-RL zu erteilen.
Nach der Rechtsprechung des EuGH (C-616/11 T-Mobile Austria, Rn 33, 35 ECLI:EU:C:2014:242) kann ein Zahlungsinstrument als personalisiert angesehen werden, wenn das Instrument dem Zahlungsdienstleister eine Überprüfung ermöglicht, dass der Zahlungsauftrag von einem hierzu berechtigten Nutzer erteilt wurde. Der Begriff des Zahlungsinstruments kann darüber hinaus aber auch einen Verfahrensablauf erfassen, der nicht personalisiert ist, zwischen dem Nutzer und dem Zahlungsdienstleister vereinbart wurde und der vom Nutzer eingesetzt werden kann, um einen Zahlungsauftrag zu erteilen (zB unterschriebener Zahlschein; EuGH C-616/11 T-Mobile Austria, Rn 33, 35).
In diesem Sinne gelangt der Oberste Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Auslösung eines Zahlungsauftrags unter Verwendung der NFC-Funktion einer einem individuellen Bankkarte zugeordnete Bankkarte um einen Verfahrensablauf im Sinne des Artikel 4 Nr 23 Zahlungsdienste-RL und damit um ein Zahlungsinstrument handeln kann.
2.2. Der Begriff der „anonymen“ Nutzung nach Artikel 63 Absatz 1 Buchstabe b Zahlungsdienste-
RL 2015/2366/EU wird innerhalb der Richtlinie nicht definiert. Aus dem allgemeinen Sprachgebrauch (zB www.duden.de: ungenannt, ohne Namensnennung; www.wikipedia.org: inkognito, unbekannt, verdeckt, namenlos) lässt sich kein eindeutiges Ergebnis gewinnen.
Es ist die Auslegung möglich, dass eine anonyme Nutzung nur dann vorliegt, wenn der Zahlungsvorgang kumulativ mit einer nicht einem individuellen Kundenkonto zugeordneten Bankkarte und ohne Angabe zusätzlicher Authentifizierungsmerkmale ausgelöst wird. Möglich ist aber auch die Interpretation, dass schon dann eine anonyme Nutzung im Sinne der Regelung vorliegt, wenn zwar eine personalisierte Bankkarte zum Auslösen des Zahlungsvorgangs zu Lasten eines bestimmten Kontos eingesetzt wird, aber darüber hinaus keine weitere Authentifizierung (vgl Artikel 4 Z 29, 30 Zahlungsdienste-RL) erfolgt, sodass jeder beliebige physische Inhaber der Bankkarte zu deren Verwendung in der Lage ist.
Nach dem Wortlaut des Artikels 63 Absatz 1 Buchstabe b der Zahlungsdienste-RL 2015/2366/EU ist davon auszugehen, dass die „anonyme“ Nutzung und „andere dem Zahlungsinstrument immanente Gründe“ es gemeinsam haben, dass der Zahlungsdienstleister nicht nachweisen kann, dass ein Zahlungsvorgang nicht autorisiert war.
Ob ein solcher Nachweis bei der Nutzung einer multifunktionalen personalisierten Bankkarte ohne CVM (cardholder verification method; etwa PIN) im Sinne der Richtlinie wirklich nicht erbracht werden kann, ist nicht eindeutig klar.
Bei gleichzeitigem Fehlen einer Verlustmeldung weist immerhin allein schon der tatsächliche Besitz der Karte auf eine Verwendung durch den darauf genannten Verfügungsberechtigten selbst oder einen Dritten, dem er sie willentlich überlassen hat, hin. Dagegen mag eingewendet werden, dass eine Bankkarte dem Berechtigten auch unbemerkt von einer nicht autorisierten Person entfremdet worden sein könnte, sodass ihr bloßer Besitz noch keinen Nachweis der Verfügungsberechtigung begründet. Umgekehrt ist aber eine über jeden Zweifel erhabene Überprüfung der Autorisierung eines Zahlungsvorgangs auch dann nicht möglich, wenn eine Authentifizierung durch weitere Sicherheitsmerkmale abverlangt wird (vgl Artikel 4 Z 30 Zahlungsdienstleiste-RL – „starke Kundenauthentifizierung“). Ein Missbrauch (zB durch Ausspähen des PIN-Codes) ist auch in diesem Fall nicht auszuschließen. In diesem Sinn bestehen lediglich qualitative Unterschiede zwischen dem bloßen Besitz der Karte als schwächstem Indiz und zusätzlichen Authentifizierungsschritten als stärkeren Indizien für eine autorisierte Verwendung.
Die Auffassung, dass eine personalisierte Zahlungskarte bei der NFC-Funktion nicht anonym genutzt wird, findet auch in der österreichischen Literatur Niederschlag (Haghofer in Weilinger [Hrsg], ZaDiG § 35 Rz 11 f und § 44 Rz 26, 41).
2.3. Im Frage-Antwort-Dokument der Europäischen Kommission „Your questions on PSD, Payment Services Directive 2007/64/EC, Question no 301 zu Article 34, 53“ wird zur Qualifikation von multifunktionalen Bankkarten, mit denen sowohl Zahlungen unter Eingabe von CVM (PIN) als auch kontaktlose Kleinbetragszahlungen ohne CVM (PIN) ausgeführt werden können, festgehalten: „In case of multifunctional cards, different regimes can apply. In the case described, payment transactions executed with the contactless function would benefit from the derogations under Articles 34 and 53, whereas for the credit or debit card function the 'normal' set of provisions applies“.
Dieser Antwort liegt offenbar die Auslegung zugrunde, dass ein Zahlungsinstrument schon dann anonym genutzt wird, wenn es ohne weitere Authentifizierung mittels eines personalisierten Sicherheitsmerkmals zur Erteilung eines Zahlungsauftrags verwendet werden kann, sodass es einer „anonymen“ Nutzung mittels NFC-Funktion nicht entgegensteht, wenn sie mit einer auf den Inhaber eines bestimmten Kontos ausgestellten Bankkarte durchgeführt wird.
3. Nach Artikel 63 Absatz 1 Buchstabe a Zahlungsdienste-RL 2015 (in Österreich umgesetzt durch § 57 Absatz 1 Z 1 ZaDiG 2018) gelten die darin genannten Ausnahmeregeln, „wenn das Zahlungsinstrument nicht gesperrt werden oder eine weitere Nutzung nicht verhindert werden kann“.
Im vorliegenden Verfahren enthalten die strittigen Vertragsklauseln der Beklagten auch auf diese Bestimmung gestützte Ausnahmen unter der Behauptung, dass die Bankkarte „für Kleinbetragszahlungen nicht gesperrt werden kann“.
Die Beklagte hat im Verfahren das Klagsvorbringen, dass eine solche Sperre technisch sehr wohl möglich wäre, nicht bestritten, sondern den Standpunkt eingenommen, dass es darauf nicht ankomme.
Der Wortlaut des Artikel 63 Absatz 1 Buchstabe a Zahlungsdienste-RL 2015 lässt grundsätzlich die Auslegung zu, dass es dem Zahlungsdienstleister frei steht, dem Zahlungsdienstnutzer eine als nicht sperrbar deklarierte Karte anzubieten und dafür die Ausnahmeregeln in Anspruch zu nehmen. Er kann aber auch dahin verstanden werden, dass sich der Zahlungsdienstleister auf die Vereinbarung der Ausnahmeregel nur dann berufen kann, wenn er den Nachweis erbringt, dass eine Sperre der NFC-Funktion nicht möglich ist. Dann könnte sich der Zahlungsdienstleister nicht darauf berufen, wenn nach dem Stand der Technik eine Sperre möglich wäre, aber diese Technik vom Zahlungsdienstleister nicht verwendet wird.
Der letzteren Auslegung des Artikel 63 Absatz 1 Buchstabe b Zahlungsdienste-RL 2015 wäre bei besonderer Gewichtung des Verbraucherschutzes der Vorzug zu geben. Nach der gegenteiligen Auffassung hätte es der Zahlungsdiensteanbieter in der Hand, durch ein technisch minderwertiges Angebot das Haftungsrisiko für unautorisierte Zahlungen zu Lasten des Zahlungsdienstnutzers zu verschieben, was mit dem Erwägungsgrund 91 der Zahlungsdienste-RL in Konflikt stehen könnte (Verantwortung für angemessene Sicherheitsmaßnahmen).
4. Die allgemeinen Fragen, ob „Anonymität“ im Sinne des Art 64 Abs 1 lit b der Zahlungsdienstleiste-RL schon ausscheidet, wenn die Zahlung mittels einer auf ein individualisiertes Bankkonto ausgestellte Bankkarte erfolgt, oder ob es dazu noch eines weiteren authentifizierenden Elements (etwa PIN) bedarf, lässt sich aus den aus der bisherigen Rechtsprechung des EuGH ableitbaren Rechtssätzen zur Auslegung des Unionsrechts nicht eindeutig beantworten. Dies gilt auch für die Frage, inwieweit bei Beurteilung der mangelnden Sperrbarkeit im Sinne des Art 63 Absatz 1 lit a dieser RL auf die Vereinbarung oder auch auf die technische Machbarkeit abzustellen ist. Insoweit bedarf es der Festlegung eines einheitlichen Standards durch einen allgemeinen Rechtssatz aus der Auslegung des Unionsrechts durch den EuGH und geht es nicht nur um die dem nationalen Gericht vorbehaltene bloße Anwendung des Unionsrechts (OGH 6 Ob 116/17b).
5. Die Beantwortung der gestellten Fragen ist für die Entscheidung über die Zulässigkeit der im Verfahren strittigen Klauseln präjudiziell.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner, die Hofrätin Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely-Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** K*****, vertreten durch Kosesnik-Wehrle & Langer Rechtsanwälte KG in Wien, gegen die beklagte Partei D***** AG, *****, vertreten durch Lansky, Ganzger & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Interesse 36.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 101/17f-21, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 11 Cg 60/16k-13, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
I. Der Revision wird teilweise Folge gegeben und die Entscheidung des Berufungsgerichts im folgenden Umfang als Teilurteil bestätigt, das lautet:
1. Die beklagte Partei ist schuldig, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sie von ihr geschlossenen Verträgen zugrundelegt und/oder in hiebei verwendeten Vertragsformblättern die Verwendung der Klauseln:
- Aus Sicherheitsgründen (zB wenn ein begründeter Verdacht besteht, dass persönliche Identifikationsmerkmale eines größeren, nicht konkretisierbaren Kundenkreises durch Unberechtigte missbraucht werden könnten) kann die Bank ein bankweit geltendes Transaktionslimit pro ITan einführen. Über die Einführung und die Dauer eines solchen Transaktionslimits für ITan wird die Bank den Kunden mittels Nachricht unmittelbar nach dem Einstieg in das Onlinebanking informieren. (Klausel 1)
- Aufgrund eines solchen Auftrags des Kunden wird die Bank unverzüglich die Sperre der Benutzernummer(n) veranlassen. (Klausel 2)
- Die Bank ist berechtigt die Benutzernummer(n) eines Kunden zu sperren, wenn der Kunde seine aus diesen Bedingungen resultierenden Pflichten verletzt oder ein Missbrauch von persönlichen Identifikationsmerkmalen bereits erfolgt (oder insbesondere aufgrund der Bank von Dritten zugekommenen Informationen) zu befürchten ist. (Klausel 3)
- Die Aufhebung dieser Sperren ist nur durch den Kunden schriftlich oder persönlich in einer Filiale der Bank möglich. (Klausel 4)
- Sind persönliche Identifikationsmerkmale missbräuchlich verwendet worden, ist vom Kunden auf Verlangen der Bank, überdies unverzüglich Anzeige bei der Polizei zu erstatten und der Bank eine Anzeigenbestätigung vorzulegen. (Klausel 5)
- Die Bank hat für die von ihr im Rahmen des Onlinebanking erbrachten Leistungen Anspruch auf Entgelt und Anspruch auf Ersatz der notwendigen und nützlichen Aufwendungen. Die Höhe dieser Entgelte und Aufwandersätze sind dem in den Filialen der Bank aufliegenden Aushang zu entnehmen. (Klausel 6)
- Bei derzeit entgeltfrei angebotenen Dienstleistungen kann die Bank nach entsprechender Ankündigung ein Entgelt verrechnen. Diese Entgeltsankündigung wird dem Onlinebanking-Kunden von der Bank rechtzeitig vor Wirksamwerden des Entgelts mittels Brief, über Kontoauszug oder elektronisch im Rahmen des Onlinebanking über Internet bekannt gegeben und gilt als genehmigt, sofern der Kunde nicht binnen 6 Wochen nach Erhalt der entsprechenden Ankündigung widerspricht. (Klausel 7)
- Sofern ein Kunde seiner Verpflichtung zur Geheimhaltung von PIN und TAN zuwider handelt oder sofern ein unberechtigter Dritter infolge einer Sorgfaltswidrigkeit des Kunden Kenntnis von den persönlichen Identifikationsmerkmalen des Kunden erlangt, trägt der Kontoinhaber bis zur Wirksamkeit der Sperre der Verfügernummer des Kunden (siehe Punkt 7.1) alle Folgen und Nachteile infolge einer missbräuchlichen Verwendung von PIN und TAN im Rahmen des Onlinebanking. (Klausel 8)
- Für Schäden, die aus unvollständigen oder unrichtigen Angaben bei der Vornahme von Dispositionen resultieren, haftet der Kontoinhaber. (Klausel 9)
- Bei Schäden eines Kontoinhabers durch einen Fehler in den Einrichtungen der Bank zur automatisierten Datenverarbeitung, für welche die Bank ohne ein von ihr zu vertretendes schuldhaftes Verhalten haftet, ist diese Haftung pro schädigendem Ereignis gegenüber jedem einzelnen Kunden mit einem Betrag von höchstens 10.000 EUR und überdies insgesamt gegenüber allen Kunden auf höchstens 1.000.000 EUR begrenzt. Übersteigt der Gesamtschaden die Höchstgrenze, so verringern sich die Ersatzansprüche der einzelnen Geschädigten anteilsmäßig. (Klausel 10)
- Änderungen dieser Geschäftsbedingungen durch die Bank werden dem Kunden zur Kenntnis gebracht. Dies kann mittels Brief, über einen Kontoauszug oder im Rahmen des Onlinebanking auch auf elektronische Weise geschehen. Änderungen gelten als genehmigt, wenn der Kunde nicht binnen 6 Wochen nach Zugang eines solchen Briefes, Kontoauszugs oder einer elektronischen Nachricht über Onlinebanking schriftlich widerspricht. Die Bank wird den Kunden anlässlich der Benachrichtigung auf diese Genehmigungswirkung ausdrücklich hinweisen. (Klausel 11)
- Mit Zustellung eines Kontoauszugs beginnen allfällige Reklamations- und Widerspruchsfristen von 6 Wochen zu den zugestellten Erklärungen und Nachrichten der Bank zu laufen. (Klausel 12)
- Den Kontoinhaber trifft die Obliegenheit der regelmäßigen Abrufung. (Klausel 13)
- Vorzeitige Fälligstellung: Der Kontoinhaber kann eine vorzeitige Fälligstellung des Festgeldkontos beantragen. Der Antrag muss schriftlich erfolgen. Dabei wird der Zinssatz für die neu errechnete Laufzeit rückwirkend auf derzeit 0,5 % p.a. herabgesetzt. Der Anlagebetrag sowie die sich so errechnenden Zinsen werden auf das Stammkonto (Pkt II./1) übertragen. (Klausel 20)
- Neben den im Preisaushang ausgewiesenen Entgelten der D***** AG fallen unter Umständen noch Barauslagen an, die die D***** AG in Ausführung der Kundenaufträge an Dritte zu bezahlen hat. Auch diese Barauslagen sind vom Kunden zu tragen. (Klausel 21)
- Ist es im Rahmen einer von der D***** AG zu erbringenden Zahlungsdienstleistung erforderlich, Beträge in fremder Währung zu kaufen oder zu verkaufen, erfolgt der Kauf oder Verkauf durch die D***** AG anhand des im Zeitpunkt der Auftragsdurchführung aktuellen marktkonformen Devisenkurses, den die D***** AG ihren Kunden allgemein in Rechnung stellt. Diese Kurse stehen spätestens am nächsten Geschäftstag in ihrem Schalteraushang zum Abruf bereit und sind unmittelbar anwendbar. Die anlässlich dieses Vorgangs anfallenden weiteren Entgelte der D***** AG sind dem Preisverzeichnis zu entnehmen. (Klausel 22)
- Die PIN ist regelmäßig zu ändern. (Klausel 23),
oder die Verwendung sinngleicher Klauseln binnen 6 Monaten zu unterlassen; sie ist ferner schuldig, es zu unterlassen, sich auf die vorstehend genannten Klauseln oder sinngleiche Klauseln zu berufen.
2. Das Mehrbegehren, die Beklagte sei schuldig es zu unterlassen, die Klausel
- Alle übrigen auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Verträge kann das Kreditinstitut jederzeit unter Einhaltung einer angemessenen Kündigungsfrist kündigen. (Klausel 24)
oder sinngleiche Klauseln zu verwenden und sich darauf zu berufen, wird abgewiesen.
3. Der klagenden Partei wird die Ermächtigung erteilt, den klagsstattgebenden Teil des Urteilsspruchs im Umfang des Unterlassungsbegehrens und der Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung binnen 6 Monaten ab Rechtskraft einmal in einer Samstagsausgabe des redaktionellen Teils der „Kronen-Zeitung“, bundesweit erscheinende Ausgabe, auf Kosten der beklagten Partei mit gesperrt geschriebenen Prozessparteien und in Fettdruckumrandung in Normallettern, somit in gleich großer Schrift wie der Fließtext redaktioneller Artikel, zu veröffentlichen.
4. Die Entscheidung über das Mehrbegehren (Klauseln 14 bis 19) und die Kostenentscheidung bleiben der Endentscheidung vorbehalten.
II. Das Revisionsverfahren wird hinsichtlich der Klauseln:
- Änderungen der Kundenrichtlinien: Änderungen dieser Kundenrichtlinien werden dem Kunden spätestens 2 Monate vor dem geplanten Zeitpunkt ihres Inkrafttretens vorgeschlagen. Die Zustimmung des Kunden zu diesen Änderungen gilt als erteilt und die Änderungen gelten damit als vereinbart, wenn der Kunde der D***** AG seine Ablehnung nicht vor dem geplanten Zeitpunkt des Inkrafttretens mitgeteilt hat. Der oben genannte Änderungsvorschlag wird dem Kunden in Papierform oder, sofern er damit einverstanden ist, auf einem anderen dauerhaften Datenträger mitgeteilt. Die D***** AG wird den Kunden in seinem (richtig wohl: ihrem) Änderungsvorschlag darauf hinweisen und aufmerksam machen, dass sein Stillschweigen im oben genannten Sinne als Zustimmung zur Änderung gilt. Außerdem wird die D***** AG eine Gegenüberstellung über die von der Änderung der Kundenrichtlinien betroffenen Bestimmungen auf ihrer Internetseite veröffentlichen und diese Gegenüberstellung dem Kunden auch übermitteln. Gegenüber einem Unternehmer ist es ausreichend, das Angebot über die Änderung auf eine mit dem Unternehmer vereinbarte Weise zum Abruf bereit zu halten. Im Falle einer solchen beabsichtigten Änderung der Kundenrichtlinien hat der Kunde, der Verbraucher ist, das Recht seine Rahmenverträge für Zahlungsdienste (insbesondere den Girokontovertrag) vor dem Inkrafttreten der Änderungen kostenlos fristlos zu kündigen. Auch hierauf wird die D***** AG in ihrem Änderungsvorschlag an den Kunden hinweisen. (Klausel 14)
- Kein Nachweis der Autorisierung: Da der Zweck von Zahlungen von Kleinbetragsbeträgen ohne Eingabe des persönlichen Codes in einer vereinfachten, ohne Autorisierung erfolgenden Abwicklung eines Zahlungsvorgangs liegt, muss die D***** AG nicht nachweisen, dass der Zahlungsvorgang autorisiert war, ordnungsgemäß aufgezeichnet und verbucht wurde und nicht durch einen technischen Zusammenbruch oder eine andere Störung beeinträchtigt wurde. (Klausel 15)
- Keine Haftung für nicht autorisierte Zahlungen: Da bei Verwendung der Bezugskarte für Kleinbetragszahlungen ohne Eingabe des persönlichen Codes die D***** AG nicht nachweisen kann, dass der Zahlungsvorgang vom Karteninhaber autorisiert wurde, besteht keine Verpflichtung der D***** AG, im Falle eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs den Betrag des nicht autorisierten Zahlungsvorgangs zu erstatten und das belastete Konto wieder auf den Stand zu bringen, auf dem es sich ohne den nicht autorisierten Zahlungsvorgang befunden hätte. Auch darüber hinausgehende Ansprüche gegen die D***** AG sind – sofern sie auf leichter Fahrlässigkeit der D***** AG beruhen – ausgeschlossen. (Klausel 16)
- Warnhinweis: Das Risiko eines Missbrauchs der Bezugskarte für Kleinbetragszahlungen ohne Eingabe des persönlichen Codes trägt der Kontoinhaber. (Klausel 17)
- Keine Sperre für Kleinbetragszahlungen bei Abhandenkommen der Bezugskarte möglich: Eine Sperre der Bezugskarte für Kleinbetragszahlungen ist technisch nicht möglich. Bei Abhandenkommen (zB Verlust, Diebstahl) der Bezugskarte können weiterhin auch nach einer Sperre gemäß Punkt 2.7 Kleinbetragszahlungen ohne Eingabe des persönlichen Codes bis zum Betrag von 75 EUR vorgenommen werden: Diese Beträge werden nicht erstattet. Da es sich um Kleinbetragszahlungen im Sinne des § 33 ZaDiG (Zahlungsdienstegesetz) handelt, nur einzelne Zahlungsvorgänge bis höchstens 25 EUR möglich sind und eine Möglichkeit, die Bezugskarte für Kleinbetragszahlungen ohne Eingabe des persönlichen Codes zu sperren, nicht besteht, ist § 44 Abs 3 ZaDiG nicht anwendbar. (Klausel 18)
- Soweit für Kleinbetragszahlungen nicht ausdrücklich in Punkt 3. eine Sonderregelung enthalten ist, gelten für diese auch die Regelungen des Punktes 2. (Karten-Service). (Klausel 19)
bis zum Einlangen der mit gesondert ausgefertigtem Beschluss eingeholten Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union gemäß § 90a Abs 1 GOG ausgesetzt.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist ein gemäß § 29 KSchG zur Erhebung von Unterlassungsansprüchen nach §§ 28 f KSchG befugter Verband. Die Beklagte betreibt eine Bank und verwendet im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), die unter anderem die streitgegenständlichen, in der nachfolgenden Entscheidungsbegründung im Einzelnen (in der nummerierten Reihenfolge der Klage) wiedergegebenen Klauseln enthalten.
Der Kläger begehrt, der Beklagten die Verwendung der zitierten bzw sinngleicher Klauseln wegen Verbots- und Sittenwidrigkeit zu verbieten und ihr zu untersagen, sich auf die unzulässig vereinbarten Klauseln zu berufen, außerdem erhebt er ein Veröffentlichungsbegehren.
Die Beklagte wendet ein, die beanstandeten Klauseln seien gesetzmäßig und zulässig.
Das Erstgericht gab der Klage hinsichtlich 21 der beanstandeten Klauseln statt und wies das weitere drei Klauseln betreffende Mehrbegehren ab.
Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel der Beklagten – mit Ausnahme des Nachtrags einer Leistungsfrist – keine Folge, änderte die Entscheidung des Erstgerichts über Berufung des Klägers im zur Gänze stattgebenden Sinn ab und erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil es sich zumindest teilweise um bisher noch nicht vom Obersten Gerichtshof beurteilte Klauseln handle, die regelmäßig für eine größere Anzahl von Verbrauchern bestimmt und von Bedeutung seien.
Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision der Beklagten aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung strebt die Abweisung des Klagebegehrens zur Gänze an; in eventu wird eine Einschränkung der von den Vorinstanzen zuerkannten Veröffentlichungsermächtigung begehrt.
Der Kläger hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund sowie wegen des Erfordernisses der Berücksichtigung einer während des Revisionsverfahrens eingetretenen Änderung der Rechtslage zulässig. Die Revision ist teilweise berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
A. Allgemeines
Das Berufungsgericht hat die wesentlichen Grundsätze der Klauselprüfung im Rahmen eines Verbandsverfahrens (zu §§ 28, 29 KSchG, §§ 864a, 879 Abs 3 ABGB, § 6 Abs 3 KSchG) bereits zutreffend dargestellt. Auf diese Ausführungen, die in der Revision nicht in Frage gestellt werden, wird daher zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Die im Verfahren geltend gemachten Gesetzwidrigkeiten beziehen sich vorwiegend auf Verstöße gegen das Zahlungsdienstegesetz (ZaDiG) idF BGBl I 66/2009. Dieses Gesetz ist während des Revisionsverfahrens außer Kraft getreten und durch das Zahlungsdienstegesetz 2018 (ZaDiG 2018) BGBl I 17/2018 idgF ersetzt worden, das der Umsetzung der RL (EU) 2015/2366 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt („PSD II“, „Zweite Zahlungsdiensterichtlinie“) dient.
Ändert sich die Rechtslage während des Rechtsmittelverfahrens, hat eine Parallelprüfung nach altem und neuem Recht zu erfolgen. Ein Verbot ist nur auszusprechen, wenn das beanstandete Verhalten auch nach der neuen Rechtslage unzulässig ist, andernfalls wäre die Wiederholungsgefahr weggefallen. Es ist aber auch weiterhin erforderlich, dass das beanstandete Verhalten auch zu jenem Zeitpunkt, in dem es gesetzt wurde, untersagt war. Ein Unterlassungsanspruch ist daher nur dann zu bejahen, wenn das beanstandete Verhalten sowohl gegen das alte als auch gegen das neue Recht verstößt. Eine Parallelprüfung nach altem Recht kann nur dann unterbleiben, wenn das Verhalten auch nach Inkrafttreten des neuen Rechts fortgesetzt wurde (vgl RIS-Justiz RS0123158 [T1, T2, T5, T7, T8]; 6 Ob 140/18h).
B. Strittige Klauseln
1. Klausel 1
„Aus Sicherheitsgründen (zB wenn ein begründeter Verdacht besteht, dass persönliche Sicherheitsmerkmale eines größeren, nicht konkretisierbaren Kundenkreises durch Unberechtigte missbraucht werden könnten) kann die Bank ein bankweit geltendes Transaktionslimit pro ITan einführen. Über die Einführung und die Dauer eines solchen Transaktionslimits für ITan wird die Bank den Kunden mittels Nachricht unmittelbar nach dem Einstieg in das Onlinebanking informieren.“
Die Vorinstanzen beurteilten diese Klausel übereinstimmend in mehrfacher Hinsicht als intransparent im Sinne des § 6 Abs 3 KSchG. Es wäre unklar, in welchen konkreten Fällen die Ermächtigung der Bank bestünde, das Transaktionslimit zu ändern, welche Limits es gäbe, wie lange die Einschränkung möglich sei und ob dies alles von einem Verschulden der Beteiligten unabhängig sei.
Die Revision wendet dagegen ein, die Beklagte sei nach § 39 BWG verpflichtet, Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu treffen und habe wegen der rasant ansteigenden Internetkriminalität Sicherheitsmaßnahmen für den Schutz von Kundengeldern vorzusehen. Welche in § 39 BWG normierte allgemeine Sorgfalts- und Meldepflicht die Beklagte in welcher Form zum Vorbehalt eines unbestimmbaren Transaktionslimits verpflichten würde, legt sie jedoch nicht dar.
Auf die tragende Begründung des Berufungsgerichts, dass die zu beurteilende Klausel wegen der Verwendung unbestimmter Begriffe („begründeter Verdacht“, „größerer Kundenkreis“ usw) intransparent sei, geht die Revision überhaupt nicht ein, sodass die Rechtsrüge insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt ist (RIS-Justiz RS0043603 [T4]).
Tatsächlich sind nicht nur die vom Berufungsgericht hervorgehobenen Klauselbegriffe unbestimmt, sondern wird bereits der Anlassfall für das Wirksamwerden der Klausel mit dem Begriff „Sicherheitsgründe“ nur völlig vage beschrieben. Welche Gründe die Beklagte, abgesehen von dem einzigen Beispielsfall, zum Anlass für die Festsetzung eines nicht näher definierten Transaktionslimits nehmen dürfte, lässt sich nicht erkennen.
Auf die Hilfsbegründung des Berufungsgerichts (Verstoß auch gegen § 35 Abs 1 Z 2 ZaDiG, nunmehr § 64 Abs 1 Z 2 ZaDiG 2018) ist bei diesem Ergebnis nicht mehr weiter einzugehen, ebensowenig kommt es auf die in der Revisionsbeantwortung zum Ausdruck gebrachte Interpretation des § 37 ZaDiG (§ 62 ZaDiG 2018) als abschließende Regelung zulässiger Maßnahmen für die Sicherheit des Zahlungsverkehrs an.
2. Klausel 2
„Jeder Kunde hat die Möglichkeit, seine Benutzernummer(n) persönlich während der Schalteröffnungszeiten, schriftlich in jeder Filiale der Bank oder telefonisch über das Call Center sperren zu lassen. Auf Grund eines solchen Auftrags des Kunden wird die Bank unverzüglich die Sperre der Benutzernummer(n) veranlassen.“
Der Kläger beanstandete die Verwendung des Begriffs „unverzüglich“, der zu einer nach der Richtlinie unzulässigen Überwälzung des Risikos von unverschuldeten Verzögerungen auf den Kunden führe. Das Erstgericht beurteilte die Klausel als zulässig, weil „unverzüglich“ ohnehin mit „sofort“ gleichzusetzen sei.
Das Berufungsgericht teilte diese Auffassung nicht. Nach § 35 Abs 1 Z 3 ZaDiG (§ 64 Abs 1 Z 3 ZaDiG 2018) habe der Zahlungsdienstleister sicherzustellen, dass „jedwede Nutzung des Zahlungsinstruments ausgeschlossen ist, sobald eine Anzeige des Nutzers über Verlust, Diebstahl, die missbräuchliche Verwendung oder die sonstige nicht autorisierte Nutzung des Zahlungsinstruments erfolgt ist“. Der Begriff „unverzüglich“ insinuiere entgegen den genannten Gesetzesstellen eine Komponente, die auf ein Verschuldensmoment an der Verzögerung abstelle.
Die Revision vertritt den Standpunkt, dass „unverzüglich“ einfach nur „ohne jeden Verzug“ bedeute. Der Gesetzgeber habe nämlich in § 36 Abs 2 ZaDiG (§ 63 Abs 2 ZaDiG 2018) geregelt, dass der Zahlungsdienstnutzer die Anzeige an den Dienstleister „unverzüglich, sobald er davon Kenntnis hat“ zu erstatten habe, woraus sich auf eine Bedeutungsgleichheit von „unverzüglich“ und „sobald“ schließen lasse.
Diese Argumentation ist aber nicht überzeugend.
In § 36 Abs 2 ZaDiG (§ 63 Abs 2 ZaDiG 2018) wird für die Anzeigepflicht des Zahlungsdienstnutzers ein Fristbeginn („sobald er davon Kenntnis hat“) und ein Fristende festgelegt (die Grenze des noch „Unverzüglichen“, die von der konkreten Situation und den Möglichkeiten des Nutzers abhängt). Eine Gleichbedeutung der Ausdrücke „sobald“ und „unverzüglich“ ist daraus nicht ableitbar.
Im Gegensatz zu dieser Regelung der Anzeigepflicht wird dem Zahlungsdienstanbieter § 35 Abs 1 Z 3 ZaDiG (§ 64 Abs 1 Z 3 ZaDiG 2018) keine Handlungspflicht gesetzt, sondern eine Erfolgsverbindlichkeit auferlegt. Er hat – mit entsprechenden technischen Einrichtungen – dafür zu sorgen, dass eine Nutzung im selben Moment („sobald“) ausgeschlossen ist, in dem die Anzeige eines konkreten Kunden einlangt. Dieser Erfolg lässt sich nur erzielen, wenn die Sperre automatisch erfolgt und keine zusätzliche gewillkürte Handlung erfordert, bei der sich die Frage der Unverzüglichkeit stellen könnte.
Zum selben Ergebnis führt im Übrigen auch eine sprachvergleichende Interpretation der umgesetzten Richtlinienbestimmungen.
Art 56 Abs 1 lit b RL 2007/64/EG [Art 69 Abs 1 lit b RL (EU) 2015/2366] über die Pflichten des Zahlungsdienstnutzers lautet in der deutschen Fassung: „unverzüglich ..., sobald er davon Kenntnis erhält“, in der englischen: „without undue delay on becoming aware“, in der französischen: „lorsqu’il a connaissance … sans tarder“, sowie in Spanisch: „sin demora[s] indebida[s] en cuanto tenga conocimiento“.
Der Art 57 Abs 1 lit d RL 2007/64/EG [Art 70 Abs 1 lit e RL (EU) 2015/2366] über die Pflichten des Zahlungsdienstleisters lautet in Deutsch: „sobald eine Anzeige … erfolgt ist“, in Englisch: „once notification … has been made“, in Französisch: „après une notification effectuée“, sowie spanisch: „una vez efectuada la notificación“.
In allen dargestellten Sprachfassungen besteht ein deutlicher Unterschied zwischen der Verpflichtung des Nutzers „unverzüglich“ (nämlich „ohne unnötige Verzögerung“) die Anzeige zu machen und der Verpflichtung des Zahlungsdienstleisters, die Sperre wirksam werden zu lassen, „sobald“ diese Anzeige erfolgt (also im gleichen Moment, ohne Zulässigkeit jeder Verzögerung).
Eine Vereinbarung, wonach die Sperrung vom Zahlungsdienstleister nur „unverzüglich“ veranlasst wird, steht daher nicht im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben.
3. Klausel 3
„Die Bank ist berechtigt die Benutzernummer(n) eines Kunden zu sperren, wenn der Kunde seine aus diesen Bedingungen resultierenden Pflichten verletzt oder ein Missbrauch von persönlichen Identifikationsmerkmalen bereits erfolgt oder (insbesondere aufgrund der Bank von Dritten zugekommenen Informationen) zu befürchten ist.“
Die Vorinstanzen beurteilten diese Klausel als intransparent, weil unklar sei, was mit den „aus diesen Bedingungen resultierenden Pflichten“ zu verstehen sei, der Kunde also mögliche Pflichtverletzungen aus dem gesamten Regelwerk „zusammensuchen“ müsste, und wann ein Missbrauch von persönlichen Identifikationsmerkmalen zu befürchten sei.
Die Beklagte argumentiert dagegen in ihrer Revision, dass die Klausel nicht auf die Einhaltung unbestimmter Pflichten, sondern nur auf Verpflichtungen aus den konkret vorliegenden AGB Bezug nehme. Allein diese Beschränkung vermag die Begründung des Berufungsgerichts aber noch nicht zu entkräften. Bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung der Klausel erlaubt sie der Beklagten, den Kunden bei jedweder Nichtbeachtung irgendeiner Pflicht aus den AGB von der Nutzung des Zahlungsinstruments auszuschließen.
Es kann aber nicht gesagt werden, dass die den Nutzer auferlegten Pflichten allesamt in ihrer Bedeutung gleichrangig wären und es jedweder Verstoß bereits rechtfertigen könnte, den Nutzer praktisch von der Nutzung des Zahlungsinstruments auszuschließen. Die Möglichkeit einer Sperre der Benutzernummern bei jedem auch unwesentlichen Verstoß gegen eine beliebige vertragliche Verpflichtung wäre als gröblich benachteiligend im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB anzusehen. Ob die Beklagte die Regelung in der Praxis tatsächlich exzessiv handhaben würde, ist für die Beurteilung der Zulässigkeit der Klausel nicht entscheidend.
Die Klausel verstößt darüber hinaus gegen § 37 ZaDiG (§ 62 Z 14 ZaDiG 2018), weil dem Kunden durch eine Sperre der Benutzernummer der Zugang zum Zahlungsinstrument Onlinebanking zur Gänze verweigert wird.
Die genannte Bestimmung legt taxativ (Ferner/Muri in Weilinger [Hrsg], ZaDiG § 37 Rz 5) fest, in welchen Fällen der Zahlungsdienstleister ein Zahlungsinstrument sperren darf. Neben ausdrücklichen gesetzlichen Verpflichtungen oder behördlichen Anordnungen kann eine solche Sperrmöglichkeit nur für den Fall vereinbart werden, dass objektive Gründe im Zusammenhang mit der Sicherheit des Zahlungsinstruments dies rechtfertigen, dass der Verdacht einer nicht autorisierten oder betrügerischen Verwendung des Zahlungsinstruments besteht oder im Fall eines Zahlungsinstruments mit einer Kreditlinie ein beträchtlich erhöhtes Risiko besteht, dass der Zahler seiner Zahlungspflicht nicht nachkommen kann.
Nachteilige Abweichungen von § 37 ZaDiG sind nach § 26 Abs 6 ZaDiG (§ 55 Abs 2 ZaDiG 2018) gegenüber Verbrauchern und Nichtverbrauchern unwirksam. Die unbestimmte Formulierung der Klausel umfasst aber jedenfalls auch Pflichtverletzungen als Anlass für eine Sperre der Kundennummer, die nicht unter die gesetzlich zulässigen Gründe subsumiert werden können.
4. Klausel 4
„Die Aufhebung dieser Sperren ist nur durch den Kunden schriftlich oder persönlich in einer Filiale der Bank möglich.“
Das Erstgericht befand die Klausel für zulässig. Es bestehe nach § 37 ZaDiG keine Verpflichtung, die Sperre ohne Zutun des Kunden aufzuheben.
Nach der Beurteilung des Berufungsgerichts verstößt die Sperre einerseits gegen § 37 Abs 4 ZaDiG (§ 62 Abs 4 ZaDiG 2018), da es nach Abs 1 Z 1 leg cit. objektive Gründe für die Sperrung des Zahlungsinstruments (also ohne Mitwirkung des Kunden) geben kann, und der Zahlungsdienstleister diese daher auch bei Wegfall eines solchen Grundes ebenso ohne Mitwirkung des Kunden wieder aufzuheben habe. Andererseits verstoße die Klausel wegen des Schriftform- bzw Persönlichkeitsgebots gegen § 35 Abs 1 Z 2 ZaDiG (§ 64 Abs 1 Z 2 ZaDiG 2018), wonach der Zahlungsdienstleister sicherzustellen habe, dass der Zahlungsdienstnutzer durch geeignete Mittel jederzeit die Möglichkeit hat, die Aufhebung der Sperrung beantragen kann.
Die Revision argumentiert dagegen, dass sich eine Verpflichtung des Zahlungsdienstleisters zur Aufhebung der Sperrung aus dem Gesetzeswortlaut nicht ergebe und die Ansicht des Berufungsgerichts dazu führe, dass der Zahlungsdienstleister eine solche Aufhebung sogar gegen den Willen des Kunden nach Gutdünken vornehmen könnte. Im Übrigen seien auch schriftliche Aufhebungsersuchen „jederzeit möglich“.
Entgegen diesen Ausführungen ist die Ansicht des Berufungsgerichts überzeugend. Die Verpflichtung zur Aufhebung der Sperre wird in § 37 Abs 4 ZaDiG (§ 62 Abs 4 ZaDiG 2018) allein an den Wegfall der Sperrgründe geknüpft und nicht zusätzlich von einer Antragstellung des Kunden abhängig gemacht, obwohl dies dem Gesetzgeber einfach möglich gewesen wäre.
Der jederzeitige Antrag auf Aufhebung der Sperre wird in § 35 Abs 1 Z 2 ZaDiG (§ 64 Abs 1 Z 2 ZaDiG 2018) gleich der jederzeit möglichen Verlustanzeige geregelt. Der Zahlungsdienstleister hat die geeigneten technischen Mittel bereitzustellen, damit die Sperrung oder deren Aufhebung unmittelbar wirksam werden kann. Eine Einschränkung auf lediglich persönliche schriftliche Kommunikation ist wegen der damit in der Regel verbundenen Verzögerung nicht gesetzeskonform (sa Haghofer in Weilinger [Stand , rdb.at] § 35 Rz 27).
5. Klausel 5
„Sind persönliche Identifikationsmerkmale missbräuchlich verwendet worden, ist vom Kunden auf Verlangen der Bank, überdies unverzüglich Anzeige bei der Polizei zu erstatten und der Bank eine Anzeigenbestätigung vorzulegen.“
Das Erstgericht beurteilte die Klausel als überraschend im Sinne des § 864a ABGB, weil der Durchschnittsverbraucher nicht mit einer ihn treffenden Anzeigepflicht für Straftaten Dritter und einer diesbezüglichen Nachweispflicht rechne.
Das Berufungsgericht gelangte nach ausführlicher Auseinandersetzung mit der (auch deutschen) Literatur zur Frage der Zulässigkeit weiterer Meldepflichten nach § 36 Abs 2 ZaDiG zu dem Ergebnis, dass die Klausel dagegen verstoße und gröblich benachteiligend im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB sowie intransparent im Sinne des § 6 Abs 3 KSchG sei, weil die Konsequenzen der Nichterstattung der Anzeige für den Kunden unklar blieben.
Die Revision hält dem lediglich entgegen, dass die Klausel eine bloße Empfehlung statuiere, an deren Nichtbefolgung keine Sanktionen geknüpft seien. Die Klausel sei für den Kunden auch nicht nachteilig, weil eine Anzeigeerstattung ohnedies in seinem Sinne liege.
Mit diesen Ausführungen vermag die Revision keine Bedenken an den Rechtsausführungen des Berufungsgerichts zu erwecken.
Von einer unverbindlichen Empfehlung kann aufgrund der Formulierung der Klausel („ist […] auf Verlangen […] unverzüglich […] zu erstatten“) keine Rede sein. Es deutet auch nichts auf eine Sanktionslosigkeit hin (vgl Klausel 3: „wenn der Kunde seine aus diesen Bedingungen resultierenden Pflichten verletzt“).
Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts wird auch durch das Schrifttum gestützt. § 36 Abs 2 ZaDiG (§ 63 Abs 2 ZaDiG 2018) verlangt vom Karteninhaber nur eine Anzeige des Verlusts der Karte beim Zahlungsdienstleister oder einer von diesem betrauten Stelle. Die Verpflichtung, den Verlust der Karte „darüber hinaus“ in jedem Fall auch noch bei Behörde anzuzeigen, ist eine eigenständige zusätzliche Sorgfaltspflicht, die nach den Bestimmungen des ZaDiG nicht wirksam vereinbart werden kann. Zur Verhinderung des Missbrauchs einer ohnehin bereits gesperrten Karte erscheint die Anzeige nicht zusätzlich erforderlich, jedenfalls stünde der Bank selbst, wenn sie dies für zweckmäßig erachten sollte, aufgrund der Meldung des Kunden eine Anzeigeerstattung frei (Haghofer aaO, § 36 Rz 22; vgl auch Linardatos, Das Haftungssystem im bargeldlosen Zahlungsverkehr nach Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie [2013] 232; Harrich, ZaDiG – Zivilrechtliche Aspekte des Zahlungsdienstegesetzes [2011] 326; Gößmann in Langenbucher/Gößmann/Werner [Hrsg] Zahlungsverkehr [2004] 140; Schmalenbach in Bamberger/Roth [Hrsg] BGB³ [2012] § 675l BGB Rz 6, § 657k BGB Rz 3; Ermann BGB15 [2017] § 675l Rz 17). Diesen Überlegungen setzt die Revision nichts entgegen.
Der erkennende Senat hat im Übrigen erst jüngst (8 Ob 128/17g) eine ähnliche Klausel („Verlust oder Diebstahl sind überdies sofort den örtlichen Behörden anzuzeigen“) als intransparent beurteilt, weil sie für den durchschnittlichen Verbraucher nicht eindeutig erkennen lasse, wie sich die Anzeigepflicht bei der Behörde zur Meldepflicht beim Zahlungsdienstleister selbst verhält und welche Konsequenzen das Unterlassen einer behördlichen Anzeige allenfalls nach sich ziehen könnte.
6. Klausel 6
„Die Bank hat für die von ihr im Rahmen des Onlinebanking erbrachten Leistungen Anspruch auf Entgelt und Anspruch auf Ersatz der notwendigen und nützlichen Aufwendungen. Die Höhe dieser Entgelte und Aufwandersätze sind dem in den Filialen der Bank aufliegenden Aushang zu entnehmen.“
Das Erstgericht sah die Klausel aufgrund des Verweises auf Aushänge, die von der Bank jederzeit geändert werden könnten, als intransparent an.
Das Berufungsgericht wertete diese Klausel als Verstoß gegen das Verbot der einseitigen Entgelterhöhung nach § 6 Abs 1 Z 5 KSchG sowie ebenfalls als Verstoß gegen das Transparenzgebot. Auffindbarkeit, zeitliche Geltung und materieller Regelungsbereich der Bestimmungen, auf die verwiesen werde, seien unbestimmt. Es sei unzulässig, dass sich der Kunde die Informationen selbst zusammensuchen müsse (4 Ob 143/17h, 6 Ob 17/16t, 1 Ob 88/14t [Klausel 30], 6 Ob 120/15p).
Die Revision wendet dagegen ein, dass „die Preisaushänge als Teil des Produkts bereits einzelvertraglich vereinbart“ seien und einzelvertragliche Vereinbarungen den AGB vorgingen. Der Verweis auf Preislisten führe auch noch nicht zu Intransparenz.
Ein Querverweis in einem Klauselwerk oder ein Verweis auf Preislisten führt an sich noch nicht zur Intransparenz im Sinne von § 6 Abs 3 KSchG. Allerdings kann im Einzelfall unklar sein, welche Rechtsfolgen sich aus dem Zusammenwirken der aufeinander bezogenen Bestimmungen ergeben. Weiters führt die Unzulässigkeit der Bestimmung, auf die verwiesen wird, zwingend zur Unzulässigkeit der verweisenden Bestimmung (RIS-Justiz RS0122040).
Nach § 28 Abs 1 Z 3 lit a ZaDiG (§ 48 Abs 1 Z 3 lit a und § 41 Abs 1 Z 3 ZaDiG 2018) hat der Zahlungsdienstleister dem Zahlungsdienstnutzer alle zu entrichtenden Entgelte mitzuteilen, und zwar nach § 26 Abs 1 ZaDiG (§ 47 Abs 1 ZaDiG 2018) vor Abschluss des Rahmenvertrages (bei Einzelzahlungen außerhalb eines Rahmenvertrags nach § 32 Abs 1 ZaDiG [§ 40 Abs 1 ZaDiG 2018] ebenfalls vor Vertragsabschluss), widrigenfalls die Entgelte nach § 27 Abs 2 ZaDiG (§ 56 Abs 4 ZaDiG 2018) nicht verrechnet werden dürfen.
Der Oberste Gerichtshof war zu 1 Ob 244/11f (Klausel 14, Z 44) bereits mit einer vergleichbaren Klausel befasst (vgl RIS-Justiz RS0128559). Ebenso vergleichbar war die Entscheidung zu 6 Ob 17/16t (Klausel 6: „Gegebenenfalls verrechnen wir Ihnen Kosten für Vertragsänderungen oder sonstige durch Sie veranlasste Leistungen, welche Sie dem jeweils gültigen Aushang entnehmen können.“). In dieser Entscheidung wurde die Unzulässigkeit der Klausel einerseits mit dem Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG und andererseits mit dem Argument des „Zusammensuchens“ wegen Intransparenz begründet.
Auch im vorliegenden Fall muss bei der gebotenen kundenfeindlichsten Interpretation von einer jederzeit möglichen Änderung des Aushangs ausgegangen werden. Es versagt auch das Argument, die Entgelte des Preisaushangs seien einzelvertraglich vereinbart worden, weil die Klausel schon allein nach ihrer Formulierung der Bank einen Entgeltanspruch entsprechend dem Preisaushang verschafft. Eine allfällige andere praktische Handhabung der Klausel wäre im Verbandsprozess unbeachtlich (RIS-Justiz RS0121726 [T4]).
7. Klausel 7
„Bei derzeit entgeltfrei angebotenen Dienstleistungen kann die Bank nach entsprechender Ankündigung ein Entgelt verrechnen. Diese Entgeltsankündigung wird dem Onlinebanking-Kunden von der Bank rechtzeitig vor Wirksamwerden des Entgeltes mittels Brief, über Kontoauszug oder elektronisch im Rahmen des Onlinebanking über Internet bekannt gegeben und gilt als genehmigt, sofern der Kunde nicht binnen 6 Wochen nach Erhalt der entsprechenden Ankündigung widerspricht.“
Beide Vorinstanzen beurteilten diese Klausel als intransparent, weil sie nicht näher konkretisierte und unbeschränkte Möglichkeiten der Vertragsänderung mittels Erklärungsfiktion vorsehe (6 Ob 17/16t mwN).
Die Revision der Beklagten argumentiert dagegen, es werde keine unbeschränkte Änderungsmöglichkeit statuiert, weil „nur die Einführung von Entgelten für derzeit entgeltfreie Leistungen im Rahmen des Internet-Banking“ erlaubt würden. Dabei übergeht sie, dass gerade solche Entgelte nach der Klausel in unbeschränkter Höhe eingeführt werden könnten.
Es trifft auch offenkundig nicht zu, dass die Beklagte bei Beurteilung der Klausel als unzulässig an der Einführung künftiger zusätzlicher (allenfalls gesetzlich vorgeschriebener) Leistungen gehindert wäre, weil die Klausel nur „derzeit (…) angebotene Dienstleistungen“ erfasst.
8. Klausel 8
„Sofern ein Kunde seiner Verpflichtung zur Geheimhaltung von PIN und TAN zuwider handelt oder sofern ein unberechtigter Dritter infolge einer Sorgfaltswidrigkeit des Kunden Kenntnis von den persönlichen Identifikationsmerkmalen des Kunden erlangt, trägt der Kontoinhaber bis zur Wirksamkeit der Sperre der Verfügernummer des Kunden (siehe Punkt 7.1) alle Folgen und Nachteile infolge einer missbräuchlichen Verwendung von PIN und TAN im Rahmen des Onlinebanking.“
Das Erstgericht verbot die Klausel als gemäß § 879 ABGB unzulässig, weil darin dem dispositiven Recht widersprechende Schadenersatzregeln normiert würden und bei kundenfeindlichster Auslegung sogar eine verschuldensunabhängige Haftung des Kunden herauszulesen wäre.
Das Berufungsgericht beurteilte die Klausel als intransparent, da sie die gesetzlich zwingenden Haftungseinschränkungen des Zahlers für nicht autorisierte Zahlungsvorgänge in § 44 ZaDiG (insbesondere die betragliche Beschränkung auf 150 EUR bei leichter Fahrlässigkeit sowie der Ausschluss aller Schäden, die – abgesehen vom Handeln in betrügerischer Absicht – aus der Nutzung des Zahlungsinstruments zeitlich nach der Anzeige nach § 36 ZaDiG entstehen) nicht korrekt wiedergebe.
Diese Rechtsansicht ist zutreffend (vgl RIS-Justiz RS0121951 [T2]; RS0115219; 9 Ob 26/15m [Klausel 12]).
Nach der nunmehr geltenden Rechtslage (§ 68 ZaDiG 2018) wird die Haftung des Zahlers noch weiter eingeschränkt. Einerseits wird bei fahrlässiger Verletzung vertraglich vereinbarter Verpflichtungen der Ersatz mit 50 EUR begrenzt (Abs 1). Überdies besteht keine Haftung, wenn Verlust, Diebstahl oder missbräuchliche Verwendung des Zahlungsinstruments für den Zahler vor einer Zahlung nicht bemerkbar waren, oder wenn sie durch Handlungen in der Sphäre des Zahlungsdienstleisters verursacht wurden (Abs 2). Im Rahmen der Schadensteilung (außer bei betrügerischer Absicht oder vorsätzlicher Pflichtenverletzung) sind näher genannte Kriterien zu berücksichtigen (Abs 4). Weiterhin besteht die zeitliche Schranke der Anzeige (Abs 6), wobei die Haftung weiters ausgeschlossen ist, wenn der Zahlungsdienstleister seinen Pflichten nach § 64 Abs 1 Z 2 oder Z 3 ZaDiG 2018 (kostenlose Anzeige- und Entsperrmöglichkeit, unmittelbare Wirksamkeit der Sperre) nicht nachgekommen ist.
Die Revisionsausführungen enthalten keine gesetzmäßige Ausführung der Rechtsrüge, weil sie auf die Ausführungen des Berufungsgerichts nicht eingehen (RIS-Justiz RS0043603). Sie behaupten lediglich, dass ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Geheimhaltung der PIN und TAN per se immer grob fahrlässig sein müsse. Weder geht die Revision auf den Umstand ein, dass die Klausel nicht zwischen unterschiedlichen Graden des Verschuldens differenziert, noch trifft es zu, dass eine lediglich leicht fahrlässige Verletzung der Geheimhaltungspflicht undenkbar wäre.
9. Klausel 9
„Für Schäden, die aus unvollständigen oder unrichtigen Angaben bei der Vornahme von Dispositionen resultieren, haftet der Kontoinhaber.“
Das Erstgericht erachtete auch diese Klausel für unzulässig, weil ihr eine mögliche verschuldensunabhängige Haftung entnommen werden könnte und andere als die gesetzlichen Schadenersatzregeln aufgestellt würden.
Das Berufungsgericht billigte diese Beurteilung. Bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung hafte der Kontoinhaber nach der Klausel auch für Schäden, die durch unrichtige Angaben erfolgen, welche bei der gesetzlich vorgesehenen Kohärenzprüfung des Kundenidentifikators nach § 35 Abs 4 Z 2 und 3 ZaDiG (§ 79 Abs 1 ZaDiG 2018) zur Zurückweisung des Zahlungsauftrags durch den Zahlungsdienstleister zu führen hätten.
Diese Beurteilung entspricht der höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Vernachlässigt der Zahlungsdienstleister die erforderliche Sorgfalt im Rahmen der Kohärenzprüfung, dann trifft ihn die schadenersatzrechtliche Haftung (2 Ob 224/13z, Punkt 2.4. mwN; Umkehrschluss aus § 35 Abs 5 ZaDiG).
Die Revision führt lediglich aus, dass die Beklagte nach der Klausel ohnedies weiterhin für Fehler bei der Kohärenzprüfung hafte, übergeht aber, dass sich so eine Einschränkung aus der Klausel gerade nicht ergibt.
Die Zurückweisung eines Zahlungsauftrags aufgrund der Ergebnisse der Kohärenzprüfung des Kundenidentifikators, zB der IBAN, setzt zwangsläufig eine unrichtige Angabe (nämlich einer nicht existenten IBAN) bei Vornahme der Disposition voraus. Für Schäden aus unrichtigen Angaben des Zahlungsdienstnutzers, die bei sorgfaltsgemäßer Kohärenzprüfung zur Zurückweisung des Zahlungsauftrags durch den Zahlungsdienstanbieter zu führen gehabt hätten, kann daher keine (uneingeschränkte) Haftung des Kontoinhabers vereinbart werden.
10. Klausel 10
„Bei Schäden eines Kontoinhabers durch einen Fehler in den Einrichtungen der Bank zur automatisierten Datenverarbeitung, für welche die Bank ohne ein von ihr zu vertretendes schuldhaftes Verhalten haftet, ist diese Haftung pro schädigendem Ereignis gegenüber jedem einzelnen Kunden mit einem Betrag von höchstens EUR 10.000,- und überdies insgesamt gegenüber allen Kunden auf höchstens EUR 1.000.000,- begrenzt. Übersteigt der Gesamtschaden die Höchstgrenze, so verringern sich die Ersatzansprüche der einzelnen Geschädigten anteilsmäßig.“
Das Erstgericht erblickte in dieser Klausel einen Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB.
Das Berufungsgericht beurteilte die Klausel als intransparent, weil sie eine verschuldensunabhängige Haftung der Bank suggeriere, die in Wahrheit nicht bestehe, ohne sie zu statuieren. Darüber hinaus widerspreche die Klausel den §§ 44 und 46 ZaDiG (§§ 67 und 80 ZaDiG 2018), da sie bei kundenfeindlichster Auslegung auch die dort vorgesehene Haftung einschränke.
Die Revision geht auf diese Begründung wiederum nicht ein. Der erkennende Senat hat in der Entscheidung 8 Ob 58/14h (Klausel 7) im Übrigen eine praktisch idente Klausel bereits als intransparent beurteilt („Dem Kunden wird damit der Eindruck eines in Wahrheit nicht gegebenen Versprechens vermittelt [...]“).
11. Klausel 11
„Änderungen dieser Geschäftsbedingungen durch die Bank werden dem Kunden zur Kenntnis gebracht. Dies kann mittels Brief, über einen Kontoauszug oder im Rahmen des Onlinebanking auch auf elektronische Weise geschehen. Änderungen gelten als genehmigt, wenn der Kunde nicht binnen 6 Wochen nach Zugang eines solchen Briefes, Kontoauszuges oder einer elektronischen Nachricht über Onlinebanking schriftlich widerspricht. Die Bank wird den Kunden anlässlich der Benachrichtigung auf diese Genehmigungswirkung ausdrücklich hinweisen.“
Das Erstgericht bejahte einen Verstoß gegen § 29 Abs 1 ZaDiG (§ 50 ZaDiG 2018), es werde weder auf das kosten- und fristlose Sonderkündigungsrecht hingewiesen, noch die zweimonatige Frist eingehalten.
Auch das Berufungsgericht ging davon aus, dass auf die „Teilnahmebedingungen Internet Banking“ diese Regelungen über Änderungen des Rahmenvertrags (Änderungen der Vertragsbedingungen) anzuwenden sei. Die Klausel verstoße gegen die dort geregelte Vorgehensweise. Überdies sei ein unbeschränktes Änderungsrecht mittels Zustimmungsfiktion nach der Rechtsprechung (1 Ob 210/12g; 2 Ob 131/12x; RIS-Justiz RS0128865) intransparent.
Die Revision führt gegen diese Rechtsausführungen nichts Stichhältiges ins Treffen. Sie meint lediglich, dass nach Z 45 der AGB der Beklagten Änderungen des Rahmenvertrags ohnehin nur innerhalb der Grenzen des § 29 ZaDiG zulässig wären.
Abgesehen davon, dass eine Intransparenz auch dann zu bejahen wäre, wenn die angesprochene Regelung in (anderen) AGB der Beklagten auch auf Änderungen der „Teilnahmebedingungen Internet Banking“ anzuwenden wären, weicht die Beklagte mit ihrer Argumentation vom Inhalt der herangezogenen AGB ab. Die Z 45 der AGB regelt die Änderung von Entgelten, aber nicht die Änderung von Geschäftsbedingungen, die keine Entgeltbestimmungen enthalten. Nach Z 12.2 der „Teilnahmebedingungen Internet Banking“ gehen diese außerdem den in den AGB enthaltenen Bestimmungen vor.
12. Klausel 12
„Mit Zustellung eines Kontoauszuges beginnen allfällige Reklamations- und Widerspruchsfristen von 6 Wochen zu den zugestellten Erklärungen und Nachrichten der Bank zu laufen.“
Das Erstgericht beurteilte die Klausel als intransparent. Sie lasse den Kunden im Unklaren darüber, welche Art von Widersprüchen und Reklamationen gemeint wären.
Auch das Berufungsgericht gelangte zu diesem Ergebnis. Bei kundenfeindlichster Auslegung beziehe sich die Klausel auch auf die Mitteilung von nicht autorisierten oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgängen, über die der Zahlungsdienstnutzer den Dienstleister nach § 36 Abs 3 ZaDiG (§ 65 Abs 1 ZaDiG 2018) unverzüglich nach deren Feststellung zu unterrichten habe. Die Frist für die Rüge des Zahlungsdienstnutzers zur Erwirkung einer Berichtigung ende spätestens 13 Monate nach dem Tag der Belastung oder Gutschrift, wenn der Zahlungsdienstleister seine gesetzlichen Informationspflichten erfüllt hat. Nach § 28 Abs 1 Z 5 lit d ZaDiG (§ 48 Abs 1 Z 5 lit e ZaDiG 2018) habe der Zahlungsdienstleister dem Nutzer unter anderem mitzuteilen: „Angaben dazu, wie und innerhalb welcher Frist der Zahlungsdienstnutzer dem Zahlungsdienstleister nicht autorisierte oder fehlerhaft ausgeführte Zahlungsvorgänge nach Maßgabe des § 36 Abs 3 (§ 65 ZaDiG 2018) anzeigen muss“.
Die Klausel lasse durch Festlegung einer objektiven Frist die subjektive Komponente von „unverzüglich“ außer Acht. Die Weitergeltung der 13-monatigen Frist ergebe sich aus ihr nicht. Die Klausel vermittle auch nicht, dass eine Berichtigung oder Erstattung nicht von der Einhaltung der Rügeobliegenheit abhänge und den Kunden insbesondere keine Prüfpflicht treffe (1 Ob 244/11f [Klausel 4 und 5], RIS-Justiz RS0128543).
Die Revisionsausführungen sind, soweit überhaupt verständlich, nicht geeignet, die Ausführungen des Berufungsgerichts in Zweifel zu ziehen. Die Klausel ist mit den Vorgaben des § 36 Abs 3 ZaDiG (§ 65 Abs 1 ZaDiG 2018) nicht vereinbar. Es wird darin an die objektive Zustellung des Kontoauszugs angeknüpft, während die Frist zur Erfüllung der Rügeobliegenheit erst nach tatsächlicher Feststellung der betroffenen Zahlung durch den Zahlungsdienstnutzer ausgelöst werden kann.
Den Zahlungsdienstnutzer trifft keine Prüfpflicht (1 Ob 244/11f [Klausel 4], 9 Ob 7/15t; RIS-Justiz RS0128543). Es ist unerheblich, ob es ihm zumutbar gewesen wäre, schon früher die Fehlerhaftigkeit festzustellen, er muss lediglich nach dem tatsächlichen Feststellen der Fehlerhaftigkeit unverzüglich rügen.
Der Oberste Gerichtshof hat aus diesen Gründen bereits in der Entscheidung 9 Ob 31/15x (Klausel 10) eine ähnliche Klausel als Verstoß gegen § 36 Abs 3 ZaDiG beurteilt.
13. Klausel 13
„Den Kontoinhaber trifft die Obliegenheit der regelmäßigen Abrufung.“
Das Erstgericht führte aus, es rechne kein Kunde mit einer Verpflichtung zur Abrufung eigener Kontoauszüge, sodass die Klausel nach § 864a ABGB nicht Vertragsinhalt werde. Sie wäre darüber hinaus intransparent, weil sie nicht erkennen lasse, wie oft eine Abrufung zu erfolgen habe.
Das Berufungsgericht billigte diese rechtliche Beurteilung. Darüber hinaus verstoße die Klausel gegen § 44 Abs 2 ZaDiG, in dem die Haftung des Kunden gegenüber der Bank im Fall von nicht autorisierten Zahlungsvorgängen zwingend und abschließend geregelt sei. Eine Haftung aufgrund einer vertraglich auferlegten Prüfpflicht sei darin nicht vorgesehen. Dem Zahlungsdienstnutzer dürften keine über die gesetzlichen Vorschriften des ZaDiG hinausgehenden Verpflichtungen auferlegt werden (9 Ob 31/15x ua).
Die Revision wendet dagegen lediglich ein, die Klausel sei weder ungewöhnlich noch – da es sich nur um eine unverbindliche Empfehlung handle – nachteilig. Diese Ausführungen können nicht überzeugen.
Bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung der Klausel ist bereits aufgrund der Verwendung des Begriffs „Obliegenheit“ eine Unverbindlichkeit auszuschließen.
Der erkennende Senat hat in der Entscheidung 8 Ob 58/14h (Klausel 3) eine sehr ähnliche Klausel wegen unsystematischer Einordnung innerhalb der AGB als Verstoß gegen das Überraschungsverbot beurteilt und ist aufgrund dieses Ergebnisses auf die Frage, ob eine solche Verpflichtung zum regelmäßigen Abruf an sich ungewöhnlich ist, nicht mehr eingegangen.
Diese Beurteilung kann aber auch hier dahingestellt bleiben, weil die Revision auf die weitere Begründung des Berufungsgerichts zur Unzulässigkeit der Klausel wegen einer unzulässigen Haftungserweiterung entgegen § 44 Abs 2 ZaDiG (§ 68 ZaDiG 2018) nicht eingeht.
Die Haftung für nicht autorisierte Zahlungsaufträge kann dem Zahlungsdienstnutzer nur für die Verletzung von Pflichten nach § 36 ZaDiG oder von Bedingungen für die Ausgabe und Nutzung des Zahlungsinstruments treffen. Die Aufstellung einer Obliegenheit zur Abrufung (und damit Kenntnisnahme) der Kontoauszüge legt ihm nun im Ergebnis entgegen § 36 Abs 3 ZaDiG (§ 65 Abs 1 ZaDiG 2018) dennoch eine Prüfobliegenheit auf, obwohl diese Bestimmung nur eine Rügeobliegenheit nach Feststellung statuiert (vgl 1 Ob 244/11f [Klausel 4]).
Letztlich ist die Klausel auch intransparent, weil der Begriff „regelmäßig“ unbestimmt ist. Es besteht für den Kunden kein Anhaltspunkt, in welchen zeitlichen Abständen die Kontoauszüge abgerufen werden müssten, um die Obliegenheit zu erfüllen.
14. Klausel 20
Diese Klausel ist in im Informationsblatt „Sonderbedingungen Online-Sparen“ enthalten und lautet: „Vorzeitige Fälligstellung: Der Kontoinhaber kann eine vorzeitige Fälligstellung des Festgeldkontos beantragen. Der Antrag muss schriftlich erfolgen. Dabei wird der Zinssatz für die neu errechnete Laufzeit rückwirkend auf derzeit 0,5 % p.a. herabgesetzt. Der Anlagebetrag sowie die sich so errechnenden Zinsen werden auf das Stammkonto (Pkt II./1) übertragen.“
Der Kläger brachte vor, die Klausel sei gröblich benachteiligend im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB.
Das Erstgericht beurteilte sie als zulässig. Es liege nämlich in der freien Ingerenz des Kunden, den Zinssatz für die vereinbarte Vertragslaufzeit oder den niedrigeren bei vorzeitiger Vertragsbeendigung zu lukrieren.
Das Berufungsgericht teilte diese Rechtsansicht nicht. Es könne dahingestellt bleiben, ob auf das Online-Sparen die Regeln des § 32 Abs 8 BWG für die Leistung von Zahlungen aus einer Spareinlage im Sinne des §§ 31 f BWG (mit Sparurkunde) analog anzuwenden seien, mit denen der Inhalt der Klausel unvereinbar wäre. Die Klausel sei aber gröblich benachteiligend, weil sie die bisherige Laufzeit bei der Berechnung des Abschlags nicht berücksichtige. Es sei ein berechtigtes Interesse des Kunden, der sein Geld unter Umständen davor viele Jahre gebunden habe, bei Notwendigkeit vorzeitiger Auflösung wenigstens einen Teil des Zinsertrags gemessen an der Laufzeit zu erhalten. Wegen der Verwendung des unbestimmten Begriffs „derzeit“ sei die Klausel überdies intransparent im Sinne des § 6 Abs 3 KSchG.
Die Revision hält dem die Rechtsansicht des Erstgerichts entgegen, dass der Kunde die freie Wahl habe, entweder die vertraglich eingegangene Laufzeit einzuhalten, oder sich (verkürzt dargestellt) mit 0,5 % Zinsen zufrieden zu geben. Dies müsse im Rahmen der Privatautonomie zulässig sein und sei im Hinblick auf die Liquiditätssteuerung der Beklagten gerechtfertigt.
Im vorliegenden Verfahren kommt es allerdings auf die Frage, ob die Reduktion der Zinsen für die gesamte abgelaufene Vertragszeit – vor allem unabhängig von der Länge der vereinbarten und tatsächlich eingehaltenen Bindung – gröblich benachteiligend ist bzw ob § 32 Abs 8 BWG über die Berechnung von Vorschusszinsen für vor Ende der Laufzeit geleistete Auszahlungen analog Anwendung finden sollte, für das rechtliche Ergebnis nicht an.
Das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG fordert, dass dem Verbraucher in Verträgen unterbreitete und schriftlich niedergelegte Klauseln stets klar und verständlich abgefasst sein müssen. Der Verbraucher muss in der Lage sein, seine Rechtsposition zu durchschauen und den Inhalt und die Tragweite einer Vertragsklausel zu erfassen (vgl RIS-Justiz RS0115217). Dazu gehört auch, dass der Verbraucher bis zu einem gewissen Grad die wirtschaftlichen Folgen einer Regelung abschätzen kann. Er soll nicht durch die Unklarheit der formulierten Bedingungen gehindert sein, einen Vergleich mit den Angeboten anderer Unternehmen vorzunehmen (7 Ob 131/06z; 7 Ob 233/06z).
Der Verweis in der Klausel, dass der zur Anwendung kommende Zinssatz „derzeit“ 0,5 % beträgt, enthält zumindest bei der gebotenen verbraucherfeindlichsten Auslegung der Beklagten ein nicht näher determiniertes einseitiges Recht zur Änderung der Konditionen, das die Rechtsposition des Kunden verschleiert. Die Klausel ist schon aus diesem Grund nach § 6 Abs 2 Z 3 KSchG unwirksam und damit unzulässig.
Bei der gebotenen strengen Auslegung der Klausel kommt die pauschale Herabsetzung des Zinssatzes auch auf Fälle zur Anwendung, in denen der Kunde den Vertrag gerechtfertigt vorzeitig aufgelöst hat. Auch in dieser Hinsicht ist sie intransparent, aber auch gröblich benachteiligend im Sinne des § 879 ABGB. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts ist daher im Ergebnis zu bestätigen.
15. Klausel 21
„Neben den im Preisaushang ausgewiesenen Entgelten der D***** AG fallen unter Umständen noch Barauslagen an, die die D***** AG in Ausführung der Kundenaufträge an Dritte zu bezahlen hat. Auch diese Barauslagen sind vom Kunden zu tragen.“
Das Erstgericht beurteilte die Klausel mangels näherer Determinierung der dem Kunden verrechneten Kosten als intransparent.
Das Berufungsgericht erblickte darüber hinaus in der Klausel einen Verstoß gegen § 28 Abs 1 Z 3 lit a ZaDiG (§ 48 Abs 1 Z 3 lit a ZaDiG 2018), der vor Vertragsabschluss die Mitteilung aller Entgelte fordert. Aus § 27 ZaDiG (§ 56 ZaDiG 2018) ergebe sich, dass auch Aufwandsersatz unter den Entgeltbegriff fällt. Die Wendung, dass „unter Umständen“ Barauslagen anfallen würden, lasse den Kunden über die Art und Anlässe solcher Umstände im Unklaren und sei intransparent.
Die Revision bezeichnet diese Ausführungen als „auf den ersten Blick überzeugend“. Sie wendet lediglich ein, dass die Beklagte auf die Höhe und Einhebung der fraglichen Barauslagen keinen Einfluss habe und sie daher nicht ziffernmäßig nennen könne. Es wäre unbillig, wenn die Beklagte diese Auslagen nicht auf den Kunden überwälzen könnte, weil sie sie andernfalls selbst zu tragen hätte.
Der Oberste Gerichtshof hat in der bereits vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung 1 Ob 244/11f (Punkt 4.8 und 4.11) unter Bezugnahme auf zahlreiche Literaturstellen ausgeführt, dass der Entgeltbegriff des ZaDiG auch Aufwandersatz einschließt und für § 1014 ABGB kein Raum bleibt. Damit unterfällt auch jeglicher Ersatz von „Barauslagen“ (letztlich Entgelte dritter, in die Diensterbringung eingebundener Unternehmen) den Entgeltregelungen und ist vor Vertragsabschluss entsprechend aufzuschlüsseln. Eine generelle Unbilligkeit des Umstands, dass die Beklagte die Entgelte jener Dritten, die sie für die Erbringung ihrer eigenen Leistung heranzieht, einkalkulieren und auf eigenes wirtschaftliches Risiko tragen muss, ist nicht zu erkennen.
Der Oberste Gerichtshof hat in jüngst ergangenen Entscheidungen zur Bankomatgebühr (10 Ob 14/18h; 5 Ob 33/18s; ähnlich bereits 9 Ob 63/17f) die Anwendung der Entgeltregelungen des ZaDiG auf die von dritten Geldausgabeautomatenbetreibern verlangten Gebühren abgelehnt und deren Weiterverrechnung auch ohne betragsmäßige Vereinbarung im Rahmenvertrag zugelassen. Dieses Ergebnis wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Auszahlung am fremden Bankomaten keine Leistung im Rahmenvertrag mit der Bank darstelle, sondern auf einer gesonderten vertraglichen Beziehung zwischen Zahlungsdienstnutzer und Geldausgabeautomatenbetreibern beruhe. Insofern ist demnach eine Weiterverrechnung von Entgelten Dritter zulässig. Die hier betroffene Klausel 21 schränkt den Barauslagenersatz jedoch nicht auf solche Fälle ein, sodass sie bei kundenfeindlichster Interpretation auch Entgelte von Erfüllungsgehilfen der Beklagten umfasst und insoweit gesetzwidrig und intransparent bleibt.
Auf die Frage, ob darüber hinaus auch durch die Wendung „unter Umständen“ ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vorliegt, kommt es bei diesem Ergebnis nicht mehr an.
16. Klausel 22
„Ist es im Rahmen einer von der D***** AG zu erbringenden Zahlungsdienstleistung erforderlich, Beträge in fremder Währung zu kaufen oder zu verkaufen, erfolgt der Kauf oder Verkauf durch die D***** AG anhand des im Zeitpunkt der Auftragsdurchführung aktuellen marktkonformen Devisenkurses, den die D***** AG ihren Kunden allgemein in Rechnung stellt. Diese Kurse stehen spätestens am nächsten Geschäftstag in ihrem Schalteraushang zum Abruf bereit und sind unmittelbar anwendbar. Die anlässlich dieses Vorgangs anfallenden weiteren Entgelte der D***** AG sind dem Preisverzeichnis zu entnehmen.“
Das Erstgericht beurteilte die Klausel als intransparent, weil sie offen lasse, wie der „marktkonforme Devisenkurs“ gebildet bzw geändert werde; zudem sei kein Stichtag für die Umrechnung angegeben.
Auch das Berufungsgericht befand die Klausel für intransparent und darüber hinaus gröblich benachteiligend. Es liege darin ein Verstoß gegen § 28 Abs 1 Z 3 ZaDiG (§ 48 Abs 1 Z 3 ZaDiG 2018), da die dort geforderten Angaben – „die Methode für die Berechnung der tatsächlichen Zinsen sowie den maßgeblichen Stichtag und den Index oder die Grundlage für die Bestimmung des Referenzzinssatzes oder -wechselkurses“ – fehlten. Auch wenn sich aus § 3 Z 16 ZaDiG nicht ergebe, dass die Berechnungsmethode eines Referenzwechselkurses explizit dargelegt werden müsse, seien doch die Grundlagen für dessen Bestimmung anzugeben, genauso wie der maßgebliche Umrechnungsstichtag. Der Verweis auf einen Schalteraushang reiche nicht aus, ein „dynamischer“ Verweis auf ein Preisverzeichnis sei unzulässig.
Die Revision wendet dagegen lediglich ein, diese Beurteilung trage den wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht Rechnung und sei in der Praxis nicht durchführbar, ohne dies näher auszuführen.
Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrmals ähnliche Klauseln, in denen der Referenzwechselkurs nicht näher definiert wird oder sich nicht ergibt, wie der von der Beklagten selbst gebildete Referenzwechselkurs errechnet wird und nach welchen Grundsätzen er sich gegebenenfalls verändert, ferner wenn ein Umrechnungsstichtag nicht genannt wird, als gesetzwidrig erkannt (1 Ob 105/14v [Klausel 4], 9 Ob 26/15m [Klausel 15], 9 Ob 31/15x [Klauseln 11 und 26]). Die hier zu beurteilende Klausel unterscheidet sich davon inhaltlich nur dadurch, dass sie auf einen „aktuellen marktkonformen Devisenkurs“ abstellt. Auch mit dieser Formulierung wird aber nur eine Scheinobjektivität eingeführt, weil es einen einzigen, unbestritten gültigen Wechselkurs nicht gibt. Es sind stets mehrere Wechselkurse denkbar, die mit den Marktverhältnissen konform sind, ohne dass sie aber stets exakt gleich sein müssten. Die Klausel lässt offen, welchen Markt die Beklagte für ihre Wechselkursbildung heranziehen will und wie sie den Kurs schließlich bilden wird.
Die Revision vermag auch nicht darzulegen, warum es nicht durchführbar sein soll, anzugeben, woher der von der Beklagten angewendete Referenzwechselkurs stammt, wie sie ihn allenfalls modifiziert, und wie der Umrechungsstichtag bestimmt wird.
Darüber hinaus ist die Unzulässigkeit der Klausel schon deswegen zu bestätigen, weil es an der Angabe des Umrechnungsstichtags fehlt (9 Ob 31/15x [Klausel 11 Punkt 8.5.]).
Zum letzten Satz der Klausel nimmt die Revision nicht Stellung. In diesem Punkt kann auf die Erledigung der Rechtsrüge zur Klausel 6 verwiesen werden.
17. Klausel 23
„Die PIN ist regelmäßig zu ändern.“
Das Erstgericht erachtete die Klausel mangels näherer Angaben über die Frequenz der geforderten Änderungen für intransparent und gröblich benachteiligend.
Das Berufungsgericht billigte diese Beurteilung unter Verweis auf die zu einer ähnlichen Klausel bereits vorliegende höchstgerichtliche Rechtsprechung (8 Ob 58/14h [Klausel 1]).
Die Revision macht geltend, im Unterschied zum Anlassfall der zitierten Vorentscheidung stelle die hier zu beurteilende Klausel nur eine „Sicherheitsempfehlung“ dar und normiere keine echte Obliegenheit.
Dem ist entgegenzuhalten, dass sich aus der Klausel 23 keinerlei Hinweis auf eine Unverbindlichkeit ergibt. Mit der Wendung „ist zu“ wird vielmehr regelmäßig eine Verpflichtung des Adressaten zu einer bestimmten Handlung bzw Unterlassung umschrieben.
Die Beurteilung des Begriffs „regelmäßig“ als unbestimmt wird von der Revision gar nicht in Frage gestellt. Es kommt hier entgegen den Rechtsmittelausführungen auch nicht darauf an, ob dem Zahlungsdienstnutzer eine Verpflichtung zur Änderung der PIN in bestimmten Abständen zumutbar ist, um dieses personalisierte Sicherheitsmerkmal vor unbefugtem Zugriff zu schützen, weil sich dadurch nichts an der Intransparenz der vorliegenden Formulierung ändert. Im Übrigen hat der erkennende Senat in der bereits zitierten Entscheidung 8 Ob 58/14h ausgeführt, dass die völlige Überwälzung des Aufwands für die wünschenswerte regelmäßige Erneuerung der Zugangsdaten (insbesondere die Evidenthaltung der Zeitpunkte) ohne erkennbare Notwendigkeit auf den Kunden gröblich benachteiligend und insoweit gerade nicht zumutbar ist, weil die technische Sicherheit eines Zahlungsinstruments im Allgemeinen in den Verantwortungsbereich des Anbieters fällt und es der Beklagten durch eine einmalige Anpassung der von ihr zur Verfügung gestellten Software ohne weiteres möglich wäre, automatisch bei Einstieg in das Onlinebanking in den gewünschten Zeitabständen eine Änderung der PIN abzuverlangen.
18. Klausel 24
Die Klausel findet sich im Informationsblatt „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ der Beklagten unter dem Punkt „Ordentliche Kündigung in der Geschäftsverbindung mit Verbrauchern“, Z 23 (die strittige Klausel ist kursiv hervorgehoben):
„(1) Der Kunde kann einen Rahmenvertrag für Zahlungsdienste, insbesondere den Girokontovertrag, jederzeit zum letzten Tag des laufenden Monats kostenlos kündigen, (…)
(2) Kreditverträge mit unbestimmter Laufzeit kann der Kunde jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat kostenlos kündigen.
(3) Alle übrigen auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Verträge mit dem Kreditinstitut kann der Kunde jederzeit unter Einhaltung einer angemessenen Kündigungsfrist kündigen.
(4) Das Kreditinstitut kann auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Rahmenverträge für Zahlungsdienste (insbesondere Girokontoverträge) und Kreditverträge unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von zwei Monaten kündigen.
(5) Alle übrigen auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Verträge kann das Kreditinstitut jederzeit unter Einhaltung einer angemessenen Kündigungsfrist kündigen.“
Die Klägerin brachte vor, die strittige Klausel sei im Sinne des § 6 Abs 3 KSchG und biete der Beklagten einen zu großen Ermessensspielraum.
Das Erstgericht folgte dieser Rechtsansicht.
Auch das Berufungsgericht beurteilte die Klausel als intransparent, weil es bei kundenfeindlichster Auslegung genüge, dass die Frist nur aus Sicht der Bank angemessen sei. Auch unter Berücksichtigung des Kontexts der Bestimmung ergebe sich keine ausreichende Klarheit, weil die vorangestellten Regelungen nur die Kündigung anderer Verträge zum Gegenstand hätten.
Die Revision macht geltend, die Klausel gebe lediglich das geltende dispositive Recht wieder und müsse daher zulässig sein.
Dazu ist Folgendes auszuführen:
Der Zahlungsdienstleister ist nach § 28 Abs 1 Z 6 lit c ZaDiG (§ 48 Abs 1 Z 6 lit c ZaDiG 2018), zum Hinweis auf das Recht des Zahlungsdienstnutzers, den Rahmenvertrag zu kündigen, sowie auf sonstige kündigungsrelevante Vereinbarungen gemäß § 29 Abs 1 und § 30 ZaDiG (§ 50 Abs 1 und § 51 ZaDiG 2018) verpflichtet, desgleichen nach § 9 Abs 2 Z 19 VKrG hinsichtlich der Kreditverträge. Die beanstandete Klausel 24 hat ihre Grundlage nicht in einer gesetzlichen Informationspflicht.
Die freie Kündbarkeit eines nicht auf bestimmte Zeit eingegangenen Dauerschuldverhältnisses unter Setzung einer angemessenen Frist ist mangels einer anderen Vereinbarung die Regel (RIS-Justiz RS0018924 [T2]). Die Revision macht daher zutreffend geltend, dass die Klausel 24 das dispositive Recht ohne eine von der Beklagten festgelegte Abweichung wiedergibt. Sie hat damit den Charakter eines Hinweises und keinen eigenständigen, dispositive Bestimmungen konkretisierenden oder abändernden normativen Gehalt.
Der Kunde kann dieser Klausel lediglich entnehmen, dass die Bank auch sonstige mit ihm auf unbestimmte Dauer abgeschlossene Verträge (nur) unter Einhaltung einer Frist kündigen kann, dass diese Frist angemessen – nicht nur einseitig an den Interessen der Bank oder der Kunden orientiert – sein muss. Ein Entfall dieser Klausel aufgrund eines Verbots würde die Rechtslage nicht ändern, sondern nur dem Informationsinteresse des Kunden noch weniger nützen.
Eine gesetzliche Verpflichtung, die Klausel im Fall der Untersagung durch eine andere, konkrete Fristangaben enthaltende Klausel zu ersetzen, wurde nicht releviert.
Im Übrigen findet sich die völlig idente Formulierung zur Kündigungsfrist auch im voranstehenden Abs 3 der Z 23 der Bedingungen über das Kündigungsrecht des Kunden, der vom Klagebegehren nicht umfasst ist und gegen den der Kläger keine Bedenken geäußert hat.
Im Umfang des Verbots der Verwendung der Klausel 24 war der Revision daher Folge zu geben und die Entscheidungen der Vorinstanzen spruchgemäß abzuändern.
19. Klauseln 14 bis 19
Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Klausel 14 bis 19 stellen sich auch Fragen zur Auslegung der RL 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates vom (davor RL 2007/64/EG).
Zur Klärung dieser Fragen hat der erkennende Senat mit gesondert ausgefertigtem Beschluss ein Ersuchen um Vorabentscheidung an den EuGH gestellt. Bis zum Einlangen der Vorabentscheidung ist das Teilverfahren über die Klauseln 14 bis 19 gemäß § 90a Abs 1 GOG auszusetzen.
C. Veröffentlichung
Das Erstgericht erteilte dem Kläger antragsgemäß die Ermächtigung zur Veröffentlichung des Urteilsspruchs in einer Samstagsausgabe der Kronenzeitung.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Die vom Kläger begehrte Veröffentlichung in der auflagenstärksten Tageszeitung sei angesichts der österreichweit angebotenen Leistungen der Beklagten angemessen, eine Veröffentlichung nur auf deren Homepage reiche nicht aus.
Die Revision gesteht zu, dass die Entscheidungen der Vorinstanzen mit der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung im Einklang stehen (RIS-Justiz RS0079764), meint aber, dass diese im Anlassfall nicht fortgeführt werden sollte. Der Leserkreis der genannten Zeitung stehe in keinem Verhältnis zum tatsächlichen oder potentiellen Kundenkreis der Beklagten. Es sei eine Interessenabwägung vorzunehmen. Die immensen Kosten der Veröffentlichung seien zu berücksichtigen.
Diesen Ausführungen kommt im Ergebnis keine Berechtigung zu.
Zweck der Urteilsveröffentlichung ist es, über die Rechtsverletzung aufzuklären und den beteiligten Verkehrskreisen Gelegenheit zu geben, sich entsprechend zu informieren, um vor Nachteilen geschützt zu sein (RIS-Justiz RS0121963; RS0079820). Das berechtigte Interesse an der Urteilsveröffentlichung liegt bei der Verbandsklage nach dem KSchG darin, dass der Rechtsverkehr bzw die Verbraucher als Gesamtheit das Recht haben, darüber aufgeklärt zu werden, dass bestimmte Geschäftsbedingungen gesetz- bzw sittenwidrig sind (RIS-Justiz RS0121963 [T7]).
Schon daraus ergibt sich, dass die zu informierenden beteiligten Verkehrskreise nicht nur die aktuellen und potenziellen Kunden der Beklagten sind. Nicht einmal diese könnte man aber durch die von der Beklagten begehrte alleinige Veröffentlichung auf der Homepage der Beklagten erreichen, hat das Erstgericht doch (disloziert bzw als notorisch, S 29) festgestellt, dass die Beklagte über viele Filialen in ganz Österreich tätig ist und mit unterschiedlichen Werbeträgern österreichweit wirbt. Eine Urteilsveröffentlichung in einer österreichweit erscheinenden Tageszeitung ist bei dieser Sachlage nicht unangemessen.
D. Ergebnis
Der Revision der beklagten Partei war sohin nur teilweise (Klausel 24) Folge zu geben, das Berufungsurteil aber im Übrigen – soweit das Verfahren nicht zu unterbrechen war – als Teilurteil zu bestätigen.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2019:0080OB00024.18I.0125.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
AAAAD-97582