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OGH vom 27.01.2000, 8ObA342/99y

OGH vom 27.01.2000, 8ObA342/99y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Adamovic sowie die fachkundigen Laienrichter OSR Dr. Felix Joklik und Mag. Thomas Kallab als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Hermann B*****, kaufmännischer Angestellter, *****, vertreten durch Dr. Helga Hofbauer, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei prot. Firma F.***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Schmautzer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Kündigungsanfechtung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 153/99t-33, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 33 Cga 40/98p-29, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit S 13.725,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 2.287,50 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger focht die mit Schreiben vom zum ausgesprochene Kündigung als sozialwidrig an. Er brachte hiezu vor, er sei seit bei der beklagten Partei, zuletzt mit einem monatlichen Bruttogehalt von S 52.071,--, 14 x jährlich, beschäftigt gewesen. Es sei ihm eine Vertragsänderung angeboten worden, bei der sein Gehalt auf S 40.000,-- monatlich herabgesetzt worden wäre. Dieses Anbot habe er als unzumutbar abgelehnt. Im Alter von 54 Jahren könne er keinen vergleichbaren Arbeitsplatz mehr finden. Die Ehefrau des Klägers verdiene monatlich rund S 12.990,-- netto, der Kläger sei sorgepflichtig für eine Tochter, die noch die Schule bzw einen Aufbaulehrgang besuche. Die monatlichen Fixkosten überstiegen knapp S 12.000,--, hiezu kämen noch die allgemeinen Lebenshaltungskosten. An Vermögen besitze der Kläger ein Haus in Niederösterreich, einen PKW Marke Landrover (Zeitwert etwa S 170.000,--) und ein Sparguthaben von etwa S 400.000,--. Der Kläger sei zur Hälfte (mit seiner Ehefrau) grundbücherlicher Eigentümer einen Hauses inklusive Garten und Presshaus in Niederösterreich mit einem Einheitswert von S 153.000,--, belastet durch das alleinige Wohn- und Gebrauchsrecht der Mutter des Klägers. Betriebliche Gründe für die Kündigung lägen nicht vor, sein Arbeitsplatz bei der beklagten Partei bestehe nach wie vor und sei nachbesetzt worden.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, infolge des scharfen Wettbewerbes sei sie gezwungen, Einsparungen vorzunehmen. Dem Kläger sei ein neues, leistungsorientiertes Entgeltsystem angeboten worden, was er ungeachtet einer geringen Gehaltseinbuße abgelehnt hätte. Für die Kündigung seien zwingende betriebliche Erfordernisse vorgelegen. Überdies habe der Kläger inzwischen einen gleichwertigen Arbeitsplatz gefunden.

Das Erstgericht traf folgende, vom Berufungsgericht sodann übernommenen Feststellungen:

Der Kläger war ab 1968 bis zu seiner Kündigung als Außendienstmitarbeiter bei der beklagten Partei beschäftigt. Er war als Repräsentant für hochpreisige Kosmetikartikel mit dem Kundenkreis Einzelhandel eingesetzt. Er bereiste die Bundesländer Wien, Burgenland, das südliche Niederösterreich und die Steiermark. Auf sein Dienstverhältnis fand der Rahmenkollektivvertrag für Angestellte der Industrie samt Zusatzkollektivvertrag chemische Industrie Anwendung. Eingestuft war er in der Verwendungsgruppe III.

Der Kläger bezog zuletzt ein Fixum von S 52.071,-- brutto pro Monat, 14mal jährlich. Zusätzlich gewährte die beklagte Partei ab September 1992 bei Erreichen eines Umsatzes von etwa S 9,5 Mio eine Jahresprämie von S 70.000,-- brutto. Diese Prämie wurde dem Kläger lediglich einmal und nur zur Hälfte ausbezahlt, weil er das Umsatzziel nur knapp verfehlt hatte.

Ende Dezember 1996 machte die beklagte Partei dem Kläger das Angebot, sein Gehalt auf ein Fixum von S 40.000,-- brutto pro Monat zuzüglich einer Jahresprämie von S 120.000,-- brutto umzustellen. Der Kläger unterbreitete der beklagten Partei einen Gegenvorschlag, nämlich ein Fixum von S 45.000,-- brutto zuzüglich einer Jahresprämie von S 120.000,-- brutto im Falle des Erreichens des Umsatzzieles. Dieses Angebot wiederum lehnte die beklagte Partei ab.

Mit Schreiben vom kündigte die beklagte Partei das Dienstverhältnis des Klägers zum .

Vom bis war der Kläger als Verkaufsleiter bei einem neuen Dienstgeber mit einem Bruttomonatsgehalt von S 45.000,--, 12mal jährlich angestellt.

Der Kläger ist am geboren. Die Ehefrau des Klägers verdient S 12.993,-- netto pro Monat. Zum Zeitpunkt der Kündigung hatte der Kläger für eine 17-jährige Tochter zu sorgen, deren Schulgeld im Aufbaulehrgang S 750,-- monatlich betrug. Die monatliche Miete der Wohnung beträgt S 5.524,68, der Garage S 490,--. Die monatlichen Fixkosten für die PKW-Haftpflichtversicherung betragen S 792,--, für die Haushaltsversicherung S 234,--, die Unfallversicherung S 292,--, den Bausparbetrag S 250,-- und für Radio und TV S 265,--. Hinzu kommen noch S 1.960,-- pro Monat für Bausparen für die Ehefrau und die Tochter sowie diverse Vereinsbeträge und die allgemeinen Lebenshaltungskosten. An Vermögen hat der Kläger ein Hälfteeigentumsanteil an einem Haus und Garten und Presshaus in Niederösterreich, welche durch das alleinige Wohn- und Gebrauchsrecht der Mutter des Klägers belastet sind. Weiters verfügt der Kläger über ein Sparguthaben von etwa S 400.000,-- und einen PKW Marke Landrover im Wert von ca S 170.000,--.

Ausgehend vom Kündigungszeitpunkt ist beim Kläger in Hinblick auf das Erlangen einer auch nur halbwegs gleichwertigen Beschäftigung und auch nur eines halbwegs so hohen Fixgehaltes wie bei der beklagten Partei, trotz einer sechs- bis neunmonatigen Dauer der Arbeitslosigkeit, nicht mit einer erfolgreichen Integration in den Arbeitsmarkt zu rechnen.

Das Unternehmen der beklagten Partei beschäftigt insgesamt etwa 700 Mitarbeiter, aufgeteilt auf 5 Branchen wie Pharma, Agrochemie, Kosmetik und Baunebengewerbe. Der Gesamtumsatz beträgt in etwa S 4 Mrd, ein Drittel des Umsatzes erzielt die beklagte Partei im Ausland.

In der Sparte Kosmetik waren Anfang 1997 4 bis 5 Außendienstmitarbeiter, 3 Innendienstmitarbeiter und eine Lagerarbeiterin beschäftigt. Am Personalstand hat sich seither nichts geändert.

Die beklagte Partei hat Vertretungen für hochwertige Kosmetikprodukte wie Sisley, Gatineau und Art Deco und beliefert den traditionellen Fachhandel, also keinen Diskonthandel.

In den letzten 5 Jahren sanken die Gewinnspannen für Großhändler durch einen Preisverfall. Die Anbieter senkten die Preise, Personal- und Lagerkosten stiegen.

Auf Grund von Schließungen bei Fachhändlern verlor die beklagte Partei in dieser Zeit 100 Vertragspartner. Deren Zahl ist zwischenzeitig wieder steigend. Um die Kosten der Auslieferung und Lagerhaltung zu verringern, wurde ein Lager "im Haus" eingerichtet.

In der Sparte Kosmetik betrugen 1995 die Personalkosten S 9,5 Mio, der endgültige Jahresverlust S 4,4 Mio. 1996 betrugen die Personalkosten rund S 8,7 Mio und der endgültige Jahresverlust etwa S 1,6 Mio. Im Jahr 1997 betrugen die Personalkosten etwa S 8,2 Mio und der endgültige Jahresverlust rund S 2,4 Mio.

Um im Personalbereich Kosten einzusparen, trat die beklagte Partei schon Ende 1996 an die Außendienstmitarbeiter mit dem Vorschlag, das Gehaltsschema zu ändern, nämlich niedrigeres Fixum und höhere Erfolgsprämie; dadurch wollte die beklagte Partei die Außendienstmitarbeiter zu mehr Umsatz anspornen.

Die Stelle des Klägers wurde mit einer neuen Mitarbeiterin nachbesetzt, die im ersten Jahr ein Gehalt von S 35.000,-- brutto pro Monat, 14mal jährlich, erhält und erst dann in das Gehaltsschema, wie es für die anderen Mitarbeiter zur Anwendung kommt, eingebunden werden soll.

Von 4 Außendienstmitarbeitern (exkl. der neu eingestellten Mitarbeiterin) haben das zur Erreichung der Jahresprämie vorgesehene Umsatzziel zwei erreicht, von einem dritten Mitarbeiter wurde es nur knapp verfehlt. Der vierte Mitarbeiter, und zwar der Leiter der Außendienstmitarbeitergruppe, bekam 75 % der Prämie, wobei er einen höheren Prämienanspruch, nämlich S 180.000,-- brutto pro Jahr, bei Erreichen des Ergebniszieles hatte.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, bei der Beurteilung der sozialen Betroffenheit des Klägers sei zunächst das Vertragsänderungsangebot der beklagten Partei zu prüfen und mit den bisherigen Entgelt- und Arbeitsbedingungen in Beziehung zu setzen. Im Hinblick auf wechselnde Marktvorkommnisse, wechselnde Konkurrenztätigkeit und auf die persönliche Leistungsfähigkeit des Dienstnehmers komme dem Fixum grundlegende Bedeutung zu; dies umso mehr, als das Erreichen der zusätzlich gewährten Prämie nicht prognostizierbar sei. Vergleiche man das Fixum, so hätte die Annahme des Vertragsänderungsangebotes zu einer etwa 23 %igen Verringerung des monatlichen Entgelts geführt. Die Annahme eines Vertragsänderungsangebotes, das eine derartige erhebliche Einkommenminderung vorsehe, sei dem Kläger nicht zumutbar gewesen.

Bei der Prüfung der Frage, ob durch die Kündigung eine Beeinträchtigung wesentlicher Interessen eintrete, sei eine Prognose im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses über das weitere Schicksal des Arbeitnehmers abzugeben. Danach ergebe sich, dass der Kläger nicht innerhalb einer Frist von 6 bis 12 Monaten mit einem vergleichbaren Posten nach der Kündigung habe rechnen können. Weiters sei der Kläger ein im Sinne des § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG "älterer Arbeitnehmer", sodass auch die zu erwartenden Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess wegen des höheren Lebensalters zu berücksichtigen seien. Weiters sei zu berücksichtigen die Sorgepflicht des Klägers für die Tochter sowie die monatlichen Lebenshaltungskosten. Durch die Veränderung der Einkommensverhältnisse (unter Berücksichtigung der Abfertigung) erreiche die finanzielle Schlechterstellung ein solches Ausmaß, dass sie eine fühlbare ins Gewicht fallende Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage zur Folge habe, ohne dass aber schon eine soziale Notlage oder eine Existenzgefährdung eintrete. Somit beeinträchtige die Kündigung wesentliche Interessen des Klägers.

Einer Weiterbeschäftigung des Klägers zu den bisherigen Lohn- und Arbeitsbedingungen könnten betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 105 Abs 2 Z 2 lit b ArbVG entgegenstehen, wenn die Interessen des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu diesen Bedingungen überwiegen würden. Ob die festgestellten wirtschaftlichen Umstände als betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Gekündigten entgegenstünden und daher die Sozialwidrigkeit der Kündigung ausschlössen, anzusehen seien, sei durch die Vornahme einer Abwägung der beeinträchtigten wesentlichen Interessen des Gekündigten mit den Interessen des Betriebes zu ermitteln. Grundsätzlich seien die betriebswirtschaftlich notwendigen Rationalisierungsmaßnahmen als betriebliches Erfordernis anzusehen. Die Verringerung von Personalkosten sei allgemein ein geeignetes Mittel zur Bekämpfung eines schlechten Betriebsergebnisses und könne bei Einsparung des Arbeitsplatzes eine Kündigung rechtfertigen. Die vom Kläger verrichteten Arbeiten als Außendienstmitarbeiter würden aber weiterhin anfallen, der Arbeitsplatz des Klägers sei tatsächlich neu besetzt worden. Zusammenfassend sei davon auszugehen, dass die beklagte Partei durch eine Unmöglichkeit der Kündigung nicht so sehr in ihren Interessen beeinträchtigt sei, wie dies der Kläger im Falle der Kündigung wäre. Die abschließend vorzunehmende Abwägung der beeinträchtigten wesentlichen Interessen des Gekündigten mit den Interessen des Betriebes führe sohin zu dem Ergebnis, dass die Kündigung des Klägers sozial ungerechtfertigt sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge. Nach der Rechtsprechung sei bei einer Änderungskündigung vorerst zu prüfen, ob dem Arbeitnehmer die Annahme des Angebots des Arbeitgebers zur Änderung der Arbeits- oder Entgeltbedingungen zumutbar sei (9 ObA 244/98t). Sei dies der Fall, liege in der Kündigung wegen Nichtannahme dieses Angebots keine soziale Beeinträchtigung (Schwarz in Cerny ua, ArbVG III, 227 f unter Hinweis auf infas 1991 A 100). Dort habe der Oberste Gerichtshof eine Einkommenseinbuße von 6,78 % als nicht ausreichend angesehen, um eine Anfechtung der Kündigung als sozialwidrig begründen zu können, zumal jeder Arbeitnehmer Einkommensschwankungen in dieser Größenordnung im Laufe seines Arbeitslebens hinnehmen müsse. Ganz allgemein habe das Tatbestandsmerkmal der Beeinträchtigung wesentlicher Interessen im Sinne des § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG die Funktion, den Kündigungsschutz jenen Arbeitnehmern zu gewähren, die auf ihren Arbeitsplatz zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes angewiesen seien. Eine Beeinträchtigung wesentlicher Interessen liege dann vor, wenn die durch die Kündigung bewirkte finanzielle Schlechterstellung ein solches Ausmaß erreiche, dass sie eine fühlbare, ins Gewicht fallende Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Lage zur Folge habe, ohne dass aber eine soziale Notlage oder eine Existenzgefährdung eintreten müsse (SZ 61/213; RIS-Justiz RS0051753). Dabei dürfe nicht übersehen werden, dass normalerweise mit jeder Kündigung soziale Nachteile für den Arbeitnehmer verbunden seien (Notwendigkeit der Postensuche, des Einlebens am neuen Arbeitsplatz ua). Diese "normalen" Nachteile reichten nicht aus, um das Tatbestandselement der "sozial nachteiligen Kündigung" zu erfüllen. Es müssen vielmehr Umstände vorliegen, die über das normale Maß hinaus eine Kündigung für den Arbeitnehmer nachteilig machten (Schwarz aaO, 226). Bei der Prüfung, ob dies der Fall sei, sei nicht auf ein einzelnes Element in der sozialen Situation des Arbeitnehmers abzustellen; vielmehr sei die gesamte wirtschaftliche und soziale Lage des Arbeitnehmers zu beurteilen. Daher sei auf die Möglichkeit der Erlangung eines neuen, einigermaßen gleichwertigen Arbeitsplatzes, die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Alter des Arbeitnehmers und auf den Verlust allfälliger dienstzeitabhängiger Ansprüche sowie etwaiger mit dem Arbeitsverhältnis verbundener Vorteile (zB Dienstwohnung) abzustellen. Darüber hinaus seien Einkommen, Vermögen und Sorgepflichten des Arbeitnehmers sowie gegebenenfalls auch das Einkommen eines Ehegatten oder anderer erwerbstätiger Familienmitglieder, und Schulden, soweit deren Entstehungsgrund berücksichtigungswürdig sei, zu berücksichtigen (SZ 61/123; SZ 63/198). Zusammenfassend bedeute dies, dass eine Gesamtbeurteilung vorzunehmen sei (9 ObA 145/99k). Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass gerade bei der Kündigung älterer Arbeitnehmer ein besonders strenger Maßstab anzulegen sei, was sich aus den beiden letzten Absätzen des § 105 Abs 3 ArbVG erschließen lasse. Weiters sei zu beachten, dass gewisse Schwankungen der Einkommenslage jeder Arbeitnehmer im Laufe seines Arbeitslebens hinnehmen müsse (SZ 65/43), jedoch deute eine Verdiensteinbuße von 20 vH und mehr auf gewichtige soziale Nachteile hin (9 ObA 261/98t).

In erster Linie sei das Fixum zu vergleichen, da die Jahresprämie von Umständen abhänge, die nicht im Einflussbereich des Klägers seien. Der Kläger habe ab 1992, als die Jahresprämie eingeführt wurde, diese nur einmal zur Hälfte erhalten; ob er die im Rahmen der Änderungskündigung angebotene Prämie jährlich erhalten hätte, sei nicht vorhersehbar und völlig ungewiss. Eine Berücksichtigung dieser Jahresprämie würde eine Verlagerung des wirtschaftlichen Risikos des Arbeitgebers auf den Arbeitnehmer bedeuten, da dessen Einkommen dann vermehrt von der Konkurrenzlage, den Gegebenheiten des Marktes und dergleichen abhinge. Vergleiche man im Rahmen der Änderungskündigung das angebotene Entgelt von S 40.000,-- brutto mit dem bis dahin bezogenen Gehalt von S 52.071,-- brutto, jeweils 14mal jährlich, ergebe sich eine Differenz von S 12.000,-- brutto, sodass der Kläger durch die Annahme des Änderungsvorschlages eine Einkommenseinbuße von 23 % erlitten hätte. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes deute jedoch schon eine Verdiensteinbuße von 20 % und mehr auf gewichtige Nachteile hin (9 ObA 261/98t). Eine derart große Einkommenseinbuße bedeute eine soziale Beeinträchtigung, die für den Kläger nicht zumutbar sei.

Im Vergleich zur Entscheidung 9 ObA 297/93 sei das Einkommen des Klägers nicht vergleichbar hoch, sodass ihm eine Einbuße dieser Größenordnung nicht zugemutet werden könne. Anders als in jenem Sachverhalt sei der Kläger überdies sorgepflichtig für seine Tochter. Berücksichtige man sein Bruttoeinkommen und die Ausgaben könne keine Rede davon sein, dass dem Kläger ausreichend Geld für Luxusausgaben zur Verfügung stünde.

Bei der Beurteilung des Anfechtungsgrundes sei auf den Zeitpunkt der durch die angefochtene Kündigung herbeigeführten Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Konkretisierungszeitpunkt) abzustellen (Arb 10.771; SZ 63/119). Der Kläger habe ab einen neuen Arbeitsplatz gefunden und verdiene S 45.500,-- 12mal jährlich brutto. Dies ergebe ein Jahreseinkommen von S 546.000,--. Im Vergleich zum Jahresfixum ergebe sich eine Einkommenseinbuße von 26 %. Eine derartige Reduzierung des Familieneinkommens sei dem Kläger nicht zumutbar. Im übrigen habe der Kläger diese Anstellung inzwischen wieder verloren. Die Prognose des berufskundlichen Sachverständigen sei im Falle des Klägers sehr ungünstig, im übrigen sei vom Konkretisierungszeitpunkt auszugehen, nur ausnahmsweise seien spätere tatsächliche Entwicklungen zu berücksichtigen. Könne ein Arbeitnehmer entgegen der anders lautenden Prognose des berufskundlichen Sachverständigen dennoch unmittelbar nach der Kündigung einen Arbeitsplatz finden, so könne dies nicht berücksichtigt werden; dies hätte andernfalls zur Folge, dass ein Arbeitnehmer, der sich bemüht und auf Grund seiner Bemühungen entgegen der schlechten Prognose einen Arbeitsplatz gefunden habe, schlechter gestellt wäre als der, der diese Bemühungen unterlassen habe. Daher sei das Arbeitseinkommen des Klägers beim neuen Arbeitgeber bei der Prüfung der Beeinträchtigung wesentlicher Interessen nicht zu berücksichtigen, sondern führe nur zu einer Anrechnung auf das dem Kläger von der beklagten Partei allenfalls nachzuzahlende Entgelt. Im zweiten Schritt der Interessenabwägung sei zu prüfen, ob betriebliche Gründe vorhanden seien, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstünden. Sei dies zu bejahen, seien die Interessen gegenseitig abzuwägen. Würden die betrieblichen Interessen die Interessen des Arbeitnehmers überwiegen, sei die Kündigung sozial gerechtfertigt. Würden hingegen die wesentlichen Interessen des Gekündigten die betrieblichen Nachteile überwiegen, sei die Kündigung sozial ungerechtfertigt (SZ 63/119; 9 ObA 142/97s). Die beklagte Partei habe nach den Feststellungen in den letzten 5 Jahren etwa 100 Vertragspartner verloren. Die Zahl der Vertragspartner sei inzwischen wieder ansteigend. In der Sparte Kosmetik haben die Personalkosten 1995 S 9,5 Mio betragen, der endgültige Jahresverlust S 4,4 Mio; 1996 standen Personalkosten von rund S 8,7 Mio ein endgültiger Jahresverlust von etwa S 1,6 Mio gegenüber. 1997 betrugen die Personalkosten S 8,2 Mio, der endgültige Jahresverlust rund 2,4 Mio. Am Personalstand in der Sparte Kosmetik habe sich nichts geändert. Die Stelle des Klägers bestehe nach wie vor und sei mit einer neuen Mitarbeiterin nachbesetzt worden, die im ersten Jahr ein Gehalt von S 35.000,-- brutto monatlich, 14mal jährlich erhalte und erst danach in das Gehaltsschema eingebunden werden solle. Wirtschaftliche Gründe, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Sinne des § 105 Abs 3 Z 2 lit b ArbVG entgegenstünden, könnten wirtschaftlicher Art im engeren Sinn, technischer organisatorischer oder sonstiger wirtschaftlicher Art seien; so könnten mangelnde Aufträge, Rückgang des Absatzes, Wettbewerbsrücksichten udgl den Anlass zur Kündigung geben (DRdA 1988, 229 [Floretta]). Die Gewinnspannen für Großhändler seien durch einen Preisverfall gesunken, während die Personal- und Lagerkosten angestiegen seien. Um im Personalbereich Kosten einzusparen habe die beklagte Partei ein neues Gehaltssystem in der Sparte Kosmetik geschaffen, wodurch bei den betreffenden Mitarbeitern das Fixgehalt reduziert worden sei, jedoch die Prämie, abhängig vom Erreichen des Umsatzzieles, gestiegen sei. Rationalisierungsmaßnahmen könnten Kündigungen betrieblich begründen, wobei die Zweckmäßigkeit von Rationalisierungsmaßnahmen durch das Gericht nicht überprüft werden könnten. Damit seien auf Seite der beklagten Partei betriebliche Gründe vorhanden, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers entgegenstünden. Dies habe zur Folge, dass nun eine Abwägung der wechselseitigen Interessen stattzufinden habe. Der Kläger erleide durch die Kündigung einen schwerwiegenden Einkommensverlust und habe auf Grund seines Alters mit einer langen Arbeitslosigkeit zu rechnen. Demgegenüber befinde sich die beklagte Partei, was die Sparte Kosmetik betreffe, in einer angespannten wirtschaftlichen Situation, wobei nach den Feststellungen die Tendenz steigend sei. Weiters sei auch zu beachten, dass der Arbeitsplatz des Klägers nicht unbesetzt geblieben sei, sondern mit einer billigeren Mitarbeiterin nachbesetzt worden sei. Bei Betrachtung dieser wechselseitigen Interessen teile das Berufungsgericht die Ansicht des Erstgerichtes, dass die Interessen des Klägers die betrieblichen Nachteile überwiegen, sodass die Kündigung als sozial ungerechtfertigt anzusehen sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es abzuändern und das Klagebegehren abzuweisen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist gemäß § 46 Abs 3 Z 2 ASGG "jedenfalls" zulässig, weshalb es nicht der gesonderten Ausführung einer Zulassungsbeschwerde im Sinne eines Rechtsmittelgrundes gemäß § 46 Abs 1 ASGG bedurft hätte; die Revision ist aber nicht berechtigt.

Die Vorinstanzen haben die Rechtsprechung zur Sozialwidrigkeit einer Kündigung richtig dargestellt und auch die vorzunehmende Interessenabwägung richtig vorgenommen. Hinsichtlich der Interessenabwägung kann daher auf die zutreffenden Ausführungen der Berufungsentscheidung verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO).

Bei der Beurteilung des Änderungsangebotes, das Arbeitsverhältnis zu schlechteren Entgeltbedingungen fortzusetzen, darf die Zumutbarkeit

der Novationsofferte (DRdA 1991, 474 = RdW 1991, 299 = JBl 1992, 129;

9 ObA 244/98t = ZASB 1999, 1 = ASoK 1999, 143; Beatrix Karl, Die

sozial ungerechtfertigte Kündigung, 1999, 36 f) nicht bloß schematisch nach der Höhe des Hundertsatzes der Entgelteinbuße beurteilt werden. Beim vorzunehmenden Vergleich von Fixum und erfolgsabhängiger Prämie darf nur Vergleichbares miteinander verglichen werden. Eine Minderung des Fixums um 23 % ist aber regelmäßig unzumutbar, wobei noch weiters zu beachten ist, dass der Kläger mit einer Minderung seines Fixums auf S 45.000,-- monatlich der beklagten Partei ein akzeptables Gegenoffert unterbreitete, das auch seine Bereitschaft, bei der Verminderung der Personalkosten beizutragen, unter Beweis stellte (dabei wäre eine Minderung von "nur" 13,6 % eingetreten). Die für die Tauglichkeit ihres Änderungsanbotes beweispflichtige beklagte Partei hat ihrer Beweislast dafür, dass das Umsatzziel für die zusätzliche Prämie für den Kläger erreichbar gewesen wäre, nicht genügt; es wurde hiezu Seitens der beklagten Partei nichts vorgebracht (der Kläger hat in seiner Aussage lediglich erwähnt, das Umsatzziel für die Jahresprämie von S 120.000,-- wäre auf S 10,5 oder S 10,8 Mio angehoben worden und damit noch schwieriger zu erreichen, als das bisherige Umsatzziel von S 9,5 Mio jährlich für die Prämie von S 70.000,--). Das Gegenangebot des Klägers zur vorgeschlagenen Änderungskündigung wurde von der beklagten Partei ohne Begründung abgelehnt, obwohl es einen nicht unerheblichen Beitrag zur Verminderung der Personalkosten bedeutet hätte.

Überdies ist bei der Interessenabwägung zu Gunsten des Klägers zu beachten, dass er ein älterer Arbeitnehmer im Sinne des § 105 Abs 3 Satz 5 ArbVG ist, und daher bei der Prüfung, ob die Kündigung sozial ungerechtfertigt ist, die vieljährige ununterbrochene Beschäftigungszeit im Betrieb sowie die wegen des höheren Lebensalters zu erwartenden Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess besonders zu berücksichtigen sind. Der Kläger war bei der beklagten Partei fast 30 Jahre beschäftigt und kann in seinem Alter von 54 Jahren (im Konkretisierungszeitpunkt) nur überaus schwer einen neuen gleichwertigen Arbeitsplatz erlangen bzw müsste er einen erheblichen, dh unzumutbaren Abstrich von seinem Einkommen hinnehmen.

Berücksichtigt man, dass der Posten des Klägers nicht etwa weggefallen ist, sondern trotz seines Gegenanbotes, mit einer nicht unerheblichen Gehaltsverminderung zur Senkung der Personalkosten beizutragen, im Wege der Austauschkündigung mit einer neu aufgenommenen Arbeitskraft besetzt wurde, dann ist dem Berufungsgericht darin beizupflichten, dass die Interessenabwägung jedenfalls zu Gunsten des Klägers ausschlägt, sofern man nicht überhaupt von einer Verletzung der sozialen Gestaltungspflicht durch die beklagte Partei ausgeht (zur Austauschkündigung vgl DRdA 1989/23 [Floretta] = ZAS 1989/21 [Hainz]; RdW 1998, 357; DRdA 1999/43 [Kallab]).

Die Kostenentscheidung gründet auf die §§ 41, 50 ZPO iVm § 58 Abs 1 ASGG.