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OGH vom 21.01.2008, 16Ok8/07

OGH vom 21.01.2008, 16Ok8/07

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Kartellrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Birgit Langer als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Manfred Vogel und Univ.-Prof. Dr. Georg Kodek sowie die fachkundigen Laienrichter Kommerzialräte Dr. Johannes Mraz und Dr. Erich Haas als weitere Richter in der Kartellrechtssache der Antragstellerin Bundeswettbewerbsbehörde, Praterstraße 31, 1020 Wien, gegen die Antragsgegnerin Josef M***** AG, *****, vertreten durch Dr. Johannes Hock, Rechtsanwalt in Wien, wegen Verhängung einer Geldbuße gemäß § 29 Z 2 lit c KartG und eines Zwangsgelds gemäß § 35 Abs 1 lit c KartG, über die Rekurse beider Teile gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Kartellgericht vom , GZ 29 Kt 106, 107/06-23, in nichtöffentlicher Sitzung, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs der Antragsgegnerin wird nicht Folge gegeben.

Dem Rekurs der Antragstellerin wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss, der in seinem Punkt 2. als nicht in Beschwerde gezogen unberührt bleibt, in seinem Punkt 1. dahin abgeändert, dass er zu lauten hat wie folgt:

„Über die Antragsgegnerin wird gem § 29 Z 2 lit c KartG 2003 eine Geldbuße in der Höhe von EUR 120.000 verhängt."

Text

Begründung:

Mit Beschluss des Kartellgerichts vom , 29 Kt 80/05-30 idF des Berichtigungsbeschlusses vom , 29 Kt 80/05-33, wurde der Antragsgegnerin gemäß § 11a Abs 3 WettbG 2005 (§ 11 Abs 5 WettbG 2002) aufgetragen, binnen 14 Tagen den dem Beschluss angeschlossenen Fragebogen der Bundeswettbewerbsbehörde, mit Ausnahme der Fragen 4, 8 und 9, zu beantworten und der Bundeswettbewerbsbehörde zu übermitteln, und zwar mit der Maßgabe, dass generell die Nennung von konkreten Abnehmern unterbleiben kann, sofern abnehmerspezifische Angaben unter jeweiliger Angabe des Anteils am Gesamtumsatz in der untersuchten Produktgruppe (einschließlich der Angabe der Umsatzgröße) erteilt werden, ebenso wie die Vorlage von Vereinbarungen, und dass die Angaben zur Frage 6 nur nach Produktgruppen und nicht in Bezug auf einzelne Produkte zu erteilen sind.

Mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs als Kartellobergericht vom , 16 Ok 7, 8/06, wurden diese Beschlüsse des Kartellgerichts bestätigt. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs wurde dem Rechtsvertreter der Antragsgegnerin am zugestellt.

Mit Antrag vom , begehrte die Bundeswettbewerbsbehörde die Auferlegung einer angemessenen Geldbuße nach § 29 Z 2 lit c KartG und die Festsetzung eines Zwangsgelds nach § 35 Abs 1 lit c KartG gegen die Antragsgegnerin. Trotz Rechtskraft des Beschlusses des Kartellgerichts vom und Ablaufs der Leistungsfrist sei die Auskunftserteilung nicht erfolgt.

Zunächst wandte die Antragsgegnerin ein, die Fragenliste sei sehr umfangreich, ihre Beantwortung erfordere zum Teil umfangreiche Untersuchungen, etwa die Rekonstruktion von Datenmaterial und die Durchsicht alter Preislisten. Dies sei in der Leistungsfrist von 14 Tagen schlicht unmöglich. Gerade im 4. Quartal des Geschäftsjahres seien im Hinblick auf das Weihnachtsgeschäft die Kapazitäten sowohl in der Produktion als auch im Vertrieb ausgelastet. Die Antragsgegnerin habe deshalb bei der Bundeswettbewerbsbehörde am um einvernehmliche Verlängerung der Leistungsfrist angesucht, was von dieser am abgelehnt worden sei. Es liege weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit vor.

Mit Beschluss vom setzte das Kartellgericht gegen die Antragsgegnerin ein Zwangsgeld in Höhe von 15.000 EUR für jeden Tag des Verzugs mit der Erfüllung des kartellgerichtlichen Auftrags beginnend ab dem Tag nach Zustellung dieses Beschlusses fest. Dieser Beschluss wurde der Antragsgegnerin am zugestellt.

Mit Schriftsatz vom teilte die Bundeswettbewerbsbehörde mit, die Antragsgegnerin habe am Auskünfte erteilt, welche aber dem kartellgerichtlichen Auftrag nicht voll entsprechen würden. Mit Schriftsatz vom teilte die Bundeswettbewerbsbehörde mit, dass die Auskunftserteilung seit einem neuerlichen Brief der Antragsgegnerin vom nunmehr vollständig sei.

Die Antragsgegnerin äußerte sich dahin, sie habe den Auftrag des Kartellgerichts am , spätestens aber am vollständig erfüllt. Die Bundeswettbewerbsbehörde habe kein rechtliches oder tatsächliches Interesse mehr an der Fragenbeantwortung. Die Branchenuntersuchung sei bereits fertig gestellt. Deren Ergebnisse könnten auch nicht von den Daten der Antragsgegnerin, deren Produkte nur minimal zum Umsatz im Untersuchungsobjekt beitragen würden, abhängen. Spätestens sei die Beschwer mit Vorlage des beantworteten Fragenkatalogs weggefallen. Der Antrag nach § 35 KartG sei unbestimmt und enthalte kein Vorbringen zur Begründung der Notwendigkeit eines Zwangsmittels und zur Höhe des verlangten Zwangsgelds. Es bedürfe im vorliegenden Fall auch keines Zwangs. Vielmehr habe die Antragsgegnerin nach Rechtskraft der Entscheidung des Kartellgerichts ihre Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht bestritten, sondern mit der Fragenbeantwortung begonnen und nur mehr um eine geringfügige Fristerstreckung ersucht.

Schließlich brachte die Antragsgegnerin vor, das Tatbild des § 29 Z 2 lit c KartG sei nicht erfüllt. Die Antragsgegnerin habe den Auftrag nur verspätet erfüllt, aber nie erklärt, ihm nicht nachkommen zu wollen. Ein allenfalls doch vorhandenes Verschulden sei so gering, dass die Anwendung des § 42 StGB angezeigt sei, zumal keine generalpräventiven und - nach Auskunftserteilung - auch keine spezialpräventiven Gründe eine Bestrafung erfordern würden.

Mit dem angefochtenen Beschluss verhängte das Erstgericht eine Geldbuße gemäß § 29 Z 2 lit c KartG in Höhe von 60.000 EUR und setzte die endgültige Höhe des Zwangsgelds gemäß § 35 Abs 2 KartG mit 5.000 EUR fest.

Das Erstgericht ging dabei im Wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus:

Im Laufe des zwischen den Parteien zu 29 Kt 80/05 geführten Verfahrens wegen § 11a Abs 3 WettbG 2005 (§ 11 Abs 5 WettbG 2002) übermittelte die Antragsgegnerin der Bundeswettbewerbsbehörde eine Auflistung, welche die Punkte 1 bis 18 der von der Bundeswettbewerbsbehörde verlangten Auskünfte unbeantwortet ließ und in welcher zum Punkt „Konditionen, Rabatte, Sonderleistungen" zahlreiche erforderliche Angaben fehlten. In ihrer Äußerung vom teilte die Bundeswettbewerbsbehörde ausdrücklich mit, ihren Antrag aufrecht zu erhalten.

Nach Zustellung der den Beschluss des Kartellgerichts vom bestätigenden Entscheidung des Obersten Gerichtshofs teilte der Antragsgegnervertreter der Bundeswettbewerbsbehörde mit Schreiben vom mit, dass die Antragsgegnerin im Zuge der Bearbeitung des Fragenkatalogs „nach dem doch überraschenden Beschluss des OGH" habe feststellen müssen, dass mit der 14-tägigen Frist nicht das Auslangen gefunden werden könne und ersuchte um Verlängerung der Frist bis . Eine nähere Begründung für die Notwendigkeit der Fristverlängerung enthält das Schreiben nicht. Mit Schreiben vom wies die Bundeswettbewerbsbehörde darauf hin, dass es sich bei der 14-tägigen Frist um eine gerichtlich festgesetzte Leistungsfrist handle.

Während des laufenden Buß- und Zwangsgeldverfahrens, und zwar am Tag nach der Zustellung des Beschlusses vom , mit dem das Zwangsgeld festgesetzt wurde, kam die Antragsgegnerin dem Auftrag zur Fragenbeantwortung zum überwiegenden Teil nach, wobei sie es aber - neuerlich - unterließ, abnehmerspezifische Angaben zu den Konditionen, Rabatten und Sonderleistungen zu machen; diese Angaben wurden auch nicht in der vom Kartellgericht freigestellten Form, nämlich nicht unter Nennung konkreter Abnehmer, sondern unter jeweiliger Angabe des Anteils am Gesamtumsatz in der untersuchten Produktgruppe einschließlich der Angabe der Umsatzgröße mitgeteilt.

Die Antragsgegnerin erzielt im 4. Quartal jedes Jahres wegen des Weihnachtsgeschäfts etwa 35 % ihres Jahresumsatzes. In diesem Zeitraum sind ihre betrieblichen Kapazitäten stark ausgelastet. Dies betrifft sowohl die Produktion als auch den Vertrieb und die Administration. Im Jahr 2006 ergaben sich bei der Antragsgegnerin zusätzlich Probleme im Zusammenhang mit einer umgreifenden Umstellung der betrieblichen Software. Das neue EDV-System wurde am eingeführt. Die damit verbundenen Umstellungsschwierigkeiten waren im Herbst 2006 noch nicht restlos bereinigt. Durch diese - zum Teil allerdings vorhersehbaren - Umstände wurde die Einhaltung der 14-tägigen Frist für die Auskunftserteilung für die Antragsgegnerin erschwert. Es konnte jedoch nicht festgestellt werden, dass bei ernsthaftem Bemühen, entsprechender Prioritätensetzung und Treffen der notwendigen organisatorischen Maßnahmen die Erfüllung der Auskunftspflicht geradezu unmöglich gewesen wäre.

Nach dem vorläufigen Ergebnis des Geschäftsjahres 2006 erwirtschaftete die Antragsgegnerin im Jahr 2006 einen Umsatz von 136,873.000 EUR. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit belief sich nur auf 60.000 EUR, wobei aber Umstrukturierungsmaßnahmen (neues EDV-System, Übersiedlung der Waffelproduktion, Gründung einer deutschen Zweigniederlassung) ein besseres Ergebnis verhinderten und bereits für 2007 eine wesentliche Verbesserung des Ergebnisses zu erwarten ist.

Rechtlich würdigte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahingehend, dass die Geldbuße nach dem Kartellgesetz nicht nur als Beugemittel zur Erzwingung gebotener Handlungen diene, sondern auch den Zweck verfolge, begangenes Unrecht zu ahnden (Repression) und der Begehung weiterer Zuwiderhandlungen vorzubeugen (Prävention). Sie sei daher nach ihrem Zweck und ihrer Wirkung eine Sanktion mit strafrechtsähnlichem Charakter (16 Ok 3/06). Während der Zweck der Geldbuße darin bestehe, unerlaubte Handlungsweisen zu ahnden und ihrer Wiederholung vorzubeugen, sanktioniere das Zwangsgeld nicht vergangenes Verhalten, sondern diene dazu, gegenwärtiges Verhalten zu beeinflussen. Daher könnten auch beide Maßnahmen nebeneinander verhängt werden.

Durch Geldbußen nach § 29 Z 2 lit c KartG solle das Zuwiderhandeln gegen rechtskräftige Beschlüsse des Kartellgerichts über Anträge der Bundeswettbewerbsbehörde auf Auskunftsverlangen sanktioniert werden. Die Rechtskraft des Beschlusses vom beziehe sich nicht nur auf die Verpflichtung zur Auskunftserteilung an sich, sondern auch auf die darin festgesetzte Leistungsfrist, welche mit Zustellung der Entscheidung des Kartellobergerichts vom , somit am zu laufen begonnen habe. Mit dem ungenützten Verstreichen der Leistungsfrist habe die Antragsgegnerin ihre Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht erfüllt, womit sie in diesem Zeitpunkt das Tatbild des § 29 Z 2 lit c KartG 2005 verwirklicht habe.

Die spätere Auskunftserteilung mache den bereits vollendeten Verstoß gegen die sanktionsbewehrte Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht ungeschehen, auch wenn die nachträgliche Erfüllung des Auftrags als Milderungsgrund zu berücksichtigen sei.

Der Einwand, die Bundeswettbewerbsbehörde benötige die Auskünfte der Antragsgegnerin nicht, betreffe die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Auskunftserteilung, über welche im Verfahren 29 Kt 80/05 bereits rechtskräftig abgesprochen worden sei.

Ein besonderes rechtliches oder tatsächliches Interesse der Bundeswettbewerbsbehörde sei für die Verhängung einer Geldbuße nach § 29 Z 2 lit c KartG nicht erforderlich. Die Bestimmung des § 36 Abs 4 Z 4 KartG gelte nicht in Geldbußeverfahren und zudem nur für Unternehmen und Unternehmensvereinigungen, nicht aber für die Amtsparteien.

Die Leistungsfrist sei im Verfahren 29 Kt 80/05 rechtskräftig festgesetzt worden. Umstände, die der Antragsgegnerin bereits damals bekannt waren, etwa der zur Auskunftserteilung erforderliche Aufwand zur Recherche und Auswertung betriebsinterner Daten, aber auch die erhöhte Arbeitsbelastung in jedem 4. Jahresquartal, könnten im Bußgeldverfahren nicht mehr neu aufgerollt werden.

Die Anwendung des § 42 StGB komme schon aus generalpräventiven Gründen nicht in Betracht. Im vorliegenden Verfahren sei erstmals über den Antrag auf Verhängung einer Geldbuße nach § 29 Z 2 lit c KartG 2005 zu entscheiden. Es sei daher zu befürchten, dass mit einer Abweisung des Antrags mit der Begründung der mangelnden Strafwürdigkeit der Tat das Signal verbunden wäre, rechtskräftige Aufträge des Kartellgerichts nach § 11a Abs 3 WettbG seien nicht ganz ernst zu nehmen und es müssten keine besonderen Anstrengungen unternommen werden, um diese zeitgerecht zu erfüllen.

Gemäß § 29 Z 2 KartG 2005 sei eine Geldbuße bis zum Höchstbetrag von 1 % des im vorausgegangenen Geschäftsjahresumsatzes, im konkreten Fall also bis zum Betrag von 1,368.730 EUR zu verhängen. Nach § 30 KartG sei auf die Schwere und die Dauer der Rechtsverletzung, auf die durch die Rechtsverletzung erzielte Bereicherung, auf den Grad des Verschuldens und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Bedacht zu nehmen.

Bei Heranziehung dieser Kriterien sei zunächst zu berücksichtigen, dass der vorliegende Verstoß nicht auf eine Bereicherung abzielte. Weiters sei zu berücksichtigen, dass der Höchstbetrag selbst bei einer hartnäckigen Verweigerung der Fragenbeantwortung die Obergrenze der Geldbuße darstelle, während die Antragsgegnerin hier dem Auskunftsverlangen mit einer Verspätung von 39 Tagen zum Großteil und mit einer Verzögerung von 42 Tagen zur Gänze nachgekommen sei. Es komme daher hier nur eine Geldbuße im einstelligen Prozentbereich des Höchstbetrags in Betracht. Schließlich seien auch noch die festgestellten Umstände betreffend die höhere Arbeitsbelastung im letzten Jahresquartal und die Schwierigkeiten mit der EDV-Umstellung zwar nicht - wie von der Antragsgegnerin gewünscht - als schuldausschließend, aber noch immerhin als strafmildernd zu berücksichtigen. Ein Zwangsgeld in der Mitte des einstelligen Promillebereichs des Jahresumsatzes bzw einstelligen Prozentbereichs des Höchstmaßes könne die Antragsgegnerin wirtschaftlich nicht überfordern. Es erscheine daher eine Geldbuße von 60.000 EUR angemessen.

Gemäß § 35 Abs 2 KartG könne das Kartellgericht, wenn der Unternehmer oder die Unternehmensvereinigung der Verpflichtung nachgekommen sei, zu deren Durchsetzung das Zwangsgeld verhängt worden sei, die endgültige Höhe des Zwangsgelds auf einen Betrag festsetzen, der unter dem Betrag liege, der sich aus der ursprünglichen Entscheidung ergeben würde. Im vorliegenden Fall habe das Beugemittel seine Wirkung unmittelbar entfaltet. Die Antragsgegnerin habe der Bundeswettbewerbsbehörde bereits am Tag nach der am erfolgten Zustellung des Beschlusses vom einen Großteil der Fragenbeantwortung geliefert; die fehlenden Antworten und Unterlagen seien über Aufforderung der Bundeswettbewerbsbehörde am nachgeliefert worden. Damit sei für die endgültige Festsetzung des Zwangsgelds nur von einem Zeitraum von drei Tagen auszugehen, wobei sich auch dieser (neuerliche) Verzug nur auf einen Teil der Auskunftsverpflichtung beziehe. Daher könne bei der endgültigen Festsetzung des Zwangsgelds mit einem Betrag von 5.000 EUR das Auslangen gefunden werden.

Gegen diesen Beschluss richten sich die Rekurse beider Parteien.

Die Antragstellerin strebt die Erhöhung der Geldbuße auf 120.000 EUR an.

Die Antragsgegnerin begehrt die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses als nichtig. Hilfsweise beantragt sie, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Antrag der Bundeswettbewerbsbehörde zurück- oder abzuweisen. In eventu stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Zum Rekurs der Antragsgegnerin:

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1.1. Eine Nichtigkeit erblickt die Antragsgegnerin darin, dass das Erstgericht gegen das Antragsprinzip des § 36 KartG 2005 verstoßen habe. Der bloß auf Verhängung einer „angemessenen" Geldbuße und Festsetzung eines „angemessenen" Zwangsgelds gerichtete Antrag der Bundeswettbewerbsbehörde sei unbestimmt. Das Kartellgericht hätte den Antrag zurückweisen müssen.

1.2. Dem kann in mehrfacher Hinsicht nicht gefolgt werden. Zunächst betrifft die Entscheidung 16 Ok 20/04 (= ÖBl-LS 2005/173 bis 178) nur die Inhaltsanforderungen an den verfahrenseinleitenden Sachantrag. Demnach muss dieser so hinreichend konkretisiert sein, dass ihm das geschuldete Verhalten nach Gegenstand, Art, Umfang und Zeit zu entnehmen ist. Ein Erfordernis der Angabe einer bestimmten Höhe der beantragten Geldbuße ist dieser Entscheidung nicht zu entnehmen.

1.3. Im Übrigen würde auch ein allfälliger Verstoß gegen das Antragsprinzip im Außerstreitverfahren nicht zur Nichtigkeit des angefochtenen Beschlusses führen. § 56 Abs 1 AußStrG sieht vielmehr eine Aufhebung des Beschlusses wegen Nichtigkeit nur mehr vor, wenn über eine Sache entschieden wurde, die nicht auf den außerstreitigen Rechtsweg gehört, der inländischen Gerichtsbarkeit nicht unterworfen oder bereits rechtskräftig entschieden ist oder unter Verzicht auf den Anspruch zurückgezogen wurde. § 56 Abs 2 AußStrG behandelt schließlich den - hier nicht gegebenen - Fall der Unzuständigkeit des Erstgerichts.

1.4. Außerhalb dieser Fälle sieht § 57 AußStrG - soweit im vorliegenden Fall von Belang - in bestimmten Fällen zwar keine Nichtigerklärung, aber doch eine Aufhebung des angefochtenen Beschlusses vor. Dies ist dann der Fall, wenn die Fassung des Beschlusses so mangelhaft ist, dass dessen Überprüfung nicht mit Sicherheit vorgenommen werden kann, der Beschluss mit sich selbst im Widerspruch ist oder - außer in den Fällen des § 39 Abs 4 AußStrG - keine Begründung enthält und diesen Fällen durch eine Berichtigung des Beschlusses nicht abgeholfen werden kann (§ 57 Z 1 AußStrG), die Öffentlichkeit in gesetzwidriger Weise ausgeschlossen worden ist (§ 57 Z 2 AußStrG), die Sachanträge durch den angefochtenen Beschluss nicht vollständig erledigt worden sind und die Entscheidung nicht als Teilbeschluss bestätigt oder abgeändert werden kann (§ 57 Z 3 AußStrG), das Verfahren erster Instanz an wesentlichen Mängeln leidet, welche eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Sache hindern (§ 57 Z 4 AußStrG), nach dem Inhalt der Akten erheblich erscheinende Tatsachen in erster Instanz gar nicht erhoben worden sind (§ 57 Z 5 AußStrG) oder andere vergleichbar schwerwiegende Verfahrensverstöße vorliegen (§ 57 Z 6 AußStrG).

Diese Fälle liegen im vorliegenden Fall jedoch evident nicht vor. Selbst einem allfälligen Verstoß gegen das Erfordernis der ziffernmäßigen Bestimmtheit des Strafantrags wären den Aufhebungsgründen des § 57 Z 1 bis 5 AußStrG wertungsmäßig nicht vergleichbar.

1.5. Vor allem aber übersieht die Antragsgegnerin, dass § 36 KartG 2005 gerade keine Verpflichtung enthält, in einem Antrag auf Verhängung einer Geldbuße oder eines Zwangsgelds eine bestimmte Strafhöhe zu fordern. § 36 Abs 2 KartG 2005 spricht lediglich aus, dass zum Antrag auf Prüfung von Zusammenschlüssen sowie auf Verhängung von Geldbußen und Zwangsgeldern nur die Bundeswettbewerbsbehörde und der Bundeskartellanwalt berechtigt sind. Satz 2 dieser Bestimmung sieht sodann vor, dass das Kartellgericht keine höhere Geldbuße und kein höheres Zwangsgeld verhängen kann als beantragt wurde. Damit beschränkt § 36 Abs 2 KartG einerseits die Antragslegitimation auf die beiden Amtsparteien. Anderseits beschränkt die Bestimmung das dem Kartellgericht sonst bei der Straffestsetzung zukommende Ermessen dahin, dass das Gericht keine höhere Geldbuße und kein höheres Zwangsgeld verhängen kann als beantragt wurde. Diese Bestimmung soll nach den Gesetzesmaterialien lediglich die Kronzeugenregelung (§ 11 Abs 2 WettbG) absichern. Daher kann daraus keine generelle Verpflichtung der Amtsparteien zur betragsmäßigen Bezifferung eines Geldbußen- oder Zwangsgeldantrags abgeleitet werden (Mair in Petsche/Urlesberger/Vartian, Kartellgesetz 2005, § 36 Rz 19; vgl auch Solé, Das Verfahren vor dem Kartellgericht, Rz 525).

1.6. Eine generelle Verpflichtung zur Anführung der Höhe der zu verhängenden Strafe wäre auch systemwidrig, wird dies doch weder im Strafverfahren (§ 207 Abs 2 StPO e contratio) noch im Exekutionsverfahren (Klicka in Angst, EO 1446 aE; SZ 54/115 = ÖBl 1981, 164 uva) gefordert. Von einer Unschlüssigkeit des Antrags der Bundeswettbewerbsbehörde kann daher keine Rede sein.

2.1. Auch die behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nicht vor. Die Antragsgegnerin erblickt eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens darin, dass das Erstgericht keine Anfrage an die Bundeswettbewerbsbehörde zum Stand der Fertigstellung der Branchenuntersuchung Lebensmitteleinzelhandel sowie zur Frage, welche angeschriebenen Unternehmen bisher dem Auskunftsverlangen nicht Folge geleistet haben, welche Unternehmen innerhalb von 14 Tagen die Fragen vollständig beantwortet haben und welche Unternehmen die Fragen überhaupt vollständig beantwortet haben, gerichtet hat.

2.2. Diese Fragen sind jedoch - wie das Erstgericht völlig zutreffend erkannte (§ 60 Abs 2 AußStrG) - rechtlich völlig unerheblich. Die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Beantwortung der Fragen ergab sich bereits aus der - vom Obersten Gerichtshof bestätigten - Entscheidung des Kartellgerichts und kann im Verfahren zur Festsetzung einer Geldbuße bzw eines Zwangsgelds nicht neuerlich aufgerollt werden. Dies gilt auch für die Frage der Angemessenheit der Leistungsfrist. Diese wäre gegebenenfalls im Rechtsmittelverfahren zu bekämpfen gewesen (vgl Fucik in Fasching/Konecny2 § 409 ZPO Rz 5). Für die Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens der Antragsgegnerin ist auch völlig unerheblich, ob allenfalls andere Unternehmen ähnliche Rechtsverstöße zu verantworten haben.

3.1. Soweit die Antragsgegnerin die Feststellungen des Erstgerichts bekämpft, ist ihr entgegen zu halten, dass im Kartellverfahren nach ständiger Rechtsprechung eine Überprüfung der Beweiswürdigung des Erstgerichts durch den Obersten Gerichtshof insoweit ausgeschlossen ist, als dieses den Sachverhalt aufgrund vor ihm abgelegter Zeugenaussagen und/oder Parteienaussagen als bescheinigt angenommen hat (RIS-Justiz RS0109206). In der Entscheidung 16 Ok 3/06 wurde die Frage, inwieweit dieser Grundsatz auch im Geldbußenverfahren uneingeschränkt aufrecht zu erhalten ist, lediglich deshalb dahingestellt gelassen, weil die Rekurswerberin keine stichhaltigen Bedenken gegen die Feststellung des Erstgerichts aufzuzeigen vermochte.

3.2. Ergänzend ist darauf zu verweisen, dass eine Notwendigkeit, auch die Beweiswürdigung des Erstgerichts einer Überprüfung im Rechtsmittelverfahren zuführen zu können, sich auch nicht aus Art 6 MRK ergibt. Art 6 MRK sieht überhaupt kein Recht auf ein Rechtsmittel vor. Ein derartiges Recht ergibt sich erst aus Art 2 des 7. Zusatzprotokolls zur MRK. Auch diese Bestimmung, sofern man sie wegen des strafrechtsähnlichen Charakters des Geldbußenverfahrens im vorliegenden Fall überhaupt heranziehen wollte, sieht lediglich vor, dass überhaupt eine Möglichkeit zur Überprüfung der Entscheidung des Erstgerichts besteht. Die konkrete Ausgestaltung der Anrufung der zweiten Instanz obliegt dem Vertragsstaat (Grabenwarter, EMRK³ 383 mwN). Daher ist es durchaus mit diesem Zusatzprotokoll vereinbar, wenn die Kognitionsbefugnis des Rechtsmittelgerichts auf Rechtsfragen beschränkt ist (Grabenwarter aaO).

3.3. Im Übrigen hat das Erstgericht ausführlich und nachvollziehbar begründet, aufgrund welcher Beweismittel und Überlegungen es zu seinen Feststellungen gelangte. Dies gilt inbesondere auch für die Überlegung des Erstgerichts, dass die Darstellung eines Zeugen zu den Schwierigkeiten mit der Umstellung des EDV-Systems übertrieben wirkten, weil diese Umstände erstmals in der Verhandlung vom zur Sprache kamen. Wären die von ihm genannten Probleme tatsächlich so gravierend gewesen, wären sie von der Antragsgegnerin wohl schon im Ersuchen um Fristverlängerung an die Bundeswettbewerbsbehörde, spätestens aber im Rahmen ihrer Äußerung in der Verhandlung vom zur Sprache gekommen. Auch im Schriftsatz vom berief sich die Antragsgegnerin nur auf die erhöhte Arbeitsbelastung ihrer Mitarbeiter im 4. Jahresquartal, nicht aber auf Probleme im Zuge der Umstellung der Software.

4.1. Ausgehend von den Feststellungen des Erstgerichts versagt aber auch die Rechtsrüge. Der Oberste Gerichtshof billigt die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts sowohl im Ergebnis als auch in der methodischen Ableitung, sodass uneingeschränkt darauf verwiesen werden kann (§ 60 Abs 2 AußStrG).

4.2. In ihrer Rechtsrüge wiederholt die Antragsgegnerin zunächst ihren schon im erstinstanzlichen Verfahren erfolglos gebliebenen Einwand, der Bundeswettbewerbsbehörde fehle es an der Beschwer. Wie jedoch schon das Erstgericht zutreffend erkannte, ergab sich die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Beantwortung der Fragen bereits aus dem rechtskräftigen Beschluss des Kartellgerichts; Spekulationen darüber, ob die Bundeswettbewerbsbehörde die Auskünfte der Antragsgegnerin noch benötigte oder nicht, sind daher völlig irrelevant. Im Übrigen läuft die Argumentation der Antragsgegnerin letztlich darauf hinaus, dass eine Verzögerung der Beantwortung der Fragen der Bundeswettbewerbsbehörde zum Entfall ihrer Beantwortungspflicht führen kann. Dass dies nicht im Sinne des Gesetzes sein kann, bedarf keiner weiteren Ausführungen.

4.3. Mit ihrer Behauptung, es fehle am Verschulden, entfernt sich die Antragsgegnerin in unzulässiger und damit unbeachtlicher Weise von den Feststellungen des Erstgerichts, wonach die Erfüllung der Auskunftspflicht bei entsprechender Prioritätensetzung möglich gewesen wäre. Insoweit ist die Rechtsrüge daher nicht gesetzmäßig ausgeführt.

4.4. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass - wie schon das Erstgericht hervorgehoben hat - die Antragsgegnerin der Bundeswettbewerbsbehörde bereits im Jänner 2006 eine Zusammenstellung übermittelte, die zwar nur einige Punkte des Auskunftsverlangens umfasste, für die aber zumindest ein Teil der auch nunmehr benötigten Grunddaten bereits ausgehoben worden sein muss. Spätestens nach Ergehen des Beschlusses des Kartellgerichts vom musste die Antragsgegnerin auch damit rechnen, dass das Auskunftsverlangen der Bundeswettbewerbsbehörde berechtigt ist. Die subjektive Einschätzung der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, mit der der Beschluss des Kartellgerichts bestätigt wurde, als „überraschend" vermag die Antragsgegnerin keineswegs zu exkulpieren, zumal der Oberste Gerichtshof bereits in seinem im ersten Rechtsgang ergangenen Aufhebungsbeschluss vom (16 Ok 10/05) die Rechtslage in wesentlichen Punkten klargestellt hat.

Die Antragsgegnerin hatte somit insgesamt etwa ein Jahr Kenntnis vom Auskunftsverlangen der Bundeswettbewerbsbehörde und auch nach Ergehen des Beschlusses des Kartellgerichts während des Rekursverfahrens mehrere Monate Zeit, allfällige vorbereitende Arbeiten durchzuführen.

4.5. Dass die Voraussetzungen des § 42 StGB im vorliegenden Fall nicht erfüllt sind, hat bereits das Erstgericht frei von Rechtsirrtum dargelegt. Die - in diesem Zusammenhang neuerlich aufgestellte - Behauptung, die Antragsgegnerin habe „ohne jedes Verschulden" die titulierte Leistung verspätet erbracht, entfernt sich neuerlich von den Feststellungen des Erstgerichts, wonach die Erfüllung der Auskunftspflicht bei entsprechender Prioritätensetzung möglich gewesen wäre. Die Bedeutung der Auskunftspflicht ist nicht an der subjektiven Einschätzung der Rekurswerberin, sondern am objektiven Maßstab der Rechtsordnung zu messen. Aus dem Sanktionssystem des Kartellgesetzes 2005 in seiner Gesamtheit, insbesondere aber auch aus der Höhe der möglichen Geldbuße nach § 29 Z 2 lit c KartG und des Zwangsgelds nach § 35 Abs 1 lit c KartG ergibt sich, dass der Gesetzgeber der Erfüllung der Auskunftspflicht hohe Bedeutung beimisst. Bei der von der Antragstellerin angestellten Branchenuntersuchung ist eine zeitnahe und umfassende Auskunftserteilung unerlässlich, kann doch nur so eine wirksame Vollziehung der materiellen Vorschriften des KartG 2003 sichergestellt werden. Daher kann auch keine Rede davon sein, die Übertretung der Antragsgegnerin habe nur „unbedeutende Folgen" nach sich gezogen.

4.6. Die Behauptung, die Antragsgegnerin habe bereits am dem Auskunftsverlangen der Antragstellerin entsprochen, steht im Widerspruch zu den Feststellungen des Erstgerichts. Völlig zutreffend hat bereits das Erstgericht erkannt, dass die Antragsgegnerin bereits dadurch, dass sie nach Verstreichen der Leistungsfrist der auferlegten Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht nachgekommen ist, den Tatbestand des § 29 Z 2 lit c KartG 2005 verwirklichte. Wie für die Geldbuße nach dem europäischen Wettbewerbsrecht (Art 23 VO 1/2003) gilt auch für § 29 KartG, dass die Befugnis zur Verhängung von Sanktionen nicht dadurch berührt wird, dass das die Zuwiderhandlung begründende Verhalten und die Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen zur Zeit der Entscheidung nicht mehr bestehen (Mestmäcker/Schweitzer, Europäisches Wettbewerbsrecht2 § 21 Rz 8).

Die Argumentation der Rekurswerberin läuft letztlich darauf hinaus, dass es ausreicht, wenn irgendwann während des Verfahrens zur Festsetzung einer Geldbuße oder einer Zwangsstrafe der Auskunftspflicht entsprochen wird. Eine derartige Auslegung findet aber nicht nur im Wortlaut des § 29 KartG 2005 keine Stütze, sondern widerspricht auch dem Zweck dieser Regelung, die Erfüllung der Auskunftspflicht effektiv abzusichern. Die Wirksamkeit der gerichtlich angeordneten Auskunftserteilung wäre nämlich deutlich beeinträchtigt, wenn keine Strafe verhängt werden könnte, sofern der Verpflichtete nur nachträglich irgendwann während des Verfahrens zur Festsetzung der Geldbuße oder des Zwangsgelds der Auskunftspflicht entspricht (vgl auch zu § 24 FBG,6 Ob 215/99g; Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 24 Rz 62; vgl auch Burgstaller, Beugestrafen zur Durchsetzung von Zivilurteilen, ÖJZ 2000, 134 [140, 147]).

4.7. Zur Höhe des Bußgelds wird auf die Behandlung des Rekurses der Antragstellerin verwiesen. Verfehlt ist jedenfalls die Auffassung der Rekurswerberin, es sei nicht der Gesamtumsatz, sondern ausschließlich der Inlandsumsatz maßgeblich. § 29 KartG stellt ausdrücklich auf den „Gesamtumsatz" ab. Nach den Gesetzesmaterialien ist der weltweite Umsatz der an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmer maßgeblich, wobei der Berechnung nach den allgemeinen Bestimmungen des § 2a KartG 1988 (nunmehr § 22 KartG) zu erfolgen hatte (1005 BlgNR 21. GP 32; vgl auch Petsche/Tautscher in Petsche/Urlesberger/Vartian, KartG 2005 § 29 Rz 13; Solé, Verfahren vor dem Kartellgericht, Rz 500). An der Maßgeblichkeit des weltweiten Umsatzes trat durch das KartG 2005 aber keine Änderung ein. Dies entspricht auch dem Zweck des § 29 KartG, sieht der Gesetzgeber doch den Gesamtumsatz als vertyptes Maß der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens.

4.8. Die Rekursausführungen gegen die Festsetzung des Zwangsgelds gehen durchwegs von einem feststellungsfremden Sachverhalt aus. Nach den detaillierten Feststellungen des Erstgerichts kann keine Rede davon sein, dass es keinerlei Zwangsmittel bedurfte, um die Antragsgegnerin zur Erfüllung des kartellgerichtlichen Auftrags zu verhalten. Mit dem Einwand, die rechtzeitige Erfüllung des gerichtlichen Auftrags sei unmöglich, hat sich das Erstgericht ausführlich und nachvollziehbar auseinandergesetzt.

4.9. Was die Höhe des Zwangsgelds anlangt, so darf nicht außer Acht gelassen werden, dass nicht einmal die Androhung eines Zwangsgelds von 15.000 EUR pro Tag ausreichte, die Antragsgegnerin zur rechtzeitigen Erfüllung ihrer Auskunftspflicht zu veranlassen. Dessen ungeachtet hat das Erstgericht das endgültige Zwangsgeld gemäß § 35 Abs 2 KartG ohnedies nur mit insgesamt 5.000 EUR ausgemessen. Dieser Betrag ist einer weiteren Ermäßigung jedoch nicht zugänglich.

4.10. Entgegen dem Rekursvorbringen bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die in § 38 KartG vorgesehene Anwendbarkeit des AußStrG. Das Außerstreitverfahren ist flexibel genug, auch eine taugliche Rechtsgrundlage für das kartellrechtliche Verfahren zur Festsetzung einer Zwangsstrafe und eines Bußgelds zu bilden. Der Vorwurf, es fehle an vorhersehbaren Regelungen für das anwendbare Verfahren, geht im Hinblick auf die detaillierten Verfahrensbestimmungen des AußStrG ins Leere. Der Einwand, es ließen sich aus dem AußStrG keine „konkreten Rechte der Verteidigung" und keine „konkrete Rechtsmittelbefugnis" ableiten, ist in Anbetracht der umfangreichen Parteirechte auf rechtliches Gehör (§ 15 AußStrG), die weitreichenden Möglichkeiten zur Mitwirkung an der Sachverhaltsfeststellung (§§ 16 ff AußStrG) sowie das umfassende Rekursrecht (§ 45 AußStrG) nicht nachvollziehbar.

Die Argumentation der Rekurswerberin, die ausdrückliche Bestimmungen über die Strafbemessung und die mangelnde Strafwürdigkeit der Tat im Sinne des § 42 StGB vermisst, verkennt, dass es sich dabei nicht um verfahrensrechtliche, sondern um materiellrechtliche Regelungen handelt, für die das Außerstreitgesetz als Verfahrensgesetz schon deshalb kein geeigneter Regelungsort wäre. Im Übrigen betreffen sowohl die vom Obersten Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung 16 Ok 52/05 bejahte Anwendbarkeit des § 42 StGB im Kartellverfahren ebenso wie die Annahme eines „Milderungsgrunds" im vorliegenden Verfahren durch das Erstgericht jeweils die Antragsgegnerin begünstigende Regelungen. Für eine Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof im Sinne des Art 137 B-VG bestand daher kein Anlass.

Zum Rekurs der Antragstellerin:

Der Rekurs ist berechtigt.

1. Nach § 29 Z 2 KartG 2005 hat das Kartellgericht Geldbußen bis zu einem Höchstbetrag von 1 % des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes gegen einen Unternehmer oder eine Unternehmervereinigung zu verhängen, der oder die vorsätzlich oder fahrlässig - soweit im vorliegenden Fall von Relevanz - einem Auftrag des Kartellgerichts nach § 11a Abs 3 WettbG 2005 nicht nachkommt oder in einer Auskunft nach dieser Bestimmung unrichtige, irreführende oder unvollständige Angaben macht.

2. Bei der Bemessung der Geldbuße ist nach § 30 KartG auf die Schwere und Dauer der Rechtsverletzung, auf die durch die Rechtsverletzung erzielte Bereicherung, auf den Grad des Verschuldens und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Bedacht zu nehmen. Dabei kommt dem vom Erstgericht hervorgehobenen Merkmal der fehlenden Bereicherung bei Geldbußen nach § 29 Z 2 lit c KartG - anders als etwa bei § 29 Z 1 lit a KartG 2005 - nur untergeordnete Bedeutung zu, ist doch schwer vorstellbar, dass die Nichterfüllung eines Auftrags nach § 11a Abs 2 WettbG als solche überhaupt zu einer Bereicherung führen kann.

3. Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin die erforderlichen Auskünfte von Anfang an nur schleppend und unvollständig erteilt. Auch nach Rechtskraft des Auftrags des Kartellgerichts hat sie nicht fristgerecht von sich aus die erforderlichen Auskünfte erteilt, sondern zunächst mit Schreiben vom lediglich lapidar ohne nähere Begründung bei der Bundeswettbewerbsbehörde eine Verlängerung der Frist bis beantragt. Erst nach dem Antrag der Bundeswettbewerbsbehörde vom hat die Antragsgegnerin weitere Auskünfte erteilt, und auch diese zunächst nicht vollständig.

4. Bei dieser Sachlage besteht aber, wenngleich die Geldbuße nicht nach einer arithmetischen Formel berechnet werden kann (vgl Dansk Ror Industrie uA/Kommission, Slg 2005 S I-06425, Tz 259 ff mit zustimmender Zitierung der Ausführungen des Urteils des Europäischen Gerichts erster Instanz Tz 285; 16 Ok 3/06), für eine Ausmessung der Geldbuße bloß im Bereich von weniger als fünf Promille (!) des Umsatzes nicht der geringste Anlass. Dies würde im Ergebnis auf eine sachlich nicht gerechtfertigte Bagatellisierung des Rechtsverstoßes der Antragsgegnerin hinauslaufen. Insbesondere ist auch nicht statthaft, die Geldbuße bloß an der Höhe des Gewinns zu orientieren, weil dieser in Anbetracht der vielfältigen hier bestehenden Gestaltungsmöglichkeiten nicht immer ein ausreichendes Maß zur Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Unternehmens bildet. Dies gilt insbesondere im vorliegenden Fall, wo nach den Feststellungen des Erstgerichts der Gewinn bloß wegen einer Reihe von Einmaleffekten (Gründung einer Zweigniederlassung in Deutschland, neues EDV-System) relativ niedrig war und bereits für das Jahr 2007 eine deutliche Verbesserung der Ertragssituation zu erwarten ist.

Die von der Antragstellerin angestrebte Erhöhung der Geldbuße auf 120.000 EUR beträgt immer noch weniger als 10 % der zulässigen Obergrenze und erscheint nach den Umständen des Einzelfalls angemessen. Dass der Umsatz ein - wenngleich nicht ausschließliches (16 Ok 3/06) - Kriterium für die Strafbemessung darstellt, kann in Anbetracht des Umstands, dass dieser auch das Maß für die Obergrenze der höchstzulässigen Geldstrafe bietet, keinem Zweifel unterliegen (vgl abermals 16 Ok 3/06).

In Stattgebung des Rekurses der Antragstellerin war der angefochtene Beschluss daher spruchgemäß abzuändern.