OGH vom 11.01.2000, 10ObS229/99w

OGH vom 11.01.2000, 10ObS229/99w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Steinbauer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Kainz und Dr. Michael Zerdik (aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Katharina B*****, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Ghegastraße 1, 1031 Wien, vertreten durch Preschitz & Stögerer, Rechtsanwälte in Wien, wegen Pflegegeld, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 25 Rs 61/99b-10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 34 Cgs 252/98p-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahingehend abgeändert, dass sie einschließlich des unangefochtenen Teiles zu lauten haben:

Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der Klägerin als Fortsetzungsberechtigter nach dem am verstorbenen Versicherten Karl B***** für die Zeit vom bis S 8.956 an anteiligem Pflegegeld der Stufe 6 zu bezahlen, wird abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am geborene Versicherte Karl B***** bezog im Jahr 1996 Pflegegeld der Stufe 2. Am erlitt er eine Gehirnblutung und war dann bis zum stationär im Krankenhaus aufhältig. Am stellte er einen Antrag auf Erhöhung des Pflegegeldes. Karl Baldauf ist am verstorben. Es ist unstrittig, dass die Klägerin Fortsetzungsberechtigte nach dem verstorbenen Versicherten ist.

Mit Bescheid der Beklagten vom wurde 1. die Fortsetzungsberechtigung der Klägerin anerkannt; 2. der Antrag vom auf Erhöhung des Pflegegeldes - bisher Stufe 2 - abgelehnt und 3. ausgesprochen, dass der Anspruch auf Pflegegeld vom bis ruht. Die gegen diesen Bescheid gerichtete Klage lässt Punkt 1. und 3. des Bescheides unbekämpft und wendet sich ausschließlich dagegen, dass für die Zeit vom bis nicht anteiliges Pflegegeld der sich auf Grund der Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Verstorbenen ergebenden Stufe 6 zuerkannt worden sei. Das anteilige Pflegegeld (24/30 Anteile der Stufe 6 von S 15.806 betrage S 12.644, so dass abzüglich des Vorschusses für Dezember 1996 (Stufe 2) von S 3.688 der Differenzbetrag von S 8.956 zustehe. Die Bestimmung des § 47 Abs 4 BPGG schließe den Anspruch auf Zahlung eines anteiligen Pflegegeldes der erhöhten Pflegestufe für den Todesmonat nicht aus.

Das Erstgericht bejahte den Anspruch auf das von der erhöhten Pflegestufe ausgehende anteilige Pflegegeld für den Sterbemonat mit S 8.548,90. Das Mehrbegehren von weiteren S 407,10 wies es unbekämpft ab.

Infolge der Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Versicherten habe sich ein Gesamtbetreuungs- und Hilfsbedarf von mehr als 223 Stunden im Monatsdurchschnitt ergeben. Ebenso sei die dauernde Anwesenheit einer Pflegeperson erforderlich gewesen. Die Neubemessung des Pflegegeldes gemäß § 9 Abs 2 BPGG sei gerechtfertigt. Die wesentliche Veränderung sei ab bis wirksam geworden. Mit dem Todestag sei der Anspruch auf Pflegegeld erloschen und gebühre für diesen Monat nur mehr der verhältnismäßige Teil, wobei allerdings bei der Berechnung nicht von der erst mit Änderung des Bundespflegegeldgesetzes ab zu berücksichtigenden einheitlichen Annahme eines Kalendermonats mit 30 Tagen auszugehen sei, sondern von 31 Tagen. Unter Abzug des vorschussweise bezahlten Pflegegeldes der Stufe 2 von S 3.688 verbleibe ein Restbetrag von S 8.548,90 an anteiligem Pflegegeld der Stufe 6, das der Klägerin zustehe. Im Übrigen sei ungeachtet der gewährten Vorschusszahlung der anteilige Erhöhungsbetrag zu gewähren (SSV-NF 12/46). § 47 Abs 4 PBGG hindere den Zuspruch nicht, weil diese Bestimmung nur dahingehend zu verstehen sei, dass eine Rückverrechnung nicht vorgesehen sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge. Es teilte die auf eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes gestützte Rechtsansicht des Erstgerichtes, dass der geleistete Vorschuss nicht den Zuspruch des sich für den Todesmonat auf Grund des tatsächlichen Pflegebedarfs ergebenden entsprechenden Pflegegeldes verhindere.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gegründete Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klageabweisenden Sinn für den Zeitraum 1. 12. und abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Der Bescheid der beklagten Partei wurde nur hinsichtlich der Ablehnung des aliquoten Pflegegeldes ab bis zum Todestag bekämpft. Im Revisionsverfahren ist nicht mehr strittig, dass die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Pflegegeld der Stufe 6 vom bis erfüllt waren. Strittig ist nur, ob die Beklagte im Hinblick auf die Bestimmung des § 47 Abs 4 BPGG zur Leistung dieses anteiligen Pflegegeldes der gegenüber der bisherigen Pflegestufe 2 erhöhten Pflegestufe 6 für den Sterbemonat verpflichtet ist.

Die beklagte Partei vertritt unter Berufung auf einen entsprechenden Erlass des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales den Standpunkt, dass auf Grund der im § 47 Abs 4 BPGG vorgesehenen Vorschusszahlung in der Höhe des für Dezember 1996 ausgezahlten Pflegegeldes der Stufe 2 sämtliche weitergehenden Ansprüche des Pflegebedürftigen bzw der Eintrittsberechtigten auf ein Pflegegeld für den Sterbemonat ausgeschlossen seien. Der Vorschuss gebühre "anstelle" des verhältnismäßigen Teiles des im Sterbemonat gebührenden Pflegegeldes. Änderungen des Pflegegeldes (Erhöhungen, Minderungen, Ruhen), die nach der Auszahlung des Vorschussbetrages eingetreten seien, seien nicht zu berücksichtigen.

Diesen Ausführungen kommt Berechtigung zu.

Während nach der Stammfassung des BPGG das Pflegegeld nach dessen § 17 Abs 1 jeweils am Monatsersten im Voraus fällig war, wurde diese Bestimmung durch Art 21 Z 8 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl 201, dahin geändert, dass nunmehr bezüglich der Auszahlung des Pflegegeldes, soweit dieses Bundesgesetz nichts anderes bestimmt, die beim jeweiligen Entscheidungsträger in Vollziehung der im § 3 genannten Normen anzuwendenden Bestimmungen gelten. Damit ist der bisher den Abs 2 dieser Bestimmung bildende subsidiäre Verweis auf die für die Grundleistungen maßgebenden Regelungen auch für die Fälligkeit des Pflegegeldes ausschlaggebend geworden. Die Neuregelung über die Auszahlung trat nach § 48 BPGG (idF Art 21 Z 11 BGBl 1996/201) am in Kraft. Damit einher ging die Neuregelung des § 104 Abs 2 ASVG (idF Art 34 Z 56 BGBl 1996/201), § 72 Abs 2 GSVG (idF Art 35 Z 15 leg cit), § 68 Abs 2 BSVG (idF Art 36 Z 13 leg cit) und § 45 Abs 1 B-KUVG (idF Art 38 Z 3 leg cit), wonach Renten und Pensionen aus der Unfall- und Pensionsversicherung in Hinkunft monatlich im Nachhinein am Ersten des Folgemonats ausgezahlt werden. Die Pensionszahlung im Nachhinein soll in erster Linie eine Verbesserung der Liquidität der Pensionsversicherungsträger durch eine Verringerung der notwendigen Kreditaufnahmen mit sich bringen (RV 72 BlgNR XX. GP, 245). Diese Regelung trat jedoch erst am in Kraft, so dass es 1996 auch für Pflegebezieher mit einer Pension oder Vollrente als Grundleistung beim bisherigen Auzahlungsmodus blieb (Pfeil, BPGG, Nachtrag 10).

Um zu vermeiden, dass es bei der Umstellung des Auszahlungsmodus zu einer Unterbrechung des Bezuges kommt (Auszahlung für Dezember 1996 noch im Voraus, für Jänner 1997 erst im Nachhinein), sahen die damit im Zusammenhang stehenden sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen (§ 563 Abs 3 ASVG;§ 266 Abs 2 GSVG;§ 255 Abs 2 BSVG und § 181 Abs 2 B-KUVG) eine Vorschusszahlung in Höhe der im Dezember 1996 gebührenden Pension (Rente) vor. Für Neupensionen (Neurenten) sehen die sozialversicherungsrechtlichen Änderungen des Strukturanpassungsgesetzes 1996 (§ 100 Abs 1 lit b ASVG,§ 68 Abs 1 lit b GSVG;§ 64 Abs 1 lit b BSVG und § 41 B-KUVG) vor, dass der Anspruch auf Pension (Rente) mit dem Tod des Anspruchsberechtigten erlischt und eine Aliquotierung der Leistung im Sterbemonat erfolgt. Es soll daher in dem Monat, in dem der Pensions-(Renten-)Bezieher stirbt, hinsichtlich der Neupensionen (Neurenten) künftig nur noch der aliquote Teil der Leistung gebühren (RV aaO). Hinsichtlich der Altpensionen (Altrenten) sehen die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen (§ 563 Abs 3 ASVG;§ 266 Abs 2 GSVG;§ 255 Abs 2 BSVG und § 181 Abs 2 B-KUVG) vor, dass dem anspruchsberechtigten Personenkreis die bereits erwähnte (einmalige) Vorschusszahlung anstelle des aliquoten Teils der Leistung im Sterbemonat gebühren soll. Es war somit der ausdrücklich erklärte Wille des Gesetzgebers, dass hinsichtlich der Altpensionen (Altrenten) dieser Anspruch auf den aliquoten Teil der Leistung durch die (einmalige) Vorschusszahlung pauschaliert abgegolten sein soll und somit im Sterbemonat keine Leistung mehr gebühren soll (vgl RV aaO). Begründet wurde die mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts eingeleiteten Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung unter anderem auch mit der Reduzierung der Ausfallhaftung des Bundes und mit Einsparungen beim Verwaltungsaufwand der Pensionsversicherungsträger (vgl RV aaO 200).

Die Notwendigkeit der Konsolidierung des Budgethaushaltes erforderte nach Ansicht des Gesetzgebers auch geeignete Maßnahmen im Bereich des Pflegegeldes. So wurde durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 der Betrag des Pflegegeldes in der Stufe 1 von bisher S 2.635 monatlich auf S 2.000 gekürzt. Weiters wurde vorgesehen, dass das Pflegegeld künftig frühestens mit dem auf die Antragstellung folgenden Monatsersten gewährt bzw erhöht wird. Weiters wurde normiert, dass auch der Anspruch auf Pflegegeld mit dem Todestag des Anspruchsberechtigten erlischt und eine Aliquotierung des Pflegegeldes im Sterbemonat erfolgt (§ 9 Abs 1 und 3 BPGG idF Art 21 Z 3 und 4 BGBl 1996/201). Um zu vermeiden, dass es zu einer Unterbrechung der Auszahlung des Pflegegeldes durch die Änderung des Auszahlungsmodus kommt, war es erforderlich, eine den bereits erwähnten sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen entsprechende Regelung auch in das BPGG aufzunehmen (vgl RV aaO 233). Nach § 47 Abs 4 BPGG idF Art 21 Z 11 BGBl 1996/201 ist dann, wenn in den in Vollziehung der in § 3 genannten Normen eine Vorschusszahlung zur Pension (Rente) gesetzlich angeordnet ist, Personen, die im Dezember 1996 ein Pflegegeld beziehen und bei denen der Leistungsanspruch am aufrecht ist, auch ein Vorschuss an Pflegegeld zu leisten. Dieser Vorschuss gebührt anstelle des verhältnismäßigen Teiles des Pflegegeldes gemäß § 9 Abs 1 letzter Satz idF des Bundesgesetzes BGBl Nr 201/1996 für den Kalendermonat, in dem der Anspruch auf Pflegegeld erlischt. Die Vorschusszahlung ist in der Höhe des für Dezember 1996 ausgezahlten Pflegegeldes spätestens am flüssig zu machen. Alle auf das Pflegegeld anzuwenden Bestimmungen gelten auch für Vorschusszahlung.

Auf Grund der Wortinterpretation (arg "anstelle") und der aus den zitierten Gesetzesmaterialien hervorgehenden Absicht des Gesetzgebers wurde damit der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck gebracht, dass auch hinsichtlich der Bezieher von Pflegegeld, die spätestens am in der Höhe des für Dezember 1996 ausgezahlten Pflegegeldes zur Auszahlung zu bringende Vorschusszahlung den Anspruch auf den aliquoten Teil der Leistung im Sterbemonat pauschaliert abgelten und somit im Sterbemonat keine Leistung mehr gebühren soll (vgl Radner ua, BSVG3 Anm 3 zu § 64). Deshalb hat der Gesetzgeber auch keine Bestimmungen über eine allfällige Verrechnung oder Rückforderung für die Fälle vorgesehen, bei denen im Sterbemonat ein höheres oder auch ein geringeres anteiliges Pflegegeld gebühren würde als im Monat der die Grundlage für die Vorschusszahlung bildet (Dezember 1996).

Gegen dieses Ergebnis wurden im Schrifttum (Baldauf, "Kein Pflegegeld im Sterbemonat § 47 Abs 4 zweiter Satz BPGG - eine Pensionistenfalle?", ASoK 1999, 51 ff) verfassungsrechtliche Bedenken geäußert. Der genannte Autor führt gegen eine so verstandene Abgeltungswirkung für sämtliche nach dem Stichtag eingetretenen Änderungen der Leistungsstufe vor allem ins Treffen, dass davon nicht alle Anspruchsberechtigten im Sinn des § 3 BPGG erfasst wären. Betroffen wäre ausschließlich jener Kreis an grundsätzlich anspruchsberechtigten Personen, die im Dezember 1996 eine Pension oder Rente bezogen haben, und zwar selbst dann, wenn in der Zwischenzeit eine Änderung in den Voraussetzungen für die Gewährung des Pflegegeldes eingetreten wäre, die eine Anhebung des bisherigen Pflegegeldes bis auf das Zehnfache berechtigt erscheinen ließe. Der Anspruch auf ein anteiliges Pflegegeld für den Sterbemonat bliebe dagegen erhalten, wenn der Betroffene erst im Jahr 1997 in Pension gegangen oder pflegebedürftig geworden wäre. Damit würde die Zuerkennung eines Pflegegeldes für den Sterbemonat (Differenzbetrag) aber nicht mehr, wie vom Gesetzgeber vorgesehen, vom Pflegebedarf des Betroffenen (§ 4 Abs 2 BPGG) und der Dauer seiner Pflege in diesem Monat abhängig gemacht, sondern von einer Anspruchsberechtigung, wie sie zu einem völlig beliebigen Zeitpunkt, nämlich jenem der Umstellung der Altersversorgung (einer völlig anderen Leistung) bestanden habe. Auch für eine Pauschalierung gelte, dass sie sachlich begründbar sein müsse und nicht exzessiv sein dürfe. Gerade dies sei nicht mehr der Fall, wenn sie, gemessen am Zweck des Gesetzes, einseitig, und zwar nur mehr zum Nachteil jener Personen (Eintrittsberechtigten) wirke, die Pflegeleistungen erbracht haben (§ 19 BPGG), wobei der Nachteil umso größer sein soll, je aufwendiger diese Leistungen tatsächlich gewesen seien. Daran könne auch das Interesse des Gesetzgebers an einer Vermeidung von unnötigem Verwaltungsaufwand nichts ändern, weil ein solches Interesse nicht jede Pauschalierung rechtfertigen könne, insbesondere nicht eine solche, die auf typische Fälle einer Änderung des Pflegeaufwandes in den letzten Lebensmonaten vor dem Tod (Erhöhung des Pflegeaufwandes durch fortschreitende Verschlechterung des Gesundheitszustandes) keine Rücksicht nehme.

Diesen Ausführungen ist zunächst entgegenzuhalten, dass die Änderungen des Strukturanpassungsgesetzes 1996 auch für den Personenkreis von Betroffenen, die erst im Jahr 1997 oder später in Pension gegangen sind bzw pflegebedürftig geworden sind, wesentliche Verschlechterungen im Bereich des Anspruches auf Pflegegeld gebracht haben. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 insbesondere der Betrag des Pflegegeldes in der Stufe 1 auf S 2.000 monatlich gekürzt wurde, das Pflegegeld nunmehr frühestens mit dem auf die Antragstellung folgenden Monatsersten gewährt bzw erhöht wird (bisher: Beginn des Monats der Antragstellung bzw des Monates, in dem die wesentliche Veränderung geltend gemacht oder von Amts wegen ärztlich festgestellt wurde), das Pflegegeld ebenfalls nunmehr im Nachhinein ausbezahlt wird und der Anspruch auf Pflegegeld mit dem Todestag des Anspruchsberechtigten erlischt. Von den Verschlechterungen im Pflegegeldrecht durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 war somit nicht nur jene Gruppe anspruchsberechtigter Personen betroffen, die im Dezember 1996 eine Pension oder Rente bezogen haben.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes entspricht es dem Gleichheitssatz, wenn der Gesetzgeber von einer Durchschnittsbetrachtung ausgeht und dabei auch eine pauschalierende Regelung trifft. Dass dabei Härtefälle entstehen, macht das Gesetz nicht gleichheitswidrig (VfSlg 3568, 7891, 8767, 8942 uva). Das Ausmaß der hinzunehmenden ungleichen Auswirkungen (Regelfall/Härtefall) hängt davon ab, ob eine differenzierende Lösung ohne erhebliche Schwierigkeiten vollziehbar ist und welches Gewicht die unterschiedlichen Rechtsfolgen haben. Der Gesetzgeber kann in Grenzen aus Gründen der Verwaltungsökonomie einfache und leicht handhabbare Regelungen schaffen (VfSlg 8827, 9524, 11.775 uva). Ihm kommt auch eine - freilich nicht unbegrenzte - rechtspolitische Gestaltungsfreiheit zu, die außer bei einem Exzess nicht der verfassungsrechtlichen Kontrolle unterliegt und insoweit auch nicht mit den aus dem Gleichheitsgrundsatz ableitbaren Maßstäben zu messen ist. Innerhalb dieser Grenzen ist die Rechtskontrolle nicht zur Beurteilung der Rechtspolitik berufen (VfSlg 9583 mwN).

Prüft man nun diese Übergangsbestimmung des § 47 Abs 4 BPGG an diesen Kriterien, ist zunächst darauf zu verweisen, dass in all den Fällen, in denen im Sterbemonat eines Pflegegeldbeziehers keine höhere Pflegegeldstufe gebührt als im Vergleichsmonat Dezember 1996, die vom Gesetzgeber in der erwähnten Bestimmung vorgesehene Pauschalierung des Pflegegeldanspruches im Sterbemonat mit der in Höhe des für Dezember 1996 ausgezahlten Pflegegeldes erhaltenen Vorschusszahlung regelmäßig zu einer finanziellen Begünstigung des Pflegegeldbeziehers führt, wobei das Ausmaß dieser Begünstigung vom jeweiligen Todestag des Anspruchsberechtigten abhängig ist. Umgekehrt kann es durch die vorgesehene Pauschalierung bei einer wesentlichen Erhöhung des Pflegebedarfs im Sterbemonat gegenüber dem Vergleichsmonat Dezember 1996 auch zu einer finanziellen Schlechterstellung des Pflegegeldbeziehers kommen, wobei eine solche Schlechterstellung vor allem dann eintreten wird, wenn der Anspruchsberechtigte erst gegen Monatsende stirbt. Hingegen muss es bei einem früheren Todestag des Anspruchsberechtigten im Kalendermonat selbst bei einer in den letzten Lebensmonaten vor dem Tod häufig eintretenden Erhöhung des Pflegebedarfes nicht unbedingt zu einer finanziellen Schlechterstellung des Pflegegeldbeziehers kommen, sondern es kann insbesondere, wenn der Anspruchsberechtigte am Beginn des Monates stirbt, auch zu einer finanziellen Begünstigung des Pflegegeldbeziehers kommen. Diese Ausführungen zeigen, dass je nach Änderung des Pflegebedarfs im Sterbemonat gegenüber dem Vergleichsmonat Dezember 1996 und nach dem Todestag des Anspruchsberechtigten die vom Gesetzgeber für den Sterbemonat vorgesehene pauschalierte Abgeltung in bestimmten Fällen zu einer finanziellen Begünstigung oder auch Schlechterstellung des Pflegegeldbeziehers in einem durchaus vergleichbaren Ausmaß führen kann, während sich bei der für die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung maßgebenden Durchschnittsbetrachtung - wie beispielsweise im vorliegenden Fall - keine beträchtlichen Unterschiede ergeben.

Wenn auch vom erkennenden Senat nicht verkannt wird, dass durch die vorgesehene Pauschalierung auch Härtefälle entstehen können, muss es dem Gesetzgeber gestattet sein, eine an einer durchschnittlichen Betrachtung orientierte einfache und leicht handhabbare Regelung zu treffen. Wenn man weiters berücksichtigt, dass diese Pauschalierung nicht den laufenden Pflegegeldbezug, sondern nur den (einmaligen) Pflegegeldbezug im Sterbemonat des Anspruchsberechtigten betrifft und das Pflegegeld selbst gemäß § 1 BPGG als Beitrag zur pauschalierten Abgeltung der pflegebedingten Mehraufwendungen konzipiert ist, bestehen nach Ansicht des erkennenden Senates gegen die Anwendung der Übergangsbestimmungen des § 47 Abs 4 BPGG auch keine Bedenken aus dem Grunde der Verfassungswidrigkeit (10 ObS 114/99h; 10 ObS 260/99d, 10 ObS 267/99h).

Der erkennende Senat hält daher auf Grund der dargelegten Erwägungen und der zitierten Vorentscheidungen seine in der Entscheidung SSV-NF 12/46 zur Auslegung der Übergangsbestimmung des § 47 Abs 4 BPGG geäußerte gegenteilige Rechtsansicht nicht mehr aufrecht.

In Stattgebung der Revision der beklagten Partei war daher das allein noch strittige Begehren auf Gewährung eines anteiligen Pflegegeldes für die Zeit vom bis abzuweisen.