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OGH vom 10.04.2008, 9ObA140/07i

OGH vom 10.04.2008, 9ObA140/07i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug und AR Angelika Neuhauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Waheib D*****, vertreten durch Freimüller/Noll/Obereder/Pilz & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei F*****, vertreten durch Mag. Nikolaus Rast, Rechtsanwalt in Wien, wegen 5.380,22 EUR brutto (Revisionsinteresse: 2.038 EUR brutto sA), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 10 Ra 35/07a-25, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom , GZ 13 Cga 83/05b-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Im Revisionsverfahren ist nicht mehr strittig, dass der Kläger, der seit bei der Beklagten als Pizzakoch beschäftigt war, am berechtigt entlassen wurde. Er hat während seiner Beschäftigung nie Sonderzahlungen erhalten. Seinen letzten Urlaub hat er in der Zeit von 4. April bis konsumiert. Der unstrittig anzuwendende Kollektivvertrag für Arbeiter in der Hotellerie und Gastronomie enthält unter Punkt 14.

„Jahresremuneration" folgende Regelung:

„a) Alle Arbeitnehmer (Arbeiter und Lehrlinge), die mindestens zwei Monate ununterbrochen im selben Betrieb beschäftigt sind, haben Anspruch auf Jahresremuneration in der Höhe von 230 % des im jeweiligen Lohnübereinkommen festgelegten Mindestmonatslohnes jedoch maximal bis zur Höhe des tatsächlich ins Verdienen gebrachten Lohnes für die Normalarbeitszeit. Die Berechnungsbasis für die Jahresremuneration von Arbeitnehmern, deren Verdienst den kollektivvertraglichen Mindestlohn um weniger als 15 % übersteigt, bildet der Durchschnitt der letzten 12 vollen Kalendermonate vor Auszahlung dieser Jahresremuneration, bei kürzerer Dienstzeit die gesamte Dauer des Dienstverhältnisses. Wenn in einer Lohnperiode ein voller Lohnausfall von mehr als einer Woche eintritt, so bleibt der betreffende Monat bei der Durchschnittsberechnung außer Betracht, ohne dass hiedurch eine Verlängerung der Bemessungszeitspanne erfolgt.


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b)
....
c)
Die Auszahlung erfolgt nach erreichter Anwartschaft jeweils zur Hälfte bei Urlaubsantritt und mit der Novemberauszahlung, längstens aber bis zum 15. Dezember des laufenden Jahres.
d)
....
e)
Bei Beendigung des Dienstverhältnisses im Laufe eines Kalenderjahres hat die Auszahlung der Jahresremuneration unter Berücksichtigung einer gegebenenfalls erfolgten Teilzahlung zugleich mit der letzten Lohnauszahlung zu erfolgen.
f)
....
g)
Der Anspruch auf Jahresremuneration entfällt, wenn ein Arbeitnehmer gemäß § 82 GewO 1859 entlassen wird oder ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt oder die vorgesehene Kündigungsfrist nicht einhält. Die Jahresremuneration darf nicht den Umsatzprozenten entnommen werden. Bisher gezahlte höhere Jahresremunerationen bleiben aufrecht."
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur mehr das Begehren des Klägers auf Zuspruch von 2.038 EUR brutto an Jahresremuneration für das Jahr 2004.
Die Beklagte bestreitet die Klagsforderung, weil gemäß Punkt 14 des Kollektivvertrags dem Kläger wegen der berechtigten Entlassung keine Sonderzahlungen zustünden.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren teilweise statt und sprach dem Kläger ua auch den im Revisionsverfahren noch strittigen Betrag zu. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil.
Bei der Jahresremuneration handle es sich um einen periodenbezogenen Anspruch. Die zu bestimmten Terminen fällig werdenden Sonderzahlungsansprüche bezögen sich auf das jeweilige Kalenderjahr, möge auch die Berechnung ihrer Höhe von der Dienstzeit abhängig sein. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs stehe es den Kollektivvertragsparteien frei, das Ausmaß des Anspruchs auf Sonderzahlungen von der Dauer der absolvierten Dienstzeit innerhalb jener Periode, für die die Sonderzahlung gewährt wurde, abhängig zu machen. Aus dem letzten Satz des Punktes 14 lit g des Kollektivvertrags ergebe sich nichts anderes; er bedeute keineswegs, dass die Jahresremuneration ein auf das gesamte Dienstverhältnis bezogener Anspruch sei. Die Regelung, dass bei gerechtfertigter Entlassung der Anspruch auf Jahresremuneration entfalle, beziehe sich daher unzweifelhaft auf das Jahr, in dem die Entlassung ausgesprochen wird, nicht aber auf den Anspruch auf Jahresremuneration für ein davor liegendes Jahr.
Das Berufungsgericht erachtete die ordentliche Revision als zulässig, weil keine Rechtsprechung zur konkret anwendbaren Kollektivvertragsbestimmung vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht zulässig.

Der Oberste Gerichtshof ist gemäß § 508a Abs 1 ZPO iVm § 1 ASGG an den Ausspruch des Berufungsgerichts über die Zulässigkeit der Revision nicht gebunden. Es ist daher aufzugreifen, dass die im Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts umschriebene Rechtsfrage die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht erfüllt. Die Bestimmung in Punkt 14 lit g) des oben genannten Kollektivvertrags bezieht sich unzweifelhaft nur auf das jeweilige Kalenderjahr und kann nicht zum von der Beklagten geforderten Entfall von Remunerationsansprüchen führen, die der Kläger im Vorjahr erworben hat, die bereits längst fällig geworden sind und die daher die Beklagte bereits hätte erfüllen müssen.

Die Revisionswerberin beruft sich für ihre Auffassung auf Punkt 14 lit g) letzter Satz des Kollektivvertrags und schließt daraus, dass Punkt 14 lit g) auf zeitlich nicht beschränkte Remunerationsansprüche abziele. Es blieben im Übrigen nur „bisher gezahlte" Remunerationen aufrecht, nicht aber verdiente, aber noch nicht beglichene. Diese Auffassung ist absolut haltlos. Sie läuft darauf hinaus, dass ohne jede zeitliche Beschränkung bereits in den Vorjahren verdiente und fällig gewordene Ansprüche erlöschen, sofern sie nur der Arbeitgeber trotz Fälligkeit nicht gezahlt hat. Der Arbeitgeber hätte es daher in der Hand, sich durch rechtswidriges Verhalten Vorteile zu verschaffen. Abgesehen davon, dass eine derartige Bestimmung nicht zulässig wäre, kann den Kollektivvertragsparteien ein derartiges Verständnis der von ihnen geschaffenen Norm nicht unterstellt werden. Fehlt zwar Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einer konkreten Norm, ist aber eine Rechtsfrage in der Norm so eindeutig gelöst, dass nur eine Möglichkeit der Auslegung ernsthaft in Betracht zu ziehen ist, ist das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage zu verneinen (vgl E. Kodek in Rechberger³ ZPO § 502 Rz 17). Dies ist hier der Fall.

Kosten der Revisionsbeantwortung waren nicht zuzuerkennen, weil der Revisionsgegner auf die Unzulässigkeit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision nicht hingewiesen hat (RIS-Justiz RS0035962; zuletzt etwa 9 ObA 32/01y; 9 ObA 108/02a).