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OGH 19.12.2016, 9ObA141/15y

OGH 19.12.2016, 9ObA141/15y

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner und die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr.Rolf Gleißner und ADir. Angelika Neuhauser in der Arbeitsrechtssache des Antragstellers Österreichischer Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, Teinfaltstraße 7, 1010 Wien, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin Republik Österreich, Bundeskanzleramt, Ballhausplatz 2, 1010 Wien, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen Feststellung gemäß § 54 Abs 2 ASGG, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

A. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.1. Ist das Unionsrecht, insbesondere Art 1, 2 und 6 der Richtlinie 2000/78/EG iVm Art 21 der Grundrechtecharta, dahin auszulegen, dass es einer nationalen Regelung entgegensteht, mit der ein (in Bezug auf die Anrechnung von Vordienstzeiten vor dem 18. Lebensjahr) altersdiskriminierendes Besoldungssystem durch ein neues Besoldungssystem ersetzt wird, die Überleitung der Bestandsbediensteten in das neue Besoldungssystem aber dadurch erfolgt, dass das neue Besoldungssystem rückwirkend auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Stammgesetzes in Kraft gesetzt wird, sich die erstmalige Einstufung in das neue Besoldungssystem aber nach dem gemäß dem alten Besoldungssystem für einen bestimmten Überleitungsmonat (Februar 2015) tatsächlich ausbezahlten Gehalt richtet, sodass die bisherige Altersdiskriminierung in ihren finanziellen Auswirkungen fortwirkt?

1.2. Für den Fall der Bejahung der Frage 1.1.:

Ist das Unionsrecht, insbesondere Art 17 der Richtlinie 2000/78/EG, dahin auszulegen, dass Bestandsbedienstete, die in Bezug auf die Anrechnung von Vordienstzeiten vor dem 18. Lebensjahr im alten Besoldungssystem diskriminiert wurden, einen finanziellen Ausgleich erhalten müssen, wenn diese Altersdiskriminierung auch nach Überleitung in das neue Besoldungssystem in ihren finanziellen Auswirkungen fortwirkt?

1.3. Für den Fall der Verneinung der Frage 1.1.:

Ist das Unionsrecht, insbesondere Art 47 GRC, dahin auszulegen, dass dem darin verbrieften Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz eine nationale Regelung entgegensteht, nach der das alte diskriminierende Besoldungssystem in laufenden und künftigen Verfahren nicht mehr anzuwenden ist und sich die Überleitung der Besoldung von Bestandsbediensteten in das neue Besoldungsregime allein nach dem für den Überleitungsmonat zu ermittelnden bzw ausbezahlten Gehalt richtet?

2. Ist das Unionsrecht, insbesondere Art 45 AEUV, Art 7 Abs 1 der Verordnung (EU) Nr 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union, und Art 20 f GRC, dahin auszulegen, dass es einer Regelung entgegensteht, nach der Vordienstzeiten eines Vertragsbediensteten

- in einem Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft oder zu einem Gemeindeverband eines Mitgliedstaats des Europäischen Wirtschaftsraums, der Türkischen Republik oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft, zu einer Einrichtung der Europäischen Union oder zu einer zwischenstaatlichen Einrichtung, der Österreich angehört, uä zur Gänze,

- in einem Dienstverhältnis zu einem anderen Dienstgeber nur bei Ausübung einer einschlägigen Berufstätigkeit oder eines einschlägigen Verwaltungspraktikums bis zum Ausmaß von insgesamt höchstens zehn Jahren anrechenbar sind?

B. Das Verfahren wird bis zum Einlangen der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union gemäß § 90a Abs 1 GOG ausgesetzt.

Text

Begründung:

I. Sachverhalt und Zusammenfassung

Der österreichische Gesetzgeber führte infolge der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom , C-88/08 Hütter, und vom , C-530/13 Schmitzer,mit denen das System der Nichtanrechnung von vor dem 18. Lebensjahr liegenden Vordienstzeiten von Bundesbediensteten als altersdiskriminierend und mit der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie der Europäischen Union, 2000/78/EG, unvereinbar angesehen wurde, ein neues, vom Alter eines Bediensteten unabhängiges gesetzliches System der Anrechnung von Vordienstzeiten von Bundesbediensteten ein („Besoldungsreform 2015“ idF Novelle 2015). Zusammengefasst – s im Detail Pkt II. – wird die Einstufung und Vorrückung in eine bestimmte Gehaltsstufe eines Bundesbediensteten nicht mehr durch den „Vorrückungsstichtag“ (fiktiver Ausgangspunkt der Besoldungskarriere), sondern durch das mit der Dauer des Dienstverhältnisses anwachsende „Besoldungsdienstalter“ bestimmt. Für dieses werden nun bei Gebietskörperschaften verbrachte Vordienstzeiten (und ihnen gleichgestellte Zeiten) zur Gänze, hingegen bei anderen Arbeitgebern verbrachte Vordienstzeiten, die eine einschlägige Bedeutung im Hinblick auf die aufzunehmende Tätigkeit im Bundesdienst aufweisen, nur im Ausmaß von maximal zehn Jahren berücksichtigt. Die Überleitung der Besoldung der Bundesbediensteten in das neue Regime erfolgt nach Maßgabe der nach altem Regime für Februar 2015 („Überleitungsmonat“) zugrunde gelegten (Novelle 2015) bzw ausbezahlten (Novelle 2016) Bezüge.

Der Antragsteller ist eine kollektivvertragsfähige Körperschaft, die ua die in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zur Antragsgegnerin, der Republik Österreich, stehenden Arbeitnehmer vertritt (Vertragsbedienstete). Er erachtet die Besoldung von Bestandsbediensteten im neuen System weiterhin für unionsrechtswidrig (s Pkt III.), weil mit der Anknüpfung der Überleitung am Bezug für Februar 2015 die schon vorher bestehende Altersdiskriminierung fortgeführt werde und die (rückwirkende) Abschaffung des bis dahin maßgeblichen Vorrückungsstichtags die Überprüfbarkeit der Gesetzmäßigkeit des Februarbezugs 2015 beseitige. Zudem sei die Differenzierung zwischen uneingeschränkt anrechenbaren Vordienstzeiten, die bei einer Gebietskörperschaft verbracht wurden, und beschränkt anrechenbaren Vordienstzeiten, die bei anderen Dienstgebern verbracht wurden, infolge der Entscheidung des EuGH C-514/12 SALK unionsrechtswidrig. Der Antragsteller begehrt daher mit seinem unmittelbar beim Obersten Gerichtshof gestellten Antrag nach § 54 Abs 2 des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes die unter Pkt III. dargestellte Feststellung.

Rechtliche Beurteilung

II. Rechtsgrundlagen

1. Unionsrechtliche Grundlagen

Die unionsrechtlichen Grundlagen dieses Vorabentscheidungsersuchens liegen in den Art 20, 21 und 47 Grundrechtecharta (GRC), den Art 1, 2, 6 und 17 der Richtlinie 2000/78/EG zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, in Art 45 AEUV und in Art 7 Abs 1 der Verordnung (EU) Nr 492/2011.

2. Innerstaatliche Rechtsvorschriften

Die auf die vom Antragssteller vertretenen Vertragsbediensteten anzuwendenden Vorschriften lauten:

2.1. Rechtslage vor der Besoldungsreform 2010

Bis zur Besoldungsreform 2010 (BGBl I 82/2010) richtete sich die besoldungsrechtliche Einstufung und (meist) zweijährige Vorrückung von Vertragsbediensteten nach § 26 Vertragsbedienstetengesetz 1948 (VBG 1948) in der bis geltenden Fassung. Nach dieser Bestimmung waren dem Tag der Anstellung bestimmte Zeiten unter Ausschluss der vor der Vollendung des 18. Lebensjahres liegenden Zeiten voranzusetzen.

2.2. Rechtslage nach der Besoldungsreform 2010, aber vor der Besoldungsreform 2015

Infolge der Entscheidung des Hütter, kam es zu einer Überarbeitung der Regelungen über die Anrechnung vor Vordienstzeiten durch die Besoldungsreform 2010, BGBl I 82/2010. § 19 VBG 1948 idF BGBl I 82/2010 lautete:

„§ 19. (1) Für die Vorrückung ist der Vorrückungsstichtag maßgebend. Soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, beträgt der für die Vorrückung in die zweite in jeder Verwendungsgruppe in Betracht kommende Gehaltsstufe erforderliche Zeitraum fünf Jahre, ansonsten zwei Jahre.“

§ 26 VBG 1948 idF BGBl I 82/2010 lautete:

„§ 26. (1) Der Vorrückungsstichtag ist dadurch zu ermitteln, dass Zeiten nach dem 30. Juni des Jahres, in dem nach der Aufnahme in die erste Schulstufe neun Schuljahre absolviert worden sind oder worden wären, unter Beachtung der einschränkenden Bestimmungen der Abs … dem Tag der Anstellung vorangesetzt werden:

1.  die im Abs. 2 angeführten Zeiten zur Gänze,

2. sonstige Zeiten …“

Eine Neufestsetzung des Vorrückungsstichtags und der daraus resultierenden besoldungsrechtlichen Stellung erfolgte nur auf Antrag bei sonstiger Fortgeltung der bisherigen Bestimmungen in der am geltenden Fassung.

Diese Reform, im besonderen die für Beamte geltende Parallelbestimmung, wurde in der Entscheidung des Schmitzer, einer Prüfung unterzogen und als unionsrechtswidrig erkannt. Der EuGH kam zum Ergebnis, dass Art 2 Abs 1 und 2 lit a und Art 6 Abs 1 der RL 2000/78/EG einer nationalen Regelung entgegensteht, wonach zur Beendigung einer Diskriminierung wegen des Alters Schulzeiten und Zeiten der Berufserfahrung, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegt wurden, berücksichtigt werden, aber für die von dieser Diskriminierung betroffenen Beamten zugleich eine Verlängerung des für die Vorrückung von der jeweils ersten in die jeweils zweite Gehaltsstufe jeder Verwendungs- bzw Entlohnungsgruppe erforderlichen Zeitraums um drei Jahre eingeführt wird.

2.3. Rechtslage nach der Besoldungsreform 2015

Infolge der Entscheidung des EuGH C-530/13 Schmitzer kam es zur Bundes-Besoldungsreform 2015, BGBl I 32/2015, mit der die Bestimmungen der §§ 19 und 26 VBG 1948 wie folgt novelliert wurden:

Einstufung und Vorrückung

§ 19. (1) … Für die Einstufung und die weitere Vorrückung ist das Besoldungsdienstalter maßgebend.“

„Besoldungsdienstalter

§ 26. (1) Das Besoldungsdienstalter umfasst die Dauer der im Dienstverhältnis verbrachten für die Vorrückung wirksamen Zeiten zuzüglich der Dauer der anrechenbaren Vordienstzeiten.

(2) Als Vordienstzeiten auf das Besoldungsdienstalter anzurechnen sind die zurückgelegten Zeiten

1. in einem Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft oder zu einem Gemeindeverband eines Mitgliedstaats des Europäischen Wirtschaftsraums, der Türkischen Republik oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft;

2. in einem Dienstverhältnis zu einer Einrichtung der Europäischen Union oder zu einer zwischenstaatlichen Einrichtung, der Österreich angehört;

3. in denen die oder der Vertragsbedienstete auf Grund des Heeresversorgungsgesetzes Anspruch auf eine Beschädigtenrente … hatte, sowie

4. der Leistung

a) des Grundwehrdienstes …,

b) des Ausbildungsdienstes ...,

c) des Zivildienstes …,

d) eines militärischen Pflichtdienstes, eines vergleichbaren militärischen Ausbildungsdienstes oder eines zivilen Ersatzpflichtdienstes in einem Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums, in der Türkischen Republik oder in der Schweizerischen Eidgenossenschaft.

Zeiten der militärischen Dienstleistung nach lit. a, b und d sind bis zur Dauer von insgesamt höchstens sechs Monaten, Zeiten einer zivilen oder sonstigen Ersatzdienstleistung nach lit. c und d bis zur Dauer von insgesamt höchstens neun Monaten anzurechnen.

(3) Über die in Abs. 2 angeführten Zeiten hinaus sind Zeiten der Ausübung einer einschlägigen Berufstätigkeit oder eines einschlägigen Verwaltungspraktikums bis zum Ausmaß von insgesamt höchstens zehn Jahren als Vordienstzeiten anrechenbar. Eine Berufstätigkeit oder ein Verwaltungspraktikum ist einschlägig, insoweit …“

Die Überleitung bestehender Vertragsbedienstetenverhältnisse wird in § 94a VBG 1948 durch Verweis ua auf § 169c Gehaltsgesetz (GehG) geregelt.

Die Inkrafttretensbestimmung lautet:

„§ 100 …

(70) In der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 32/2015 treten in Kraft: …

3. die §§ 19 und 26 samt Überschriften mit dem der Kundmachung folgenden Tag; diese Bestimmungen sind in allen früheren Fassungen in laufenden und künftigen Verfahren nicht mehr anzuwenden; ...“

Das BGBl I 32/2015 wurde am kundgemacht. Die bezughabende, für die Überleitung der Besoldung von Beamten maßgebliche Bestimmung des § 169c GehG idF BGBl I 32/2015 sieht vor (Hervorhebung durch den Senat):

„Bundesbesoldungsreform 2015

Überleitung bestehender Dienstverhältnisse

§ 169c. (1) Alle Beamtinnen und Beamten der in § 169d angeführten Verwendungs- und Gehaltsgruppen, welche sich am im Dienststand befinden, werden nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen alleine auf Grundlage ihrer bisherigen Gehälter in das durch dieses Bundesgesetz neu geschaffene Besoldungssystem übergeleitet. Die Beamtinnen und Beamten werden zunächst aufgrund ihres bisherigen Gehalts in eine Gehaltstufe des neuen Besoldungssystems eingereiht, in welcher das bisherige Gehalt gewahrt wird. …

(2) Die Überleitung der Beamtin oder des Beamten in das neue Besoldungssystem erfolgt durch eine pauschale Festsetzung ihres oder seines Besoldungsdienstalters. Für die pauschale Festsetzung ist der Überleitungsbetrag maßgebend. Der Überleitungsbetrag ist das volle Gehalt ohne allfällige außerordentliche Vorrückungen, welches bei der Bemessung des Monatsbezugs der Beamtin oder des Beamten für den Februar 2015 (Überleitungsmonat) zugrunde gelegt wurde.

(3) Das Besoldungsdienstalter der übergeleiteten Beamtin oder des übergeleiteten Beamten wird mit jenem Zeitraum festgesetzt, der für die Vorrückung von der ersten Gehaltsstufe (Beginn des 1. Tages) in jene Gehaltsstufe derselben Verwendungsgruppe erforderlich ist, für die in der am geltenden Fassung das betraglich zum Überleitungsbetrag nächstniedrigere Gehalt angeführt ist. Gleicht der Überleitungsbetrag dem niedrigsten für eine Gehaltsstufe in derselben Verwendungsgruppe angeführten Betrag, so ist diese Gehaltsstufe maßgebend. Alle Vergleichsbeträge sind kaufmännisch auf ganze Euro zu runden.

… “

§ 169c GehG auch idF BGBl I 2015/164 enthält darüber hinaus noch eine Reihe von Wahrungsbestimmungen.

2.4. Infolge einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom , Ro 2015/12/0025-3 (s Pkt IV.2.1.1.), wurden mit einer weiteren Novelle (Besoldungsrechtsanpassungsgesetz, BGBl I 104/2016; idF: Novelle 2016) in § 169c GehG folgende Bestimmungen eingefügt:

„(2a) Als Überleitungsbetrag wird der Gehaltsansatz für jene Gehaltsstufe herangezogen, die für die ausbezahlten Bezüge für den Überleitungsmonat tatsächlich maßgebend war (Einstufung laut Bezugszettel). Eine Beurteilung der Gebührlichkeit der Bezüge hat dabei sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu unterbleiben. Eine nachträgliche Berichtigung der ausbezahlten Bezüge ist nur insoweit bei der Bemessung des Überleitungsbetrags zu berücksichtigen, als

1. dadurch Fehler tatsächlicher Natur berichtigt werden, welche bei der Eingabe in ein automatisches Datenverarbeitungssystem unterlaufen sind, und

2. die fehlerhafte Eingabe offenkundig von der beabsichtigten Eingabe abweicht, wie sie durch im Zeitpunkt der Eingabe bereits bestehende Urkunden belegt ist.

(2b) …“

Zugleich wurde für die Geltung des Besoldungsdienstalters (§§ 19, 26 VBG 1948) vorgesehen:

„Inkrafttreten von Änderungen dieses Bundesgesetzes

§ 100 …

(70) ...

3. die §§ 19 und 26 samt Überschrift mit dem ; diese Bestimmungen sind in allen vor kundgemachten Fassungen in laufenden und künftigen Verfahren nicht mehr anzuwenden,

...“

Diese Novelle (BGBl I 104/2016) wurde am kundgemacht.

III. Anträge und Vorbringen der Parteien

Der Antragsteller begehrt die Feststellung, dass Vertragsbedienstete das Recht darauf haben, dass bei der Ermittlung ihres Vorrückungsstichtages (iSd VBG idF vor Inkrafttreten BGBl I 32/2015), als Grundlage der Entlohnung vom bis einschließlich Februar 2015 und der besoldungsrechtlichen Einstufung für die Überleitung in das neue Besoldungssystem nach BGBl I 32/2015 (entsprechend dem Überleitungsmonat), im Sinne des Unionsrechtes

1. die vor Vollendung des 18. Lebensjahres gelegenen Vordienstzeiten (Zeiten nach dem 30. Juni des Jahres, in dem nach der Aufnahme in die erste Schulstufe neun Schuljahre absolviert worden sind oder worden wären) zur Gänze – in eventu die Lehrzeiten; in eventu die einschlägigen Lehrzeiten – zu berücksichtigen sind;

2. die besoldungsrechtliche Einstufung mit der Maßgabe erfolgt, dass der Zeitraum zwischen der ersten und zweiten Gehaltsstufe zwei (anstatt fünf) Jahre beträgt;

3. auch jene Vordienstzeiten zur Gänze mit Vollanrechnung zu berücksichtigen sind, welche die Vertragsbediensteten nicht bei Gebietskörperschaften oder Gemeindeverbänden mit Migrationstatbestand zurückgelegt haben – in eventu, dass diese Vordienstzeiten nur insoweit mit Vollanrechnung zu berücksichtigen sind, als sie eine einschlägige Berufstätigkeit (inkl Verwaltungspraktikum) betreffen;

4. die Vordienstzeiten zur Gänze mit Vollanrechnung zu berücksichtigen sind, welche die Vertragsbediensteten nicht bei Gebietskörperschaften oder Gemeindeverbänden ohne Migrationstatbestand zurückgelegt haben – in eventu, dass diese Vordienstzeiten nur insoweit mit Vollanrechnung zu berücksichtigen sind, als sie eine einschlägige Berufstätigkeit (inkl Verwaltungspraktikum) betreffen.

In eventu wird die Feststellung beantragt, dass der Entlohnungsanspruch in jenem Ausmaß, wie er der Einstufung gemäß der begehrten Feststellungsentscheidungen entspricht, unabhängig von einer entsprechenden (feststellenden) Einstufungsentscheidung unmittelbar von Gesetzes wegen in Verbindung mit dem Unionsrecht gegeben ist.

Im Ergebnis zielen die Punkte 1. und 2. des Antrags sohin auf die Anwendbarkeit des § 19 VBG 1948 (Vorrückung in höhere Entlohnungsstufen) und § 26 VBG 1948 (Vorrückungsstichtag) in der vor der Besoldungsreform 2010, in eventu in der vor der Besoldungsreform 2015 (nun idF der Novelle 2016) geltenden Fassung ab. Zusammengefasst bringt der Antragsteller dazu vor:

Mit der Neuregelung durch die Besoldungsreform 2015 würde für die Bestandsbediensteten weder die Altersdiskriminierung beseitigt noch die Verletzung der Arbeitnehmerfreizügigkeit bei der Anrechnung von Vordienstzeiten geheilt. Eine allfällige Rechtfertigung der fortbestehenden Diskriminierung durch das neue Besoldungssystem könne aus dem Urteil des EuGH C-501/12 Specht wegen gravierender Unterschiede zwischen dem österreichischen und dem deutschen Besoldungssystem nicht abgeleitet werden.

Nach dem Urteil des EuGH C-514/12 SALK stehe das Unionsrecht einer nationalen Regelung entgegen, nach der die vom Dienstnehmer einer Gebietskörperschaft nicht bei ihr oder bei Gemeindeverbänden zurückgelegten Dienstzeiten bei der Berechnung des Vorrückungsstichtages nur teilweise berücksichtigt würden, insbesondere wenn Vordienstzeiten und Dienstzeiten bei der jeweiligen Gebietskörperschaft oder dem Gemeindeverband bei ihr selbst uneingeschränkt voll berücksichtigt werden. Damit sei die Diskriminierung jeglicher Vordienstzeiten bei anderen Dienstgebern als unionsrechtswidrig deklariert worden. Die Regelung über die Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art 45 AEUV) finde zwar keine unmittelbare Anwendung auf einen innerstaatlichen Sachverhalt, hätte aber eine Inlandsmarktdiskriminierung zur Folge. Unter dem Aspekt des Gleichheitsgrundsatzes gebe es dafür keine sachliche Rechtfertigung.

Dass die Bestimmungen über den Vorrückungsstichtag in allen früheren Fassungen in laufenden und künftigen Verfahren nicht mehr anzuwenden seien (§ 100 Abs 70 VBG 1948), würde den Arbeitnehmern die Möglichkeit einer Rechtswidrigkeitskontrolle durch ein unabhängiges Gericht und somit der Herstellung eines unions- und verfassungsrechtskonformen Zustandes entziehen. Es werde daher ein Verstoß des § 100 Abs 70 VBG 1948 gegen Art 47 GRC geltend gemacht.

Die Antragsgegnerin bestritt, beantragte die Abweisung des Antrags und wandte ein:

Mit der Bundesbesoldungsreform 2015 sei der Bundesgesetzgeber infolge des Urteils des EuGH in der Rechtssache Schmitzer, C-530/13, seiner Verpflichtung zur Aufhebung der „Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die dem Gleichbehandlungsgrundsatz zuwiderlaufen“, nach Art 16 lit a der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie 2000/78/EG nachgekommen. Eine Aufrechterhaltung des „alten“ Besoldungssystems sei nicht mehr möglich gewesen. Der einzige Bezug dazu sollte darin bestehen, dass die Überleitung in die neue Regelung auf Grundlage der Gehälter bzw Monatsentgelte für Februar 2015 erfolgen sollte. Damit sollte eine (individuelle) Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung aller Bediensteten vermieden werden.

Nach der Rechtsprechung des EuGH in den Rechtssachen Specht, Starjakob und Unland müssten seit der EU-rechtskonformen Neuregelung der Besoldung, obwohl bei dieser auf der Grundlage des unter dem alten Besoldungssystem erworbenen Grundgehalts die Zuordnung zur Besoldungsstufe ermittelt werden und dieses alte System auf einer Diskriminierung wegen des Alters der Bediensteten beruht habe, keine weiteren Ansprüche auf allfällige Lohndifferenzen zwischen den Bezügen nach dem System alt und dem System neu bestehen. Die Entscheidung Unland habe eine in den Grundsätzen idente Reform einer pauschalen Überleitung von Bediensteten in ein neues Besoldungssystem der Bundesrepublik Deutschland betroffen, die der EuGH gebilligt habe. Gegen einen langen Übergangszeitraum, der zur Wahrung der Ansprüche und Erwerbsverläufe der Bestandsbediensteten zwingend erforderlich sei, seien keine Bedenken geäußert worden.

Es liege auch keine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter oder auf Gewährung eines wirksamen Rechtsschutzes (Art 47 GRC) vor. Bei diesen handle es sich um inhaltlich näher ausgestaltete Verfahrensgrundrechte/-garantien, die das Bestehen eines materiell-rechtlichen Anspruchs voraussetzten, jedoch keinen Anspruch auf eine positive Sachentscheidung umfassten.

Die Rechtslage nach dem im Fall EuGH C-514/12 SALK beurteilten Salzburger Landes-VertragsbedienstetenG unterscheide sich erheblich von jener des Bundes. Für die Anrechnung einer Vordienstzeit sei beim Bund lediglich von Bedeutung, dass diese bei einer Gebietskörperschaft zurückgelegt worden sei oder bei einer der im Gesetz genannten Einrichtungen, die wegen ihrer besonderen Nähe zum öffentlichen Dienst ebenfalls zu berücksichtigen seien. Dabei erfolge eine Anrechnung solcher Zeiten stets zu 100 %. Im Ergebnis würden alle im Europäischen Wirtschaftsraum zurückgelegten Zeiten gleich behandelt. Ebenso werde im Dienstrecht des Bundes bei der Anrechnung von sonstigen, in der Privatwirtschaft erworbenen Vordienstzeiten nicht zwischen inländischen und ausländischen Zeiten unterschieden. Eine Diskriminierung von Unionsbürgerinnen und -bürgern sei somit ausgeschlossen.

IV. Vorlagefragen

1. Berechtigung zur Vorlage

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs kann mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts nicht mehr angefochten werden (Art 267 AEUV). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union hat in einem Verfahren nach Art 267 AEUV nur das befasste nationale Gericht sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorzulegenden, das Unionsrecht betreffenden Frage zu beurteilen (EuGH C-395/08 Bruno, Pettini Rn 18).

2. Begründung der Vorlagefragen

2.1.Zu den Fragen 1.1. bis 1.3.

2.1.1. Nach Art 21 Abs 1 GRC sind Diskriminierungen ua wegen des Alters verboten. Das Verbot der Altersdiskriminierung wird durch die Richtlinie 2000/78/EG konkretisiert. Danach darf es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aus Gründen des Alters geben.

Der Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG wurde in der Rechtssache des EuGH C-88/08, Hütter, auch für Vertragsbedienstete (Rn 35) bejaht. Der EuGH kam zum Ergebnis, dass eine Vorschrift, die die Anrechnung von Vordienstzeiten vor Vollendung des 18. Lebensjahres ausschließt, eine Ungleichbehandlung begründet, die unmittelbar auf das Kriterium des Alters abstellt (Rn 38). Die damals fragliche österreichische Regelung wurde als nicht angemessen im Sinn des Art 6 Abs 1 der Richtlinie erachtet, das Vorliegen einer Rechtfertigung daher verneint.

Zur Beseitigung der Altersdiskriminierung erließ der österreichische Gesetzgeber eine Regelung (Besoldungsreform 2010, BGBl I 82/2010), mit der zwar die vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten Berücksichtigung finden konnten, für die von der Diskriminierung betroffenen Beamten aber zugleich eine Verlängerung des für die Vorrückung von der jeweils ersten in die jeweils zweite Gehaltsstufe jeder Verwendungs- bzw Entlohnungsgruppe erforderlichen Zeitraums um drei Jahre auf fünf Jahre eingeführt wurde.

Nachdem der EuGH in der Rechtssache C-530/13, Schmitzer, eine derartige Regelung erneut für unionsrechtswidrig erkannt hatte, schuf der österreichische Gesetzgeber das unter Pkt II. dargestellte neue Besoldungssystem. Der Gesetzgeber hob in seinem Motivenbericht (Bericht des Verfassungsausschusses, 457 BlgNR XXV. GP, 2) hervor, dass damit – im Gegensatz zu in der Vergangenheit erfolgten Dienstrechtsreformen – keine neuen dienstrechtlichen (Parallel-)Strukturen aufgebaut würden. Dies erfordere eine Überleitung der im Dienststand befindlichen Bundesbediensteten in das neue Besoldungssystem. Eine individuelle Überleitung sei angesichts der hohen Zahl überzuleitender Bundesbediensteter bereits aus Gründen der Verwaltungseffizienz unvertretbar. Einzig zweckdienlich erscheine daher eine ex-lege-Überleitung. Unter dem Aspekt der Besitzstandwahrung blieben die derzeit bestehenden besoldungsrechtlichen Ansprüche gewahrt.

Der österreichische Verwaltungsgerichtshof war in seinem (ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis betreffenden) Erkenntnis vom , Ro 2015/12/0025-3, der Ansicht, dass mit einer Auslegung der Besoldungsreform 2015 (§ 169c Abs 2 S 3 GehG) im Sinn einer rückwirkenden Festlegung eines vom diskriminierend errechneten Betrag abhängigen Betrages die Diskriminierung für vergangene Zeiträume „endgültig festgeschrieben“ werde (Rz 143). Dies könne nach den Entscheidungen des EuGH Schmitzer und Starjakob auch nicht mit dem Vertrauensschutz gerechtfertigt werden. Nach der in Österreich maßgeblichen Altrechtslage habe – anders als in dem der Entscheidung Unland zugrunde liegenden Fall – ua ein gültiges Bezugssystem bestanden. Den faktischen Vollzug des Altrechts unüberprüfbar zu gestalten (Maßgeblichkeit der für Februar 2015 tatsächlich ausbezahlten Gehälter für laufende und künftige Verfahren) verstieße gegen Art 47 Abs 2 GRC und Art 9 der RL 2000/78/EG. § 169c GehG sei daher so auszulegen, dass bei einer Neubemessung des dem Überleitungsbetrag zugrunde liegenden Gehalts im Altsystem der rechtens zugrunde zu legende letzte Vorrückungstermin maßgeblich sei.

In Reaktion des Bundesgesetzgebers auf dieses Verständnis erfolgte die dargestellte jüngste Novelle (Besoldungsrechtsanpassungsgesetz, BGBl I Nr 104/2016). Im Motivenbericht (Bericht des Verfassungsausschusses, 1325 BlgNR XXV. GP 1) wird ausgeführt, das nunmehrige System des Besoldungsdienstalters sei ausnahmslos in allen anhängigen Verfahren anzuwenden. Zur Verdeutlichung sei der Vorrückungsstichtag „aus dem historischen Rechtsbestand der zweiten Republik vollständig entfernt“ worden, wobei die Berichtigung bloßer Eingabefehler zur Überprüfung der Gestion der Lohnverrechnung im Überleitungsmonat möglich sei.

2.1.2. Der EuGH hat zu in Deutschland geltenden Regelungen, nach denen sich die Einstellung eines Angestellten im öffentlichen Dienst nach dessen Lebensalter bestimmt, bereits mehrfach Stellung genommen. Im Anschluss an die Entscheidung C-297/10 und C-298/10 Hennigs wurde in der Entscheidung EuGH C-501/12 ua Specht ausgesprochen, dass Art 2 und 6 Abs 1 RL 2000/78/EG Modalitäten der Überleitung von Bestandsbeamten nicht entgegenstehen, wenn die Besoldungsstufe, der sie nunmehr zugeordnet werden, allein auf der Grundlage des unter dem alten Besoldungssystem erworbenen Grundgehalts ermittelt wird, obgleich dieses alte System auf einer Diskriminierung wegen des Alters des Beamten beruhte und wenn sich der weitere Aufstieg in eine höhere Besoldungsstufe nunmehr allein nach der seit dem Inkrafttreten der Rechtsvorschriften erworbenen Berufserfahrung bemisst.

In der Begründung der Entscheidung wurde zwar das Vorliegen einer unmittelbaren Diskriminierung wegen des Alters iSv Art 2 der RL 2000/78/EG bejaht. Jedoch wurde die Rechtfertigung der Diskriminierung iSd Art 6 Abs 1 RL 2000/78/EG im Schutz des Besitzstandes und der berechtigten Erwartungen in Bezug auf die künftige Entwicklung der Besoldung als legitimes Ziel gesehen und die Überleitungsmaßnahme im Gesamtkontext der Regelung als nicht über das zur Zielerreichung Erforderliche hinausgehend erachtet. Zugleich wurde festgehalten, dass das Unionsrecht, insbesondere Art 17 der RL 2000/78/EG, unter den Umständen des Ausgangsverfahrens nicht vorschreibt, den diskriminierten Beamten rückwirkend einen Betrag in Höhe des Unterschieds zwischen ihrer tatsächlichen Besoldung und der Besoldung nach der höchsten Stufe ihrer Besoldungsgruppe zu zahlen. Dies wurde in der Entscheidung EuGH C-20/13 Unland bekräftigt.

2.1.3. Die vorliegende Anfrage erfolgt zur Klärung der Vergleichbarkeit des hier maßgeblichen Überleitungsregimes:

Anders als in dem der Rechtssache EuGH C-530/13 Schmitzer zugrunde liegenden Fall liegt dem vorliegenden Antrag die Rechtslage nach der Besoldungsreform 2015 und der Novelle BGBl I 104/2016 zugrunde, nach der für die Einstufung im öffentlichen Dienst insgesamt unabhängig vom Alter die Qualität bestimmter Vordienstzeiten maßgeblich ist. Da die Überleitung der Besoldung von Bestandsbediensteten an die historischen, altersdiskriminierenden Bezüge für Februar 2015 anknüpft, kann auch das Vorliegen einer unmittelbaren Diskriminierung wegen des Alters iSv Art 1 RL 2000/78/EG nicht weiter fraglich sein.

Nach der Entscheidung EuGH C-501/12 ua Specht liegt eine mögliche Rechtfertigung der Diskriminierung jedoch im Schutz und der Wahrung des Besitzstandes und den berechtigten Erwartungen in Bezug auf die künftige Entwicklung der Besoldung der Bediensteten, weil darin ein zwingender Grund des Allgemeininteresses, sohin ein legitimes Ziel für die Ungleichbehandlung liegt. Die Angemessenheit der Maßnahme wurde in dieser Entscheidung vom EuGH bejaht, weil die unmittelbare Einstufung der Bestandsbediensteten in das neue System für viele von ihnen zu einem spürbaren Gehaltsverlust geführt hätte. Dass Derartiges auch nach der mit der Besoldungsreform 2015 geschaffenen Rechtslage der Fall gewesen wäre, geht schon aus den umfangreichen Regelungen zur Bestandwahrung (Wahrungsstufe, Wahrungszuschläge etc) hervor. Sie dienen freilich nicht dem Ausgleich der an den Überleitungsbetrag anknüpfenden altersdiskriminierenden Gehälter.

Bei der Prüfung, ob ein Gesetz nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist, ist das Gesetz in dem Kontext zu betrachten, in den es sich einfügt, wobei die Nachteile zu berücksichtigen sind, die mit ihm für die Betroffenen verbunden sein können (EuGH C-335/11 und C-337/11 HK Danmark Rn 89; EuGH C-501/12 ua Specht, Rn 71). Zwischen den der vorliegenden und den Rechtssachen Specht und Unland zugrunde liegenden Besoldungs- und Überleitungssystemen bestehen insofern Ähnlichkeiten, aber auch Differenzen:

Ähnlich wie nach der der Entscheidung Specht zugrunde liegenden Rechtslage liegt hier ein Übergangsregime vor, nach dem die Bestandsbediensteten Überleitungsstufen zugeordnet werden und nach dem sich nach der endgültigen Neueinstufung ihre Besoldung nur noch nach der – hier am Zeitverlauf gemessenen – Berufserfahrung richtet. Eine weitere Differenzierung nach einer Leistungskomponente erscheint unionsrechtlich nicht geboten. Zugleich soll mit dem Wahrungssystem verhindert werden, dass es zu einem wesentlichen Absenken des Einkommensniveaus kommt. Angesichts des auch in Österreich bestehenden Schuldenstandes und den gesamtstaatlichen Bemühungen um Budgetkonsolidierung ist die Reform auch vom Bestreben nach Kostenneutralität gekennzeichnet. Aufgrund der sehr großen Zahl an Bundesbediensteten sollte es auch möglich sein, die Überleitung zur Vermeidung von erheblichem Verwaltungsaufwand möglichst ohne Einzelfallprüfung durchzuführen. Zu diesem Aufwand weist die Antragsgegnerin darauf hin, dass auch bei einer bloßen Berücksichtigung der vor dem 18. Geburtstag liegenden Zeiten nach den alten Bestimmungen zum Vorrückungsstichtag auf die zahlreichen Deckelungen beim Anrechnungsausmaß (einschlägige Tätigkeiten, Lehrzeiten, Schulzeiten, sonstige Zeiten etc), die verschiedenen Rechtslagen und den Aufwand für die Herbeischaffung der erforderlichen zum Teil jahrzehntealten Unterlagen Bedacht zu nehmen wäre, die es unmöglich machten, in kurzer Zeit eine Einheitlichkeit im Vollzug sicherzustellen. Zu bedenken ist auch, dass der Überleitungsmodus auch für viele tausende Bedienstete der Länder gilt, weil die Länderbestimmungen auf die Bundesregelung verweisen.

Anders als nach der österreichischen Rechtslage lag den Ausgangsverfahren in den Rechtssachen Specht und Unland allerdings ein altersdiskriminierendes System zugrunde, das maßgeblich an das Lebensalter anknüpfte. Damit konnte keine Kategorie bevorzugter Bediensteter benannt werden, vielmehr waren alle (oder zumindest ein Großteil der) Bestandsbediensteten als von dem diskriminierenden System betroffen anzusehen. Da es für die Überleitung sohin an einem gültigen Bezugssystem fehlte, das einen Vergleich zwischen den bevorzugten und den benachteiligten Beamten ermöglicht hätte, wurde im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung berücksichtigt, dass die Ermittlung der Nachteile aus der Aufrechterhaltung der Diskriminierung besonders kompliziert gewesen wäre. Nach alter österreichischer Rechtslage kann die Benachteiligung von Bediensteten dagegen an demjenigen Personenkreis gemessen werden, der Vordienstzeiten erst nach dem 18. Lebensjahr erworben hatte.

Im Zusammenhang mit einem solchen Unterschied wurde aber auch ausgesprochen (EuGH Specht Rn 95mwN), dass die für die Angehörigen der bevorzugten Gruppe geltende Regelung das einzig gültige Bezugssystem bleibe, solange das Unionsrecht nicht richtig durchgeführt sei. Geht man – vorbehaltlich der Prüfung der Frage 2. – davon aus, dass das neue System nun diskriminierungsfrei und das Unionsrecht richtig durchgeführt ist, ist es auch möglich, dass dem Bestehen oder Fehlen eines gültigen Bezugssystems bei der Gesamtbewertung der Frage, ob ein Überleitungsregime über das hinausgeht, was zur Zielerreichung erforderlich ist, im vorliegenden Kontext nicht (mehr) das entscheidende Gewicht zukommt. Es erscheint damit nicht eindeutig, ob das mit den jüngsten Reformschritten geschaffene Überleitungsregime im Lichte der genannten Rechtsprechung eine andere unionsrechtliche Bewertung der Angemessenheit und Erforderlichkeit als in den Rechtssachen Specht und Unland verlangt.

Daran ändert es nach Ansicht des vorlegenden Senats nichts, dass das Bezugssystem mit der Novelle 2016 formal dadurch beseitigt werden sollte, dass das System des Vorrückungsstichtags rückwirkend bis zum Inkrafttreten des Gesetzes () beseitigt und durch ein nur an die Berufserfahrung eines Bediensteten anknüpfendes System ersetzt wurde. Denn dass für die Überleitung in das neue Besoldungssystem (unter Berücksichtigung von Eingabefehlern) lediglich das Faktum des für den Überleitungsmonat ausbezahlten Gehalts (Überleitungsbetrag) maßgeblich bleiben soll, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieser Betrag historisch gesehen in diskriminierender Weise ermittelt wurde und damit fortwirkt.

2.1.4. Die dargestellte Entwicklung des Besoldungsrechts lässt das Bestreben der Antragsgegnerin erkennen, die Überleitung der Bestandsbediensteten in das neue Besoldungssystem ohne individuelle Neufestsetzung der Bediensteten und kostenneutral ohne finanziellen Ausgleich vorzunehmen. Sollten die Differenzen zwischen dem österreichischen Besoldungsrecht und jenem, das vom EuGH insbesondere in den Entscheidungen Specht und Unland zu beurteilen war, trotz der Ähnlichkeiten größer sein als offenbar von der Antragsgegnerin angenommen, stellt sich die Frage, ob eine Überleitung von Bestandsbediensteten in das neue Besoldungssystem, die in Bezug auf die Anrechnung von Vordienstzeiten vor dem 18. Lebensjahr im alten Besoldungssystem diskriminiert wurden, nach Maßgabe des Unionsrechts, insbesondere Art 17 der Richtlinie 2000/78/EG, ohne finanziellen Ausgleich erfolgen kann.

2.1.5. Der Antragsteller meint in diesem Zusammenhang auch, dass mit der für laufende und künftige Verfahren normierten Unanwendbarkeit der früheren Regelungen zur Berechnung eines (diskriminierungsfreien) Vorrückungsstichtags gegen Art 6 Abs 1 EUV iVm Art 47 GRC verstoßen werde.

Nach der mit BGBl I Nr 104/2016 geschaffenen Rechtslage ist der Überleitungsbetrag insofern einer Überprüfung zugänglich, als er wegen (Eingabe-)Fehler tatsächlicher Natur berichtigt werden kann, aber nicht als nach altem System diskriminierungsfrei gebührender Bezug zu verstehen ist (nun ausdrücklich § 169c Abs 2a GehG). Grundlegender gibt der vorlegende Senat aber zu bedenken, dass Art 47 Abs 1 GRC nur ein gerichtliches Verfahren verlangt, mit dem die im Einzelfall geeigneten und gebotenen Maßnahmen zur Feststellung oder Abstellung einer Rechtsverletzung ergriffen werden können. Das neue Überleitungsregime nimmt einer betroffenen Person aber noch nicht das Recht, im Sinn dieser Bestimmung bei Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf zur unionsrechts- und verfassungskonformen Überprüfung der Geltung der Norm einzulegen. Das hätte nicht anders für das Recht auf ein unparteiisches Gericht iSd Art 47 Abs 2 GRC zu gelten.

2.2. Zu Frage 2.

2.2.1. Art 45 Abs 2 AEUV verbietet jede auf der Staatsangehörigkeit beruhende unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen. Art 7 Abs 1 der Verordnung (EU) Nr 492/2011 stellt eine besondere Ausprägung des in Art 45 Abs 2 AEUV enthaltenen Diskriminierungsverbots auf dem speziellen Gebiet der Beschäftigungsbedingungen und der Arbeit dar und ist daher ebenso auszulegen wie Art 45 Abs 2 AEUV (EuGH C-371/04 Kommission/Italien, Rn 17; EuGH C-514/12 SALK mwN). Sofern eine Vorschrift des nationalen Rechts nicht objektiv gerechtfertigt ist und in angemessenem Verhältnis zum verfolgten Ziel steht, ist sie, auch wenn sie ungeachtet der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, als mittelbar diskriminierend anzusehen, falls sie sich ihrem Wesen nach stärker auf Wanderarbeitnehmer als auf inländische Arbeitnehmer auswirken kann und folglich die Gefahr besteht, dass sie Wanderarbeitnehmer besonders benachteiligt (EuGH C-269/07 Kommission/Deutschland, Rn 54 mwN).

2.2.2. Nach Art 45 Abs 4 AEUV ist die Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung von der Freizügigkeitsregelung ausgenommen. Der Begriff der öffentlichen Verwaltung ist unionsrechtlich einheitlich auszulegen. Er betrifft diejenigen Stellen, die eine unmittelbare oder mittelbare Teilnahme an der Ausübung hoheitlicher Befugnisse und an der Wahrnehmung von Aufgaben mit sich bringen, die auf die Wahrung der allgemeinen Belange des Staates oder anderer öffentlicher Körperschaften gerichtet sind, sodass sie ein Verhältnis besonderer Verbundenheit des jeweiligen Stelleninhabers zum Staat sowie die Gegenseitigkeit der Rechte und Pflichten voraussetzen, die dem Staatsangehörigkeitsband zugrunde liegen (EuGH C-405/01 Colegio de Oficiales de la Marina Mercante Española Rn 38 mwN). Eine entsprechende Einschränkung enthält das neue Besoldungsregime nicht.

2.2.3. In der Entscheidung C-514/12 SALK wurde ausgesprochen, dass Art 45 AEUV und 7 Abs 1 der Verordnung (EU) Nr 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union einer Regelung entgegenstehen, nach der die von den Dienstnehmer/-innen einer Gebietskörperschaft ununterbrochen bei ihr zurückgelegten Dienstzeiten bei der Ermittlung des Stichtags für die Vorrückung in höhere Entlohnungsstufen in vollem Ausmaß, alle anderen Dienstzeiten dagegen nur teilweise berücksichtigt werden. Eine mittelbare Diskriminierung von Wanderarbeitnehmern wurde vom EuGH bejaht, weil Wanderarbeitnehmer vor dem Eintritt in den Dienst des Landes Salzburg sehr wahrscheinlich Berufserfahrung in einem anderen Mitgliedstaat als der Republik Österreich erworben haben und die Regelung überdies die beim Land Salzburg beschäftigten Dienstnehmer davon abhalten könnte, von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen, wenn die bis zu einem Wiedereintritt in den Dienst des Landes Salzburg zurückgelegten Zeiten nur zum Teil angerechnet würden.

2.2.4. Nach dem hier zu beurteilenden System werden bei Gebietskörperschaften (und ihnen gleichgestellten Einrichtungen) zurückgelegte Vordienstzeiten ohne Unterschied, ob die Zeiten bei einer in- oder ausländischen Gebietskörperschaft verbracht wurden, voll angerechnet, sodass Wanderarbeitnehmer mit einschlägigen Vordienstzeiten im Vergleich zu inländischen Arbeitnehmern mit einschlägigen Vordienstzeiten keiner Benachteiligung mehr ausgesetzt sind. Die Differenzierung erfolgt nun aber danach, bei welchem (in- oder ausländischen) Arbeitgeber die Vordienstzeiten zurückgelegt wurden. Nach Ansicht des vorlegenden Senats wäre die Zulässigkeit einer solchen Differenzierung damit unter dem Aspekt des im Unionsrecht verankerten Gleichheitssatzes (Art 20 GRC) zu sehen. Innerstaatlich hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , B 1427/08 ua, eine Differenzierung zwischen bei Gebietskörperschaften und nicht bei Gebietskörperschaften verbrachten Vordienstzeiten unter Hinweis auf die „wesensmäßige Verschiedenheit eines Dienstverhältnisses zu einer Gebietskörperschaft einerseits und Zeiten aus einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber andererseits“ sowie das in der österreichischen Bundesverfassung (Art 21 Abs 4 S 1 B-VG) zum Ausdruck kommende Ziel, dass die Möglichkeit des Wechsels zwischen dem Dienst beim Bund, bei den Ländern, bei den Gemeinden und bei den Gemeindeverbänden jederzeit gewahrt bleibt, gebilligt. Es besteht jedoch Unsicherheit, ob der EuGH nach der Entscheidung SALK diese Beurteilung bezüglich Arbeitnehmern, die ihre Berufserfahrung bei anderen Arbeitgebern als Gebietskörperschaften erworben haben, teilt oder allenfalls in der Neuregelung eine besondere Benachteiligung iSd Art 45 AEUV jener Gruppe von Wanderarbeitnehmern sieht, die ihre Berufserfahrung bei anderen Arbeitnehmern als Gebietskörperschaften erworben haben oder erwerben wollen.

V. Verfahrensrechtliches

Als Gericht letzter Instanz ist der Oberste Gerichtshof zur Vorlage verpflichtet, wenn die richtige Anwendung des Unionsrechts nicht derart offenkundig ist, dass kein Raum für vernünftige Zweifel bleibt. Solche Zweifel liegen hier vor. Bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist das Verfahren auszusetzen.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner und die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug und Mag. Canan Aytekin-Yildirim in der Arbeitsrechtssache des Antragstellers Österreichischer Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, Teinfaltstraße 7, 1010 Wien, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin Republik Österreich, Bundeskanzleramt, Ballhausplatz 2, 1010 Wien, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen Feststellung gemäß § 54 Abs 2 ASGG, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird infolge seines Ersuchens um Klarstellung vom , Rs C-24/17, mitgeteilt, dass § 169c Gehaltsgesetz 1956 (GehG), BGBl Nr 54/1956, in der geltenden Fassung BGBl I Nr 119/2016 mehrere Mechanismen zur Verhinderung einer erheblichen Verringerung der Besoldung der übergeleiteten Beamten vorsieht. Es handelt sich um Wahrungszulagen (§ 169c Abs 6 fünfter Satz; Abs 9 GehG 1956) und die Verbesserung einer Vorrückung (§ 169c Abs 7 GehG 1956).

Text

Begründung:

1. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat infolge des Vorabentscheidungsersuchens des Obersten Gerichtshofs vom , 9 ObA 141/15y-14, mit Schreiben vom , C-24/17, um folgende Informationen zur Klarstellung ersucht:

„Satz 1 des § 169c Abs 3 Gehaltsgesetz 1956, BGBl 54/1956, in der durch die Besoldungsreform 2015, BGBl I 32/2015, und das Besoldungsrechtsanpassungsgesetz, BGBl I 104/2016, geänderten Fassung lautet: Das Besoldungsdienstalter der übergeleiteten Beamtin oder des übergeleiteten Beamten wird mit jenem Zeitraum festgesetzt, der für die Vorrückung von der ersten Gehaltsstufe (Beginn des 1. Tages) in jene Gehaltsstufe derselben Verwendungsgruppe erforderlich ist, für die in der am geltenden Fassung das betraglich zum Überleitungsbetrag nächstniedrigere Gehalt angeführt ist.‘ Bitte erläutern Sie, ob diese oder eine andere Bestimmung dieses nationalen Gesetzes Mechanismen vorsieht, die eine erhebliche Verringerung der Besoldung der übergeleiteten Beamten verhindern können, wie zB die Zahlung einer Zulage. Bitte geben Sie die dafür relevanten nationalen Bestimmungen an.“

Nach Einholung von Stellungnahmen der Parteien wird diesem Ersuchen nachgekommen.

Rechtliche Beurteilung

2. Die für die Beantwortung maßgebliche Bestimmung des nationalen Rechts ist § 169c Gehaltsgesetz 1956 (GehG), BGBl Nr 54/1956, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 119/2016. Sie gilt für Vertragsbedienstete sinngemäß (§ 94a Vertragsbedienstetengesetz).

§ 169c Gehaltsgesetz 1956 in der geltenden Fassung idgF lautet:

Unterabschnitt L

Bundesbesoldungsreform 2015

Überleitung bestehender Dienstverhältnisse

§ 169c. (1) Alle Beamtinnen und Beamten der in § 169d angeführten Verwendungs- und Gehaltsgruppen, welche sich am im Dienststand befinden, werden nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen alleine auf Grundlage ihrer bisherigen Gehälter in das durch dieses Bundesgesetz neu geschaffene Besoldungssystem übergeleitet. Die Beamtinnen und Beamten werden zunächst aufgrund ihres bisherigen Gehalts in eine Gehaltstufe des neuen Besoldungssystems eingereiht, in welcher das bisherige Gehalt gewahrt wird. Nach spätestens zwei Jahren bzw. bei bestimmten Verwendungsgruppen vier Jahren rücken sie in die nächsthöhere Gehaltsstufe des neuen Besoldungssystems vor (Überleitungsstufe), in der zur Wahrung ihrer bisherigen Erwerbsaussichten der Zeitpunkt der nächsten Vorrückung einmalig vorgezogen wird. Ab dieser einmalig vorgezogenen Vorrückung befinden sich die übergeleiteten Beamtinnen und Beamten in der Zielstufe des neuen Besoldungssystems, ab der sie regulär vorrücken. Ausgehend von der Zielstufe rücken die übergeleiteten Beamtinnen und Beamten ebenso wie alle neu eintretenden Beamtinnen und Beamten ausschließlich aufgrund ihrer wachsenden Erfahrung oder durch Beförderung in höhere Gehaltsstufen vor.

(2) Die Überleitung der Beamtin oder des Beamten in das neue Besoldungssystem erfolgt durch eine pauschale Festsetzung ihres oder seines Besoldungsdienstalters. Für die pauschale Festsetzung ist der Überleitungsbetrag maßgebend. Der Überleitungsbetrag ist das volle Gehalt ohne allfällige außerordentliche Vorrückungen, welches bei der Bemessung des Monatsbezugs der Beamtin oder des Beamten für den Februar 2015 (Überleitungsmonat) zugrunde gelegt wurde. Hat die Beamtin oder der Beamte für den Februar 2015 kein Gehalt erhalten oder wurde sie oder er während des Monats in eine andere Verwendungsgruppe überstellt, ist als Überleitungsmonat jener vor Februar 2015 gelegene Monat heranzuziehen, in welchem die Beamtin oder der Beamte zuletzt ein Gehalt einer einzigen Verwendungsgruppe erhalten hat. Der Überleitungsbetrag erhöht sich dabei entsprechend dem Ausmaß der erfolgten Anpassungen der für die Beamtin oder den Beamten maßgebenden Gehaltsansätze durch Bundesgesetz oder Verordnung zwischen dem Überleitungsmonat und Februar 2015.

(2a) Als Überleitungsbetrag wird der Gehaltsansatz für jene Gehaltsstufe herangezogen, die für die ausbezahlten Bezüge für den Überleitungsmonat tatsächlich maßgebend war (Einstufung laut Bezugszettel). Eine Beurteilung der Gebührlichkeit der Bezüge hat dabei sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu unterbleiben. Eine nachträgliche Berichtigung der ausbezahlten Bezüge ist nur insoweit bei der Bemessung des Überleitungsbetrags zu berücksichtigen, als

1. dadurch Fehler tatsächlicher Natur berichtigt werden, welche bei der Eingabe in ein automatisches Datenverarbeitungssystem unterlaufen sind, und

2. die fehlerhafte Eingabe offenkundig von der beabsichtigten Eingabe abweicht, wie sie durch im Zeitpunkt der Eingabe bereits bestehende Urkunden belegt ist.

(2b) Wenn die tatsächliche Einstufung laut Bezugszettel betragsmäßig geringer ist als die gesetzlich geschützte Einstufung, so wird, wenn nicht wegen Vorliegens einer bloß vorläufigen Einstufung nach § 169d Abs. 5 vorzugehen ist, auf Antrag der Beamtin oder des Beamten die gesetzlich geschützte Einstufung für die Bemessung des Überleitungsbetrags herangezogen. Die gesetzlich geschützte Einstufung ist jene Gehaltsstufe, die sich nach Maßgabe des Stichtags ergibt. Der Stichtag ist jener Tag, der sich bei Voranstellung folgender Zeiten vor den ersten Tag des Überleitungsmonats ergibt. Voranzustellen sind:

1. die bis zum Zeitpunkt des Beginns des Überleitungsmonats als Vordienstzeiten rechtskräftig angerechneten Zeiten, soweit sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegt wurden und soweit sie für die Vorrückung wirksam geworden sind, sowie

2. die seit dem Tag der Anstellung zurückgelegten Zeiten, soweit sie für die Vorrückung wirksam geworden sind.

Die Voranstellung weiterer Zeiten ist ausgeschlossen. Für jeweils zwei seit dem Stichtag vergangene Jahre gilt die jeweils nächsthöhere Gehaltsstufe als gesetzlich geschützte Einstufung. Eine Gehaltsstufe gilt mit dem auf die Vollendung des zweijährigen Zeitraumes folgenden 1. Jänner oder 1. Juli als erreicht, sofern nicht an diesem Tag die Vorrückung aufgeschoben oder gehemmt war. Die zweijährige Frist gilt auch dann als am jeweiligen 1. Jänner beziehungsweise 1. Juli vollstreckt, wenn sie vor dem Ablauf des jeweils folgenden 31. März beziehungsweise 30. September endet.

(2c) Mit Abs. 2a und 2b werden die Art. 2 und 6 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf für den Bereich des Dienstrechts der Bundesbediensteten und der Landeslehrpersonen so durch Bestimmungen im österreichischen Recht umgesetzt, wie sie durch den Europäischen Gerichtshof in seinem Urteil vom , C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12, ausgelegt wurden. Demzufolge werden die Modalitäten der Überleitung von Beamtinnen und Beamten, die vor dem Inkrafttreten der Bundesbesoldungsreform 2015 ernannt worden sind, in das neue Besoldungssystem festgelegt und vorgesehen, dass zum einen die Gehaltsstufe, der sie nunmehr zugeordnet werden, allein auf der Grundlage des unter dem alten Besoldungssystem erworbenen Gehalts ermittelt wird, obgleich dieses alte System auf einer Diskriminierung wegen des Alters der Beamtin oder des Beamten beruhte, und dass sich zum anderen die weitere Vorrückung in eine höhere Gehaltsstufe nunmehr allein nach der seit dem Inkrafttreten der Bundesbesoldungsreform 2015 erworbenen Berufserfahrung bemisst.

(3) Das Besoldungsdienstalter der übergeleiteten Beamtin oder des übergeleiteten Beamten wird mit jenem Zeitraum festgesetzt, der für die Vorrückung von der ersten Gehaltsstufe (Beginn des 1. Tages) in jene Gehaltsstufe derselben Verwendungsgruppe erforderlich ist, für die in der am geltenden Fassung das betraglich zum Überleitungsbetrag nächstniedrigere Gehalt angeführt ist. Gleicht der Überleitungsbetrag dem niedrigsten für eine Gehaltsstufe in derselben Verwendungsgruppe angeführten Betrag, so ist diese Gehaltsstufe maßgebend. Alle Vergleichsbeträge sind kaufmännisch auf ganze Euro zu runden.

(4) Das nach Abs. 3 festgesetzte Besoldungsdienstalter wird um den Zeitraum verlängert, der zwischen dem Zeitpunkt der letzten Vorrückung in ein höheres Gehalt und dem Ablauf des Überleitungsmonats vergangen ist, sofern er für die Vorrückung wirksam ist.

(5) Wurde der Bemessung des Monatsbezugs der Beamtin oder des Beamten im Überleitungsmonat das Gehalt einer anderen Gehaltsstufe zugrunde gelegt, weil für ihre oder seine Gehaltsstufe kein Betrag festgesetzt war oder die Zugrundelegung einer höheren Gehaltsstufe gesetzlich angeordnet war, so vermindert sich das Besoldungsdienstalter nach Abs. 3 um jenen Zeitraum, der nach den Bestimmungen über die Vorrückung für die Vorrückung von der Gehaltsstufe der Beamtin oder des Beamten im Überleitungsmonat in jene Gehaltsstufe erforderlich ist, die der Bemessung des Gehalts im Überleitungsmonat zugrunde gelegt wurde.

(6) Das nach den Abs. 3 bis 5 festgesetzte Besoldungsdienstalter gilt als das Besoldungsdienstalter der Beamtin oder des Beamten zum Zeitpunkt des Ablaufs des Überleitungsmonats. Die sich aus diesem Besoldungsdienstalter ergebende besoldungsrechtliche Stellung ist der Bemessung der Bezüge ab zugrunde zu legen, wobei ein allfälliger Vorbildungsausgleich als bereits in Abzug gebracht gilt. Sonstige besoldungsrechtliche Maßnahmen, die mit Beginn des Monats wirksam werden, bleiben davon unberührt. Wenn als Überleitungsmonat ein vor dem Februar 2015 liegender Monat herangezogen wurde, sind die Zeiten vom Ablauf des Überleitungsmonats bis zum Ablauf des Februar 2015 nach Maßgabe des § 10 für das Anwachsen des Besoldungsdienstalters zu berücksichtigen. Wenn das neue Gehalt der Beamtin oder des Beamten geringer ist als der Überleitungsbetrag, erhält sie oder er bis zur Vorrückung in eine den Überleitungsbetrag übersteigende Gehaltsstufe eine ruhegenussfähige Wahrungszulage im Ausmaß des Fehlbetrags als Ergänzungszulage nach § 3 Abs. 2. Die Gegenüberstellung erfolgt einschließlich allfälliger Dienstalterszulagen oder außerordentlicher Vorrückungen.

(6a) Das nach den Abs. 3 bis 6 festgesetzte Besoldungsdienstalter ist auch der Bemessung der Bezüge für Zeiten vor dem zugrunde zu legen. Eine Neubemessung der gebührenden Bezüge und Nebengebühren durch die Dienstbehörde hat gemäß Abs. 6 für Zeiten vor dem ausschließlich auf Antrag der Beamtin oder des Beamten zu erfolgen. Alle vor dem Inkrafttreten der Bundesbesoldungsreform 2015 () geltenden Bestimmungen über die Beträge für Bezüge und Vergütungen und die weiteren besoldungsrechtlichen Bestimmungen sind dabei in der jeweils geltenden Fassung unverändert anzuwenden, soweit ihre Anwendung nicht durch die Bundesgesetze BGBl. I Nr. 32/2015 und BGBl. I Nr. 65/2015 ausgeschlossen wurde. § 8 ist daher ausschließlich in der Fassung der Bundesgesetze BGBl. I Nr. 32/2015 und BGBl. I Nr. 65/2015 anzuwenden, für die Einstufung und Vorrückung ist somit auch für Zeiten vor dem ausschließlich das nach den Abs. 3 bis 6 festgesetzte Besoldungsdienstalter maßgebend.

(6b) Bei der Neubemessung von Bezügen und Nebengebühren für Zeiten vor dem ist das nach den Abs. 3 bis 6 festgesetzte Besoldungsdienstalter jeweils entsprechend um die Dauer der vor dem liegenden für die Vorrückung wirksam gewordenen Zeiten zu vermindern. Zusätzlich ist zur Wahrung der bereits empfangenen Bezüge und Nebengebühren von einem nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verbesserten Besoldungsdienstalter auszugehen:


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1.
um acht Jahre verbessert: in den Verwendungsgruppen
a)
A 1 (§ 28 Abs. 1),
b)
M BO 1 und M ZO 1,
c)
PT 1 und PF 1,
2.
um sechs Jahre verbessert: in den Verwendungsgruppen
a)
A 1 (§ 28 Abs. 3),
b)
M BO 2 und M ZO 2,
c)
Universitätsassistentinnen und Universitätsassistenten, L 1 und PH 2,
d)
K 1 und K 2,
3.
um vier Jahre verbessert: in den Verwendungsgruppen
a)
Prokuraturanwältinnen und -anwälte im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis mit Ausnahme jener der Dienstklassen,
b)
Universitätsdozentinnen und Universitätsdozenten, L PH, PH 1, L 2a und PH 3
c)
A der Vorrückungsklasse,
4.
um zwei Jahre verbessert: in den Verwendungsgruppen
a)
A 2 bis A 7,
b)
E 1, E 2a, E 2b, E 2c,
c)
M BUO, M ZUO, M ZO 3,
d)
PT 2 bis PT 9 sowie PF 2 bis PF 6,
e)
L 2b und L 3,
f)
der Vorrückungsklasse mit Ausnahme der Verwendungsgruppe A
Diese Verbesserung des Besoldungsdienstalters ist ausschließlich für die besoldungsrechtliche Stellung vor dem maßgebend und hat keine Auswirkungen auf die bereits erfolgte Überleitung und die ab dem gebührenden Bezüge.

(7) Zur Wahrung der Erwerbsaussichten der übergeleiteten Beamtin oder des übergeleiteten Beamten erhöht sich ihr Besoldungsdienstalter mit der Vorrückung in die nächste Gehaltsstufe (Überleitungsstufe)


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1.
in einer akademischen Verwendungsgruppe (§ 12a Abs. 2) um ein Jahr und sechs Monate,
2.
in den Verwendungsgruppen
a)
des Allgemeinen Verwaltungsdienstes A 2,
b)
des militärischen Dienstes M ZO 3,
c)
der Lehrerinnen und Lehrer L 2b 1,
d)
des Krankenpflegedienstes K 3 und K 4,
e)
der Post- und Fernmeldehoheitsverwaltung PF 2, PF 3 und PF 4,
f)
des Post- und Fernmeldewesens PT 2, PT 3 und PT 4,
g)
Beamte der Allgemeinen Verwaltung B,
 
um sechs Monate und
3.
in allen anderen Fällen um ein Jahr.

(8) Der erstmalige Anfall einer kleinen AVO, einer großen AVO, einer kleinen Daz, einer großen Daz oder einer sonstigen Dienstalterszulage anlässlich einer Vollendung von weiteren zwei Jahren des Besoldungsdienstalters ist einer Vorrückung in die Überleitungsstufe gleichzuhalten. Befindet sich die Beamtin oder der Beamte nach Überleitung nach Abs. 6 bereits in der höchsten Gehaltsstufe und ist auch der Anfall einer höheren außerordentlichen Vorrückung oder Dienstalterszulage nicht mehr möglich, wird ihr oder sein Besoldungsdienstalter bereits mit dem Ablauf des Überleitungsmonats gemäß Abs. 7 verbessert.

(9) Zur Wahrung der erwarteten nächsten Vorrückung, außerordentlichen Vorrückung oder Dienstalterszulage im alten Besoldungssytem gebührt der Beamtin oder dem Beamten ab der Vorrückung in die Überleitungsstufe bzw. ab dem erstmaligen Anfall einer Zulage nach Abs. 8 eine ruhegenussfähige Wahrungszulage als Ergänzungszulage nach § 3 Abs. 2 im Ausmaß von monatlich

1. in den Verwendungsgruppen nach Abs. 7 Z 1 dem Dreifachen

2. in den Verwendungsgruppen nach Abs. 7 Z 2 einem Drittel sowie

3. in den Verwendungsgruppen nach Abs. 7 Z 3 dem Einfachen

des Fehlbetrags vom Überleitungsbetrag auf das Gehalt der Überleitungsstufe bis zur Vorrückung in die Zielstufe bzw. bis zum erstmaligen Anfall einer kleinen AVO, einer großen AVO, einer kleinen Daz, einer großen Daz oder einer sonstigen Dienstalterszulage. Die Gegenüberstellung erfolgt in allen Fällen einschließlich allfälliger Dienstalterszulagen oder außerordentlicher Vorrückungen. Bei einer Prokuraturanwältin oder einem Prokuraturanwalt, der oder dem ein Gehalt nach § 16 Abs. 2 des Finanzprokuraturgesetzes (ProkG), BGBl. I Nr. 110/2008, gebührt, wird die Wahrungszulage abweichend von Z 1 mit 60% des Fehlbetrags bemessen.

(10) Ab Anfall der großen Dienstalterszulage oder des Gehalts der höchsten Gehaltsstufe, wenn für die jeweilige Verwendungsgruppe keine Dienstalterszulage vorgesehen ist, gilt die Zielstufe jedenfalls als erreicht. Mit Erreichen der Zielstufe entfallen alle allfälligen Wahrungszulagen.

3. Die vom Gerichtshof der Europäischen Union angesprochenen Mechanismen zur Verhinderung einer erheblichen Verringerung der Besoldung der übergeleiteten Beamten greifen danach in verschiedenen Stufen der Überleitung. Sie können schematisch wie folgt dargestellt werden:Der Beamte wird zunächst auf der Grundlage des für Februar 2015 (Überleitungsmonat) tatsächlich ausbezahlten Gehalts (Überleitungsbetrag) jener Gehaltsstufe des neuen Besoldungssystems zugeordnet, die den nächstniedrigeren Betrag enthält. Diese Gehaltsstufe ist Ausgangspunkt für das neue Besoldungsdienstalter: Es wird mit jener Zeit festgesetzt, die zum Erreichen dieser Gehaltsstufe erforderlich ist (§ 169c Abs 2 bis 6 GehG 1956). Wenn das neue Gehalt geringer als der Überleitungsbetrag ist, erhält der Beamte bis zur Vorrückung in eine den Überleitungsbetrag übersteigende Gehaltsstufe eine Wahrungszulage im Ausmaß des Fehlbetrags (Wahrungszulage iSd § 169c Abs 6 fünfter Satz GehG 1956).

Wenn der übergeleitete Beamte zum nächsten Vorrückungstermin in die nächsthöhere Gehaltsstufe des neuen Besoldungssystems vorrückt (Eintritt in die Überleitungsstufe), wird sein Besoldungsdienstalter zur Wahrung der Erwerbsaussichten um einen Zeitraum zwischen sechs und achtzehn Monaten verbessert (§ 169c Abs 7 GehG 1956). Dies bewirkt, dass die darauffolgenden Vorrückungen um diesen Zeitraum vorgezogen werden. Für die Dauer des Verbleibs in der Überleitungsstufe wird eine weitere Zulage im Ausmaß des Dreifachen (bzw eines Drittels oder des Einfachen) Fehlbetrags vom Überleitungsbetrag auf das Gehalt der Überleitungsstufe bis zur Vorrückung in die Zielstufe ausbezahlt (Wahrungszulage iSd § 169c Abs 9 GehG 1956).

Mit der nächsten Vorrückung (mehrheitlich zwischen sechs und achtzehn Monaten nach der Vorrückung in die Überleitungsstufe) ist die Zielstufe erreicht. In dieser entfallen alle allfälligen Wahrungszulagen (§ 169c Abs 10 zweiter Satz GehG 1956).

4. Die Parteien haben diese Mechanismen und seine gehaltsrechtlichen Auswirkungen in Beispielen wie aus den von ihnen eingeholten Stellungnahmen ersichtlich dargestellt (s Beilagen).

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
Schlagworte
Arbeitsrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2016:009OBA00141.15Y.1219.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
TAAAD-97259