OGH vom 12.12.2000, 11Os27/00
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Schmidt als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Herbert Franz M***** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom , GZ 39 Vr 950/97-31, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Generalanwältin Dr. Bierlein, des Angeklagten Herbert Franz M***** und des Verteidigers Dr. Bräunlich zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Angeklagten wegen Verkürzung von Umsatzsteuer für November 1996 und demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Dem Angeklagten fallen die durch den erfolglos gebliebenen Teil der Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auch einen rechtskräftigen Teilfreispruch enthaltenden Urteil wurde Franz Herbert M***** im zweiten Rechtsgang des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG schuldig erkannt, weil er in Salzburg als verantwortlicher Geschäftsführer der Firma C*****gesellschaft mbH vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen durch deren Nichtabgabe für die Monate Mai bis August 1995, Oktober bis Dezember 1995, Februar, März und August bis November 1996 eine jeweils für gewiss gehaltene Verkürzung an Umsatzsteuervorauszahlungen von insgesamt 10,684.029 S bewirkt hat.
Der dagegen gerichteten, auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a sowie 9 lit a und b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde kommt teilweise Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
Im Ergebnis zutreffend kritisiert der Beschwerdeführer die Urteilsbegründung hinsichtlich der Annahme einer Verkürzung von Umsatzsteuer für November 1996 um 1,191.087 S mit dem Hinweis (inhaltlich Z 9 lit a), dass die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung 1996 von 730.600 S (S 195) auf die Vorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum November desselben Kalenderjahres anzurechnen sei (§ 21 Abs 1a UStG 1994 idF Art 44 Z 5 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl 201/1996). Die Anrechnung hat nach dem klaren Gesetzeswortlaut - im Unterschied zu einer in der Gegenausführung der Finanzstrafbehörde vertretenen Ansicht (vgl Ruppe, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz 19942 § 21 Rz 30) - auch ohne Abgabe einer Verrechnungsweisung zu geschehen. Der angefochtenen Entscheidung sind aber weder die Tatsache der Entrichtung der Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung 1996 noch Gründe dafür zu entnehmen, weshalb das Erstgericht zur Überzeugung gelangte, die Umsatzsteuer für November 1996 sei im festgestellten, aus der Aktenlage ersichtlich nicht um die Sondervorauszahlung verminderten Ausmaß (S 197 iVm US 2 und 7) verkürzt worden.
Es war daher der den Voranmeldezeitraum November 1996 betreffende Schuldspruch aufzuheben und in diesem Umfang dem Erstgericht die neuerliche Verhandlung und Entscheidung aufzutragen.
Im Übrigen ist die Nichtigkeitsbeschwerde nicht im Recht:
Der Einwand der Mängelrüge (Z 5), die zu den Voranmeldungszeiträumen ab Mai 1995 getroffene Feststellung über das Wissen des Angeklagten von der Bewirkung der Abgabenverkürzungen (US 4) sei unbegründet, übergeht die dazu vom Erstgericht angeführten Erwägungen. Aus diesen ergibt sich, dass die in Rede stehende Konstatierung über die innere Tatseite keineswegs bloß auf der in der Beschwerde vorgebrachten unschlüssigen Argumentation auf Grund einer Besprechung des Angeklagten mit dem Finanzbeamten Amtsdirektor H***** im April 1996, sondern auf der Würdigung mehrerer, auch in ihrem Zusammenhang gewerteter Beweisergebnisse (US 7-9) beruht (§ 258 Abs 2 StPO). Auf welche Zeiträume sich die konstatierte Verkürzung an Umsatzsteuer um insgesamt 10,684.029 S bezieht, wurde in Spruch und Gründen der Entscheidung entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers, die entsprechende Feststellung (US 4 oben) sei "unbegründet und unvollständig" (gemeint: undeutlich, § 281 Abs 1 Z 5 erster Fall StPO), einwandfrei angeführt.
Ein Begründungsmangel wird auch mit dem Vorbringen über einen nach Ansicht des Angeklagten auf die Umsatzsteuer für Oktober 1996 anzurechnenden Betrag von 184.707,60 S nicht aufgezeigt. Die Buchung dieser Summe geschah nach der ins Treffen geführten Aufstellung nicht am , sondern am , noch dazu ohne erkennbaren Zusammenhang mit der Umsatzsteuer für den genannten Zeitraum (S 197).
Die Tatsachenrüge (Z 5a) stellt insgesamt einen im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen und demnach unbeachtlichen Angriff auf die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer zur Anfechtung schöffengerichtlicher Urteile nicht vorgesehenen Schuldberufung dar. Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen werden damit nicht aufgezeigt.
Unzutreffend wird insbesondere (neuerlich) vorgebracht, die Beweiswürdigung beruhe entscheidend auf einem Gespräch des Angeklagten mit dem Finanzbeamten Amtsdirektor H***** vom , bei dem dieser auf die Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen hingewiesen habe. Nach den Entscheidungsgründen wurden aber, wie schon bei der Erledigung der Mängelrüge dargelegt, andere Verfahrensergebnisse zur unbedenklichen Begründung der Urteilsannahmen zur inneren Tatseite herangezogen. Die dagegen aus einer Broschüre des Bundesministeriums für Finanzen (Beilage A zu ON 30) vorgebrachte weitere Argumentation ist auf eine aus dem Zusammenhang gelöste Textstelle bezogen. Denn der Hinweis, dass im Fall einer Zahllast die Umsatzsteuervoranmeldung nur erstellt, aber grundsätzlich nicht an das Finanzamt abgesendet werden muss, ist unmissverständlich an die unmittelbar davor beschriebene Voraussetzung geknüpft, dass die Vorauszahlung an das Finanzamt rechtzeitig überwiesen wird (S 5 der Broschüre), was aber hier nicht zutrifft.
Die behaupteten Feststellungsmängel (Punkte 1c bis f der Rechtsmittelschrift, der Sache nach Z 9 lit b) betreffend Einzelheiten der Zahlungen, die nach Erstattung der Selbstanzeigen geleistet wurden, liegen nicht vor. Nähere Konstatierungen darüber, "wann welche Zahlungen mit welcher Widmung" erfolgten, waren nach den Ergebnissen der Hauptverhandlung im zweiten Rechtsgang entbehrlich, weil demnach keine Anhaltspunkte mehr dafür bestanden, dass vor Eintritt der Vollstreckbarkeit der in Rede stehenden Umsatzsteuervorauszahlungen und Ausfertigung der Rückstandsausweise für die entsprechenden Vorauszahlungen (weiterer) Aufschub beantragt wurde (S 293 bis 297, 300f, 309, 312f). Zahlungserleichterungen, die erst nach Ausfertigung eines Rückstandsausweises über vollstreckbar gewordene Abgabenschuldigkeiten (§ 229 BAO) beantragt und bewilligt werden, haben jedoch für den Strafaufhebungsgrund der Selbstanzeige nach § 29 FinStrG keine Bedeutung, weil sie Abgaben betreffen, die nicht den Abgabenvorschriften entsprechend entrichtet wurden (§ 29 Abs 2 FinStrG). Auf Zahlungen, die solchen für die Frage nach Straflosigkeit irrelevanten Zahlungserleichterungen entsprechen, musste das Erstgericht nicht eingehen. Ebenso werden mit teils auf Schreibfehlern beruhenden Hinweisen auf im Urteil unerwähnte, jedoch ersichtlich andere Abgaben betreffende Zahlungen und Einhebungen durch den Vollstrecker (Punkte 1c und d der Beschwerdeausführung iVm S 189, 191, 299 und 313f) Feststellungsmängel nicht aufgezeigt. Die Kritik an den Urteilsannahmen zur Umsatzsteuervorauszahlung für August 1996 (Z 9 lit a) beruht auf urteilsfremden Prämissen über die Kenntnis des Angeklagten von der Nichterledigung zur Bank gegebener Überweisungsaufträge infolge Ausschöpfung des Kreditrahmens (US 3f). In Ansehung der Umsatzsteuer für die Monate September bis November 1996 lässt der Beschwerdehinweis auf eine nicht näher angeführte "analoge Situation" eine deutliche und bestimmte Bezeichnung angeblich Nichtigkeit bewirkender Umstände vermissen (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in diesem Umfang zu verwerfen. Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf den kassatorischen Teil der Entscheidung zu verweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz beruht auf § 390a Abs 1 StPO.